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ID1008103200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/81 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 81. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 Inhalt: 35 Jahre Deutscher Bundestag 5855 A Genesungswünsche für Vizepräsidentin Frau Renger 5855 C Verabschiedung von Direktor a. D. Dr Schellknecht und Einführung von Direktor Dr. Bäcker 5855 D Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Schulze (Berlin) 5855 D Begrüßung einer Delegation beider Häuser des japanischen Parlaments . . . . 5868 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksache 10/1800 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksache 10/1801 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 5856 A Dr. Apel SPD 5869 A Dr. Waigel CDU/CSU 5880 B Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 5889 B Hoppe FDP 5893 B Brandt SPD 5896 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 5902 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 5915 D Genscher, Bundesminister AA 5920 C Stobbe SPD 5929 C Dr. Barzel CDU/CSU 5933 B Bahr SPD 5939 D Rühe CDU/CSU 5942 D Büchler (Hof) SPD 5945 D Nächste Sitzung 5948 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 5949* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5949* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 5855 81. Sitzung Bonn, den 12. September 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 79. Sitzung, Seite 5806*: Der Name „Schulte (Unna)" in der Liste der entschuldigten Abgeordneten ist zu streichen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 13. 9. Antretter** 14. 9. Dr. Ehmke (Ettlingen) 12. 9. Eigen 14. 9. Dr. Enders** 12. 9. Haase (Fürth) ** 14. 9. Dr. Hackel** 14. 9. Dr. Holtz** 13. 9. Jaunich 14. 9. Junghans 14. 9. Dr. Klejdzinski** 14. 9. Dr. Müller** 14. 9. Reddemann** 14. 9. Frau Renger 14. 9. Reuschenbach 14. 9. Sauermilch 14. 9. Schäfer (Mainz) 14. 9. Schmidt (Hamburg) 14. 9. Schmidt (München) ** 14. 9. Frau Schoppe 14. 9. Schwarz** 14. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 14. 9. Graf Stauffenberg* 14. 9. Weiskirch (Olpe) 14. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 7. bis 11. Mai 1984 in Straßburg (Drucksache 10/1570) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum Oktober 1983 bis März 1984) (Drucksache 10/1622) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Stellungnahme der Bundesregierung zu den Berichten der fünf an der Strukturberichterstattung beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute (Strukturberichte 1983) (Drucksache 10/1699) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß Fünftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1982/1983 (Drucksache 10/1791) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine vierte Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 74/651/EWG über Steuerbefreiungen bei der Einfuhr von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art innerhalb der Gemeinschaft (Drucksache 10/1711) zuständig: Finanzausschuß Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Beschlüssen von Fontainebleau (Drucksache 10/1840) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Sicherung der Zukunftschancen der Jugend in Ausbildung und Beruf (Drucksache 10/1716) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Ergänzende Stellungnahme zum Bericht der Bundesregierung zur zukünftigen Entwicklung der Großforschungseinrichtungen (Drucksache 10/1771) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Ergänzender Bericht der Bundesregierung zu Fragen der Darlehensförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) (Drucksache 10/1734) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Sondersitzung der Nordatlantischen Versammlung am 28. Mai 1984 in Luxemburg (Drucksache 10/1785) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den 1. Teil der 30. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 18. bis 21. Juni 1984 in Paris (Drucksache 10/1786) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", hier: Rahmenplan 1985 bis 1988 (Drucksache 10/1832) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Sechsundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung und Aufhebbare Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) (Drucksache 10/1860) 5950* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 6. Dezember 1984 vorzulegen. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 28. Juni 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zum Mandat vom 30. Mai 1980 (Drucksachen 9/1835, 10/358 Nr. 47) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 3. September 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Bericht über die tatsächlich entstandenen Kosten des Fünften Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (Drucksachen 9/1209, 10/358 Nr. 63) Weiterer Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12a des Tarifvertragsgesetzes — TVG — (Artikel II § 1 des Heimarbeitsänderungsgesetzes) (Drucksachen 9/993, 10/358 Nr. 62) Die in Drucksache 10/1510 unter Nummer 8 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über Maßnahmen zur Deckung des Ausgabenbedarfs des Haushaltsjahres 1984 in Anbetracht der völligen Ausschöpfung der eigenen Mittel — KOM (84) 250 endg. — ist als Drucksache 10/1792 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 27. Juli 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Behandlung der nachstehenden EG-Vorlagen abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind — KOM (84) 257 endg. — (Drucksache 10/1691 Nr.2) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Anpassung des Berichtigungskoeffizienten, der auf die Bezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften in Varese anwendbar ist (Drucksache 10/1510 Nr. 9) Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 13. Juli 1984 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1984 nebst Anlagenband und den Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1984 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Wirtschaftsplan, Anlagenband und Stellenplan liegen im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 17. Juli 1984 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1982 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 3. September 1984 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1983 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Geschäftsbericht liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Haushaltsentwurf 1985 wird der im Herbst 1982 eingeschlagene Weg der Gesundung der Staatsfinanzen und der schrittweisen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft konsequent fortgesetzt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn ich den Kollegen Apel richtig verstanden habe, hat er sich als förderndes Mitglied derjenigen Institutionen angemeldet, die diesen Konsolidierungskurs konsequent und noch besser als bisher zum Erfolg führen wollen. Wir sollten für jede Unterstützung dankbar sein; denn hier brauchen wir noch einen langen Atem und Geschlossenheit. Auch wenn Sie, Herr Kollege Apel, künftiger Oppositionsführer in Berlin sind, werde ich dabei nie von einer Quantité négligeable sprechen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Apel [SPD]: 1:0! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Der hat eine grüne Brille auf!)

    Bei der Konsolidierungspolitik wird mühsam Stein auf Stein gesetzt. Die Erledigung dieser Aufgabe bereitet mehr Last als Lust. Und doch haben die finanzpolitischen Entscheidungen der Koalition aus den Jahren 1982, 1983 und 1984 den Haushalt wieder auf ein solides Fundament stellen können.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Begleitet von der Kritik der Opposition und verständlicherweise der Betroffenen drängt sich hier und da schon wieder der Wunsch auf, den unbequemen Rotstift aus der Hand zu legen und wieder zum freudespendenden Füllhorn zu greifen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Viel zu früh!)

    Wir haben aber allen Anlaß, uns zur Konsolidierungspolitik zu bekennen und ihr auch weiter Priorität zu verschaffen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, dieses Schmuckstück unserer Politik ist sicher auch nicht ohne Makel. Aber mir scheint, wir haben hier einen Stein, aus dem man Funken schlagen kann, auch Funken der Begeisterung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es geht ja schließlich um mehr als nur um den Budgetausgleich. Letztlich hat die Konsolidierung, recht verstanden, eine ordnungspolitische Dimension. Die ordnungspolitische Aufgabenstellung lautet doch wohl, den Anteil des Staates an der von der Volkswirtschaft erbrachten Gesamtleistung wieder auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Es gilt sorgfältig abzuwägen, wo die Grenzen des staatlichen Fürsorgeprinzips mit ausgeuferten Ansprüchen an den Staat kollidieren und wo ein größeres Maß an Selbsthilfe nicht nur zugemutet werden kann, sondern im Sinne von mehr Eigenverantwortung, von mehr Liberalität auch zugemutet werden muß. Ob uns das gelingt, läßt sich an der Staatsquote messen.
    Bisher haben wir trotz der Anfangserfolge bei der Konsolidierung noch keine nachhaltige Absenkung der Staatsquote bewerkstelligen können. Deshalb dürfen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. „Sparsamkeit ist eine gute Einnahme", sagte schon Cicero.
    Der Haushaltsentwurf 1985 und die mittelfristige Finanzplanung basieren auf realistischen Annahmen. Ich will deshalb jetzt auch nicht darüber spekulieren, in welchem Maße der Streik bei der Auseinandersetzung über die 35-Stunden-Woche die konjunkturelle Entwicklung beeinträchtigt hat. Ich will auch dahingestellt sein lassen, ob die durchgesetzten Tarifabschlüsse die Arbeitsmarktsituation tatsächlich begünstigt oder erschwert haben. Allerdings sollten wir darüber einig sein, daß die Form der Auseinandersetzung wahrlich nicht Modellcharakter haben sollte. Ideologisch und dogmatisch geführte Auseinandersetzungen sind in der Politik genauso unbekömmlich wie im Tarifstreit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Da es doch letztlich um die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geht, sind Vernunft und Einigungswille gefragt und immer wieder Vernunft. Möge das Verhalten also abschrecken und keine Nachahmung finden.



    Hoppe
    Offene Fragen und zusätzliche Belastungen liefert aber nicht nur die noch ausstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst, sondern auch Europa. Der Jubel in Fontainebleau hat seinen finanziellen Ausdruck noch nicht gefunden. Die Stagnation aber kann nur überwunden werden, wenn der Kollaps vermieden wird. Dazu werden wir uns sicher noch in diesem Jahr beim Nachtrag für Europa wiedersehen.
    Schon jetzt erkennbar sind die Mehrkosten für die verabredete Erhöhung der Eigenmittel der EG aus der Mehrwertsteuer von derzeit 1 % auf 1,4 % ab 1986 und nach dem Eintritt von Spanien und Portugal von 1988 an auf 1,6 %. Wir wissen, daß die Anhebung der Grenze jeweils um 0,1 Prozentpunkte 1 Milliarde DM Steuermindereinnahmen für den Bund bedeuten.
    Darüber hinaus haben die getroffenen Entscheidungen für die Landwirtschaft, wie berechtigt sie auch immer gewesen sein mögen, doch das Mißverständnis entstehen lassen, daß man nur richtig gegenhalten muß, um auch in der Konsolidierungsphase für einzelne Gruppen etwas nach Hause holen zu können.

    (Beifall bei der SPD)

    Dabei können wir es uns wahrlich nicht leisten, schon wieder mit Bastelarbeiten an neuen Forderungskatalogen zu beginnen. Wir sparen j a schließlich nicht aus Jux und Tollerei, und es ist deshalb schon verwunderlich, daß das Wort vom Totsparen selbst in den Reihen der Koalition wieder Einzug hält.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    Nein, Sparen ist nicht Selbstzweck. Wir schaffen dadurch nur mühsam den Handlungsspielraum, um den Würgegriff der heimlichen Steuererhöhungen langsam lockern zu können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Grenzsteuerbelastung erdrosselt schließlich den Leistungswillen. Aber Steuersenkung und Familienlastenausgleich müssen in den durch Einsparung finanzierbaren Grenzen gehalten werden. Eine Finanzierung über eine neue Verschuldung ist ausgeschlossen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diese Maßnahmen sind andererseits als ordnungspolitische Klarstellung zur Erneuerung und Belebung der Marktwirtschaft unumgänglich. Sie gehören ebenso dazu wie künftige Schritte zur Entbürokratisierung und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Entfaltung wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Energien.
    Die Opposition setzt hier ihre Kritik an. Ihr ist die Haushaltspolitik zu statisch, sie vermißt gestaltende Maßnahmen. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, nicht zuletzt der Jugendarbeitslosigkeit, und die Ausbildungsproblematik liefern die Stichworte für die Kritik und die Forderung nach Beschäftigungsprogrammen.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Das ist eine sehr gute Zusammenfassung!)

    Die Not der zwei Millionen Arbeitslosen kann in der Tat niemanden unberührt lassen. Die Gewährleistung einer qualifizierten Berufsausbildung ist für die Chancen der Jugendlichen gleichermaßen wichtig wie für die künftige Entwicklung unserer Gesellschaft.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Sehr gut!)

    Darum ist es in der Tat die Pflicht aller verantwortungsbewußten Kräfte, in einer Phase des industriellen Umbruchs nach Lösungen zu suchen. Der kritische Dialog ist sicher geboten, und auch durch den politischen Meinungsstreit können wir zur bestmöglichen Lösung kommen. Aber ein wenig mehr Selbstkritik und etwas weniger Selbstgerechtigkeit sollten doch am Anfang dieser Diskussion stehen. Die Probleme und der Jammer am Arbeitsmarkt sind nun wahrlich nicht wie eine Sturzgeburt über uns gekommen. Wenn es denn Fehler und Mängel zu registrieren gibt, dann haben wir sie doch wohl alle gemeinsam zu verantworten.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP — Dr. Apel [SPD]: Da ist etwas Wahres dran!)

    Auch angesichts der gemeinsam gemachten Erfahrungen der Vergangenheit wirkt es wenig überzeugend, wenn die alten Rezepte neu aufpoliert wieder auf den Markt kommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Peinlich ist in diesem Zusammenhang immer wieder das Schlagwort von der sozialen Demontage. Auch auf diesem Feld waren in der Vergangenheit kritische Ansätze vorhanden, die politischen Konsequenzen wurden aber nie gezogen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)

    Ich darf in diesem Zusammenhang an die bohrenden Fragen erinnern, die Hans Matthöfer bei seinem Ausscheiden aus dem Amt als Finanzminister sich und der Öffentlichkeit gestellt hat.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Und Helmut Schmidt!)

    Er hat damals gefragt — das war im Mai 1982 —:
    Sind heute Rentenbezieher noch die Unterprivilegierten unserer Gesellschaft, die — weitgehend befreit von Sozialabgaben und direkten Steuern — oft genug neben ihrer bruttoangepaßten Rente weitere Einkünfte kulminieren können? Wie groß müßte eigentlich der Anreiz sein, damit es attraktiv bleibt, sich auch unter schwierigen Bedingungen um eine Arbeit zu bemühen und dann motiviert zu werden, die besten Arbeitsergebnisse zu erzielen?
    Und er hat weiter gefragt:
    Und wie hoch ist heute noch das Differential zwischen der Nettoposition eines Facharbeiters nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und der Nettoposition derer, die soziale Versorgung mit Nebeneinkünften und Nebentätigkeit kombinieren können?

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Eine weithin noch zuwenig betrachtete, aber
    gerade in unserer gegenwärtigen Lage viel-
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 5895
    Hoppe
    leicht fatale Folge von Sozialsystemen, die immer mehr Menschen erfassen, ist, daß sie vielleicht diese Menschen davon abhalten, ihre eigenen Kräfte so zur Entfaltung zu bringen, wie es ihnen eigentlich möglich wäre.
    Meine Damen und Herren, wenn wir heute versuchen, darauf eine Antwort zu geben, dann wirkt doch die Kritik der Opposition etwas fad.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Was nun das „Totsparen" angeht, so hat der Bundesfinanzminister in seiner Einbringungsrede wie schon auf der Pressekonferenz am 14. August die Fakten beim Namen genannt. Der sich aus der Schuldenlast ergebende Zinsdruck wird gleichwohl in der allgemeinen Diskussion immer wieder vernachlässigt, j a, Vergeßlichkeit wird hier geradezu kultiviert. In Wahrheit ist es uns bisher nicht gelungen, den Zinsausgaben Paroli zu bieten, im Gegenteil, der Anstieg der Zinslastquote ist ungebrochen. Im Jahre 1988 rechnen wir mit einem Anschnellen auf über 37 Milliarden DM. Das sind dann über 13 % der nach dem Finanzplan vorgesehenen Gesamtausgaben. Mit Recht hat Herr Stoltenberg darauf hingewiesen, daß von den rund 3 %, um die die Ausgaben von 1986 an steigen sollen, 1 % für die Zinsausgaben draufgeht. Wer bei diesem Zinsdruck und der Schuldenlast immer noch von „Totsparen" redet, der macht sich eigentlich lächerlich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, allein der Vergleich der jährlichen Zinsausgaben mit den Mitteln, die den einzelnen Ressorts zur Verfügung stehen, muß jedem den Handlungsbedarf einprügeln. Der Staat kann nicht unbegrenzt Schulden machen.
    Hier hat die neue Koalition den entgegengesetzten Weg eingeschlagen, und die erkennbaren Erfolge geben uns recht. Sie basieren auf dem Vertrauen, das in unser Handeln gesetzt wird. Deshalb sage ich an unsere Adresse: Enttäuschen wir es nicht!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Solides Haushalten und Wirtschaften sind Mittel zum Zweck, Voraussetzung und Instrument politischen Gestaltens. Das gilt für die Innen- wie für die Außenpolitik. Die Freien Demokraten werden alles daransetzen, damit auf beiden Feldern Fortschritte erzielt werden. Daß Hans Apel der erste Sprecher der Opposition war, hat in einer gewissen Weise die Haushalts- und Finanzpolitik mit der deutschen Frage nahtlos verbunden. Beides sind wahrlich offene Fragen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Diskussion über den Honecker-Besuch vor und nach der Absage möchte ich nicht verlängern. Wer das erlebt hat, kann sich wirklich nur mit Eugen Roth helfen, der in einer Goethe-Betrachtung geschrieben hat:
    Nur ungern leuchten wir hinein in die Affäre Frau von Stein,
    wo sich die Welt den Kopf zerbricht: Hat er nun oder hat er nicht?

    (Heiterkeit)

    Hier lautete die quälende Frage „Kommt er nun, oder kommt er nicht?"
    Die Fixierung auf den Termin ist nun obsolet. Entscheidend aber ist, meine Damen und Herren, daß der Wille, den Dialog fortzusetzen, hüben und drüben fortbesteht und daß aufgeschoben nicht aufgehoben ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Enttäuschung über das reichlich konfuse Theater um Honeckers Beinahe-Besuch sollte aber nicht vergessen machen, daß beide deutschen Staaten heute so etwas wie ein wärmender Hort der Hoffnung inmitten eines kalten Ost-West-Gegensatzes sind.
    Um in der Deutschland- und Außenpolitik auch künftig nachhaltig Einfluß nehmen zu können, brauchen wir weiterhin innenpolitisch stabile Verhältnisse. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik bestimmt aber nicht nur hier den Wirkungsgrad. Wir brauchen insgesamt neuen Schwung, um als gestaltende Kraft im internationalen Wettbewerb akzeptiert zu werden. Das geht in hohem Maße an die Adresse der Schulen, Universitäten und Unternehmen. Die Herausforderung, die mit der neuen technologischen Revolution zu bestehen ist, läßt sich nicht durch staatliche Direktive meistern.

    (Beifall bei der FDP)

    Der Staat muß allerdings die politischen Rahmenbedingungen verbessern, damit sich wirtschaftliche und wissenschaftliche Talente und Energien entfalten können.

    (Beifall bei der FDP)

    Bei der Umsetzung in die Tagespolitik sind Realitätssinn, Dialogfähigkeit und Kompromißbereitschaft gefragt und unverzichtbar. Es darf kein neuer Fanatismus entstehen, der demokratische Regeln nicht mehr gelten lassen will, weil die Ergebnisse ihm zuwider sind. Die Auseinandersetzungen darüber müssen offensiv, aber auch fair geführt werden, denn für die Sache der Demokratie können wir erfolgreich nicht mit Totschlagargumenten werben.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD)

    Im übrigen ist es nicht die Aggressivität der Gegner, die am Anfang eines politischen Niedergangs steht, sondern immer die Schwäche der eigenen Überzeugung.
    Meine Damen und Herren, für die anstehenden Haushaltsberatungen — und warum nur dort? — sollten wir vielleicht eine Lebensregel beherzigen, die mir auch heute noch durchaus brauchbar erscheint: Der Blick zurück im Zorn kann einem auf
    5896 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984
    Hoppe
    die Galle schlagen, der Blick voraus in Zuversicht erhöht das Wohlbehagen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Die Aussprache wird um 14 Uhr fortgesetzt.
Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 13.09 Uhr bis 14.00 Uhr)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung, die Aussprache über die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b, Haushaltsgesetz 1985 und Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988, fort.
    Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt.