Rede von
Dr.
Reinhard
Göhner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Väter unseres Grundgesetzes
haben sich aus guten Gründen für die parlamentarische repräsentative Demokratie entschieden, und dieses System, diese Verfassungsprinzipien haben sich in unserem Land glänzend bewährt.
Deshalb gibt es für uns in Übereinstimmung mit der Enquete-Kommission Verfassungsreform keinen Anlaß, an diesen Prinzipien zu rütteln.
Der konkrete Vorschlag der Petition, ein Bundesabstimmungsgesetz einzuführen und damit auf dem Weg des Volksentscheids eine Gesetzgebung zu ermöglichen, stößt unseres Erachtens sowohl auf verfassungsrechtliche als vor allem auch auf verfassungspolitische Bedenken. Die Gesetzgebung durch Volksentscheid würde bedeuten, daß wir unsere Arbeit in den Ausschüssen beim Erlaß von Gesetzen, wo wir schwierige, komplizierte und vielfältige
Sachverhalte gegeneinander abwägen, wo wir versuchen, Kompromisse zu finden und in einzelnen Formulierungen Verbesserungen herbeizuführen, durch eine einfache Entweder-oder-Alternative des Volksentscheids ersetzen. Die politischen Probleme unserer Zeit lassen sich leider nicht auf solche Entweder-oder-Alternativen reduzieren.
Diese Petition mit dem Begehren, ein solches Gesetz herbeizuführen, stellt einen wesentlichen Eingriff in unsere bisherigen Verfassungsprinzipien dar.
Die Debatte ist nicht neu. Frau Nickels, Sie haben darauf hingewiesen. Wir haben Ende 1983 über einen ähnlichen Sachverhalt hier im Parlament geredet, als Sie einen Gesetzentwurf zur konsultativen Volksbefragung eingebracht hatten. Deshalb ist diese Debatte heute abend eigentlich auch völlig überflüssig; jedenfalls ist sie eine überflüssige Wiederholung der Debatte über diese Prinzipien.
Gleichwohl haben wir uns bemüht, diese Petition völlig normal zu behandeln, wie sich das gehört, obwohl sie natürlich Besonderheiten aufwies, etwa ganzseitige Zeitungsanzeigen in einer überregionalen Zeitung — ich habe mir sagen lassen, weiß aber nicht, ob es stimmt, Herr Beuys habe die finanziert —: „Die Lehre aus dem Raketenbeschluß." Und dann kommt auf einer Seite, übrigens nach meinen Informationen in der „Welt" veröffentlicht, also der Empfänger dieser Anzeige — natürlich sehr bemerkenswert —: Für zigtausend Mark eine solche Petition unterstützt.
Ich möchte Ihnen nur sagen: Wir werden auch in Zukunft Petitionen dieser Art genauso behandeln wie die eines jeden einzelnen Bürgers. Für uns kommt es nicht darauf an, wieviel Geldmittel hinter einer solchen Petition stecken.
In der Sache bot diese Petition keinen Anlaß für eine weitere Maßnahme. Denn der Vorschlag ist verfassungsrechtlich bedenklich und verfassungspolitisch wenig sinnvoll. Wir bleiben daher dabei, diese Petition für erledigt zu erklären.