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ID1008303600

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    6. Burgmann.\n: 1
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    Plenarprotokoll 10/83 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 83. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. September 1984 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksache 10/1800 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksache 10/1801 — Dr. Vogel SPD 6067 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6075 B Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6082 B Dr. Weng FDP 6084 B Lennartz SPD 6087 C Mischnick FDP 6089 C Wieczorek (Duisburg) SPD 6094 A Burgmann GRÜNE 6097 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6098 C Vizepräsident Westphal 6098 C Erste Beratung des vom Bundesrat éingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Abwärmeverwertung) — Drucksache 10/1861 — 6105 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Anlagensanierung) — Drucksache 10/1862 (neu) — 6105 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs — Drucksache 10/1747 — 6105 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren sowie anderer wertpapierrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/1904 — 6106 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Oktober 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 10/1740 — 6106 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Benin über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 10/1741 — 6106 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. September 1984 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra — Drucksache 10/1765 — 6106 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung wirtschaftsrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/1790 — 6106 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Lohnstatistik — Drucksache 10/1916 — 6106 B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Einführung umweltfreundlicher Kraftfahrzeuge — Drucksache 10/1768 — 6106 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Daubertshäuser, Duve, Dr. Apel, Glombig, Gobrecht, Klose, Paterna, Schmidt (Hamburg), Berschkeit, Buckpesch, Kretkowski, Hettling, Ibrügger, Kuhlwein und der Fraktion der SPD Abteilung Seeverkehr — Bundesministerium für Verkehr — Drucksache 10/1884 — 6107 A Beratung der Sammelübersicht 37 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1689 —in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 38 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1690 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 39 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1907 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 40 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1908 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 6107 C Nächste Sitzung 6107 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6109* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 6109*C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. September 1984 6067 83. Sitzung Bonn, den 14. September 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter** 14. 9. Bachmaier 14. 9. Büchner (Speyer) 14. 9. Eigen 14. 9. Engelsberger 14. 9. Eylmann 14. 9. Dr. Glotz 14. 9. Dr. Götz 14. 9. Haase (Fürth) ** 14. 9. Dr. Hackel** 14. 9. Dr. Holtz** 14. 9. Jaunich 14. 9. Dr. Jobst 14. 9. Junghans 14. 9. Dr. Klejdzinski** 14. 9. Dr. Kreile 14. 9. Kroll-Schlüter 14. 9. Dr. Müller** 14. 9. Rapp (Göppingen) 14. 9. Frau Renger 14. 9. Reuschenbach 14. 9. Frau Roitzsch (Quickborn) 14. 9. Dr. Rumpf** 14. 9. Sauermilch 14. 9. Schäfer (Mainz) 14. 9. Schmidt (Hamburg) 14. 9. Schmidt (München) ** 14. 9. von Schmude 14. 9. Frau Schoppe 14. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Hannover) 14. 9. Schulhoff 14. 9. Schwarz** 14. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 14. 9. Graf Stauffenberg* 14. 9. Voigt (Frankfurt) 14. 9. Voigt (Sonthofen) 14. 9. Weiskirch (Olpe) 14. 9. Frau Dr. Wex 14. 9. Dr. Unland** 14. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 23 Tit. 671 01 - Leistungen des Bundes nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz - (Drucksache 10/1799) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1984 (Drucksache 10/1808) zuständig: Haushaltsausschuß
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    Rede von Helmut Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mischnick, ich möchte Ihren Appell an Gemeinsamkeit gleich aufnehmen, allerdings etwas anders, als Sie es von uns erwartet haben. Ich war nämlich etwas betroffen darüber, daß während Ihrer appellartigen Ausführungen und beim Zitieren des Deutschlandvertrages der Beifall nur von den beiden äußeren Seiten des Hauses kam, während sich die Mitte betont zurückgehalten hat.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Stimmt nicht! — Das stimmt gar nicht!)

    Von daher glaube ich, daß Ihr Appell, Herr Mischnick, schlicht und einfach in die falsche Richtung geht.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das sehen Sie von da drüben nicht!)

    — Herr Kollege Friedmann, ich habe einen augezeichneten Platz und konnte sehr gut sehen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Dann liegt es an der Brille!)

    Vor allen Dingen konnte ich Ihren Fraktionsvorsitzenden sehen. Er soll ja Ihre Fraktion führen, aber bei ihm regte sich keine Hand. Daß Sie Beifall gezollt haben, will ich nicht abstreiten. Das kann durchaus sein. Das würde ich Ihnen auch zutrauen; denn Sie sind ja ein sehr selbstbewußter Mann. Bei Herrn Dr. Dregger weiß ich das nicht so.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Auch er ist sehr selbstbewußt!)

    Nach seinen letzten Äußerungen, die j a auch, was den Honecker-Besuch anlangt, wesentlichen Einfluß gehabt haben, bin ich da gar nicht so sicher.
    Meine Damen und Herren, wenn man die drei Tage Debatte, die wir hinter uns haben, Revue passieren läßt, muß ich sagen: Es hat Höhen gegeben, es hat Tiefen gegeben, es hat Sternstunden des Parlaments gegeben. Für mich, der ich diesem Hause noch nicht so lange angehöre, ist das beispielsweise der Fall gewesen, als der Bundestagspräsident hier
    als unser Kollege gesprochen hat. Es war der Fall, als mein Kollege und Vorsitzender Willy Brandt gesprochen hat.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Na, na!)

    Ich habe auch sehr genau zugehört, als Egon Bahr im Blick auf die Vergangenheit zur Deutschlandpolitik gesprochen hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Alles Sternstunden?)

    Das waren für mich Sternstunden.
    Ich will allerdings nicht darauf eingehen, wie ich die Ausführungen zur Bilanz der Regierung werte. Da war von Sternstunde nichts zu sehen. Da wurde die Wahrheit gequält. In diesem Hause darf man ja nichts Stärkeres sagen als Quälen der Wahrheit, und darum betone ich das noch einmal: Die Wahrheit wurde sehr gequält.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Herr Kollege Voss, wo ich Sie hier gerade vor mir sehe: Ich habe mich eben, als der Herr Weng zur Privatisierung gesprochen hat, gefragt: Wen meint er eigentlich? Mich konnte er doch wohl nicht meinen. Meine Haltung ist klar. Aber vielleicht meint er Sie, oder vielleicht meint er Herrn Dr. Riedl, vielleicht meint er aber auch Herrn Dr. Strauß, wenn er über Privatisierung insgesamt spricht. Ich glaube, Sie haben mit sich so viel zu tun, daß Sie eine klare Haltung zu Ihren Problemen hier nicht haben können.
    Herr Dr. Dregger, mir steht es nicht zu, Wertungen zu geben, trotzdem will ich mir nicht verkneifen, zu sagen: Ich habe schon wesentlich stärkere Reden von Fraktionsvorsitzenden gehört als die, die Sie hier gestern gehalten haben.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Aber nicht aus Ihrer Fraktion!)

    Ich möchte auf Herrn Geißler nicht eingehen, auch nicht, wenn er wirklich etwas gesagt hätte. Bei Herrn Geißler hat man wieder festgestellt, daß er „Terror" mit den Zahlen hat und nicht rechnen kann. Darum will ich ihm anbieten, ihm etwas Nachhilfeunterricht im Rechnen zu geben, nämlich dann, wenn es darum geht, die Verdreifachung der Kindergeldvorteile bei der steuerlichen Lösung darzustellen.
    Ich möchte bei meiner Kritik hier gerne auch Herrn Blüm aussparen, ihm aber doch die Frage stellen, wann bei ihm eigentlich Armut beginnt. Ich würde ihn gerne einmal fragen, ob er glaubt, daß es ein ausreichendes Einkommen ist, wenn ein alleinstehender Arbeitslosenhilfeempfänger 722 DM im Monat bekommt, ob da nicht mittlerweile die Grenze der Armut erreicht ist. Ich würde ihn gerne fragen, wenn er hier wäre und antworten könnte, aber das ist eigentlich nicht mein Thema.
    Mein Thema ist das, was den Bundesfinanzminister betrifft. Die Zahlen, die wir hier dem Bundes-



    Wieczorek (Duisburg)

    haushalt zugrunde legen, haben wir in den letzten drei Tagen zur Genüge gehört.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Bloß nicht verstanden!)

    — Ich glaube sicher, gnädige Frau, daß die Zahlen nicht von allen verstanden worden sind. Da gebe ich Ihnen recht. Wenn ich die Bewertung der Zahlen, wie Sie sie vorgenommen haben, sehe, dann habe ich große Zweifel, ob bei der zweiten Lesung Ihre Mißdeutungen schon ausgeräumt sein werden.
    Nehmen Sie nur die Steuereinnahmenseite. Auf der Steuereinnahmenseite des mittelfristigen Finanzplans steht für uns ein großes Fragezeichen, weil man dort natürlich unterstellt, daß es keine neuen Steuerrechtsänderungen gibt. Wer aber glaubt das, wenn er weiß, wie schnell der Bundesfinanzminister mit steuerlichen Umverteilungen dabei ist? Ich denke nur daran, wie er die steuerlichen Subventionen aus dem Hut gezaubert hat. Da präsentiert der Herr Bundesfinanzminister, der ja als unser Sparminister gilt, nach einem Wahlkreisaufenthalt in Schleswig-Holstein eine neue Steuersubvention von insgesamt 20 Milliarden DM, die zu fordern der Herr Bundeslandwirtschaftsminister nicht gewagt hätte. Er ist heute noch beschämt über seine Zurückhaltung angesichts der Freizügigkeit seines Finanzministerkollegen. Nur muß er jetzt verteidigen, daß Herr Stoltenberg bei seiner Großzügigkeit zu sehr an die Großbauern gedacht hat.
    Dieser Bundesfinanzminister hält sich eben für entscheidend in allen Fragen dieses Kabinetts, und ich bin der letzte, der bestreiten würde, daß Dr. Stoltenberg mit seinem Haushaltsentwurf über weit mehr als Konsolidierungsziele entschieden hat. Er hat sich mit seinem Haushaltsentwurf und dem mehrjährigen Finanzplan zum Verantwortlichen für die Konjunktur- und Beschäftigungsentwicklung gemacht. Diese Verantwortung nimmt er aber nicht wahr. Sein Haushalt ist weder vom Volumen noch von seiner Struktur her geeignet, beschäftigungspolitische Impulse zu geben. Die Ausgaben wachsen nur um 1,2 %. Das bedeutet bei Berücksichtigung der Preissteigerungsrate eine reale Abnahme. Die Investitionen bleiben im nächsten Jahr real konstant und sinken mittelfristig auf einen historischen Tiefstand ab. Die Investitionsquote wird 1988 nur noch 12,6 % betragen. Selbst diese Höhe wird nur durch die Einrechnung der BAföG-Darlehen und der Gewährleistungen als Investition in die Quote erreicht, wodurch die Quote künstlich aufgebläht wird. Darin enthalten sind jetzt auch die Steigerungen im Verkehrshaushalt, die ja nur dazu benutzt werden, Grundstücksankäufe zu betreiben. Was das mit Investitionen gleich Arbeitsbeschaffung zu tun hat, kann ich nicht übersehen.
    Beides — sowohl das Ausgabenvolumen insgesamt als auch die mangelnde Investitionstätigkeit — ist beschäftigungsfeindlich und belastet den Arbeitsmarkt.
    Herr Dr. Stoltenberg, Wissenschaftler haben ausgerechnet, daß man mit 1 Milliarde DM unmittelbar für 20 000 Menschen Arbeitsplätze schaffen kann. Wenn man nun noch die in der Regel erforderlichen
    Komplementärmittel von Ländern und Gemeinden dazurechnet, werden diese Investitionen noch erheblich größere Beschäftigungswirkungen haben. Man kann sich leicht vorstellen, welche Größenordnungen hier dann zu bewältigen wären.
    Der Hintergrund all dieser Überlegungen ist, daß wir die ansteigende Arbeitslosigkeit — das ist das erste Ziel unserer Politik — bekämpfen wollen. Ich will nicht die Horrorzahlen weiterverbreiten, die für das nächste Jahr erwartet werden. Ob es 2 Millionen, 2,4 Millionen oder 2,6 Millionen Arbeitslose sind, Herr Dr. Stoltenberg, es sind zuviel. Wir müssen, wie hoch die Zahl auch immer sei, auf jeden Fall etwas tun und können uns nicht darauf verlassen, daß der Markt von selbst heilen wird.
    Meine Damen und Herren, zu der beschäftigungspolitischen Untätigkeit gehört auch, daß gerade bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit die Mittel für den Einzelplan des Wirtschaftsministers um 10 % gesenkt werden. Daß dabei Kohle und Stahl die Hauptlasten zu tragen haben, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Allein für diese beiden Bereiche wird 1 Milliarde DM weniger ausgegeben, obwohl die Strukturprobleme andauern. Wenn ich mir ansehe, wo und bei wem Sie sparen, und wenn ich mir ansehe, wo und bei wem Sie neue Steuersubventionen in Milliardenhöhe vergeben, muß sich der Eindruck einer reinen Klientelpolitik aufdrängen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Bedenken des Bundeswirtschaftsministers, ob dieser Haushalt wirklich konjunkturgerecht sei und ob nicht die Wirtschaftsentwicklung durch eine vorgezogene Tarifsenkung gestützt werden müßte, wiegelt der Bundesfinanzminister einfach ab. Zunächst sollte im Sommer darüber gesprochen werden, dann bei den Beratungen über der Bundeshaushalt, dann im Winter. Vor 14 Tagen hieß es dann, die Aussprache solle weiter bis zu den Beratungen über den Jahreswirtschaftsbericht verschoben werden. Nun wird also erst im Januar darüber gesprochen werden.
    Wenn der Bundeswirtschaftsminister über die Wirtschaftsentwicklung und die notwendigen Maßnahmen laut nachdenkt und dabei auf den Schuldzinsenabzug kommt, antwortet ihm der Bundesfinanzminister mit Hilfe der Bundespressekonferenz. Er erklärt dort, irgendwann werde er sich auch mit dem Bundeswirtschaftsminister zusammensetzen und mit ihm reden.
    Das ist vielleicht ein Kabinettsstil!
    Der Bundeswirtschaftsminister kann aber sicher sein, daß seine Eigenwilligkeit von Herrn Dr. Stoltenberg niemals vergessen wird. Hier entscheidet der Bundesfinanzminister eben immer noch in der Art des Regierungschefs, nämlich so, wie er es aus Schleswig-Holstein gewohnt ist. Oder etwa deshalb, weil er im Bundeskabinett die nötige Führung vermißt? Oder übt der Bundesfinanzminister schon wieder die Rolle des Regierungschefs?
    Ich stelle diese Fragen nicht nur ironisch, meine Damen und Herren. Ist es eigentlich für das politi-



    Wieczorek (Duisburg)

    sche Geschehen in dieser Republik wirklich gleichgültig, wie das Verhältnis von Finanzpolitik und Gesamtpolitik gehandhabt wird? Bestimmt nur der Haushaltsminister uneingeschränkt, aber mit verengtem Blickwinkel die Gesamtpolitik, so daß Sozial-, Beschäftigungs- und Umweltpolitik überhaupt keinen eigenständigen Wert mehr haben? Oder sollen nicht in der Regierung gesellschaftspolitische Konzeptionen — und dies natürlich zusammen mit dem Bundesfinanzminister — erarbeitet werden, die der Haushaltsminister dann auszuführen hat?
    Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß bei dieser Bundesregierung und bei diesen Bundestagsfraktionen der Bundesfinanzminister tatsächlich -- aber konzeptionslos -- mit reiner Sturheit und Blockade die Richtlinien und alle Einzelheiten dieser Politik bestimmt.
    Meine Damen und Herren, nun zum Gebiet der Renten- und Sozialpolitik. Die Lastenverschiebung auf die Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger, die auf die Entscheidung des Haushaltsministers zurückgeht, ist in der Debatte schon wiederholt erörtert worden. Das will ich deshalb jetzt nicht weiter ausführen.
    Welche Rolle der Arbeitsminister bei der Kürzungspolitik im Sozialbereich und der Beitragserhöhungspolitik des Bundesfinanzministers zu spielen hat, weiß auch jeder Fernsehzuschauer. Herr Blüm hat der Öffentlichkeit zu erklären, was Herr Stoltenberg vorhat. Herr Blüm übernimmt, wie jeder feststellen kann, die Aufgabe, Hiobsbotschaften zu verkünden, ganz offensichtlich mit großer Freude. Außerdem sorgt er mit seinem Haushalt ja dafür, daß der Bundesfinanzminister am Jahresende mit Stolz verkünden kann, er habe noch ein paar Milliarden im Gesamthaushalt gespart und er sei deshalb der Größte. Wenn es aber Probleme mit den selbstproduzierten Finanzlöchern in der Rentenkasse gibt, dann ist auf einmal nur der Bundesarbeitsminister zuständig.
    Ich halte diese Arbeitsteilung zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundesarbeitsminister schlicht für makaber. Immer wenn es darum geht, zu seinen Entscheidungen zu stehen, meine Damen und Herren, und Verantwortung zu bekennen, weiß der Bundesfinanzminister auf jeden Fall schon eines: Schuld waren immer die anderen.
    Das begann bereits vor der Erblasttheorie mit phantastischen Zahlen gegenüber der sozialliberalen Regierung. Schon als wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU und als Führer der CDU-Ländermehrheit im Bundesrat hat sich Herr Dr. Stoltenberg auf sozialpolitischem Gebiet mit deutlich einseitigem Akzent versucht. Kürzungen im Bereich der Sozialhilfe und insbesondere die Kürzung des Taschengeldes der Altenheimbewohner im Haushaltsbegleitgesetz 1982

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU] und Frau Hürland [CDU/CSU]: Da haben Sie doch mitgestimmt!)

    sind nur auf Grund der Gesetzesinitiative und der
    Aktivität des damaligen schleswig-holsteinischen
    Ministerpräsidenten zustande gekommen. Meine
    Damen und Herren, das ist ein Punkt gewesen, den Sie uns abgetrotzt haben,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Haben Sie mitgestimmt oder nicht?)

    den Sie zur Grundlage für die Zustimmung im Vermittlungsverfahren dabei gemacht haben.
    Die Verantwortung dafür hat er dann schlicht und einfach immer von sich gewiesen; es waren wie immer die anderen: natürlich die Sozialdemokraten.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Die miesen Sozis!)

    Vorläufiger Schlußpunkt ist die Schuldzuweisung an die Gewerkschaften dafür, daß der vollmundig verkündete dauerhafte und selbsttragende Wirtschaftsaufschwung nicht eingetreten ist, wobei der Bundesfinanzminister die allen bekannten Scharfmacheraktivitäten dieser Regierung einfach vergißt. Ich bin sehr gespannt, wem der Bundesfinanzminister die Schuld zuweisen wird, wenn der Urteilsspruch in Karlsruhe über die Zwangsanleihe des Bundesfinanzministers so ausgeht, wie wir erwarten. Wahrscheinlich war es dann die Schuld von Herrn Graf Lambsdorff. Oder war es dann wieder Herr Blüm?
    Meine Damen und Herren, in wenigen Wochen oder Monaten wird in einem weiteren wichtigen Politikbereich erkennbar, welche Rolle die Mitwirkung und Verantwortung des Bundesfinanzministers gespielt hat. Ich meine die finanziellen Auswirkungen der in Brüssel getroffenen Beschlüsse auf den Bundeshaushalt.
    Herr Bundesfinanzminister, wir haben sehr sorgfältig hingehört, als Sie in Ihrer Rede von eventuellen Konsequenzen für unseren Haushalt gesprochen haben. Sie müssen Konsequenzen ziehen. Das wird wahrscheinlich auch in der Form geschehen, daß Sie eine Nachforderung an den Bundestag stellen müssen. Sie haben unser Verständnis, wenn es zu einer solchen Notwendigkeit kommen würde, was den Formalakt angeht. Ich teile absolut nicht die Auffassung von Herrn Waigel, daß alle Risiken eines Haushalts erkennbar sein müssen, daß man nicht über einen Nachtragshaushalt eine Änderung herbeiführen könne.
    Sie haben auch jede Unterstützung, wenn es gegen Versuche der Europäischen Kommission oder einiger Mitgliedsländer geht, über taktische Manöver durch eine Hintertür den Plafond von 1 % irgendwie in Frage zu stellen.
    Ich fände es allerdings verhängisvoll, wenn sich der Bundesfinanzminister die Zustimmung zu seinem nationalen Alleingang bei der landwirtschaftlichen Vorsteuerpauschale mit Zugeständnissen erkaufen mußte, die der Gesamtpolitik, dem gesamten Land und seiner Wirtschaft wehtun. Ich denke daran, daß die Einführung einer Obergrenze für die deutsche Nettozahlung ebenso in Frage gestellt ist wie die Verhinderung des weiteren europäischen Subventionswettlaufes in anderen Politikbereichen. Das wird sich, wie ich fürchte, Herr Dr. Stoltenberg, als ein historischer Fehler mit schweren Folgen für



    Wieczorek (Duisburg)

    die deutsche und die europäische Entwicklung herausstellen.
    In der Bundesrepublik kann man das leider jetzt schon an Zahlen ablesen. Die Steuersubventionen sind massiv ausgeweitet worden — trotz aller gegenteiliger Versprechungen. 1982, zu unserer Regierungszeit, betrugen sie noch 29 Milliarden DM; jetzt haben sie eine Größenordnung von 39 Milliarden DM erreicht. Damit hat der Finanzminister Stoltenberg alle Bemühungen seiner sozialdemokratischen Vorgänger zunichte gemacht. Aus einem, der auszog, die Subventionen weiter abzubauen, ist ein Subventionsminister geworden.

    (Beifall bei der SPD)

    Auf europäischer Ebene fürchtet der Wirtschaftsminister bereits eine neue Runde bei den Stahlsubventionen. Wie geschwächt die Position des Wirtschaftsministers nach dem Stoltenbergschen Sündenfall für die deutschen Großbauern ist, deutet sich damit schon an.
    Ich komme zum Schluß.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist gut!)

    Wir werden in der zweiten Lesung des Bundeshaushalts sehr deutlich auf die unterschiedlichen Akzente achten, die sich hier in den drei Tagen dieser ersten Lesung ergeben haben. Wir werden darauf achten, daß unsere Ziele nach wie vor eingehalten werden, daß wir durch eine gezielte Hinführung in das Sondervermögen „Arbeit und Umwelt" über eine gezielte Kapitalaufstockung bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Voraussetzungen schaffen, daß wir Arbeit schaffen und gleichzeitig unsere Umwelt schützen und unsere Umwelt wieder in den Stand setzen, wie es die Menschen von uns erwarten.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das war jedenfalls keine Sternstunde!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Burgmann.

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Der Mann mit der einen Hose! — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Der schaut wie der Rübezahl aus!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter Burgmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde!

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wieso hat der 'ne Freundin?)

    Wenn ich am Ende dieser dreitätigen Redeschlacht nur noch ein paar Minuten Zeit habe, möchte ich in diesem Zusammenhang mal die Frage stellen: Was hätte wohl ein Arbeitsloser gesagt, wenn er hier hätte reden können zu den Argumenten, die der Herr Stoltenberg vorgebracht hat

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ziehen Sie mal eine ordentliche Hose an!)

    — kümmern Sie sich um Ihre Hose, mein Herr; da
    haben Sie genug zu tun —, zu der arroganten Rede,
    mit der der Herr Stoltenberg seinen Konsolidierungskurs hier am Mittwoch gerechtfertigt hat, zu den Krokodilstränen, die er über die Einzelschicksale der Arbeitslosen vergoß, und über die Art, wie der Herr Blühm mit seinem demagogischen Stil gestern über die Probleme hinweggejubelt hat und ein Faß aufmachen will, um die Erfolge der Regierungspolitik zu feiern?
    Diese „Erfolge" bedeuten: eine halbe Million Arbeitslose mehr als bei Regierungsantritt, 950 000 junge Menschen unter 25, für die es keine Perspektive gibt.
    Für diese Einzelschicksale, Herr Stoltenberg und Herr Blüm, tragen Sie die Verantwortung, besonders für deren Verarmung, die sie zu Rechtlosen und Sozialhilfeempfängern macht, für die Tatsache, daß diese Leute nicht mehr wissen, wie sie Strom und Miete zahlen sollen, für die ersten Selbstmorde arbeitsloser Jugendlicher. Dafür haben Sie mit Ihrer Sparpolitik und sogenannten Sozialpolitik die Verantwortung.
    Was würde wohl die Mutter eines pseudokruppkranken Kindes sagen, wenn sie hier zu den Sparplänen der Regierung reden dürfte, die zwar acht Milliarden für den Straßenbau, aber kein Geld für die Entgiftung der Luft aufbringt. Was würde wohl der Waldbauer sagen, dem die Arbeit von Generationen dahinstirbt, wenn er feststellt, daß in diesem Haushalt für Umweltschutz kein Geld da ist —

    (Zuruf des Abg. Dr. Bötsch [CDU/CSU])

    angeblich wegen der Konsolidierung. Nur 50 m von diesem Bundeshaus entfernt sterben die Kastanien reihenweise weg.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Ganz genau!)

    Wie weit ist diese Regierung eigentlich von den wirklichen Problemen entfernt? Sie legt für 1985 einen Haushalt vor, in dem noch kein halbes Prozent Ausgaben für den Umweltschutz ist, aber allein 14 Milliarden DM in den nächsten Jahren für die Verkabelung ausgegeben werden sollen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist schlicht die Unwahrheit, was Sie hier sagen!)

    für die sterbenden Wälder und die sterbenden Kinder tragen Sie die Verantwortung, Herr Stoltenberg und Herr Zimmermann, sofern Sie überhaupt noch tragen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich! — Unverschämtheit!)

    Was würde hier wohl eine Frau, die seit einem Jahr in Mutlangen gegen die Rakten demonstriert, zu der Rede von Herrn Kohl sagen, der sich am Mittwoch wieder erdreistet hat, sich hier hinzustellen und uns vorzuheucheln: Frieden schaffen mit immer weniger Waffen? Das ist eine Lüge, Herr Kohl. Der Rüstungshaushalt steigt um über 3 %. Unter Ihrer Regierung sind die gefährlichsten Waffen der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik installiert worden.
    Ich kann und will nicht für die Betroffenen reden. Aber ich möchte ein paar Gedanken vortragen: Ge-



    Burgmann
    spart wird also nicht bei der Rüstung, sondern für die Rüstung. Gespart wird auf Kosten der Kommunen. Die Stadt Nürnberg mußte seit dieser Sparpolitik, die unter der SPD begann, inzwischen das Doppelte für Sozialhilfe ausgeben. Sie konsolidieren auf Kosten der Verschuldung der Gemeinden, Herr Stoltenberg.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung!)

    Gespart wird auf Kosten unserer Umwelt, auf Kosten der Gesundheit und der natürlichen Lebensgrundlagen. Hier entstehen heute schon Schäden in Milliardenhöhe; eine Hypothek für die nachkommende Generation, die ganz unvergleichlich ist und viel schwerer wiegt als all die finanziellen Schulden, die sicher schlimm genug sind. Gespart wird bei den Menschen, die von der Krise besonders betroffen sind, bei den Arbeitslosen, bei den Sozialhilfeempfängern, bei den Behinderten. Mehr als 1984, über 7 Milliarden DM, werden im Haushalt 1985 bei diesen Menschen eingespart, während die Unternehmergewinne kräftig weitersteigen.
    Die Regierung glaubt, sich die totale Verarmung von 5 Millionen Menschen in diesem Lande wohl leisten zu können, wenn sie die besser Verdienenden noch mit ein paar Steuergeschenken ködern kann. Sie betreiben eine systematische Spaltung unserer Gesellschaft, indem Sie auf Kosten der Ärmsten den Reichen und Unternehmern Steuergeschenke in Milliardenhöhe machen.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch!)

    Herr Stoltenberg und die anderen Redner der Regierungsparteien haben von der Hypothek für unsere Kinder gesprochen, die durch den Schuldenberg entstanden ist. Nun, auch unter Ihrer Regierung wächst diese Hypothek ja weiter. Das ist schlimm. Viel schlimmer aber, meine Damen und Herren im Regierungslager, ist die Hypothek, die Sie in anderen Bereichen hinterlassen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie wollen doch noch viel mehr Schulden machen!)

    Die Fehler in der Energiepolitik werden unsere Nachkommen auf Jahrtausende mit strahlendem Abfall belasten, die Fehler in der Umweltpolitik hinterlassen ihnen gestorbene Wälder und vergiftete Böden, die Fehler in der Rüstungspolitik sind ein Pulverfaß, das sie alle in die Luft sprengen kann.
    Diese Regierung hat vieles von den Vorgängern übernommen. Aber nie lagen die Probleme so deutlich auf dem Tisch. Nie ging eine Regierung so bedenkenlos darüber hinweg.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    So wie dieser Haushalt 1985 angelegt ist, wird er keines der drängenden Probleme lösen, sondern vieles noch verschlimmern.