Nein.
Ich appelliere von dieser Stelle aus eindringlich an alle Verantwortlichen, ihr Angebot an Ausbildungsplätzen noch einmal zu überprüfen. Mein Appell richtet sich besonders auch an diejenigen, die bisher noch nicht ausgebildet haben und die diese Chance noch wahrnehmen könnten.
— Ich habe keine Garantieerklärung abgegeben.
— Entschuldigung, es ist doch nun wirklich meine freie Entscheidung, wie ich mein Angebot formuliere. Da brauche ich nicht Ihren Rat.
Meine Damen und Herren, wir verwirklichen die angekündigte Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft und unterstützen damit auch den notwendigen Strukturwandel. Wir haben seit 1949 die Erfahrung gemacht, daß die Soziale Marktwirtschaft wie keine andere Ordnung geeignet ist, persönliche Freiheit, Gleichheit der Chancen, Eigentum, Wohlstand und sozialen Fortschritt für alle zu verwirklichen. Wir wissen auch, daß in diesem Jahrzehnt und für den Rest dieses Jahrhunderts die Entscheidung auch im ökonomischen Bereich in einem vernünftigen Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie zu suchen ist. Wir wissen, daß die Unternehmungen die Anpassung an veränderte Marktbedingungen am besten bewältigen, wenn der Staat sie nicht mit viel Bürokratie überzieht, sondern ihnen einen möglichst großen Freiraum gewährt. Wir werden auf diesem Wege voranschreiten, genauso wie wir die Ankündigung wahrmachen werden, daß wir weitere Betriebe, die in Staatsbesitz sind, reprivatisieren werden. Wir halten dies für einen wichtigen Weg einer wirklich freien sozial geordneten Gesellschaft.
Erfreulicherweise ist die Zahl der Betriebe, die neu gegründet wurden, wieder erheblich gestiegen. Die Neueintragungen im Handelsregister haben 1983 um 11% zugenommen. Die geförderten Existenzgründungen sind um ein Drittel auf 16 000 Unternehmen angestiegen. Damit wurden 80 000 neue Arbeitsplätze errichtet. Dieser Trend wird sich sicherlich auch in diesem Jahr fortsetzen.
Meine Damen und Herren, den größten Nachholbedarf im Bereich der Innenpolitik fanden wir in der Umweltpolitik vor. Es ist eine seltsame Sache, daß wir hier von Ihrer Seite Ratschläge erhalten, wo doch niemand im Ernst behaupten kann, daß das Waldsterben nach meiner Wahl zum Kanzler am 1. Oktober 1982 entstanden ist. Ich habe Ihnen schon gesagt: In allen wesentlichen Fragen hat Ihre
Regierung, Herr Kollege Brandt, nichts unternommen, auch die des Kollegen Schmidt nicht.
Was die Frage nach dem umweltfreundlichen Auto betrifft, so waren zu Ihrer Amtszeit, als Sie Kanzler waren, die Entscheidungen in Amerika und in Japan getroffen. Daß in Ihrer Koalition nichts geschah, können Sie wahrlich nicht auf den Kollegen Baum und die FDP schieben. Schauen Sie sich die Akten an; dann werden Sie feststellen, wo es hakte.
Wir in der Koalition haben bereits wenige Monate nach Amtsantritt die GroßfeuerungsanlagenVerordnung verabschiedet und haben damit eine Entscheidung getroffen, über die zuvor nur geredet wurde. Bis 1988 wird allein durch diese Entscheidung die Schwefelabgabe aus Kraftwerken um 1 Million t reduziert. Das bedeutet eine Verringerung um rund 50 %.
Das neue Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau — Herr Kollege Apel, Sie sprachen davon — geht in die gleiche Richtung. Es fördert Umweltschutzinvestitionen im Gesamtbetrag von 10 Milliarden DM. Die Anstalt stellt dazu ein Kreditvolumen von 3,5 Milliarden DM zur Verfügung.
Noch in diesem Jahr werden wir trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Emissionswerte der TA Luft verschärfen. Dadurch wird die Belastung der Luft durch Schadstoffe aus Industrieanlagen weitgehend abgebaut werden. Wir handeln, obwohl wir wissen, daß wir damit in dieser schwierigen, kritischen Zeit unserer Wirtschaft zusätzliche Kosten auferlegen.
Meine Damen und Herren, in den allernächsten Wochen werden wir unsere Entscheidung über das umweltfreundliche Auto treffen. Wir haben durchgesetzt, daß diese Frage jetzt auf der Tagesordnung der Europäischen Gemeinschaft steht. Die Diskussion zu diesem Thema in der Bundesrepublik geht — lassen Sie mich das offen aussprechen — zu stark von einer nationalen Alleinkompetenz aus, die im Zeitalter der EG eben nicht mehr gegeben ist. Für uns ist entscheidend, daß wir hier zu Hause die richtigen Entschlüsse fassen, und zwar sehr rasch fassen, damit sie im Jahre 1986 — mit all den Vorbereitungen, die in der Wirtschaft, nicht zuletzt in der Mineralölindustrie, notwendig sind — greifen können. Zum anderen müssen wir unsere Partner in der EG für diese Politik gewinnen.
Meine Damen und Herren, ich sage dies ohne jede Illusion: In der Frage der Ökologie befinden wir uns auf Grund der besonderen Schadenssituation in der Bundesrepublik — ich sage: leider — in einer Art von Pilotfunktion in der EG. Es wird große Kraft kosten, unsere Partner in der EG von der Notwendigkeit frühestmöglicher Entscheidungen zu überzeugen. Die bis jetzt für die Einführung des umweltfreundlichen Autos in der Europäischen Gemeinschaft genannten Daten sind für mich nicht akzeptabel. Das will ich klar und deutlich aussprechen.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 5915
Bundeskanzler Dr. Kohl
Meine Damen und Herren, daran, daß wir mehr Umweltschutz brauchen, kann es keinen Zweifel geben.
Aber es geht darum, daß wir einen vernünftigen Mittelweg zwischen Ökologie und Ökonomie finden. Arbeit und nicht zuletzt soziale Sicherheit hängen in der Bundesrepublik Deutschland davon ab, ob wir unseren Rang als führende Industrienation in der Welt behaupten können. Umweltschutz ist wahrlich kein Privileg — auch kein moralisches Privileg — bestimmter Einzelgruppen und auch kein Vorwand, die Gesellschaft politisch verändern zu wollen.
Umweltschutz ist eine Aufgabe unserer modernen Industriegesellschaft, aber es geht in dieser Industriegesellschaft nicht nur um Umweltschutz, sondern immer auch um Arbeit und Brot.
Meine Damen und Herren, nach den Erfahrungen mit der Debatte um Buschhaus habe ich erhebliche Zweifel, ob die Opposition in diesem Hause in diesem Punkt überhaupt handlungsfähig ist.
Meine Damen und Herren, Umweltschutz mit Augenmaß ist in der heutigen Sozialdemokratie offensichtlich nicht denkbar.
Ich zitiere das, was von dieser Stelle aus der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie, Adolf Schmidt, in seiner Eigenschaft als Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion sagte:
Die dortigen Kollegen
— er meinte die Arbeitnehmer in Buschhaus —
behalten Arbeit, die sinnvoll ist, die erfüllt und am Ende auch glücklich macht ...
Nach diesem Zitat eines führenden deutschen Sozialdemokraten lese ich in Ihrem offiziellen Parteiorgan, im „Vorwärts", Herr Kollege Brandt, folgendes, was sich auf die Äußerung des Kollegen Schmidt bezieht — Zitat —:
Mit einer solchen Argumentation kann man auch für die Todesstrafe eintreten, weil man dem Scharfrichter die Freude an der Arbeit nicht nehmen will.
Meine Damen und Herren, was sollen wir von einer Partei halten, die behauptet, die Interessen der deutschen Arbeitnehmer zu vertreten, und die aus Gründen des Opportunismus jedem Zeitgeist in dieser Weise nachrennt?
Herr Kollege Brandt, das wäre ein Feld der Gemeinsamkeit, wo wir gemeinsam vernünftige ökologische Beschlüsse und vernünftige ökonomische Daten setzen könnten.
Meine Damen und Herren, in den knapp zwei Jahren unserer Amtszeit haben wir wichtige Ziele erreicht. In unserer Außenpolitik stehen wir fest auf der Seite der Freiheit, an der Seite unserer Freunde im Bündnis und sind berechenbare Partner für unsere Nachbarn im Osten.
Zwischen den beiden Staaten in Deutschland gibt es einen intensiven Dialog, vielfältige Kontakte, konstruktive Zusammenarbeit auf vielen Feldern.
Bei unserem Einsatz für eine Gesellschaft mit menschlichem Gesicht haben wir mehr Freiräume für die Bürger geschaffen, Freiräume für Eigeninitiative und kreatives Handeln, für die Entfaltung der Persönlichkeit, für die Mitverantwortung für den Nächsten. Wir haben wieder Ordnung in den Staatsfinanzen. Wir haben solides Wirtschaftswachstum, und der Aufschwung ist da, und er geht weiter. Die Bundesrepublik Deutschland hat alle Chancen für die Zukunft. Wir müssen die Chancen nur gemeinsam nutzen.
Ich bin davon überzeugt, meine Damen und Herren, daß dieser Weg der politischen Mitte der richtige Weg ist, und ich bin sicher, daß die Koalitionsfraktionen, daß FDP, CSU und CDU diesen Weg gemeinsam mit dem in dieser Legislaturperiode erreichbaren Ziel gehen werden. Unsere Politik ist ein Angebot an alle Bürger, an die Unternehmer wie an die Arbeitnehmer, an die Jungen wie an die Alten. Wir wollen, daß unsere Bundesrepublik Deutschland, wir wollen, daß unser Vaterland seine Chance hat, und wir wollen dazu beitragen.