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ID1008518200

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    Plenarprotokoll 10/85 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6147A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung des Staates Kuwait und einer Delegation 6158 D Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6225 B Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des deutschen Bundestages vom 9. Februar 1984, ab 1. Januar 1986 nur noch abgasentgiftete Kraftfahrzeuge neu zuzulassen Dr. Vogel SPD 6147 B Schmidbauer CDU/CSU 6148 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 6149 C Hoffie FDP 6150 D Schäfer (Offenburg) SPD 6151C Hanz (Dahlen) CDU/CSU 6152 C Baum FDP 6153B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6154A Dr. Hauff SPD 6155A Dr. Lippold CDU/CSU 6156A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 6157 A Duve SPD 6158 D Fellner CDU/CSU 6159 D Lennartz SPD 6160 D Jung (Lörrach) CDU/CSU 6161C Erste Beratung des von den Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Tietjen, Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kiehm, Dr. Nöbel, Dr. Penner, Reuter, Schröer (Mülheim), Wartenberg (Berlin), Dr. Wernitz, Paterna, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1115 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1316 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN zum Gesetz über Personalausweise — Drucksache 10/1016 — Schäfer (Offenburg) SPD 6162 C Dr. Miltner CDU/CSU 6166 B Dr. Hirsch FDP 6169 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 6171 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6175 D Wartenberg (Berlin) SPD 6179A Clemens CDU/CSU 6180 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes — Drucksache 10/1180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/2386, 10/1719 — in Verbindung mit Beratung des Sechsten Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksache 10/877 — Dr. Wernitz SPD 6182 D Dr. Laufs CDU/CSU 6186 B Dr. Hirsch FDP 6189 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6191 D Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 6193 D Fellner CDU/CSU 6197 D Baum FDP 6198 A Dr. Blank CDU/CSU 6200 B Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages Dr. Barzel CDU/CSU 6202 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 6204 C Waltemathe SPD 6206 C Dr. Langner CDU/CSU 6208 B Frau Nickels GRÜNE 6210A Frau Geiger CDU/CSU 6211 B Dr. Vogel SPD 6213 A Dr. Lammert CDU/CSU 6215A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 6216D Kleinert (Hannover) FDP 6218 D Stratmann GRÜNE 6220 B Klein (München) CDU/CSU 6222 C Conradi SPD 6223 D Ertl FDP 6225 C Dr. Daniels CDU/CSU 6227 A Kuhlwein SPD 6228 B Werner CDU/CSU 6230 A Frau Dr. Hartenstein SPD 6231 D Dr. Czaja CDU/CSU 6233 D Dr. Schöfberger SPD 6235 C Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 6236 D Bamberg SPD 6238 C Dr. Blank CDU/CSU 6239 D Burgmann GRÜNE 6240 D Mischnick FDP 6242 D Buschbom CDU/CSU 6244 B Sielaff SPD 6246 A Schwarz CDU/CSU 6247 C Reimann SPD 6248 B Dr. Feldmann FDP 6249 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6250 D Eylmann CDU/CSU 6251 D Bindig SPD 6252 D Reddemann CDU/CSU 6253 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6254 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 6255 B Stiegler SPD 6256A Lowack CDU/CSU 6256 D Schreiner SPD 6257 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 6258 C Toetemeyer SPD 6259 C Dr. Müller CDU/CSU 6259 D Dr. Hornhues CDU/CSU 6260 D Schulte (Unna) SPD 6261 B Gansel SPD 6262 B Vizepräsident Stücklen 6222 C Nächste Sitzung 6263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6265* Anlage 2 Einstellung von Ingenieuren bei der Bundespost vor und ab 1984; Verzicht auf die Absenkung des Eingangsamtes MdlAnfr 5, 6 14.09.84 Drs 10/1979 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 6265* B Anlage 3 Stärkung des Zonenrandgebietes durch Verlagerung von Behörden MdlAnfr 7 14.09.84 Drs 10/1979 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 6265* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6147 85. Sitzung Bonn, den 20. September 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Buckpesch 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Dr. Göhner 20. 9. Haase (Fürth)** 20. 9. Dr. Häfele 21. 9. Jaunich 21. 9. Keller 21. 9. Dr. Kreile 21. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. von Schmude 21. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Dr. Stoltenberg 21. 9. Tietjen 21. 9. Dr. Voigt (Northeim) 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. Frau Dr. Wex 20. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Fragen 5 und 6): Wie entwickelt sich die Zahl der Einstellungen von Ingenieuren bei der Deutschen Bundespost im Jahre 1984 im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, von der im Haushaltbegleitgesetz 1984 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und auf die Absenkung des Eingangsamtes zu verzichten? Zu Frage 5: Im Jahre 1984 konnten bei der Deutschen Bundespost bisher 374 Diplomingenieure der Fachhochschulen als Nachwuchskräfte für die Laufbahnen des gehobenen fernmeldetechnischen, posttechnischen und hochbautechnischen Dienstes eingestellt werden. Mit weiteren 200 Einstellungen wird 1984 gerechnet, so daß sich die Gesamtzahl der Einstellungen des Jahres 1984 auf rund 580 Nachwuchskräfte belaufen wird. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 929 Einstellungen, 1981: 1 033 Einstellungen, 1982: 1 043 Einstellungen und 1983: 904 Einstellungen. In die entsprechenden Laufbahnen des höheren technischen Dienstes der Deutschen Bundespost wurden im Jahre 1984 bisher 45 Diplomingenieure der Technischen Hochschulen und Universitäten eingestellt. Im Jahr 1984 wird mit weiteren 10 bis 15 Einstellungen gerechnet. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 56 Einstellungen, 1981: 88 Einstellungen, 1982: 66 Einstellungen und 1983: 63 Einstellungen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob besoldungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Frage 7): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das Zonenrandgebiet durch Verlagerung von wenig publikumsintensiven Behörden dorthin zu stärken, und wenn ja, was käme dafür in Frage? Die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist auf eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen ausgerichtet. Der förderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, daß sich die Behörden nicht in einzelnen Gebieten konzentrieren. Für eine umfassende Verlagerung von Behörden besteht daher keine Veranlassung. Die Bundesregierung wird jedoch bei etwaigen Standortveränderungen darum bemüht bleiben, Bundesbehörden bzw. -einrichtungen in strukturschwache Gebiete, insbesondere in das Zonenrandgebiet zu legen, soweit keine aufgabenbezogenen Gesichtspunkte entgegenstehen. Bei Neugründungen von Bundesbehörden bzw. -einrichtungen ist Standorten im Zonenrandgebiet aufgrund des Raumordnungsgesetzes und des Zonenrandförderungsgesetzes Vorrang einzuräumen. Wie eine Umfrage bei den Bundesressorts gezeigt hat, werden neue Behörden nur noch in Ausnahmefällen errichtet. Deshalb kommt es derzeit besonders darauf an, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen und damit Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet zu erhalten. Falls ein Behördenabzug aus gewichtigeren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für unumgänglich erachtet wird, sind nach Möglichkeit durch flankierende Maßnahmen negative Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Der für die Raumordnung zuständige Bundesminister wirkt im Rahmen der Abstimmung von Standortentscheidungen für Bundesbehörden bzw. -einrichtungen nach § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes auf diese Zielsetzungen hin.
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    Rede von Dr. Rudolf Schöfberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nach dem Verlauf dieser Debatte könnte man nur wünschen, daß sie Vorbild für den Mindeststandard anderer Debatten in diesem Hause würde.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Drang, ins Plenum zu kommen und die andere Arbeit eher liegen zu lassen, würde bei mir größer werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!)

    Ich möchte aber vor der Gefahr warnen, uns in der Behandlung vordergründiger Symptome zu erschöpfen: Redezeiten, materielle und personelle Ausstattung und dergleichen mehr. Das hat j a alles seinen guten Grund, aber es sind nur Symptome.
    Ich glaube, unser Zustand ist auf einen geradezu traumatischen Grundsatz des deutschen Parlamentarisums zurückzuführen, der in anderen westlichen Parlamenten keine Heimat hat: Im deutschen Parlament darf die deutsche Regierung keine Niederlage erleiden. Wir waren als Regierungspartei stolz, daß uns dies zwischen 1969 und 1981 gelungen ist. Die wenigen Niederlagen hinterher waren eine Spätzeiterscheinung.
    Auch Sie versuchen sich darin. Aber das hat seine Folgen für den parlamentarischen Ablauf. Wenn man das so durchhält, muß sich eine Koalitionsfraktion stets als Verteidigungsschwadron der eigenen Regierung mißverstehen. Die jeweilige Opposition — das gilt für alle Oppositionen — wird in die Fundamentalkritik ohne jede Chance des wirklichen Einflusses verwiesen, und das Parlament insgesamt verkümmert zu einer notariellen Bewilligungsstelle für Regierungsabsichten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Reden, die hier dann meist gehalten werden, sind entweder fundamental-kritische Ohnmachtsreden, oder es sind Mimikry-Reden gegen die bessere Überzeugung, nur weil man halt in der Regierungskoalition als Redner eingeteilt ist und diese Chance nicht verlieren will, schon wegen des eigenen Aufstiegs nicht. Daran krankt das Parlament.
    Die Ausstattung dieses Parlaments entspricht dann genau dem Rollenverständnis, das ich hier geschildert habe. Alles, was wir sonst zu beklagen haben, ist Ableitung aus diesem Rollenverständnis mit wenig Selbstbewußtsein eines Parlaments.
    6236 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984
    Dr. Schöfberger
    Auch die Diätendebatten, die wir jedesmal, auch bei dem bescheidensten Versuch, draußen auslösen, sind Folgen dieses eigenen Mißverständnisses.

    (Vereinzelter Beifall)

    Haben Sie schon einmal eine Protestwelle durch das Volk gehen sehen, wenn der deutsche Zahnarzt dafür sorgt, daß sein durchschnittliches Jahreseinkommen von 650 000 auf 750 000 DM steigt? Diese Grundwelle geht nicht durch das Volk, weil jeder unserer Mitbürger überzeugt ist, daß Zahnärzte nützlich sind.

    (Heiterkeit und Beifall)

    Bei Bankdirektoren ist das ähnlich. Bankdirektoren erhöhen sich ihr Jahresgehalt auf 1,2 Millionen DM. Das ist 18mal soviel wie das, was einem Abgeordneten nach allen Abgaben bleibt.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Fußballstars!)

    — Fußballstars kann man dazunehmen.
    Haben Sie da schon jemals eine Protestwelle durch das Volk gehen sehen? Man ist von der Nützlichkeit von Bankdirektoren überzeugt. Ich glaube, daß die Mehrheit unseres Volkes von unserer Nützlichkeit nicht so recht überzeugt ist, sonst gäbe es die regelmäßigen Diätendebatten draußen nicht.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Bürgermeister!)

    — Beim Bürgermeister sind sie auch überzeugt: den braucht man.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

    Haben Sie schon einmal gehört oder gesehen, daß man in der Presse einem Landrat, einem Bürgermeister oder einem Ministerialbeamten seinen Dienstwagen, seine Sekretärin, die Portoausgaben der Behörde als eigenes Einkommen anrechnet? Bei uns ist es so.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Ich glaube, wir haben in dem Ansehen unserer Mitbürger genau das verdient, was wir verdienen, wenn wir hier nicht selbst für eine Änderung sorgen. Seit Perikles ist bekannt, daß die Befreiung von Sklaven nur ein Werk der Sklaven selbst sein kann.

    (Heiterkeit bei der SPD und der CDU/ CSU)

    Seit Perikles ist bekannt, daß die Mächtigen dieser Welt nicht eines Tages aufwachen und sich entschließen, den Ohnmächtigen mehr Macht einzuräumen. Ich bitte Sie also herzlich, nicht nur Mißstände zu beklagen — auch ich beklage sie, den bedauernswerten Zustand des Wissenschaftlichen Dienstes, die mangelnde Ausstattung —, sondern Hand anzulegen, Anträge einzubringen, diese Zustände zu ändern und ein neues Selbstbewußtsein zu entwickeln. Ich wünsche mir, daß es 518 selbstbewußte Abgeordnete gibt,

    (Feilcke [CDU/CSU]: Welche beiden nehmen Sie aus?)

    die dieses Verfassungsorgan als das einzige von der Volkssouveränität unmittelbar abgeleitete Verfassungsorgan verstehen und alle anderen als sekundär oder tertiär abgeleitete Verfassungsorgane.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn das bei 518 nicht möglich ist, weil es auch in einem Parlament immer wieder menschelt, dann wünsche ich mir 259 selbstbewußte Abgeordnete, die das beschließen.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: 110 haben wir schon! — Feilcke [CDU/CSU], Dr. Lammert [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

    — 110 sind es schon.
    Ich mache zum Schluß noch einen Vorschlag, wenn es jetzt zu einer Kommission kommt. Lassen Sie uns auch über das verfassungsmäßig verankerte Initiativrecht der Bundesregierung nachdenken. Es wäre vielleicht besser, wenn das Parlament zunächst eine Grundsatzdebatte über ein Regelungsbedürfnis in der Gesellschaft führen würde, am Ende dieser Grundsatzdebatte politische Leitlinien beschließen und eine Punktation aufstellen würde und es erst dann zu einem bürokratisch ausgefeilten Regierungsentwurf kommen dürfte.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Sehr wahr!)

    Wenn wir den bisherigen Zustand aufrechterhalten, werden wir immer wieder von Anfang an auf den mit Punkt und Komma ausgefeilten Regierungsentwurf gesetzt. Es gibt keine Möglichkeit mehr, außer Kommata und das eine oder andere Wort, die Konzepte zu verändern. Vielleicht wäre dies ein Beitrag zur größeren Selbstachtung des Parlaments. Sicher bedarf das einer Verfassungsänderung.
    Ich sage nur noch einen Satz zum mehr oder weniger vollen Plenum aus der Theaterwelt. Beim Theater gilt der Grundsatz: Wenn das Theater leer ist, liegt das an der Aufführung und nicht an den Leuten.

    (Beifall bei allen Fraktionen)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Hellwig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Renate Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schöfberger, ich möchte unmittelbar an das anschließen, was Sie gesagt haben. Wenn wir sagen, das heute sei eine Betriebsversammlung, dann erinnere ich mich an eine Erfahrung von Gewerkschaftern und Unternehmern. Die sagen, wenn in einem Betrieb wirklich die Krise drin ist, dann ist die Betriebsversammlung voll. Aber wenn es keine Krise gibt, dann sind Betriebsversammlungen schwach besucht. Aus dieser Erfahrung über Betriebsversammlungen müßte man eigentlich annehmen, daß die Krise unseres Parlaments gar nicht so groß ist, wie es zunächst einmal den Anschein hat. Denn so stark ist das Parlament doch nicht besucht.
    Aber lassen Sie mich auf die Argumente eingehen, die gerade auch Sie vorgetragen haben, Herr



    Frau Dr. Hellwig
    Schöfberger. Sie waren ja nicht der einzige Redner — das ist auf allen Seiten immer wieder zum Ausdruck gekommen —, dem ein „Leiden am Mehrheitsprinzip" anzumerken war. Der frei gewählte Parlamentarier, der sich verpflichtet fühlt, individuell zu entscheiden, kann das nicht so einfach verkraften. Ich kann Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung sagen: Meine parlamentarische Tätigkeit habe ich im Studentenparlament von Berlin angefangen. Ich hatte mich natürlich geweigert, in irgendeine Fraktion einzutreten, weil ich der Meinung war, der selbständige Parlamentarier müsse seine Meinung individuell vertreten können.
    Wir waren damals eine große Gruppe — an die 30 % —, die als sogenannte Fachschaftsvertreter ohne jedes Programm völlig frei war hinsichtlich der Vertretung derjenigen, die diese Gruppe gewählt haben. Aus dieser Zeit habe ich folgende Erfahrung mitgenommen: Obwohl wir eine so große Gruppe waren, waren wir im wesentlichen ein Spielball der anderen, die in Fraktionen organisiert waren; denn Mehrheiten haben sich so gebildet, daß sich andere Fraktionen zunächst geeinigt haben und dann einzelne aus unserer Gruppe sozusagen herausgebrochen haben. Je nach der Situation wurde mit ihnen zusammen die Mehrheit gebildet.
    Das war für mich die allererste Erfahrung in der Politik: Daß man offenbar notgedrungen am Mehrheitsprinzip in der Politik leiden muß. Dieses Mehrheitsprinzip ist erforderlich, um zu einem rationellen, vernünftigen Willensbildungsprozeß zu kommen. Manchmal, meine Kollegen von den GRÜNEN — gestatten Sie, daß ich das sage —, habe ich den Eindruck, daß Sie diese Erfahrung, die ich damals im Studentenparlament gemacht habe, jetzt auch machen, wenn es darum geht, Fraktionen zu bilden und den Sinn von Fraktionen und Mehrheiten zu erkennen. Es kann eben nicht ganz so individuell zugehen, wie hier immer der Eindruck entsteht.
    Ich halte es offen gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch überhaupt nicht für hilfreich, wenn jetzt in einer etwas sich anbiedernden Weise auf eine Stimmung eingegangen wird, die in der Bevölkerung draußen durchaus herrscht und die ich grundsätzlich parteienfeindlich nennen möchte. Es wird gesagt: Ach, diese Parteien sind sowieso nur ein Klüngelverein. In diese Parteien tritt man überhaupt nur ein, um sich ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen. Die heben dann irgendwelche Leute in Spitzenpositionen. Dafür müssen sie dann ein ganzes Leben lang Sklavendienste leisten. Im Grunde kann man eigentlich jeden, der in einer Partei ist, nur noch mit moralisch halb gebrochenem Rückgrat wiedererkennen.
    Parlamentarier, die in ihre Partei fest eingebunden sind, die den sinnvollen Willensbildungsprozeß von Parteien kennen, die auch wissen, wie elementar wichtig es ist, daß es Fraktionen im Bundestag gibt und diese Fraktionen — und auch die einzelnen Abgeordneten — einer Programmdisziplin unterliegen, sollten sich hier nicht hinstellen und sagen, eigentlich wollen wir heraus aus dieser Fraktionsklammer. Der Bürger hat ja völlig recht, wenn er dann fragt, warum streift ihr diese Klammer
    nicht ab? Aus meiner Sicht ist gerade der umgekehrte Weg richtig. Es wäre richtig, dem Bürger tatsächlich einmal verständlich zu machen, daß wir — das müssen wir zugestehen, wenn wir ehrlich sind — bisher noch kein anderes Prinzip der Übertragung des Willens unseres Volkes auf ein so kompaktes Handeln, wie es Regierungshandeln notgedrungenerweise darstellen muß, gefunden haben.
    Ich will jetzt einmal die Modelle, die heute erörtert wurden, einfach als Alternative zur Wahl stellen. Wir haben rund 60 Millionen Bürger. Wie sollen eigentlich 60 Millionen Einzelwillen im Regierungshandeln eines Bundeskanzlers, eines Verkehrsministers, eines sonstigen Fachministers gebündelt werden?

    (Zustimmung des Abg. Conradi [SPD])

    Soll das etwa in der Form geschehen — die Medien könnten uns das j a bald zur Verfügung stellen —, daß vor jeder Entscheidung eine saloppe Fernsehsendung stattfindet, bei der jeder Bürger einen roten, grünen oder weißen Knopf am Ende der Diskussion entsprechend seiner Meinung zu bestätigen hat? Dann hätten wir das, was ein Vertreter der GRÜNEN gefordert hat: die absolute Basisdemokratie.
    Aber was wäre das Ergebnis? Das Ergebnis wäre eine Hektik der Willensbildung, einmal so und einmal so. Wir wissen doch selber — wir als Abgeordnete sind auch Menschen und nicht frei —, wie wir eine Debatte verlassen: so oder so überzeugt, je nachdem, ob der eine oder der andere in gelungener Weise argumentiert hat. Von solchen Zufallsentscheidungen kann doch nicht konsequentes Regierungshandeln abhängig werden.
    Herr Schöfberger, ich darf jetzt noch einmal direkt auf Sie eingehen. Sie haben gesagt, der Fraktionenzwang sollte sichtbar wenigstens dadurch gelockert werden, daß auch Regierungen davon abhängig sein müßten, sich die Mehrheit einmal aus Teilen der Opposition zu holen, und einmal das Glück haben sollen, sie in der Koalition zu bekommen. Bekanntlich war es in Ihrem Koalitionsvertrag mit der FDP damals der Kasus knacktus schlechthin, daß Sie sich solche unterschiedlichen Mehrheiten nicht holen. Wenn man in seiner eigenen Fraktion einer Minderheitsfraktion angehört, die die Mehrheit will und die natürlich, ähnlich wie die GRÜNEN, hier einen höheren Aktionsradius sucht, dann ist es aus dieser Ihrer Logik durchaus verständlich, eine solche Meinung zu vertreten. Ich bevorzuge demgegenüber das Leiden am Mehrheitsprinzip, das aus meiner Sicht das einzig wirklich demokratische und auch vernünftige ist, zu einem konsequenten Regierungshandeln zu kommen. Zu dem gehört nämlich für mich auch im Grunde genommen ein Aufrechterhalten der Macht des Wählers.
    Es gibt gelegentlich Stimmen in den Reihen der GRÜNEN, die sagen den Bürgern: Ach, was habt ihr denn? Ihr habt gar nichts. Nur alle vier Jahre könnt ihr einmal ja oder nein zu dieser oder jener Partei sagen. Das ist doch gleich null. — Sind wir uns nicht dessen bewußt, daß das im Grunde die wichtigste,



    Frau Dr. Hellwig
    die entscheidende, die urdemokratische Macht des Bürgers ist, für die es aus meiner Sicht schlechthin nichts besseres gibt. Wir hier sind diejenigen, die diese Macht verantwortlich vier Jahre hindurch tragen, nicht als Hamm-Brücher, als Hellwig, als Schöfberger, als Stratmann, sondern als Repräsentant der CDU, Repräsentant der FDP, der GRÜNEN oder der SPD.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Nein, derer, die die Listen machen!)

    — Nein, das ist sehr gut so. Stellen Sie sich doch einmal die Alternative vor. Was soll mein armes Volk, mein Volk, meine 200 000 Bürger in meinem Wahlkreis tun, was steht ihnen denn bevor, wenn wir jetzt individuelle Abgeordnetenwahlen hätten? In welche Gewissenskonflikte, in welche Hilflosigkeit würden wir die Bürger eigentlich treiben?
    Die bösen Parteien dürfen keine Listen mehr aufstellen, also darf jeder, der gerade Lust hat, für den Deutschen Bundestag kandidieren

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Die müssen nur offen sein!)

    und schreibt ganz individuell sein Programm. Ob er das dann einhält oder nicht — Sie haben doch genau das gleiche Problem.

    (Stratmann [GRÜNE]: Wer sagt das denn? Das sagt doch keiner! — Dr. Vogel [SPD]: Das haben wir doch in Bayern!)

    — Ja, natürlich. — Es geht darum, was meine Partei oder Ihre Partei in Regierungsverantwortung gemacht hat. Natürlich kann ich sie kritisieren. Sie alle wissen, daß Fraktionssitzungen in Regierungsfraktionen erstens einmal länger dauern, zweitens für den einzelnen Abgeordneten zehnmal so interessant sind wie in Oppositionszeiten und drittens natürlich auch einen sehr hohen Aufmerksamkeitsgrad bei Regierungen haben.
    Ich halte es für sehr, sehr wichtig, daß wir hier wirklich auch das Forum nutzen, dem Bürger zu erklären, was für einen Sinn es hat, daß Volkes Willen in Parteien gebündelt wird.

    (Abg. Dr. Schöfberger [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Schöfberger, bitte.