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ID1008301800

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    Plenarprotokoll 10/83 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 83. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. September 1984 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksache 10/1800 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksache 10/1801 — Dr. Vogel SPD 6067 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6075 B Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6082 B Dr. Weng FDP 6084 B Lennartz SPD 6087 C Mischnick FDP 6089 C Wieczorek (Duisburg) SPD 6094 A Burgmann GRÜNE 6097 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6098 C Vizepräsident Westphal 6098 C Erste Beratung des vom Bundesrat éingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Abwärmeverwertung) — Drucksache 10/1861 — 6105 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Anlagensanierung) — Drucksache 10/1862 (neu) — 6105 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs — Drucksache 10/1747 — 6105 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren sowie anderer wertpapierrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/1904 — 6106 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Oktober 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 10/1740 — 6106 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Benin über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen — Drucksache 10/1741 — 6106 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. September 1984 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Abbau von Salzen im Grenzgebiet an der Werra — Drucksache 10/1765 — 6106 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung wirtschaftsrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/1790 — 6106 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Lohnstatistik — Drucksache 10/1916 — 6106 B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Einführung umweltfreundlicher Kraftfahrzeuge — Drucksache 10/1768 — 6106 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Daubertshäuser, Duve, Dr. Apel, Glombig, Gobrecht, Klose, Paterna, Schmidt (Hamburg), Berschkeit, Buckpesch, Kretkowski, Hettling, Ibrügger, Kuhlwein und der Fraktion der SPD Abteilung Seeverkehr — Bundesministerium für Verkehr — Drucksache 10/1884 — 6107 A Beratung der Sammelübersicht 37 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1689 —in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 38 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1690 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 39 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1907 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 40 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/1908 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 6107 C Nächste Sitzung 6107 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6109* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 6109*C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. September 1984 6067 83. Sitzung Bonn, den 14. September 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter** 14. 9. Bachmaier 14. 9. Büchner (Speyer) 14. 9. Eigen 14. 9. Engelsberger 14. 9. Eylmann 14. 9. Dr. Glotz 14. 9. Dr. Götz 14. 9. Haase (Fürth) ** 14. 9. Dr. Hackel** 14. 9. Dr. Holtz** 14. 9. Jaunich 14. 9. Dr. Jobst 14. 9. Junghans 14. 9. Dr. Klejdzinski** 14. 9. Dr. Kreile 14. 9. Kroll-Schlüter 14. 9. Dr. Müller** 14. 9. Rapp (Göppingen) 14. 9. Frau Renger 14. 9. Reuschenbach 14. 9. Frau Roitzsch (Quickborn) 14. 9. Dr. Rumpf** 14. 9. Sauermilch 14. 9. Schäfer (Mainz) 14. 9. Schmidt (Hamburg) 14. 9. Schmidt (München) ** 14. 9. von Schmude 14. 9. Frau Schoppe 14. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Hannover) 14. 9. Schulhoff 14. 9. Schwarz** 14. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 14. 9. Graf Stauffenberg* 14. 9. Voigt (Frankfurt) 14. 9. Voigt (Sonthofen) 14. 9. Weiskirch (Olpe) 14. 9. Frau Dr. Wex 14. 9. Dr. Unland** 14. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 14 23 Tit. 671 01 - Leistungen des Bundes nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz - (Drucksache 10/1799) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1984 (Drucksache 10/1808) zuständig: Haushaltsausschuß
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Manfred Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nachdem ich die allgemeine Politik etwas gestreift habe, möchte ich
    sehr gern zum Ausdruck bringen, was die gemeinsame Haushaltsgruppe von CDU/CSU und FDP in den nächsten Wochen in Sachen Finanzen und Haushalt vorhat zu tun.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Oje!)

    Bei dieser Gelegenheit darf ich vielleicht darauf aufmerksam machen, daß es eine außergewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen CDU/CSU und FDP gibt, vor allen Dingen auch in der Haushaltsgruppe.

    (Lachen des Abg. Fischer [Frankfurt] [GRÜNE])

    Ich möchte mich bei den Kollegen der FDP ganz herzlich bedanken.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sie belieben zu scherzen, Herr Kollege! „Außergewöhnlich gut"!)

    Die Fraktionen und wir in den Gruppen werden diese Politik der Bundesregierung unterstützen. Wir werden allerdings versuchen, diese Politik noch weiter zu akzentuieren. Hierzu möchte ich feststellen:
    Erstens. Konjunkturpolitische Hektik im Stil der SPD wird es bei uns nicht geben. Es wird keinen Rückfall in Programmaktionismus, neue Schulden und steigende Abgaben geben.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Dazu sind Sie zu steif, Herr Kollege!)

    Zweitens. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts wird fortgesetzt. Sie ist das Kernstück unseres finanz- und wirtschaftspolitischen Erneuerungsprogramms. Wir werden versuchen, die geplante Neuverschuldung von 24 Milliarden DM noch weiter nach unten zu führen. Wir wissen sehr wohl, daß das nicht sehr einfach ist, da der Finanzminister, der einen Haushaltsentwurf vorlegt, selbst schon sehr großen Wert darauf legt, die Lücken zu finden, die noch vorhanden sind. Ich bin aber ziemlich sicher, daß wir noch einiges finden werden. Wieviel, kann man nicht vorhersagen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Aber wer suchet, der findet!)

    Aber wir werden noch einiges finden. Das kann ich sicher sagen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ein richtiger Findling sind Sie! — Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Hoffentlich finden Sie die richtige Seite! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Er steigt nachts in die Bundesbank ein und sucht die Gewinne!)

    Wir müssen die Neuverschuldung auch noch weiter abbauen. Denn 24 Milliarden DM Neuverschuldung — trotz Abführung der Bundesbankgewinne — sind auf Dauer zuviel. Deswegen werden wir mit dem Geld der Bürger nicht nur in diesem Jahr sparsam umgehen müssen, sondern werden das auch in den kommenden Jahren weiter so tun müssen.
    Drittens. Haushaltspolitische Disziplin ist aber nicht mit Stillstand der Politik gleichzusetzen.



    Carstens (Emstek)

    Denn gerade durch diese Konsolidierungspolitik sind wir in der Lage gewesen, schon 1986 etwas für die Familien zu tun — nicht nur etwas, sondern sehr viel, das meiste, was je für die Familien getan wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei der Gelegenheit, Herr Kollege Vogel, darf ich vielleicht darauf aufmerksam machen, daß Sie und Ihre Kollegen in diesen zwei, drei Tagen zwar über viele Punkte gesprochen haben, aber zur Familie hat keiner Ihrer Redner von diesem Pult aus etwas gesagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Hackel [CDU/CSU]: Außer Polemik!)

    Wenn wir nicht konsolidiert hätten, wäre es unmöglich gewesen, schon ab 1986 den ersten Schritt bei Steuersenkungen zu tun, den zweiten Schritt dann 1988. Wahrscheinlich wären weitere Steuererhöhungen und weitere Abgabeerhöhungen nötig gewesen. Deswegen gehen wir nach dem Motto vor: sparen und gestalten. Das soll auch das Motto in den nächsten Jahren sein.
    Viertens. Haushaltspolitische Disziplin bedeutet auch, an den einmal getroffenen Entscheidungen festzuhalten. Es besteht meines Erachtens überhaupt kein Anlaß, an der vor drei Monaten gefundenen Einigung über Volumen und Zeitpunkt der steuerlichen Entlastung zu rütteln und darüber neu nachzudenken. Ich bin überzeugt, daß diese Entlastung, so wie sie beschlossen worden ist, ihre konjunkturpolitische Wirkung nicht verfehlen wird.
    Fünftens. Die Bundesanstalt für Arbeit signalisiert für die nächste Zeit eine erfreuliche Besserung ihrer Finanzlage und rechnet mit Überschüssen. Wir sollten uns heute darauf festlegen, dieses Geld nicht voreilig zu verteilen. Zur Zeit sind das Prognosen; das mag so sein. Aber ordentliche Haushälter entschließen sich erst dann dazu, mit Geld etwas zu machen, wenn sie sicher wissen, daß es vorhanden ist. Deswegen sage ich hierzu: Erst einmal abwarten, sehen, was dabei herauskommt! Zur Zeit gibt es keinen Handlungsbedarf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sechstens. Insgesamt werden unsere Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik die Rahmenbedingungen für eine volle Entfaltung der Auftriebskräfte auch künftig garantieren. Das ist der wichtigste Beitrag, den wir zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten können; ich habe das soeben an Hand von Einzelbeispielen nachgewiesen.

    (Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Wie viele Punkte haben Sie denn noch?)

    Wir alle können unseren Beitrag dazu leisten, daß wir ein Wirtschaftsklima bekommen, in dem es weiter aufwärts geht, in dem dann auch die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann: die Unternehmer mit noch mehr Investitionen, die Tarifpartner mit, wie ich soeben gesagt habe, verantwortungsvollen Tarifabschlüssen und die Kreditwirtschaft mit günstigen Zinskonditionen. Der Staat wird die öffentlichen Haushalte weiter zielstrebig konsolidieren und die steuerlichen Entlastungen, so wie im Juli
    beschlossen, verwirklichen. Wir werden die Gründung neuer Existenzen verstärkt fördern, wir werden die Bedingungen für die Bildung und Bereitstellung von Risikokapital verbessern. Dazu sollen Gesellschaften, die anspruchsvolle Investitionen auf dem Gebiet der Forschung, der technischen Entwicklung und ihrer Anwendung fördern wollen, rechtlich und steuerlich begünstigt werden. Rechtsnormen, die Wirtschaft und Betriebe vielfach unnötig einengen und behindern, werden wir entrümpeln. Das reicht von der überfälligen Bereinigung der Statistik bis zur wesentlichen Vereinfachung der Baurechtsnormen.
    Die Privatisierung öffentlicher Beteiligungen und Dienstleistungen wird vorangetrieben. Dazu werden wir in nächster Zukunft ein Gesamtkonzept vorlegen, meine Damen und Herren, noch in diesem Jahr. Das sage ich all denen, die darauf warten und gespannt sind, was in diesem Gesamtkonzept wohl stehen mag.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wir sind sehr gespannt, wann Ihre Rede zu Ende ist, Herr Carstens!)

    Vorruhestand, Rückkehrhilfen für ausländische Arbeiter und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit sind wesentliche Bestandteile einer konstruktiven Arbeitsmarktpolitik und werden den Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten zunehmend entlasten. Aber auch arbeitsrechtlich wollen wir die Entscheidung, Arbeitslose einzustellen, leichter machen. Mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz werden Barrieren abgebaut. Denn manches von dem, was Schutz für die ist, die Arbeit haben, ist zugleich Hindernis für die, die ohne Arbeit sind. Zeitverträge und Teilzeitarbeit sollen deshalb neue Arbeitsplätze schaffen. Niemand will dabei vernünftige und soziale Schutzrechte außer Kraft setzen. Für die, die Arbeit haben, besteht der Kündigungsschutz weiter wie bisher. Aber jedem Arbeitslosen ist ein Zeitvertrag lieber als gar kein Arbeitsplatz.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin zuversichtlich, daß es unserer Wirtschaft, den Tarifpartnern und uns allen in gemeinsamer Anstrengung gelingen wird, auch die Beschäftigungssituation entscheidend zu verbessern, wenn wir diesen aufgezeigten Weg mit allen seinen vielen Möglichkeiten für jeden von uns, an der Lösung mitzuwirken, konsequent beschreiten. Wir müssen wieder lernen, auf unsere Leistungsfähigkeit und unser wirtschaftspolitisches Erfolgsrezept, die soziale Marktwirtschaft, zu vertrauen.

    (Beifall des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Gestatten Sie mir in dem Zusammenhang noch einen abschließenden Gedanken. Wir müssen wieder lernen, Partnerschaft und Zusammenarbeit in den Vordergrund unserer Betrachtungen zu stellen, auch der arbeitsrechtlichen und arbeitsmarktpolitischen Betrachtungen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Da wird einem ja kalt! Bombastus Theophrastus!)




    Carstens (Emstek)

    In dieser Zeit sind Neid und Klassenkampfparolen fehl am Platze.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Arbeitnehmer wissen sehr wohl, daß es ihnen auf Dauer nur gutgehen kann, wenn es den Betrieben gutgeht, in denen sie arbeiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: So werden Sie nie Minister, Herr Carstens!)

    Die Betriebe müssen Gewinne erzielen, sie müssen Umsatz haben und an dem Umsatz verdienen, die Produkte müssen abgesetzt werden können — dann werden Arbeitskräfte benötigt, und je mehr Arbeitskräfte benötigt werden, desto mehr Rechte haben die Arbeitnehmer und desto höher sind die Löhne, vor allen Dingen die Reallöhne, der Arbeitnehmer.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sehr gut!)

    Deswegen nicht Neid und Klassenkampf, sondern Partnerschaft und Zusammenarbeit.
    Wir haben nach dem Krieg bei einer ungleich schwierigeren Ausgangslage Arbeitsplätze für Millionen Vertriebene und Heimkehrer geschaffen. Wir werden es auch heute schaffen, die Arbeitslosen, die heute keine Arbeit haben, in den nächsten Jahren in Arbeit zu bringen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Jetzt kehren Sie doch endlich heim! — Oostergetelo [SPD]: Träumer!)

    Das ist unsere wichtigste Aufgabe, und wir werden diese Aufgabe lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Vogt (Kaiserslautern).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Vogt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Unter der Rubrik „wahr und unwahr" eines bekannten Wochenmagazins ist folgender Eintrag zu finden — ich zitiere —:
    Es ist wahr, daß in der ersten Lesung des Haushalts 1985 eine Debatte über den sogenannten Verteidigungshaushalt nicht vorgesehen ist. Unwahr ist, daß eine solche Debatte im Bundestag überhaupt nicht mehr geführt wird, weil alle Fraktionen der Ansicht sind, der Verteidigungshaushalt gehe die Öffentlichkeit überhaupt nichts an.
    Ich muß mich berichtigen und — diesmal mit freundlicher Genehmigung des Präsidenten — das Zitat wieder zurücknehmen, denn unwahr ist, daß der Eintrag in dieser Wochenausgabe des Magazins steht, wahr ist allerdings, daß er nach dem bisherigen Verlauf der Haushaltsdebatte gut in die nächste Ausgabe passen würde.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Das war eine sehr schöne Einleitung!)

    Das hat vor allem der Kollege Carstens eben wieder bestätigt. Er hat bestätigt, daß das, was er der
    Opposition — der SPD — vorgeworfen hat, nämlich daß sie geradezu Verdrängungsleistungen vollbringe in bezug auf Haushaltsführung und solides Haushaltsdenken, in einer gespenstischen Weise insbesondere für die Koalition zutrifft, wenn es um den Rüstungsetat geht.
    Der sogenannte Verteidigungshaushalt wird in einem Schaubild der Bundesregierung für 1985 mit 49,9 Milliarden DM oder 19,2 % der Gesamtausgaben von 260,2 Milliarden DM ausgewiesen. Er erscheint damit als zweitgrößter Posten hinter dem Bereich Soziales, der mit 57,6 Milliarden DM oder 21,1% angegeben wird. In den Erläuterungen des Bundesministers der Verteidigung stehen allerdings unter Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien 1985 noch andere Zahlen. Danach werden 60,08 Milliarden DM für Militärausgaben veranschlagt. Das sind 1,94 Milliarden DM oder 3,3% mehr als 1984. Nach dieser Rechnung beträgt der Militäranteil am Bundeshaushalt 23,1%. Im Schaubild wäre das der größte Ausschnitt im Haushaltskuchen. Für den Hausgebrauch ist das wohl peinlich. Es könnte der Eindruck entstehen, die Militärstaatlichkeit habe einen höheren Rang als die Sozialstaatlichkeit, und so beschränkte sich das Schaubild darauf, unter Verteidigung nur den sogenannten Einzelplan 14 — das ist der Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung im engeren Sinne — aufzuführen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Der soll mal zuhören!)

    Das ist auch besser für den Gemeinschaftskundeunterricht verwertbar.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sag' mal dem Minister, er soll zuhören!)

    Für das Kamingespräch unter Waffenbrüdern der NATO wird allerdings anders gezählt. Da werden durchaus korrekterweise die Ausgaben für Stationierungsstreitkräfte der NATO, NATO-Verteidigungshilfe, Bundesgrenzschutz, Militärruhegehälter hinzuaddiert, die auf andere Einzelpläne verteilt sind. Nicht ohne Stolz erläutert die Argumentationshilfe des Verteidigungsministers, die Bundesrepublik könne, gemessen an den Verteidigungsaufwendungen der anderen Bündnispartner — ich zitiere — „auch 1985 ihren Platz in der Spitzengruppe halten".
    Meine Damen und Herren, wir gehen wohl alle in diesem Hause davon aus, daß auch eine wochenlange parlamentarische Beratung weder an dieser Spitzenposition noch an Einzelposten des Militärhaushaltes etwas ändern wird. Das Militär ist und bleibt ein Fremdkörper in einer jeden Demokratie, und es ist letztlich parlamentarisch nicht wirksam zu kontrollieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Den Herrn Bundeskanzler möchte ich aber ausdrücklich bitten, auf seine unnachahmliche Weise zu grinsen wenn er wieder einmal von „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" spricht; denn während er solche Sprüche klopft, weiß er genau, daß seine Regierung die Weichen für die gigan-



    Vogt (Kaiserslautern)

    tischste Aufrüstung stellt, die diese Republik je gesehen hat. Die für die 80er und 90er Jahre geplanten Rüstungsmaßnahmen werden nur mit einer stärkeren Umverteilung der Ausgaben des Bundes zugunsten der Militärausgaben zu haben sein. Das geht auf Kosten der zivilen Infrastruktur insgesamt, auf Kosten von Zukunfts- und Lebenschancen von uns allen, vor allem aber der um ihre Zukunft betrogenen Jugendlichen.
    Hören wir aber, was mit Blick auf diese Zielgruppe von der Hardthöhe herab gesagt wird. In der Argumentationshilfe des Bundesministers der Verteidigung wird hervorgehoben, die insgesamt 4 820 Ausbildungsstellen im sogenannten zivilen Bereich der Bundeswehr gingen zum größten Teil über den Eigenbedarf der Bundeswehr hinaus, und dann heißt es wörtlich — ich zitiere —: „Sie sollen aber helfen, den Lehrstellenmangel abzubauen". Das nenne ich treuherzig. Herr Wörner hat wohl das Empfinden, er müsse etwas für die Glaubwürdigkeit seines Kanzlers tun;

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir müssen alle etwas tun!)

    eine Hand wäscht bekanntlich die andere.
    Meine Damen und Herren, es ist die Strategie dieser Bundesregierung, und entsprechend wurde bei der Anlage dieser Debatte Regie geführt.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen Ausbildungsplätze?)

    — Ich habe nichts gegen Ausbildungsplätze.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Na also! Freuen Sie sich doch!)

    Natürlich begrüßen wir jeden einzelnen Ausbildungsplatz. Aber ich habe etwas gegen eine Augenwischerei, die 60 Milliarden DM für zum Teil unsinnige, gefährliche Großprojekte verplempert,

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie haben die Ausbildungsplätze kritisiert!)

    mit denen man Millionen Ausbildungsplätze schaffen könnte. Das ist doch der Punkt.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie bemühen sich, alles schlechtzumachen, auch die Ausbildungsplätze!)

    Die Aufrüstungspolitik, die die Bundesregierung betreibt, ist gefährlich und eine der Ursachen der sozialen Demontage. Wer über 60 Milliarden DM in die Rüstung steckt, muß eben Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe kürzen, die Rentenzuschüsse senken und der Bevölkerung auf jedem erdenklichen Weg das Geld aus der Tasche ziehen. Das war ein Zitat des Kollegen Reents aus der gleichen Debatte vor einem Jahr.
    - (Sehr gut! bei den GRÜNEN)

    Wer das nicht will, muß in einer Haushaltsdebatte über die Aufrüstung reden. Wer aber über Aufrüstung redet, darf nicht nur von Zahlen sprechen.
    Das Zahlenwerk des Rüstungshaushalts schüchtert ein, schreckt ab. Wer in diesem Parlament traut sich zu, dieses Zahlenwerk wirklich zu durchschauen, wirklich die Verantwortung zu übernehmen vor der Geschichte, vor seinen Angehörigen, vor allen Menschen und vor den Menschen, die er liebt, wenn er über dieses Rüstungsbudget abstimmt?

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie waren noch nie im Haushaltsausschuß! Noch keinen Tag waren Sie im Haushaltsausschuß! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ein dämlicher Einwand!)

    — Ich bin im Verteidigungsausschuß, Herr Kollege!
    Wer schreit auf, wer schreit Alarm, wenn z. B. das sogenannte taktische Kampfflugzeug, der sogenannte Jäger für die 90er Jahre, durch die parlamentarische Debatte geistert? Der Jäger 90 ist eines der Großprojekte, die dafür verantwortlich sind, daß ein Kritiker von der Selbsterpressung des Parlaments sprechen mußte; denn die Entwicklung des Jagdflugzeuges 90 bindet laut Einzelplan 14 den Haushalt 1996 noch mit Millionen-, wenn nicht Milliardenbeträgen.
    Mit „Selbsterpressung" ist folgendes gemeint: Wenn der Bundestag diesem Haushalt zustimmt, erpreßt er sich selbst, weil er sich über Jahrzehnte mit Folgeproblemen — steigender Kriegsgefahr, Verringerung von Abrüstungschancen, Umverteilung von Sozialausgaben auf Rüstung — sicherheitspolitisch, wirtschaftspolitisch und arbeitsmarktpolitisch festlegt. Es ist nicht nur der Versuch, eine Wende einzuleiten, zu wenden, was eigentlich gar nicht mehr zu wenden ist, sondern auch der Versuch, dies auch langfristig festzuklopfen.
    Der Jäger 90 ist industriepolitisch tatsächlich das Nachfolgeprojekt für den berüchtigten MRCA Tornado. Nach 1989 läuft die Beschaffung des Tornado aus; also wird schleunigst das nächste Projekt in Angriff genommen, denn wer will schon Tausende von Arbeitsplätzen aufs Spiel setzen? Rüstungsplanung, so dozierte der Generalinspekteur Altenburg im Mai 1984 vor der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik, muß sich vom sogenannten Nachfolgedenken lösen. Aber was ist der Jäger 90 anderes als ein bloßes Nachfolgeprojekt für den berüchtigten MRCA Tornado?
    Es lohnt sich, dieselbe Frage und dieselbe Kritik aus der Sicht der Friedensbewegung vorzutragen. Eine Gruppe von vier hervorragenden Vertretern der Friedensbewegung aus vier NATO-Ländern stellt dazu fest:
    Militärs haben verschiedene Modelle vorgeschlagen, um die Abhängigkeit von Atomwaffen zu verringern und um Alternativen zur atomaren Abschreckung aufzubauen. Die meisten enthalten eine konventionelle Aufrüstung großen Maßstabs mit dem Schwergewicht auf neuen Waffen, fortgeschrittenster Technologie und mit offensiven Fähigkeiten. Mit ihnen sollen durch schnelle und präzise Schläge weite Gebiete tief im feindlichen Raum sehr weitgehend zerstört werden. Einige dieser Entwürfe beanspruchen, taktisch einsetzbare Atomwaf-



    Vogt (Kaiserslautern)

    fen nach einer Phase der konventionellen Aufrüstung, in welcher die Atomwaffen beibehalten und sogar modernisiert werden sollen, überflüssig zu machen, nach der Formel: Rüste jetzt konventionell auf, rüste später atomar ab.
    Meine Damen und Herren, wir mißtrauen dieser Politik, weil sie im Ergebnis zu einer verstärkten Aufrüstung in beiden Bereichen führen wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Friedensbewegung hat die sogenannte konventionelle Rüstung und insbesondere solche Großprojekte aufs Korn genommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was nehmen Sie nicht aufs Korn?)

    Heute findet z. B. parallel zu dieser Debatte, also gleichzeitig, eine Pressekonferenz statt, auf der die Friedensbewegung ihre Kritik begründen wird. Wir werden — —