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ID1008518900

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    Plenarprotokoll 10/85 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6147A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung des Staates Kuwait und einer Delegation 6158 D Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6225 B Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des deutschen Bundestages vom 9. Februar 1984, ab 1. Januar 1986 nur noch abgasentgiftete Kraftfahrzeuge neu zuzulassen Dr. Vogel SPD 6147 B Schmidbauer CDU/CSU 6148 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 6149 C Hoffie FDP 6150 D Schäfer (Offenburg) SPD 6151C Hanz (Dahlen) CDU/CSU 6152 C Baum FDP 6153B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6154A Dr. Hauff SPD 6155A Dr. Lippold CDU/CSU 6156A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 6157 A Duve SPD 6158 D Fellner CDU/CSU 6159 D Lennartz SPD 6160 D Jung (Lörrach) CDU/CSU 6161C Erste Beratung des von den Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Tietjen, Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kiehm, Dr. Nöbel, Dr. Penner, Reuter, Schröer (Mülheim), Wartenberg (Berlin), Dr. Wernitz, Paterna, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1115 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1316 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN zum Gesetz über Personalausweise — Drucksache 10/1016 — Schäfer (Offenburg) SPD 6162 C Dr. Miltner CDU/CSU 6166 B Dr. Hirsch FDP 6169 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 6171 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6175 D Wartenberg (Berlin) SPD 6179A Clemens CDU/CSU 6180 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes — Drucksache 10/1180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/2386, 10/1719 — in Verbindung mit Beratung des Sechsten Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksache 10/877 — Dr. Wernitz SPD 6182 D Dr. Laufs CDU/CSU 6186 B Dr. Hirsch FDP 6189 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6191 D Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 6193 D Fellner CDU/CSU 6197 D Baum FDP 6198 A Dr. Blank CDU/CSU 6200 B Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages Dr. Barzel CDU/CSU 6202 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 6204 C Waltemathe SPD 6206 C Dr. Langner CDU/CSU 6208 B Frau Nickels GRÜNE 6210A Frau Geiger CDU/CSU 6211 B Dr. Vogel SPD 6213 A Dr. Lammert CDU/CSU 6215A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 6216D Kleinert (Hannover) FDP 6218 D Stratmann GRÜNE 6220 B Klein (München) CDU/CSU 6222 C Conradi SPD 6223 D Ertl FDP 6225 C Dr. Daniels CDU/CSU 6227 A Kuhlwein SPD 6228 B Werner CDU/CSU 6230 A Frau Dr. Hartenstein SPD 6231 D Dr. Czaja CDU/CSU 6233 D Dr. Schöfberger SPD 6235 C Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 6236 D Bamberg SPD 6238 C Dr. Blank CDU/CSU 6239 D Burgmann GRÜNE 6240 D Mischnick FDP 6242 D Buschbom CDU/CSU 6244 B Sielaff SPD 6246 A Schwarz CDU/CSU 6247 C Reimann SPD 6248 B Dr. Feldmann FDP 6249 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6250 D Eylmann CDU/CSU 6251 D Bindig SPD 6252 D Reddemann CDU/CSU 6253 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6254 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 6255 B Stiegler SPD 6256A Lowack CDU/CSU 6256 D Schreiner SPD 6257 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 6258 C Toetemeyer SPD 6259 C Dr. Müller CDU/CSU 6259 D Dr. Hornhues CDU/CSU 6260 D Schulte (Unna) SPD 6261 B Gansel SPD 6262 B Vizepräsident Stücklen 6222 C Nächste Sitzung 6263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6265* Anlage 2 Einstellung von Ingenieuren bei der Bundespost vor und ab 1984; Verzicht auf die Absenkung des Eingangsamtes MdlAnfr 5, 6 14.09.84 Drs 10/1979 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 6265* B Anlage 3 Stärkung des Zonenrandgebietes durch Verlagerung von Behörden MdlAnfr 7 14.09.84 Drs 10/1979 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 6265* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6147 85. Sitzung Bonn, den 20. September 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Buckpesch 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Dr. Göhner 20. 9. Haase (Fürth)** 20. 9. Dr. Häfele 21. 9. Jaunich 21. 9. Keller 21. 9. Dr. Kreile 21. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. von Schmude 21. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Dr. Stoltenberg 21. 9. Tietjen 21. 9. Dr. Voigt (Northeim) 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. Frau Dr. Wex 20. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Fragen 5 und 6): Wie entwickelt sich die Zahl der Einstellungen von Ingenieuren bei der Deutschen Bundespost im Jahre 1984 im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, von der im Haushaltbegleitgesetz 1984 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und auf die Absenkung des Eingangsamtes zu verzichten? Zu Frage 5: Im Jahre 1984 konnten bei der Deutschen Bundespost bisher 374 Diplomingenieure der Fachhochschulen als Nachwuchskräfte für die Laufbahnen des gehobenen fernmeldetechnischen, posttechnischen und hochbautechnischen Dienstes eingestellt werden. Mit weiteren 200 Einstellungen wird 1984 gerechnet, so daß sich die Gesamtzahl der Einstellungen des Jahres 1984 auf rund 580 Nachwuchskräfte belaufen wird. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 929 Einstellungen, 1981: 1 033 Einstellungen, 1982: 1 043 Einstellungen und 1983: 904 Einstellungen. In die entsprechenden Laufbahnen des höheren technischen Dienstes der Deutschen Bundespost wurden im Jahre 1984 bisher 45 Diplomingenieure der Technischen Hochschulen und Universitäten eingestellt. Im Jahr 1984 wird mit weiteren 10 bis 15 Einstellungen gerechnet. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 56 Einstellungen, 1981: 88 Einstellungen, 1982: 66 Einstellungen und 1983: 63 Einstellungen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob besoldungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Frage 7): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das Zonenrandgebiet durch Verlagerung von wenig publikumsintensiven Behörden dorthin zu stärken, und wenn ja, was käme dafür in Frage? Die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist auf eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen ausgerichtet. Der förderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, daß sich die Behörden nicht in einzelnen Gebieten konzentrieren. Für eine umfassende Verlagerung von Behörden besteht daher keine Veranlassung. Die Bundesregierung wird jedoch bei etwaigen Standortveränderungen darum bemüht bleiben, Bundesbehörden bzw. -einrichtungen in strukturschwache Gebiete, insbesondere in das Zonenrandgebiet zu legen, soweit keine aufgabenbezogenen Gesichtspunkte entgegenstehen. Bei Neugründungen von Bundesbehörden bzw. -einrichtungen ist Standorten im Zonenrandgebiet aufgrund des Raumordnungsgesetzes und des Zonenrandförderungsgesetzes Vorrang einzuräumen. Wie eine Umfrage bei den Bundesressorts gezeigt hat, werden neue Behörden nur noch in Ausnahmefällen errichtet. Deshalb kommt es derzeit besonders darauf an, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen und damit Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet zu erhalten. Falls ein Behördenabzug aus gewichtigeren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für unumgänglich erachtet wird, sind nach Möglichkeit durch flankierende Maßnahmen negative Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Der für die Raumordnung zuständige Bundesminister wirkt im Rahmen der Abstimmung von Standortentscheidungen für Bundesbehörden bzw. -einrichtungen nach § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes auf diese Zielsetzungen hin.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Georg Bamberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einigen Beiträgen heute ist mir wieder einmal der Unterschied zwischen Bayern und Preußen aufgefallen, auch beim letzten. Ich hoffe nicht, daß ich der Vorrednerin zu nahe trete. In Bayern gibt es ein Sprichwort: Die Preußen müssen immer ihren ganzen Denkvorgang runterplappern, während die Bayern nur das Ergebnis bekanntgeben.

    (Heiterkeit)

    Was Sie gesagt haben, das gibt es: Das Panaschieren und Kumulieren ist in Bayern doch längst verwirklicht. Aber wir haben ein anderes Thema.
    Einer der Vorredner heute hat gemeint, das wäre auch eine Profilierungsmöglichkeit für einige, die sonst nie zum Reden kommen. Ich gehöre zu denen. Nur habe ich anfangs eine ganz andere Überlegung angestellt. Ich habe mir überlegt, ob es einem, der hier relativ neu ist, noch dazu einem, der nicht in den vorderen Reihen sitzen darf, überhaupt zusteht, bei einer so anspruchsvollen Debatte um Selbstverständnis und Selbstdarstellung des Parlaments mitzureden, wo doch offensichtlich 30 Jahre lang Erfahrungen angesammelt werden mußten, bis es überhaupt einmal zu einer solchen Selbstverständnis-Debatte kommen konnte. Aber nach einigen Beiträgen sind meine Skrupel ein bißchen geringer geworden, und darum habe ich mich dann doch gemeldet.
    Ich glaube, es wäre der Debatte sehr schädlich, wenn der Eindruck entstünde, daß hier nur ein Domestikenaufstand stattgefunden hätte. Jeder muß sich darüber seine Gedanken machen. Ich fühle mich nicht so sehr — wie ich gestern gelesen habe — behindert, wenngleich manches geändert werden müßte. Mir geht es vielmehr um den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, der draußen entsteht. Ich meine auf der einen Seite insbesondere die Würde des Parlaments, von der ich immer gehört habe. Das hat mich tief beeindruckt — bis ich drin war. Seitdem bin ich von der Würde des Parlaments nicht mehr so sehr beeindruckt. Auf der anderen Seite meine ich die Möglichkeit des einzelnen, sich überhaupt zu Wort zu melden. Jeder hier weiß, wie schwierig das ist, welche Kämpfe im Grunde genommen dafür erforderlich sind.
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6239
    Bamberg
    Mir ist vor ein paar Tagen eine nette Karikatur in die Hände gefallen. Ich hoffe, daß ich niemandem zu nahe trete. Ich erkläre die Karikatur: Zwei Gruppen von Abgeordneten stehen beisammen, auf der einen Seite Kollegen von den GRÜNEN — bis dahin war der Habitus mit Bluejeans und Turnschuhen sowie offenen Hemden im Parlament nicht üblich; wir kennen das alle — und auf der anderen Seite aus allen Parteien die getragenen Abgeordneten mit den blauen Anzügen und dunklen Krawatten, so, wie es sich gehört. Die haben auf die erste Gruppe gedeutet und gesagt: Schaut einmal die an! Die Würde des Parlaments. — Nun hat die ganze Sache aber einen Haken gehabt. Als die letztgenannte Gruppe aufgestanden war, sah man, daß hinten im Jackett ein Fleck herausgemodert war. Auf dem stand: Flick-Spenden-Affäre. Die Unterschrift: „Wer hat der Würde des Parlaments mehr geschadet?" hat mich sehr nachdenklich gemacht.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Vor kurzer Zeit sind in einer Zeitschrift unter „Bonner Rede" die „stummen" Abgeordneten aufgeführt worden, süffisant und ohne einen Grund zu nennen, warum sie denn so stumm seien. Ich glaube, da stellt sich die Demokratie-Frage. Und in der Öffentlichkeit — auch bei mir war das so — hat sich der Eindruck festgesetzt: Das Sitzen und Diskutieren im Parlament ist die einzige Arbeit des Abgeordneten. Wenn die Fernsehnation dann aber leere Bänke, zeitunglesende Abgeordnete sieht und immer dieselben Redner hört, dann wird, glaube ich, in fleißige Abgeordnete und in faule Abgeordnete eingeteilt. Das geht in die Richtung überflüssige. — Ich kriege schon ein Zeichen, weil ich nur fünf Minuten reden darf.
    Ich glaube, daß das Ganze so lange nicht funktionieren kann, wie die Mächtigen oder die, die es werden wollen, bei ihren Botschaften an die Nation den Bundestag als Vorlese-Tribüne benutzen und sich nie die Frage stellen: Warum sind keine oder so wenige Abgeordnete hier?
    Es ist von der freien Rede gesprochen worden. Das ist doch gar nicht so einfach. Es gibt sicherlich Naturtalente. Der Schöfberger ist eines. Aber auch die freie Rede will gelernt sein. Und wenn ich nie im Parlament zum Reden komme, dann werde ich mich mit der freien Rede schwerer tun als derjenige, der jede Woche redet. Auch das ist doch eine Tatsache.

    (Beifall bei der SPD)

    Naturgemäß werden diejenigen, die nicht mehr bereit sind, diese Rituale hinzunehmen, an Zahl immer mehr — denn es gibt andere Aufgaben der Abgeordneten. Ich glaube, das Absitzen im Parlament, die notwendige Selbstdarstellung der Demokratie, macht höchstens 10 % der gesamten Arbeit eines Abgeordneten aus. Ich stelle fest — und auch viele Vorredner haben das gesagt —: Je fleißiger der einfache Abgeordnete ist, je ernster er seine Arbeit, auch die für den Wahlkreis, die in den Ausschüssen, die in Sachen Bürgernähe, die wir immer praktizieren wollen, nimmt, desto weniger wird er
    diese unsinnigen Vorlesungen und Rituale hier mitmachen.
    Ich glaube — auch das ist gesagt worden —, wenn man ernstlich etwas ändern will — und es hat den Anschein —, dann könnte man daran auch etwas ändern. Aber dann müssen die Regierenden einen Beitrag dazu leisten. Mein Fazit ist: Geändert hat sich seit einer Rede von Thomas Dehler am 4. Februar 1952 — ich habe nachgeschaut — nichts. Er sprach von dem geringen Ansehen des Bundestages und seiner Arbeit. So ähnlich hat Dr. Barzel heute auch gesprochen. Dehler hat ein Gespräch zwischen Ludendorff und Max Weber wiedergegeben. Max Weber hat seine Ansicht über die Demokratie kundgetan:
    „In der Demokratie wählt das Volk seinen Führer, dem es vertraut. Dann sagt der Gewählte: ,Nun haltet den Mund und pariert; Volk und Parteien dürfen mir nicht hineinreden. Nachher kann das Volk richten.' Hat der Führer" — so sagt Max Weber — „Fehler gemacht, dann an den Galgen mit ihm!"
    Ich glaube, vor einer solchen Demokratie, Herr Bundeskanzler — jetzt ist er nicht mehr da —, müßte man warnen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Blank.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Joseph-Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich in meinem Beitrag weniger mit organisatorischen Fragen beschäftigen, obwohl ich sie — das will ich ausdrücklich betonen — für ausgesprochen wichtig halte. Ich möchte ein paar Gedanken zum Selbstverständnis des Parlaments im Hinblick auf unsere eigene Darstellung beitragen, weil das von einigen angesprochen worden ist, von Ihnen, Herr Vogel, von Ihnen, Herr Conradi, auch von Ihnen, Frau Hartenstein — ich sehe sie im Moment nicht — und zuletzt von Frau Hellwig.
    In der vergangenen Woche haben wir hier eine dreitägige Haushaltsdebatte geführt. Presse und Fernsehen haben in diesem Zusammenhang nicht nur über die teilweisen mangelnde Präsenz berichtet, sondern dies teilweise auch bissig und hämisch kommentiert, zumindest kritisch. Die ARD hatte am vergangenen Freitag im „Bericht aus Bonn" die Präsenz während dieser Tage zum Aufhänger für einen Bericht über die heute hier stattfindende Debatte genommen und für mich gar nicht überraschend mit der Bemerkung des Herrn Nowottny beendet, dies sei dann wohl heute hier die Stunde der Hinterbänkler. — Nun gut.
    Ich glaube aber, daß wir es uns zu einfach machen würden, unsere Probleme im Rahmen der Darstellung unserer parlamentarischen Arbeit allein an den öffentlichen Medien festzumachen, so wichtig und so richtig die Kritik, die hier ja schon geäußert worden ist, sicherlich ist. Richtig ist sicher auch, daß wir Probleme mit unserer eigenen Selbst-



    Dr. Blank
    darstellung haben. Ich denke, daß Stil und Inhalte unserer Auseinandersetzungen jedenfalls nicht immer geeignet sind, Ansehen und Glaubwürdigkeit der Parlamentarier in der Öffentlichkeit zu stärken.
    Frau Hellwig, ich bin nicht Ihrer Meinung. Unser Parlament — das ist richtig — ist ein Parteienparlament. Die meisten Parlamentarier sehen sich wohl in erster Linie als Parteienvertreter. Sie haben das vorhin hier ganz deutlich gemacht. Man kann sicherlich trefflich darüber streiten, ob die Abhängigkeit des Parlaments von den politischen Parteien Ursache für die Machtminderung des Parlaments ist oder nicht.
    Problematisch wird es für mich jedenfalls dann, wenn die Parteien ihre Abgeordneten als eine Art Befehlsempfänger für die Direktiven der Parteizentralen betrachten oder wenn Abgeordnete meinen, bloßes Megaphon ihrer Parteien sein zu müssen. Auch das soll es ja geben. Diesen Eindruck — entschuldigen Sie bitte, meine Damen und Herren, ich gehöre diesem Hohen Hause erst seit gut eineinhalb Jahren an —, den man bei manchen Reden, die hier gehalten werden, bekommt, kann man nicht einfach beiseite wischen. Weil man die Parteipropaganda — die eigene wie die der politischen Kontrahenten — zur Genüge kennt, ist dies vielleicht auch ein Grund dafür, warum viele Bundestagsdebatten in unserer Telekratie für uns so wenig attraktiv sind. Ich habe manchmal den Eindruck, daß das Parlament nicht selten bloß die Plattform ist, das Fernsehen dann das Mikrophon stellt und das Bild besorgt und das Volk die Zuhörerschaft für mehr oder weniger parteipolitische Pflichtübungen ist.
    Etwas anderes kommt dann noch hinzu. Auch das macht mich manchmal betroffen. Ich denke, es macht vielleicht auch den einen oder anderen von Ihnen betroffen. Zu dieser parteiischen Darstellung kommt dann noch ein angeblich notwendiger Absolutheitsanspruch. Die eigene Meinung wird als die allein seligmachende dargestellt, Selbstzweifel sind selbstverständlich verpönt, sie schwächen angeblich die eigene Position. Ich frage Sie: Ist das eigentlich wirklich so? In jeder besseren Rede von uns kommt vor, daß es den mündigen Bürger gibt. Ich habe den Eindruck, dieser vielzitierte kleine Mann ist schon sehr erwachsen und groß geworden.
    Ich habe mich — und das wird Ihnen vielleicht schon des öfteren so ergangen sein — bei mancher Rede von einem Kollegen, den man sonst durch die Ausschußarbeit ganz gut kennt, oder bei mancher Rede von einer Kollegin gefragt: Glaubt die eigentlich wirklich, was die da vorne sagt, glaubt der eigentlich wirklich, was der da vorne sagt? Meine Damen und Herren, glauben wir denn wirklich, daß der Bürger dies nicht merkt? Der Bürger merkt doch zumindest, wenn den Reden nicht Taten folgen, daß wir verbal alles können, daß die Wirklichkeit aber manchmal ganz anders ist. Warum sollen wir uns eigentlich nicht mal Gedanken darüber machen, ob wir glauben, auf jede Frage eine Antwort geben zu müssen, und diese mit Ewigkeitswert? Warum fällt es uns eigentlich so schwer — ich glaube, Herr Vogel, Sie haben das vorhin auch gesagt —, zuzugeben, daß wir etwas mal falsch gesehen haben, daß wir auch etwas falsch gemacht haben? Warum leiden wir fast zwanghaft unter dem Gefühl, Antworten auf Fragen geben zu müssen, die überhaupt noch niemand gestellt hat? Warum versuchen wir eigentlich immer das Gefühl zu vermitteln, als wüßten wir schon die Lösungen für alle Probleme?
    Meine Damen und Herren, mal ganz ernsthaft: sind wir denn wirklich davon überzeugt, daß die Mehrheit deswegen im Besitz der Wahrheit ist, weil sie die Mehrheit ist, oder die Minderheit deswegen im Besitz der Wahrheit, weil die Mehrheit angeblich nicht genügend nach ihr sucht und forscht? Glauben wir den wirklich — das können wir doch eigentlich nicht glauben —, daß die meisten Menschen nicht längst erkannt haben, daß die Problemlösungskompetenz der Politiker und der Politik ihre engen Grenzen hat, das Anspruch und Wirklichkeit oft auseinanderklaffen und bei der Kompliziertheit der zur Debatte stehenden Themen auch gar nicht so einfach deckungsgleich zu bekommen sind?
    Als Hinterbänkler: Ein bißchen mehr Selbstbewußtsein als freie, Frau Hellwig, auch von unseren Parteien unabhängigere Abgeordnete und ein bißchen weniger Absolutheitsanspruch bei der Verkündung unserer Vorstellungen und Überlegungen, und schon eine Menge wäre erreicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)