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    Plenarprotokoll 10/84 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 84. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. September 1984 Inhalt: Aktuelle Stunde betr. die Verhandlungsposition der Bundesregierung bei der anstehenden Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 6127 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 6128 B Dr. Mitzscherling SPD 6129 A Dr. Solms FDP 6129 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6130 C Frau Matthäus-Maier SPD 6132 B Dr. Lammert CDU/CSU 6133 B Frau Gottwald GRÜNE 6134 B Dr. Rumpf FDP 6135 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ 6136 A Dr. Hauchler SPD 6137 B Uldall CDU/CSU 6138 B Rapp (Göppingen) SPD 6139 B Kittelmann CDU/CSU 6140 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 6141 B Klose SPD 6142 C Frau Gottwald GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 6143C Fragestunde — Drucksache 10/1979 vom 14. September 1984- Stellungnahme der Bundesregierung zur UN-Konvention zur weltweiten Bekämpfung der Folter MdlAnfr 3, 4 14.09.84 Drs 10/1979 Bachmaier SPD Antw PStSekr Erhard BMJ 6111 B ZusFr Bachmaier SPD 6111 B ZusFr Stiegler SPD 6111 D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6111D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 6112 B Förderung einer Gewerbeschule in Windhoek (Namibia); Teilnahme Bundesminister Warnkes an der Grundsteinlegung MdlAnfr 8 14.09.84 Drs 10/1979 Schwenninger GRÜNE Antw PStSekr Dr. Köhler BMZ 6112 D ZusFr Schwenninger GRÜNE 6112 D Geschlechtsneutrale Ausweisung offener Stellen in den Mikrofilm-Lesegeräten der Arbeitsämter MdlAnfr 10, 11 14.09.84 Drs 10/1979 Peter (Kassel) SPD Antw PStSekr Vogt BMA 6113 B ZusFr Peter (Kassel) SPD 6113C ZusFr Frau Steinhauer SPD 6113 D ZusFr Stiegler SPD 6114A ZusFr Eigen CDU/CSU 6114A ZusFr Dr. de With SPD 6114 B ZusFr Lutz SPD 6114 B ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6115C Funktionsfähigkeit der Bundesanstalt für Arbeit angesichts der Personalsituation; Aufhebung der Stellenbesetzungssperre MdlAnfr 14, 15 14.09.84 Drs 10/1979 Glombig SPD Antw PStSekr Vogt BMA 6115D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. September 1984 ZusFr Glombig SPD 6115 D ZusFr Lutz SPD 6116D ZusFr Stiegler SPD 6117B ZusFr Frau Steinhauer SPD 6117 D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 6118B ZusFr Lohmann (Lüdenscheid) CDU/CSU 6118D ZusFr Dreßler SPD 6119A ZusFr Dr. de With SPD 6119 C ZusFr Weinhofer SPD 6119 C Überschuß der Bundesanstalt für Arbeit 1984; Arbeitsämter mit erschöpften Mitteln für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen MdlAnfr 16, 17 14.09.84 Drs 10/1979 Lutz SPD Antw PStSekr Vogt BMA 6119 D ZusFr Lutz SPD 6119D ZusFr Feilcke CDU/CSU 6120 B ZusFr Dreßler SPD 6120C ZusFr Stiegler SPD 6121A ZusFr Frau Steinhauer SPD 6121 B ZusFr Heistermann SPD 6121C ZusFr Reimann SPD 6122 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 6122A ZusFr Glombig SPD 6122 B ZusFr Frau Hürland CDU/CSU 6122 C ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD 6122 D ZusFr Weinhofer SPD 6123 B ZusFr Günther CDU/CSU 6124 B ZusFr Kolb CDU/CSU 6124 B ZusFr Sielaff SPD 6124 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 6125C Umstellung der Berechnungsart der Bundesanstalt für Arbeit zur Ermittlung der Arbeitslosenquoten MdlAnfr 20, 21 14.09.84 Drs 10/1979 Weinhofer SPD Antw PStSekr Vogt BMA 6125 D ZusFr Weinhofer SPD 6125 D Arbeitslosenberatung durch die Arbeitsämter MdlAnfr 24 14.09.84 Drs 10/1979 Schreiner SPD Antw PStSekr Vogt BMA 6126 B ZusFr Schreiner SPD 6126C ZusFr Dreßler SPD 6126 C ZusFr Lutz SPD 6126 D ZusFr Jansen SPD 6127 A Nächste Sitzung 6143 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6145* A Anlage 2 Personalsituation bei der Bundesanstalt für Arbeit MdlAnfr 12, 13 14.09.84 Drs 10/1979 Frau Fuchs (Köln) SPD SchrAntw PStSekr Vogt BMA 6145* B Anlage 3 Aufstockung der Mittel für Eingliederungshilfen zur Vermeidung von Engpässen bei den Arbeitsämtern 1984 MdlAnfr 18, 19 14.09.84 Drs 10/1979 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Vogt BMA 6145* D Anlage 4 Anteil der Leistungsempfänger an der Gesamtzahl der Arbeitslosen 1982 bis 1984 MdlAnfr 22, 23 14.09.84 Drs 10/1979 Buschfort SPD SchrAntw PStSekr Vogt BMA 6146* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. September 1984 6111 84. Sitzung Bonn, den 19. September 1984 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Dr. Apel 19. 9. und 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Engelhard 19. 9. Dr. Glotz 19. 9. Haase (Fürth)* 20. 9. Haungs 19. 9. Keller 21. 9. Dr. Müller** 19. 9. Rappe (Hildesheim) 19. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. Schmidt (Wattenscheid) 19. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Tietjen 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Vogt auf die Fragen der Abgeordneten Frau Fuchs (Köln) (SPD) (Drucksache 10/1979 Fragen 12 und 13): Wie beurteilt die Bundesregierung die Personalsituation der Bundesanstalt für Arbeit, und kann sie die Feststellung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Franke, bestätigen, daß zur Zeit etwa 5 000 Kräfte in den Arbeitsämtern der Bundesrepublik Deutschland fehlen? Wie viele Planstellen sind zur Zeit in den Arbeitsämtern nicht besetzt, wie viele Stellen fehlen gemessen an dem anerkannten Stellenbemessungssystem der Bundesanstalt für Arbeit? Die Bundesregierung weiß um die hohe Belastung der Mitarbeiter in der Arbeitsverwaltung. Sie erkennt deren Leistung ausdrücklich an. Aus diesem Grunde hat die Bundesregierung bereits in der Vergangenheit im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten alles getan, um eine Entlastung des Personals in den Arbeitsämtern herbeizuführen. So wurde z. B. im Jahr 1983 die Zahl der Planstellen um 2 500 Stellen, im Jahr 1984 um 450 Stellen erhöht. Außerdem wurde die Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 1983 von der für alle Bereiche der Bundesverwaltung geltenden 1%igen Personalkürzung ausgenommen. Die Bundesregierung prüft auch weiterhin, wie der durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt bedingten Belastung der Mitarbeiter in den Arbeitsämtern Rechnung getragen werden kann. Da die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen nach wie vor politische Priorität hat, kann die Lösung nicht in glo- Anlagen zum Stenographischen Bericht balen Personalmehrungen, sondern nur in gezielten Maßnahmen liegen, die den vermehrten Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung mit einschließen. Die Frage, in welchem Umfang für bestimmte Aufgabengebiete der Arbeitsverwaltung gezielte Stellenmehrungen möglich sind, wird in den Haushaltsberatungen für das Jahr 1985 zu entscheiden sein. Insoweit möchte ich aber der z. Z. laufenden Willensbildung innerhalb der Selbstverwaltung der Bundesanstalt nicht vorgreifen. Es ist richtig, daß die Bundesanstalt für Arbeit nach ihrem Personalbemessungssystem einen Mehrbedarf von knapp 5 000 Stellen errechnet. Dieses Bemessungssystem ist dafür geschaffen, für die interne Willensbildung eine Größenordnung für eine theoretische Maximalbesetzung der Arbeitsverwaltung anzugeben. Wie in der Vergangenheit können aber auch jetzt derartige rein rechnerische Bemessungssysteme die politisch zu treffenden Entscheidungen nicht ersetzen. Laut Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit waren nach dem Stand vom 15. April 1984 2 057 Stellen nicht endgültig besetzt. Dies sind 4,22 % der Stellen. Hierunter sind Planstellen zu verstehen, die noch nicht mit einem Mitarbeiter auf Dauer besetzt sind. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß ca. 900 freie Stellen der Besetzungssperre nach § 19 des Haushaltsgesetzes 1984 unterlagen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Vogt auf die Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 10/1979 Fragen 18 und 19): In wie vielen Arbeitsämtern sind die Mittel für Eingliederungshilfen bereits erschöpft? In welchem Umfang sind weitere Aufstockungen der Haushaltsmittel der Bundesanstalt für Arbeit notwendig, um weitere Engpässe in den letzten Monaten des Jahres 1984 zu verhindern? Der Haushaltsplan der Bundesanstalt für Arbeit enthält einen Ansatz von 200 Millionen DM für die Eingliederungsbeihilfe. Bis Ende August 1984 waren von den 200 Millionen DM nach Auskunft des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit rund 128,5 Millionen DM ausgegeben. Die Bundesanstalt für Arbeit hat die Mittel für Eingliederungsbeihilfe den Landesarbeitsämtern zugewiesen und diesen die Verteilung auf die einzelnen Arbeitsämter überlassen. Es ist Aufgabe der Landesarbeitsämter, durch Verlagerung der Mittel zwischen den einzelnen Arbeitsämtern Engpässe auszugleichen. Die Auszahlung der bewilligten Eingliederungsbeihilfen ist nach der bisherigen Ausgabenentwicklung sichergestellt. Wenn sich ein Mehrbedarf herausstellt, wird die Bundesregierung entscheiden, ob Mehrausgaben entsprechend den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung genehmigt werden kön- 6146* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. September 1984 nen. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Bundesregierung bereits beim Einarbeitungszuschuß, dessen Haushaltsansatz 1984 um 85 Millionen DM aufgestockt worden ist, und beim darlehensweise gewährten Unterhaltsgeld, dessen Haushaltsansatz um 87 Millionen DM erhöht wurde, entsprechend tätig geworden ist. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Vogt auf die Fragen des Abgeordneten Buschfort (SPD) (Drucksache 10/1979 Fragen 22 und 23): Wie hat sich im Vergleich von Oktober 1982 zu August 1984 der Anteil der Leistungsempfänger an der Gesamtzahl der Arbeitslosen entwickelt, und wie hoch war in diesem Zeitraum der Anteil der Arbeitslosenhilfeempfänger? Kann deshalb die Arbeitslosenversicherung noch die ihr vom Gesetzgeber zugedachte Rolle wahrnehmen, und ist hinsichtlich der Entwicklung der Leistungsempfängerquoten, insbesondere die Entwicklung hin zur Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe vergleichbar mit den Erfahrungen, die Anfang der 30er Jahre gemacht wurden? Der Anteil der Leistungsempfänger an der Gesamtzahl der Arbeitslosen hat sich in den letzten Jahren nur geringfügig verändert. Er betrug im Jahre 1980 72,0 v. H. 1981 74,1 v. H. 1982 74,1 v. H. 1983 72,0 v. H. Dagegen ist der Anteil der Bezieher von Arbeitslosenhilfe an der Gesamtzahl der Leistungsempfänger nicht unerheblich gestiegen. Er betrug im Jahre 1980 21,1 v. H. 1981 19,6 v. H. 1982 23,9 v. H. 1983 32,4 v. H. Hauptursache für diesen Anstieg ist die in den letzten Jahren gestiegene individuelle Dauer der Arbeitslosigkeit. So betrug die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit des Bestandes an Arbeitslosen jeweils Ende September 1980 7,6 Monate, 1981 7,4 Monate, 1982 8,5 Monate, 1983 10,3 Monate. Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklung mit Sorge. Sie ist im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten bemüht, den sozialen Problemen der von längerfristiger Arbeitslosigkeit betroffenen — vor allem älteren — Arbeitnehmer Rechnung zu tragen, insbesondere durch einen verstärkten Einsatz der arbeitsmarktpolitisch aktiven Instrumente des Arbeitsförderungsgesetzes. Die Bundesregierung hält es für verfehlt, in diesem Zusammenhang die Leistungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung anzuzweifeln und Vergleiche mit den letzten Jahren der Weimarer Republik zu ziehen. Damals wurde Arbeitslosengeld längstens für sechs Monate, zuletzt sogar nur noch für sechs Wochen gezahlt. Die der Arbeitslosenhilfe vergleichbare Krisenunterstützung wurde — bis zur Aufhebung dieser Begrenzung Ende 1982 — längstens für 52 Monate gewährt. Deshalb waren im Jahre 1932 mehr als die Hälfte der Bezieher von Leistungen bei Arbeitslosigkeit sogenannte „Wohlfahrtserwerbslose", die ausschließlich Wohlfahrtsleistungen der Gemeinden erhielten. Heute wird dagegen Arbeitslosengeld in der Regel für die Dauer eines Jahres und danach — im Grundsatz zeitlich unbegrenzt — Arbeitslosenhilfe gezahlt. Sozialhilfe erhalten grundsätzlich nur die Arbeitslosen, die bisher noch nicht als Arbeitnehmer im Erwerbsleben standen oder deren Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe ausnahmsweise nicht die Höhe der Sozialhilfe erreicht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Rapp


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hatte Fragen zur Verschuldenskrise zu beantworten. Nicht so sehr die Tatsache fordert Kritik heraus, daß sie die Probleme abwiegelt, nach dem Gehörten bereitet es vor allen Dingen Sorge, daß sie für den Fall der Zuspitzung der Lage gedanklich keine Vorsorge getroffen hat, sondern die Probleme auszusitzen gedenkt.

    (Beifall bei der SPD)

    Dabei ist für ungezählte Menschen in den betroffenen Ländern eine weitere Zuspitzung der Lage kaum noch vorstellbar. Die Konditionenpolitik der Gläubigerinstitutionen im Mix von Finanzierungshilfen und auferlegter Anpassung führte schon zu Hungerrevolten, treibt Schuldnerstaaten in die Depression und die Menschen in die Massenarbeitslosigkeit, sie verhindert die Modernisierung ihrer Wirtschaft. Ich stehe noch voll im Banne dessen, was Kardinal Arns hierzu in Bonn berichtet hat. Mich empört jenseits aller gebotenen Sachbezogenheit in den technischen Fragen diese Attitüde des „business as usual",

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    mit der die Gläubigerbanken und Staaten an die Dinge herangehen. Dabei ist das noch nicht einmal weiterführende, problembezogene Wahrnehmung des Gläubigerinteresses — wenn schon die Betroffenheiten, die im Schuldnerinteresse involviert sind, so wenig zählen.
    Hauptursache der Verschuldensmisere war die nach den Ölpreiskrisen über jedes vernünftige Maß
    hinausgetriebene Roll-over-Finanzierung. Nachher blieb dann das Wachstum aus, aus dem sich die Gewinne der Geldgeber realisieren und die Kredite amortisieren sollten. Die bisherigen Strategien zur .„Bewältigung" des so entstandenen Problems waren nicht viel mehr als die Fortsetzung eines in den Laufzeiten etwas modifizierten roll-over, ergänzt durch eine Konditionenpolitik des kruden Monetarismus. Schon 1986 werden die ersten Umschuldungskredite fällig werden. Wer mit denselben Fehlern, die das Problem verursacht haben, es letztlich auch lösen will, belügt sich selber. Schon die Zinseszinsrechnung ist da ganz unerbittlich.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Mehrere Staaten erwirtschaften trotz forcierter Exportpolitik die Devisen für den Schuldendienst nicht mehr. Dabei sind sie genötigt, die Einfuhren auf das Überlebensnotwendige herunterzufahren, worunter längst ihre Exportfähigkeit leidet. Heute sind die Entwicklungsländer zu Kapitalexporteuren geworden. Es ist die Höhe des Dollarzinses, letztlich des amerikanischen Haushalts- und Leistungsbilanzdefizits und damit wesentlich des Rüstungswahnsinns, die diese Perversität in Gang hält; es ist pervers, daß Entwicklungsländer Kapitalexporteure sind.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Von mir wird der Bundesregierung nicht angeraten, über die Verlängerung des erweiterten Beistands hinaus die Lösung in der Bereitstellung vermehrter internationaler Liqiuidität zu suchen. Es käme dies wohl auch eher den Gläubigerbanken als den verschuldeten Ländern zugute.
    Hier wird auch nicht für die unkonditionierte Finanzhilfe plädiert, wohl aber dafür, die Anpassungsstrategie auf die Verbesserung der Produktions- und Absatzbedingungen, der Beschäftigungslage und der Sozialstrukturen in den Schuldnerländern zu richten.
    Es wäre ein gutes Stück Anpassung gewesen, den Militärs in Argentinien die Lust am Kriegsspiel zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Statt dessen verwüstet man die ohnehin rudimentären Strukturen der Sozialstaatlichkeit in diesen Ländern.
    Da die Schuld am Verschuldensproblem auf die Gläubiger- und Schuldnerstaaten gleichmäßig verteilt ist, widerstrebt es der Gerechtigkeit, wenn die Schuldnerstaaten die Anpassungslast allein tragen müssen. Ohne die effektive Erleichterung der Schuldenlast der Entwicklungsländer wird es letztlich nicht gehen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die rechtzeitige Wertberichtigung, bei uns in der Tat ja schon angegangen,

    (Wissmann [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn früher?)




    Rapp (Göppingen)

    ist die billigste. Denkmodelle dafür liegen vor. Mich überzeugt am meisten jenes Modell, demzufolge Zahlungen der Schuldnerländer zunächst wenigstens teilweise zur Rückführung der Schuld verwandt und nur teilweise auf den Zinsendienst angerechnet werden sollten.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn vorher?)

    Am amerikanischen Bankengesetz mit seiner Betonung des Zinsendienstes kann doch letztlich nicht das Schicksal ganzer Nationen hängen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie sich die Forderung nach einer internationalen Schuldenkonferenz zu eigen machte. Unser SPD-Zukunftsprogramm „Dritte Welt" wäre die richtige Vorgabe.
    Es ist wahr: Mit der Beschimpfung der Amerikaner wird das Problem der Lösung nicht nähergebracht. Eine Bundesregierung, die sich dem Problem stellt, wüßte Mittel und Wege zu finden, unsere amerikanischen Partner von der Richtigkeit einer Politik zu überzeugen, die die Anpassungslast nicht einseitig auf die ohnehin Schwachen ablädt. Aber dazu drängen sich einem j a Parallelen aus der deutschen und der amerikanischen Binnenpolitik auf — leider.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kittelmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Kittelmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hauptantwort auf die Vorwürfe der GRÜNEN in dieser Aktuellen Stunde hat die Konferenz der hochverschuldeten Staaten Lateinamerikas gegeben, die vom 13. bis 14. September in Mare de Plata zusammensaßen. Die Außen- und Wirtschaftsminister der elf Teilnehmerstaaten haben sich auf drei Grundsätze geeinigt: erstens Anerkennung ihrer Schulden, zweitens Einzelverhandlungen mit ihren Gläubigern und dem Internationalen Währungsfonds, drittens Suche nach gemeinsamen Lösungen im politischen Rahmen.
    Als konkrete Maßnahmen in dieser Richtung befürworten sie Verhandlungen auf höchster Ebene zwischen den Entwicklungsländern und den sieben größten Industrieländern. Als Verhandlungsschema sprechen sie sich für Expertengespräche, Gespräche der Außen- und Wirtschaftsminister und — was jetzt schon mehrfach erwähnt wurde — für das Abhalten einer Gipfelkonferenz aus.
    Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt grundsätzlich diese Entscheidung und fordert die Bundesregierung auf, diesen Aktionskurs zu überdenken und alles zu tun, um zu prüfen, ob diese Vorgaben in reale Politik umgesetzt werden können.
    Die Dritte Welt denkt überhaupt nicht daran, ihre Zeit mit sinnloser Polemik über den Währungsfonds oder die Weltbank zu vergeuden, wie es die
    GRÜNEN und leider in den letzten Beiträgen auch die SPD hier vorgeführt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Die Taktik, die die GRÜNEN und teilweise auch die SPD nach dem Motto „Haltet den Dieb!" hier verfolgen, ist unsinnig, zumal jede Erzeugung von Katastrophenstimmung und Verunsicherung zu unsagbarem Schaden führen könnte, wobei ich mich damit beruhige, daß das, was Sie hier sagen, über diesen Raum hinaus kaum Geltung haben wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Das gilt allerdings auch für Sie! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

    Vor allen Dingen: Frau Gottwald, Ihre Reiseerlebnisse in Argentinien sollten Sie nicht dazu benutzen, unüberprüfbare Vorwürfe gegen den diplomatischen Dienst, der in diesen Ländern unerhört gute Arbeit leistet, hier zu erheben.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Das sind keine!)

    Es steht außer Zweifel, daß sich einige Industrieländer fragen lassen müssen, ob sie nicht zu großzügige Kreditgewährung in Einzelfällen zu verantworten haben.

    (Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich glaube auch, daß wir in dieser Frage sehr dazugelernt haben. Ich rate den GRÜNEN, die heutige FAZ zu lesen: „Klagen an die falsche Adresse". Ich gebe zu, daß Frau Carola Kaps bei dem Artikel nicht an Sie gedacht hat; so viel Wertschätzung wird sie nicht empfinden. Was Sie da lesen, ist an sich eine sehr kühle Analyse — wie ich zugebe: aus ihrer Sicht —, wie die Entwicklungsländer in den letzten Jahren ihrerseits sehr viele Fehler begangen haben, über die sie jetzt nachdenken und über die sie, wie die Schuldnerkonferenz bewiesen hat, nicht nur nachdenken, sondern bei denen sie bereit sind, gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank und den sieben führenden Industrieländern Abhilfe zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir sind uns darüber im klaren — und wir werden bald Gelegenheit haben, darüber länger zu diskutieren, wenn wir die Große Anfrage der CDU/ CSU zum Protektionismus behandeln —, daß vor allem der Protektionismus erheblich dazu beiträgt, und zwar, Herr Mitzscherling, nicht nur bei den USA, sondern auch bei Japan und vor allem bei der EG, den freien Welthandel einzuschränken. Heute sehe ich im Wirtschaftsausschuß, daß dort eine Vorlage der EG behandelt wird: Die USA hat das und das eingeführt; wir müssen uns revanchieren und unsererseits das und das einführen. Das ist ein Wettrennen des Protektionismus in immer neuen Formen. Dies müssen wir gemeinsam bekämpfen. Ich weiß, daß die Bundesregierung außerordentlich bereit ist, in dieser Frage Spitzenreiter zu sein und gegen den Protektionismus aufzutreten. Unserer



    Kittelmann
    Unterstützung in dieser Frage, Herr Dr. Stoltenberg, können Sie sicher sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Da wird er sich aber freuen! Wir brauchen in der Zukunft zur Lösung dieser Probleme sehr viel guten Willen. Sie, die GRÜNEN, haben hier bewiesen, daß Sie keine konkrete Alternative haben, sondern sinnlose Polemik äußern, von der ich hoffe, daß sie niemals in Erfüllung gehen wird. Denn die Folgen wären noch mehr Hunger, noch mehr Elend und keine Hilfe für die Menschen in der Dritten Welt, die sie brauchen. Sie mögen es schon noch so oft gehört haben; leider gibt jeder Ihrer Debattenbeiträge Anlaß, dies in Erinnerung zu rufen. Ich bedaure sehr, daß das Fernsehen es nicht für wert befunden hat, sich heute bei einer solchen Debatte einzuschalten, damit Ihre Wähler feststellen, welche unsinnigen Vorstellungen von wirtschaftlicher Leistung und wirtschaftlicher Lösung Sie zu diesen Problemen haben. Schönen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Gottwald [GRÜNE]: Wer polemisiert hier?)


    (Zuruf des Abg. Schwenninger [GRÜNE])


    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Mehr Sachlichkeit, Herr Kittelmann!)