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ID1008828600

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    6. Verheugen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/88 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 88. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6409 B Würdigung des zweiten Präsidenten des Deutschen Bundestages, D. Dr. Hermann Ehlers 6424 B Begrüßung einer Delegation der Abgeordnetenkammer der Föderativen Republik Brasilien 6431 D Begrüßung einer Delegation beider Häuser des österreichischen Parlaments . . 6487 A Aktuelle Stunde betr. Rechtsverletzungen während der Herbstmanöver Dr. Dregger CDU/CSU 6409 B Dr. Schmude SPD 6410 B Ronneburger FDP 6411 C Frau Kelly GRÜNE 6412 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 6413 B Dr. Glotz SPD 6415A Wimmer (Neuss) CDU/CSU 6416 B Kolbow SPD 6417 B Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 6418 B Bastian fraktionslos 6419 B Dr. Laufs CDU/CSU 6420 A Frau Fuchs (Verl) SPD 6420 D Graf Huyn CDU/CSU 6422 A Dr. Emmerlich SPD 6422 D Bohl CDU/CSU 6423 C Vizepräsident Stücklen 6414 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Konferenz zwischen den Mitgliedstaaten der EG sowie Spaniens und Portugals mit den Staaten Mittelamerikas und den Contadora-Staaten in San José am 28./29. September 1984 Genscher, Bundesminister AA 6424 D Brück SPD 6427 A Dr. Marx CDU/CSU 6429 C Frau Gottwald GRÜNE 6432 A Schäfer (Mainz) FDP 6435A Präsident Dr. Barzel 6429 C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Städtebauförderungsgesetzes — Drucksache 10/1013 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 10/2039 — Dörflinger CDU/CSU 6438A Reschke SPD 6440 A Grünbeck FDP 6442 B Sauermilch GRÜNE 6444 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 6446 C Schmitt (Wiesbaden) SPD 6449 C Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 6451 C Conradi SPD 6453 B Ruf CDU/CSU 6456 B II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten Jahresbericht 1983 — Drucksachen 10/1061, 10/1611 — Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 6473 D Heistermann SPD 6475 C Dr. Feldmann FDP 6478 B Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6480 B Berkhan, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages 6482 D Würzbach, Parl. Staatssekretär BMVg . 6487 B Dr. Klejdzinski SPD 6491 C Ehrbar CDU/CSU 6495A Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1984 — Drucksache 10/1650 — Möllemann, Staatsminister AA 6499 D Verheugen SPD 6501 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU 6504 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6506 C Schäfer (Mainz) FDP 6507 D Berger CDU/CSU 6509 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Ehmke (Ettlingen) und der Fraktion DIE GRÜNEN Notmaßnahmen gegen das Waldsterben durch Geschwindigkeitsbegrenzungen bei Kraftfahrzeugen — Drucksachen 10/536, 10/1981 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Abgasverminderung bei Lastkraftwagen als Notmaßnahme gegen das Waldsterben — Drucksache 10/2059 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Bekämpfung des Waldsterbens und gesundheitlicher Gefährdungen durch Geschwindigkeitsbegrenzungen — Drucksache 10/2065 — Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . . 6511A, 6519A Schmidbauer CDU/CSU 6511 D Duve SPD 6513 C Hoffie FDP 6515 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6517 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Preisangaben — Drucksache 10/1526 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 10/2024 — Wissmann CDU/CSU 6521 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen „Umweltprobleme der Nordsee" — Drucksachen 9/692, 10/358 Nr. 6, 10/2054 — Austermann CDU/CSU 6523 A Jansen SPD 6525A Wolfgramm (Göttingen) FDP 6526 B Sauermilch GRÜNE 6527 D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Gesetz zum weiteren Ausbau der Strafaussetzung zur Bewährung —— Drucksache 10/1116 — Dr. de With SPD 6529 C Seesing CDU/CSU 6530 D Frau Reetz GRÜNE 6532 A Beckmann FDP 6533 A Engelhard, Bundesminister BMJ . . . . 6534 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung — Drucksache 10/1963 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Jaunich, Frau Fuchs (Köln), Egert, Lutz, Glombig, Hauck, Kirschner, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährleistung der Weiterbildung der Hausärzte in der Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984 III kassenärztlichen Versorgung (HausärzteWeiterbildungsgesetz) — Drucksache 10/1755 — Frau Karwatzki, Parl. Staatssekretär BMJFG 6535 B Egert SPD 6536 D Dr. Faltlhauser CDU/CSU 6538 D Frau Dr. Bard GRÜNE 6540 C Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 6541 D Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1966 — Frau Nickels GRÜNE 6543 B Dr. Göhner CDU/CSU 6544 B Meininghaus SPD 6544 D Neuhausen FDP 6545 D Beratung der Sammelübersicht 44 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1982 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 45 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/2005 — 6547 A Beratung der Sammelübersicht 46 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/2006 — Peter (Kassel) SPD 6547 B Dr. Göhner CDU/CSU 6548 A Frau Nickels GRÜNE 6548 D Möllemann, Staatsminister AA 6549 D Becker (Nienberge) SPD 6550 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Bard und der Fraktion DIE GRÜNEN Tierversuche im wehrmedizinischen Bereich — Drucksache 10/1307 — Frau Dr. Bard GRÜNE 6551 A, 6556 A Michels CDU/CSU 6551 D Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 6552D, 6556C Bredehorn FDP 6553 D Würzbach, Parl. Staatssekretär BMVg . 6554 D Fragestunde — Drucksachen 10/2051 vom 28. September 1984 und 10/2072 vom 4. Oktober 1984 — Auswirkung der EG-Verordnung 2677/84 vom 20. September 1984 auf den Markt DringlAnfr 04.10.84 Drs 10/2072 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . 6458 C ZusFr Eigen CDU/CSU 6459 A ZusFr Gansel SPD 6459 C ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 6460 A ZusFr Stockhausen CDU/CSU 6460 B ZusFr Becker (Nienberge) SPD 6460 B ZusFr Frau Weyel SPD 6460 C Aktivitäten von Staatsminister Vogel während seines Aufenthalts in Namibia MdlAnfr 1 28.09.84 Drs 10/2051 Schwenninger GRÜNE Antw StMin Vogel BK 6460 D ZusFr Schwenninger GRÜNE 6461 A ZusFr Toetemeyer SPD 6461 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 6461 B ZusFr Gansel SPD 6461 C Zuschuß zu den Lebenshaltungskosten für die nach Kanada kommandierten Soldaten der Bundesluftwaffe MdlAnfr 53, 54 28.09.84 Drs 10/2051 Wiefel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6461 D ZusFr Wiefel SPD 6462 A Behinderung des Verkehrs auf einer internationalen Seewasserstraße durch die Bundesmarine MdlAnfr 58, 59 28.09.84 Drs 10/2051 Hettling SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6462 C ZusFr Hettling SPD 6462 C Ausrüstung von Teilnehmern an Herbstmanövern in Süddeutschland mit scharfer Munition MdlAnfr 60 28.09.84 Drs 10/2051 Frau Nickels GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . . 6463A Lieferung deutscher Leopard-Panzer in die Türkei MdlAnfr 56, 57 28.09.84 Drs 10/2051 Weisskirchen (Wiesloch) SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . . 6463 B ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . 6463 B ZusFr Gansel SPD 6463 C ZusFr Schwenninger GRÜNE 6463 D ZusFr Peter (Kassel) SPD 6463 D ZusFr Stockhausen CDU/CSU 6463 D IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984 Ratifizierung der Zusatzprotokolle I und II zu den Genfer Rotkreuzabkommen vom 12. August 1949 MdlAnfr 12 28.09.84 Drs 10/2051 von der Wiesche SPD Antw StMin Möllemann AA 6464 C ZusFr von der Wiesche SPD 6464 D ZusFr Verheugen SPD 6464 D Überprüfung der Lieferung chemischer Waffen an die kriegführenden Staaten im Golfkrieg durch das Rüstungskontrollamt der WEU; Genehmigung der Bundesregierung für bestimmte Verkäufe an den Irak MdlAnfr 15, 16 28.09.84 Drs 10/2051 Gansel SPD Antw StMin Möllemann AA 6465A ZusFr Gansel SPD 6465 A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6466 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6466 D ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . 6467 B ZusFr Verheugen SPD 6467 C Verhandlungen der Pionierinvestoren im Tiefseebergbau über die Aufteilung der Abbaufelder; Sicherung deutscher Interessen MdlAnfr 13, 14 28.09.84 Drs 10/2051 Grunenberg SPD Antw StMin Möllemann AA 6467 D ZusFr Grunenberg SPD 6468 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6468A Forderung des südfafrikanischen Ministerpräsidenten Botha nach Abzug der Kubaner aus Angola vor einer Lösung des Namibia-Konflikts MdlAnfr 17, 18 28.09.84 Drs 10/2051 Toetemeyer SPD Antw StMin Möllemann AA 6469 B ZusFr Toetemeyer SPD 6469 B ZusFr Hedrich CDU/CSU 6469 D ZusFr Schwenninger GRÜNE 6469 D ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 6470A ZusFr Verheugen SPD 6470 A Unbedenklichkeit nichtapothekenpflichtiger Medikamente MdlAnfr 61 28.09.84 Drs 10/2051 Lambinus SPD Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 6470 C ZusFr Lambinus SPD 6471 A Rechtliche Gleichstellung von Adoptivkindern, insbesondere bei der Einführung von Erziehungsgeld MdlAnfr 62 28.09.84 Drs 10/2051 Dr. Lammert CDU/CSU Antw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG . 6471A ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 6471 B Halt von Intercity-Zügen in Lüneburg, Uelzen und Celle MdlAnfr 65, 66 28.09.84 Drs 10/2051 Hedrich CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 6471 D ZusFr Hedrich CDU/CSU 6472 A Herkunft der Ladung des im Ärmelkanal havarierten Atommüllfrachters „Mont Louis"; Transport von Atommüll aus deutschen Kraftwerken zur Wiederaufarbeitung in die Sowjetunion MdlAnfr 67, 68 28.09.84 Drs 10/2051 Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . . 6472 B ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . . 6472 B ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 6473 B Nächste Sitzung 6556 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6557*A Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) und des Abgeordneten Lambinus (SPD) nach § 31 GO zur Abstimmung über die Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 10/1966) 6557*C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984 6409 88. Sitzung Bonn, den 4. Oktober 1984 Beginn: 7.58 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 5. 10. Antretter * 5. 10. Böhm (Melsungen) * 4. 10. Brandt 5. 10. Buckpesch 5. 10. Büchner (Speyer) * 4. 10. Dr. Enders * 5. 10. Eylmann 4. 10. Gansel * 5. 10. Gerstl (Passau) * 5. 10. Haase (Fürth) * 5. 10. Dr. Hackel * 5. 10. Frau Dr. Hartenstein 5. 10. Dr. Hauchler 5. 10. Horacek 5. 10. Dr. Hornhues * 5. 10. Jäger (Wangen) * 4. 10. Jungmann 4. 10. Kittelmann * 5. 10. Dr. Klejdzinski * 5. 10. Dr. Graf Lambsdorff 4. 10. Lemmrich * 5. 10. Lenzer * 5. 10. Dr. Mertes (Gerolstein) 5. 10. Dr. Mitzscherling 5. 10. Dr. Müller * 5. 10. Dr. Müller-Emmert 5. 10. Neumann (Bramsche) * 5. 10. Pesch 5. 10. Polkehn 5. 10. Porzner 5. 10. Reddemann * 4. 10. Frau Renger 5. 10. Reuschenbach 5. 10. Dr. Scheer 5. 10. Schmidt (Hamburg) 5. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmidt (München) * 5. 10. Frau Schoppe 5. 10. Schulte (Unna) 5. 10. Schwarz " 5. 10. Frau Simonis 5. 10. Dr. Soell 5. 10. Dr. Solms 5. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 4. 10. Dr. Spöri 5. 10. Dr. Stark (Nürtingen) 5. 10. Stobbe 5. 10. Stockleben 5. 10. Dr. Unland * 5. 10. Vosen 4. 10. Waltemathe 5. 10. Weiskirch (Olpe) 5. 10. Wilz 5. 10. Wischnewski 5. 10. Dr. Wulff 5. 10. Zierer * 5. 10. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) und des Abgeordneten Lambinus (SPD) nach § 31 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über die Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 10/1966) Die Unterzeichneten erklären, daß sie die Petition zum Volksentscheid im vorgeschlagenen Verfahren zwar nicht unterstützen, das Grundsatzanliegen, mehr plebiszitäre Elemente in die Verfassung aufzunehmen, aber für richtig halten. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten.
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    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Bericht stellt die seit dem Vorjahresbericht eingetretene Entwicklung bis Ende Mai 1984 dar. Gegenüber dem Vorjahresbericht enthält er eine Reihe von Erweiterungen, die auf Anregungen zurückgehen, die im Unterausschuß für Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie im Auswärtigen Ausschuß vorgebracht worden sind. So werden die Militärstrategien der NATO und des Warschauer Paktes in den Grundzügen dargestellt, Probleme der Wechselwirkung von Rüstungskontrolle und Einführung neuer Waffen umrissen und vor allem die Haltung der Dritten Welt im Bereich der Rüstungskontrolle und Abrüstung ausführlicher als bisher behandelt. Der Bericht zeichnet nach, daß der Rüstungskontrollprozeß im



    Staatsminister Möllemann
    vergangenen Herbst keineswegs zum Stillstand gekommen ist, auch wenn die Haltung der Sowjetunion die Wiederaufnahme von Verhandlungen über die Begrenzung und Reduzierung von Nuklearwaffen bisher verhindert hat. Doch in anderen Gremien findet der Dialog statt, und alle Beteiligten zeigen damit, daß sie ihn für nützlich, da notwendig halten.
    Ich möchte mich zu den einzelnen Bereichen der Rüstungskontrollverhandlungen äußern, zunächst zur Konferenz für Vertrauensbildung und Abrüstung in Europa, KVAE. Die Bundesregierung darf für sich beanspruchen, bei der Weiterführung des Dialogs eine wesentliche Rolle gespielt zu haben. Es war unser Gedanke, die Außenminister der Teilnehmerstaaten zur Eröffnung der Stockholmer Konferenz zusammenzuführen. Damit ist nicht nur unterstrichen worden, für wie wichtig die Beteiligten die Eröffnung eines neuen Rüstungskontrollforums zu diesem Zeitpunkt hielten. Es wurde auch Gelegenheit für zahlreiche Gespräche unter vier Augen, in vielen Fällen für ein erstes persönliches Kennenlernen der Außenminister geschaffen. Niemand hat erwartet, daß die Konferenz selbst schon in ihren ersten Runden konkrete Ergebnisse bringt. Wichtig ist: Es liegt ein westliches Vorschlagspaket auf dem Tisch, das wir zusammen mit unseren Verbündeten gleich zu Konferenzbeginn eingeführt haben. Es sieht Informationsaustausch im militärischen Bereich, die Ankündigung wichtiger militärischer Aktivitäten, einen Beobachteraustausch und angemessene Maßnahmen der Verifizierung vor. Wir können mit Befriedigung feststellen, daß auch die neutralen und nicht gebundenen Staaten einen Ansatz verfolgen, der ähnlich wie der unsere auf Vereinbarungen konkreter Maßnahmen gerichtet ist.
    Alle Teilnehmerstaaten sind nun aufgerufen, diesem wichtigen und neuen Forum zum Erfolg zu verhelfen. Fortschritte in Stockholm im Jahre 1985, in dem die Schlußakte von Helsinki zehn Jahre bestehen wird, können dazu beitragen, die Vertrauensbildung im West-Ost-Verhältnis zu stärken und damit auch die Voraussetzungen für die Lösung anderer offener Fragen zu verbessern.
    Zu den MBFR-Verhandlungen: In dem anderen Forum für konventionelle Rüstungskontrolle in Europa, MBFR, hat in diesen Tagen eine neue Verhandlungsrunde begonnen. Wir hoffen, daß wir auf der Basis der neuen westlichen Vorschläge vom April dieses Jahres unserem Ziel, nämlich der Herstellung von Parität der Personalstärken von NATO und Warschauer Pakt, näherkommen.
    Zu den Verhandlungen über chemische Waffen: Auch die CW-Verhandlungen im Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz haben Fortschritte gemacht. Die Struktur eines künftigen Abkommens konnte erarbeitet werden, zum Teil bereits in Vertragssprache. Damit ist das von der Bundesregierung mit Nachdruck angestrebte umfassende Verbot aller chemischen Waffen nähergerückt. Wir halten mit guten Gründen daran fest, daß nur ein weltweites Verbot der Produktion und der Lagerung von chemischen Waffen das Problem wirklich lösen kann.
    Der Einsatz von chemischen Waffen im Golfkrieg unterstreicht die Bedeutung einer weltweiten Lösung. Es genügt nicht, daß diese schrecklichen Waffen nur aus einem geographisch begrenzten Gebiet verbannt werden. Ihre Produktion muß überhaupt verboten, sämtliche vorhandenen Bestände müssen vernichtet werden, und zwar in nachprüfbarer Weise.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist nicht einfach, aber noch schwieriger wäre es, zu garantieren, daß eine bestimmte Region chemiewaffenfrei ist und bleibt, solange die C-Waffen in anderen Teilen der Welt nicht verboten werden.
    Die Bundesregierung hat sich auf Beiträge zur Lösung des Verifikationsproblems, also der Überprüfung solcher Maßnahmen, konzentriert, so zuletzt im Juni dieses Jahres mit einem Workshop, bei dem praktisch demonstriert wurde, wie die Vernichtung von chemischen Waffen überprüft werden kann. Wir haben für diese Initiative viel Anerkennung gefunden. Bedauerlich ist, daß die Genfer Abrüstungskonferenz in anderen Bereichen während der letzten Sommersitzungen kaum Fortschritte machen konnte.
    Zur Rüstungskontrolle im Weltraum: Von großer Bedeutung für die Zukunft der Rüstungskontrolle sind die Entwicklungen, die sich in letzter Zeit auf dem Gebiet des Weltraums ergeben haben. Die USA hatten der Sowjetunion schon im Sommer vergangenen Jahres vorgeschlagen, bilateral über einen besonders wichtigen Teilaspekt der Rüstungskontrolle im Weltraum, nämlich die Frage neuer strategischer Abwehrsysteme, zu sprechen. Die Sowjetunion ist damals nicht darauf eingegangen. Sie hat aber ihrerseits am 29. Juni dieses Jahres vorgeschlagen, im September in Wien Verhandlungen über die Entmilitarisierung des Weltraums aufzunehmen. Die USA haben prompt und positiv reagiert und in den folgenden Kontakten mit der Sowjetunion ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen. Sie haben angesichts des unbestreitbaren sachlichen Zusammenhangs zwischen der Begrenzung von Offensiv- und Defensivwaffen angekündigt, daß sie auch die Frage der Fortsetzung der INF- und START-Verhandlungen ansprechen wollten, also der Verhandlungen über Mittelstrecken- und strategische Systeme, ohne daraus aber eine Vorbedingung zu machen. Sie haben sich auch bereit erklärt, in den Verhandlungen eine Verständigung über ein wichtiges sowjetisches Anliegen, nämlich ein Moratorium für Antisatelliten-Waffen, zu suchen. Die Sowjetunion hat bisher leider keine dem entsprechende Flexibilität an den Tag gelegt. Sie hat vielmehr ihre Verhandlungsbereitschaft von Vorbedingungen abhängig gemacht und praktisch darauf bestanden, daß die USA das sowjetische Verhandlungskonzept von vornherein akzeptieren. Deshalb konnten die Gespräche nicht, wie ins Auge gefaßt, schon am 18. September aufgenommen werden. Wir hoffen aber, meine Damen und Herren, daß derartige Verhandlungen angesichts des großen Interesses, das alle Staaten an der Vermeidung destabilisierender Entwicklungen haben müssen, in naher Zukunft doch noch in Gang kommen werden.
    Zur Reduzierung von Nuklearwaffen: Von solchen Gesprächen, von solchen positiven Entwick-



    Staatsminister Möllemann
    lungen erwarten wir auch Anstöße für die Begrenzung und Reduzierung von Nuklearwaffen. Wir haben aufmerksam vermerkt, daß Generalsekretär Tschernenko in seinem „Prawda"-Interview vom 2. September dieses Jahres die Verbindung zwischen Regelungen für Weltraumwaffen und solchen für strategische Rüstungen besonders hervorgehoben hat.
    Meine Damen und Herren, das Thema Rüstungskontrolle und Abrüstung beherrscht auch die diesjährige Generalversammlung der Vereinten Nationen. Präsident Reagan hat in seiner mit Recht stark beachteten Rede am 24. September erneut bekräftigt, daß die Vereinigten Staaten zu konstruktiven Verhandlungen mit der Sowjetunion bereit sind. Die Verwirklichung seiner Vorschläge für eine Intensivierung des Ost-West-Dialogs, insbesondere der Wiederbelebung der bilateralen Verhandlungen über Rüstungskontrolle, läge im Interesse aller Völker.
    Auch aus der Rede von Außenminister Gromyko wurde — trotz aller Versuche, den USA die Schuld für mangelnde Fortschritte und Rückschläge zuzuweisen — ein grundsätzliches Interesse an vereinbarten Regelungen in diesem Bereich und vor allem im Weltraum erkennbar.
    Die Gespräche von Bundesaußenminister Genscher mit zahlreichen Außenministern aus Ost und West haben das starke Interesse an einer Intensivierung der Verhandlungsbemühungen deutlich gemacht.
    Die Bundesregierung hat das Treffen des sowjetischen Außenministers mit Präsident Reagan und Außenminister Schultz begrüßt; der Meinungsaustausch war ein wichtiger Neubeginn. Wir hoffen, daß ihm bald weitere Schritte folgen und daß insbesondere Wege gefunden werden, um die bilateralen Verhandlungen über Weltraumwaffen zu beginnen und die unterbrochenen Nuklearverhandlungen wieder aufzunehmen.
    Es gibt neue Chancen für die Rüstungskontrolle. Die Bundesregierung wird weiterhin ihre ganze Kraft daran setzen, daß diese Chancen genutzt werden. Ihr Einfluß, der Einfluß der Bundesregierung, beruht darauf, daß sie als zuverlässiges Mitglied im Atlantischen Bündnis, aber auch als Gesprächspartner der Warschauer-Pakt-Staaten und nicht zuletzt der Blockfreien anerkannt und respektiert wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Verheugen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Verheugen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der dritte Bericht zu Rüstungskontrolle und Abrüstung kann niemanden zufriedenstellen; ich denke, den Absender nicht und auch die Empfänger nicht. Denn es ist kein Abrüstungsbericht, sondern ein Aufrüstungsbericht.

    (Beifall bei der SPD)

    Gemessen an der Zielsetzung der Bundesregierung, die sie selber mit den Worten beschreibt: „Frieden schaffen mit weniger Waffen", ist der Bericht sogar tief deprimierend. Es hat weder Fortschritte in der Rüstungskontrollpolitik gegeben, noch ist es gar zu Abrüstungsmaßnahmen gekommen. Im Gegenteil: Der Rüstungswettlauf hat sich weltweit noch verschärft, die Expansion der Rüstungsausgaben erscheint ungehemmter denn je, und auch die weiteren Perspektiven stimmen nicht hoffnungsvoll.
    Über weite Strecken erscheint der Bericht der Bundesregierung nicht als Darstellung einer konsequenten, hartnäckigen Politik der Friedenssicherung durch Verhinderung der Rüstungen, sondern als eine Aufzählung von Entschuldigungsgründen, weshalb weitere Aufrüstung — wieder einmal — angeblich unvermeidbar gewesen ist.

    (Sehr wahr! bei der SPD — Beifall des Abg. Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE])

    Wir bezweifeln nicht, daß die Bundesregierung Abrüstung ernsthaft will. Wir bezweifeln aber, daß die Bundesregierung wirklich alles getan hat, was sie hätte tun können und tun müssen, um den völligen Stillstand der Abrüstungspolitik seit fast einem Jahr zu verhindern.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE])

    Dieses Versäumnis wiegt schwer. Die ungeheure Dynamik des Wettrüstens betrifft kein Volk so sehr wie das deutsche Volk. Die Aufrüstung findet auf deutschem Boden statt, auf dem Territorium beider deutscher Staaten. Sie bedroht am unmittelbarsten die Menschen, die in den beiden deutschen Staaten leben. Wer also müßte leidenschaftlicher und drängender um ein Ende einer Rüstungsentwicklung bemüht sein, die jenseits aller Vernunft liegt?
    Uns allen muß klar sein, daß die Dynamik, also das Tempo und der Inhalt der Rüstungsentwicklung, für sich genommen bereits eine schwere Gefahr darstellt. Es ist ja schon lange nicht mehr die quantitative Dimension der Rüstung allein, die uns bedrückt, es ist mehr und mehr die qualitative Dimension. Es sind die Fortschritte der Rüstungstechnologie im nuklearen und im konventionellen Bereich, die den Glauben an die Stabilität der Sicherheit erschüttern können. Wenn sich Vorwarnzeiten verkürzen und Waffenwirkungen durch bisher ungekannte Zielgenauigkeit immer weiter steigern lassen, stimmen ein paar Grundannahmen der Verteidigungspolitik nicht mehr.

    (Berger [CDU/CSU]: Sprechen Sie von der SS 23?)

    Diese qualitative Rüstungsdynamik wirft z. B. die Frage auf, ob der bisherige Gleichgewichtsbegriff noch zu halten ist, ob also Stabilität der Sicherheit durch Gleichgewicht der Rüstungen garantiert werden kann, auf welchem Niveau auch immer, bisher immer nur auf höherem Niveau. Uns ist klar, daß es für Rüstungskontrolle und Abrüstung weltpolitische Rahmenbedingungen gibt, die nicht wir bestimmen. Die Frage ist aber, ob wir Einfluß nehmen können auf diese Rahmenbedingungen oder nicht



    Verheugen
    und, wenn ja, ob die Bundesregierung es getan hat.
    Wenn die Bundesregierung sagt, sie halte an der von ihr verfolgten realistischen Entspannungspolitik fest, so relativiert sie die entscheidende außenpolitische Rahmenbedingung, und sie relativiert auch ihren eigenen Handlungsspielraum. Entspannungspolitik war in der Vergangenheit die Voraussetzung für Rüstungskontrolle und Rüstungsbegrenzung. „Realistische Entspannungspolitik" bedeutet doch wohl im Klartext, daß es eine andere Entspannungspolitik sein soll, daß es jedenfalls die Entspannungspolitik, die wir meinen, nicht mehr gibt. Diese Entspannungspolitik ist versandet. Man hat sie verkommen lassen. Daran war nicht nur eine Seite beteiligt. Das wissen wir.

    (Berger [CDU/CSU]: Wahrscheinlich weil sie gescheitert war, Herr Verheugen!)

    — Ja, warum ist sie gescheitert, Herr Berger? Weil eine Seite nicht mehr bereit war, sie fortzusetzen. Darum ist sie gescheitert.

    (Beifall bei der SPD — Berger [CDU/CSU]: Sehr richtig: die sowjetische!)

    Für uns und die Frage unseres Einflusses ist allerdings entscheidend, die Ursachen zu erkennen, die auf unserer Seite liegen. Es reicht nicht aus, das oft genug irrationale Verhalten der Sowjetunion zu brandmarken. Das kennen wir ja. Auch die Sowjetunion müßte wissen — und wir haben Hinweise, daß sie es weiß —, daß ihre Rüstungspolitik für sie selbst nicht mehr Sicherheit erzeugt, sondern weniger. Aber das befreit uns nicht davon, nach den Faktoren zu fragen, die wir beeinflussen können.
    Ist es nicht so, daß der Westen das Konzept einer politischen Friedenssicherung, Abrüstung durch Entspannung, aufgegeben hat zugunsten eines militärischen Konzepts?

    (Toetemeyer [SPD]: Genau!)

    Ist nicht durch die USA der Gedanke der Balance in Frage gestellt und durch eine Politik der Stärke, sogar des Strebens nach Überlegenheit ersetzt worden? Und ist nicht die jetzige Bundesregierung diesen Weg bereitwillig mitgegangen?

    (Toetemeyer [SPD]: So ist es!)

    Politik der Stärke hat die Welt schon einmal in eine Sackgasse geführt. Jetzt sind wir alle zusammen dabei, nur noch tiefer in dieselbe Sackgasse hineinzurennen. Der Einfluß der Bundesregierung hat nicht ausgereicht, das zu verhindern, weil sie Partnerschaft mit Ergebenheit verwechselt hat. Liebedienerei kann souveräne Vertretung deutscher Interessen nicht ersetzen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Unterwürfigkeit aber auch nicht!)

    Der Wendepunkt war die Entscheidung zur Nachrüstung unter den gegebenen Bedingungen. Und daß die Bedingungen so waren und nicht anders, hat die Bundesregierung mit herbeigeführt, indem sie, ob fahrlässig, ob ungeschickt, ob gewollt, sei dahingestellt, den Verhandlungsdruck in Genf vermindert und den Erfolgszwang aus den Verhandlungen genommen hat. Was die Bundesregierung dann getan hat, um den Schaden zu begrenzen, ein Unternehmen, bei dem sie unserer Unterstützung sicher sein konnte und auch in Zukunft sicher sein kann, hat sie selber konterkariert. Die Begleitmusik aus Ihren Reihen zum gescheiterten Honecker-Besuch klingt uns noch schrill genug in den Ohren.
    Das Scheitern der Genfer Verhandlungen fällt in den Zeitraum, über den die Bundesregierung hier berichtet. Es war wohl nicht zu erwarten, daß der Bericht die von vielen vorhergesagten und tatsächlich eingetretenen, von der Bundesregierung aber stets bestrittenen negativen Folgen der damaligen Entscheidung ungeschminkt darstellen würde.
    Diese Folgen sind: Erstens. Es gibt keine neue Konzessionsbereitschaft Moskaus unter dem Eindruck der laufenden westlichen Raketenstationierung. Zweitens. Im Ost-West-Verhältnis bewegt sich nichts; das Jahr 1984 ist für Abrüstung ein verlorenes Jahr. Drittens. Die militärische Antwort Mos, kaus auf die Nachrüstung ist da: Uns bedrohen heute mehr Waffen als vor einem Jahr.

    (Berger [CDU/CSU]: Sowjetische Waffen!) — Ja, sowjetische.

    Überraschend ist das alles nicht. Es ist nun wirklich ein sattsam bekanntes Verhaltensmuster von Großmächten und einer in Sicherheitsfragen so traumatisch befangenen Großmacht wie der Sowjetunion zumal, daß militärischer Druck mit militärischem Gegendruck beantwortet wird; Rakete um Rakete. Wem fiele da nicht das Wort „Auge um Auge, Zahn um Zahn" ein?
    Die Bundesregierung hatte dieses Verhaltensmuster verdrängt und sich an die Fiktion geklammert, der Vollzug der Nachrüstung werde die Sowjetunion zum Nachgeben veranlassen. Zu diesem Trugbild der Wirklichkeit paßt es, daß im Abrüstungsbericht die militärischen Folgen der Nachrüstung verharmlost, ja, mehr als das: rundheraus bestritten werden. Die sowjetischen Gegenmaßnahmen, einschließlich der Stationierung von SS-12bzw. SS-22-Raketen in der DDR und in der CSSR, schaffen keine neuen Optionen, sagt die Bundesregierung. Also würde die dramatische Verkürzung der Vorwarnzeiten, die diese Stationierung nach sich zieht, nichts bedeuten? Also wäre es militärisch belanglos, daß die Sowjetunion entgegen ihrer eigenen Doktrin Waffen in die DDR und die CSSR schafft, die so weit vorne nur als Ersteinsatzwaffen überhaupt Sinn haben könnten? Wir werden an diese Fragen erinnern, wenn Rüstungsentscheidungen anstehen, die sich auf die Vornestationierung von SS-12 bzw. SS-22 beziehen. Ob die nächste Nachrüstung nicht kommt, werden wir dann ja sehen.
    Die INF-Stationierung hat ihr sicherheitspolitisches Ziel verfehlt. Sie hat keine Rüstungsbalance geschaffen. Sie hat nicht mehr Stabilität in Europa bewirkt, sondern zeigt eindeutig destabilisierende Wirkungen. Es wiegt besonders schwer, daß ein Teilelement der westlichen Nachrüstung, nämlich die Landstationierung von Cruise Missiles, insofern



    Verheugen
    sogar direkt destabilisierend wirkt, als landgestützte Cruise Missiles rüstungskontrollpolitisch nicht erfaßbar sind. Es ist nicht akzeptabel, wenn die Bundesregierung in ihrem Bericht sagt, sie setze sich dafür ein, daß bei Rüstungsentscheidungen die Wechselwirkung zwischen den Erfordernissen der Verteidigungspolitik und denen der Rüstungskontrollpolitik berücksichtigt wird; deshalb nicht akzeptabel, weil es hier nicht geschehen ist und auch nicht gewollt war. Was nützen uns hehre Prinzipien im Abrüstungsbericht, wenn die Praxis ganz anders ist?

    (Beifall bei der SPD)

    Für uns wird an dieser Stelle sichtbar, daß die Bundesregierung einer falschen und gefährlichen Philosophie folgt. Sie kleidet diese Philosophie in den Satz: „Instabilität auf niedrigem Niveau der Rüstungen wäre gefährlicher als Stabilität auf hohem Niveau." Zu Ende gedacht heißt das: Notfalls eben auf einem immer höheren Niveau.
    Diese Philosophie hat die Welt dahin gebracht, daß vom Tag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima an das Atomwaffenarsenal der USA alle 30 Minuten um die Sprengkraft dieser Bombe gewachsen ist. Die Opfer dieser Bombe sind bekannt — und seither alle 30 Minuten eine solche Bombe mehr, Tag und Nacht, seit fast 40 Jahren; und auf der sowjetischen Seite ebenso.
    Dieses Denken hat 50 000 Atomsprengköpfe in die Welt gebracht. Dieses Denken hat die USA veranlaßt, sich ein strategisches Abschreckungspotential zuzulegen, das heute zwanzigmal so groß ist wie das Potential, das McNamara seinerzeit als Verteidigungsminister für ausreichend erklärt hat. Und wiederum: Auf der sowjetischen Seite ebenso. Immer mehr Atomwaffen schaffen eben nicht immer mehr Stabilität. Dieser Wettlauf ist nicht zu gewinnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Immer wird eine Seite ein System haben, das technologisch höher entwickelt ist als das vergleichbare System der anderen Seite, und immer wird sich die andere Seite dadurch bedroht fühlen und glauben, gleichziehen und Stabilität herstellen zu müssen. Wir haben in den 70er Jahren den verhängnisvollen Einfluß der MIRV-Entwicklung auf die Rüstungskontrollpolitik erlebt. In den 80er Jahren können dasselbe die Weltraumwaffen bewirken. Es ist ein Irrweg, Sicherheit durch immer mehr Rüstung gewinnen zu wollen. Mit immer mehr Waffen kommen immer mehr Gefahren. Die 2,18 Billionen DM — Billionen, meine Damen und Herren! —, die im vergangenen Jahr weltweit für Rüstung ausgegeben worden sind, vergrößern das Konfliktpotential, verschärfen das Elend in der Dritten Welt und hindern uns, die weltweiten Umwelt- und Wirtschaftsprobleme zu lösen. Sicherheit könnten wir gewinnen, wenn Ost und West endlich begriffen, daß sie entweder gemeinsam den Frieden bewahren oder im Untergang vereint alles verlieren können.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben daraus das politische Konzept einer Sicherheitspartnerschaft entwickelt, also ausgehend von der Respektierung der Interessen der jeweils anderen Seite, den Gedanken, ein kooperatives Sicherheitsmodell an die Stelle des traditionellen antagonistischen Modells zu setzen. Weil wir nicht an Friedenssicherung durch Hoch- und immer höhere Rüstung glauben, haben wir Vorschläge gemacht, wie ein neuer Verhandlungsansatz gefunden werden kann.

    (Vorsitz: Vizepräsident Westphal)

    Wir halten drei aufeinanderfolgende Schritte für notwendig, erstens Stopp der Nachrüstungen auf beiden Seiten, zweitens Abbau der seit November 1983 stationierten Systeme auf beiden Seiten und drastische Reduzierung der SS-20-Systeme, drittens Zusammenführen der INF- und der START-Materie in eine gemeinsame Verhandlungsrunde, damit sich der Fehler des SALT-Prozesses nicht wiederholt, und dies unter Einbeziehung der britischen und französischen Systeme.
    Wir halten das für einen Weg, um nicht nur die Verhandlungen über Mittelstreckenwaffen neu zu beleben, sondern auch die START-Diskussion, die mit in den Strudel gerissen worden ist, wieder in Gang zu bringen.
    Meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zu den übrigen Verhandlungsrunden MBFR, KVAE und Genfer Abrüstungskonferenz. Über alle drei ist tatsächlich etwas Positives zu sagen, nämlich daß es sie wirklich gibt. Das ist das einzig Erfreuliche. Der Abrüstungsbericht stellt den Stand der Wiener Verhandlungen nach unserer Meinung viel zu optimistisch dar. Er läßt aus, daß die Sowjetunion auf die Einhaltung des Mandats pocht und verlangt, nicht nur über Truppen, sondern auch über Waffen zu reden. Und es ist schlicht falsch, wenn der Bericht sagt, es bestehe Übereinstimmung, auf kombinierte Höchststärken von jeweils 900 000 Mann für Land- und Luftstreitkräfte zu reduzieren. Man muß dabei doch erwähnen, daß die sowjetische Forderung, innerhalb dieser Gesamthöchststärke die Luftstreitkräfte auf 200 000 Mann zu begrenzen, bisher speziell am deutschen Widerstand gescheitert ist. Was ist das für ein Bericht, der diesen wichtigen Dissens verschweigt?
    Die westlichen Vorschläge zur Behebung der Datenkalamität erinnern an Beschäftigungstherapie. Nach den bisherigen Erfahrungen können leicht zehn weitere Jahre vergehen, ehe man sich einigt, was denn nun die militärisch bedrohlichen Kategorien sein sollen. Wir halten die Bemühungen um die Datenverifikation vor Vertragsabschluß für gescheitert. Wenn in Wien überhaupt noch etwas zustande kommen soll, dann muß man sich auf das Ergebnis konzentrieren, das heißt, verifiziert werden die nach einem vereinbarten Reduzierungszeitraum tatsächlich noch vorhandenen Kräfte. Wir haben nicht ewig Zeit in Wien. Der Warschauer Pakt verfolgt die Diskussion im Regierungslager hier auch und weiß, wie unsere Personalprobleme aussehen. Für uns stellt sich die Frage so: Entweder wir bekommen eine beiderseitige Truppenreduzierung auf Grund eines Vertrages, oder wir reduzieren ein-



    Verheugen
    seitig auf Grund der Bevölkerungsentwicklung und bekommen nichts dafür.
    Das Zustandekommen der KVAE und damit den Erfolg des KSZE-Folgetreffens von Madrid haben wir begrüßt. Die positive Rolle des Bundesaußenministers in diesem Zusammenhang hatten wir ausdrücklich hervorgehoben. Es ist zu früh, die KVAE zu bewerten, aber eines muß ich doch sagen: der recht behäbige, sehr technisch-bürokratische Geschäftsgang in Stockholm macht uns Sorgen. Politische Impulse müssen früh und kontinuierlich erfolgen. Abrüstung steht ja ohnehin bei der KVAE noch nicht zur Debatte. Wenn wir lesen, daß Vereinbarungen militärisch bedeutsam, politisch verbindlich, angemessen nachprüfbar und auf ganz Europa bezogen sein müssen, befürchten wir, daß eine ganze Reihe möglicher vertrauensbildender Maßnahmen von atomwaffenfreien Zonen bis zu Gewaltverzichtsabkommen in Stockholm überhaupt nicht diskussionsfähig sein werden. Unsere Erwartungen an Stockholm knüpfen an der Gewaltverzichtsidee an. Sie sollte das tragende Prinzip der Ost-West-Beziehungen sein. Alles, was dahin führen könnte, wird unsere Unterstützung finden.
    Ein Blick auf Genf. Die Abrüstungskonferenz beschäftigt uns im Zusammenhang mit dem Verbot chemischer Waffen. Hierzu erweckt der Bericht den Eindruck, als stünden die Dinge ganz gut; das hat Herr Möllemann gerade auch noch einmal dargelegt. Man mag es für einen Fortschritt halten, daß man sich wenigstens auf eine Liste der Übereinstimmungen, Annäherungen und Divergenzen einigen konnte. Aber was soll der Nichtfachmann mit diesem Hinweis anfangen, wenn ihm nicht mitgeteilt wird, daß allein die Liste der divergierenden Auffassungen mehr als 100 Positionen umfaßt — in der Substanz sehr unterschiedlich, aber insgesamt ein massives Hindernis?
    Auf das unverzichtbare weltweite Chemiewaffenverbot werden wir wohl noch eine gute Weile warten müssen. Ich frage deshalb noch einmal, auch wenn die Bundesregierung davon bisher nichts hören wollte, ob unter diesen Umständen der Gedanke einer chemiewaffenfreien Zone in Europa als erster Schritt nicht doch einmal ernsthaft geprüft und bei der anderen Seite getestet werden sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir begrüßen, daß der Bericht Aussagen über die Rüstungskontrolle im Weltall macht. Verhandlungen gibt es noch nicht. Wir wünschen sie ebenso dringend wie die Bundesregierung auch. Aber hier wird eine eigenständige deutsche Position in der Sache vergeblich gesucht. Ich warne dringend vor einer kritiklosen Übernahme der amerikanischen Weltraumrüstungspläne. Frankreich hat das, was wir als Europäer in dieser Frage gemeinsam empfinden sollten, präzise ausgesprochen; die Bundesregierung hat geschwiegen. Das Thema wird uns schon bald intensiv beschäftigen. Es könnte sich dann zeigen, daß unsere Interessen von denen beider Supermächte deutlich abweichen. Wir jedenfalls wollen erstens keine deutsche Beteiligung an der militärischen Nutzung des Weltraums und zweitens den totalen Verzicht beider Seiten auf Waffen im Weltraum.
    Meine Damen und Herren, der Abrüstungsbericht kann nichts dafür, daß die Welt in bezug auf Rüstungskontrolle und Abrüstung so ist, wie sie ist. Die Bundesregierung sollte die Welt aber auch nicht schöner malen. Die Wirklichkeit, mit der wir es hier zu tun haben, ist leider häßlich, und daran trägt sie ein gutes Teil Schuld.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Na!)

    Der Bericht enttäuscht uns, weil er nicht ernsthaft analysiert, warum das so ist, sondern sich in Schuldzuweisungen und Selbstrechtfertigungen flüchtet. Er ist ein Abrüstungsbericht geworden, der Aufrüstungsgründe entschuldigt. Die Mitverantwortung der Bundesregierung für die Rückschläge in der Rüstungskontrollpolitik ist ein weiterer schwerer Minusposten in ihrer ohnehin tristen Zweijahresbilanz.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei vielen Übereinstimmungen im Detail fehlt uns in der Bundesregierung ein überzeugendes politisches Konzept. Sie werkeln so vor sich hin. Kraft und Mut zu neuen Gedanken bringen Sie nicht auf. Wir vermissen die unerschütterliche Entschiedenheit für eine aktive Friedenspolitik. Daß diese Entschiedenheit bei Ihnen fehlt, ist genau das, was der Abrüstungsbericht letztlich dokumentiert.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)