Rede von
Matthias
Wissmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen von einem sehr kontroversen Thema zu einem Thema, in dem sich die verschiedenen Seiten im Ausschuß des Deutschen
6522 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984
Wissmann
Bundestages einig über eine gemeinsame Regelung waren, nämlich beim Gesetz zur Regelung von Preisangaben. Da der Ältestenrat beschlossen hat, daß eine kurze mündliche Berichterstattung erfolgen soll, möchte ich dieser Pflicht in wenigen Minuten nachkommen.
Ich weise darauf hin, daß dieses Gesetz aus zwei Gründen von erheblicher Bedeutung für Verbraucher, für Bürger, aber auch für viele Einzelhändler ist:
Erstens. Unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten dient die Preisauszeichnung der Preiswahrheit und Preisklarheit und sichert dem Verbraucher die Möglichkeit des Preisvergleichs. Dies ist in der heutigen Zeit eines differenzierten und sehr umfassenden Warenangebots von besonderer Bedeutung. Die Preisauszeichnung ermöglicht die schnelle und zuverlässige Information über das preisgünstigste Angebot und hat damit eine wichtige Verbraucherschutzfunktion.
Zweitens. Dieses Gesetz ist auch ein Beitrag zur Rechtssicherheit; denn wir müssen es heute beschließen, weil das Bundesverfassungsgericht am 8. November 1983 die Verordnung über Preisangaben für verfassungswidrig erklärt hat und § 2 des Preisgesetzes aus dem April 1948 keine ausreichende Ermächtigung für eine Verordnungsregelung darstellt.
Es ist erfreulich, daß es in weniger als einem Jahr möglich war, die notwendigen Arbeiten zu dem jetzt hier vorliegenden und hoffentlich gemeinsam verabschiedeten Gesetz sicherzustellen und damit wieder völlige Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen.
Ich möchte aber an dieser Stelle auch ein Wort des Dankes an den deutschen Einzelhandel und seinen Verband sagen; denn obwohl keine gesetzliche Regelung vorlag, ist in der Zwischenzeit kein wesentlicher Fall bekanntgeworden, in dem die Preisauszeichnung zum Nachteil der Verbraucher aufgehoben worden ist, obwohl eine entsprechende Rechtsgrundlage gefehlt hat.
Die anstehende Regelung war aber auch notwendig, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil die Bundesrepublik Deutschland durch eine EG-Richtlinie aus dem Jahre 1979 verpflichtet ist, Vorschriften über die Preisangaben von Lebensmitteln zu erlassen. Der Entwurf einer weiteren Richtlinie über die Angabe von Preisen anderer Erzeugnisse als Lebensmitteln liegt seit Anfang 1984 den Mitgliedsstaaten vor.
Die Parteien des Deutschen Bundestages haben im Wirtschaftsausschuß gegenüber dem uns vorliegenden Entwurf eine wesentliche Änderung vorgeschlagen und in den Gesetzestext aufgenommen, über die ich Sie noch kurz unterrichten will. Nach Auffassung des Ausschusses ist es wichtig, daß die Einhaltung der neu zu erlassenden Preisangabenverordnung wirkungsvoll überwacht werden kann. Deswegen haben wir eine Bestimmung aufgenommen, die die Voraussetzungen für die Betretens- und Besichtigungsrechte der Behörden regelt, andererseits aber auch die Grenzen einer solchen Kontrolle, die nur während der üblichen Geschäftszeiten erfolgen darf, die ein Auskunftsverweigerungsrecht beinhaltet, sicherstellt.
Ich möchte zum Schluß darauf hinweisen, daß es mit den verbesserten Kontrollmöglichkeiten für die Einhaltung der Preisangabeverpflichtung gelingen kann, den teilweise beobachteten Mißständen bei der Preisauszeichnung in einigen Großhandelsunternehmen in Zukunft besser zu begegnen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs müssen nämlich Großhändler, die mehr als 10 % ihres Umsatzes für den Privatbedarf verkaufen, also nicht an Wiederverkäufer, nicht mehr zu Nettopreisen, also ohne Mehrwertsteuer, sondern zu Bruttopreisen auszeichnen. Dies dient dem Verbraucherschutz, dient dem einzelnen dazu, daß er besser erkennen kann, was der wirkliche Preis für ihn ist.
Ich möchte darauf hinweisen, daß der Ausschuß für Wirtschaft die Bundesregierung aufgefordert hat, in einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes im Deutschen Bundestag über die Einhaltung der Preisauszeichnung bei Großhändlern, die auch an Letztverbraucher liefern, zu berichten. Es wird sich dann zeigen, ob die Bundesregierung notfalls weitere Schritte unternehmen muß, um den Verbraucherschutz zu sichern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, daß das kein Gesetz ist, das zu den großen politisch diskutierten Themen gehört. Aber ich meine, im Interesse einer Vielzahl von Einzelhändlern und von Millionen von Verbrauchern haben wir über Parteien hinweg hier ein wichtiges Gesetz wirtschaftspolitischer Natur zu verabschieden.
Ich bitte Sie um gemeinsame Zustimmung.