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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/81 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 81. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 Inhalt: 35 Jahre Deutscher Bundestag 5855 A Genesungswünsche für Vizepräsidentin Frau Renger 5855 C Verabschiedung von Direktor a. D. Dr Schellknecht und Einführung von Direktor Dr. Bäcker 5855 D Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Schulze (Berlin) 5855 D Begrüßung einer Delegation beider Häuser des japanischen Parlaments . . . . 5868 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksache 10/1800 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksache 10/1801 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 5856 A Dr. Apel SPD 5869 A Dr. Waigel CDU/CSU 5880 B Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 5889 B Hoppe FDP 5893 B Brandt SPD 5896 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 5902 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 5915 D Genscher, Bundesminister AA 5920 C Stobbe SPD 5929 C Dr. Barzel CDU/CSU 5933 B Bahr SPD 5939 D Rühe CDU/CSU 5942 D Büchler (Hof) SPD 5945 D Nächste Sitzung 5948 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 5949* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5949* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 5855 81. Sitzung Bonn, den 12. September 1984 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 79. Sitzung, Seite 5806*: Der Name „Schulte (Unna)" in der Liste der entschuldigten Abgeordneten ist zu streichen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 13. 9. Antretter** 14. 9. Dr. Ehmke (Ettlingen) 12. 9. Eigen 14. 9. Dr. Enders** 12. 9. Haase (Fürth) ** 14. 9. Dr. Hackel** 14. 9. Dr. Holtz** 13. 9. Jaunich 14. 9. Junghans 14. 9. Dr. Klejdzinski** 14. 9. Dr. Müller** 14. 9. Reddemann** 14. 9. Frau Renger 14. 9. Reuschenbach 14. 9. Sauermilch 14. 9. Schäfer (Mainz) 14. 9. Schmidt (Hamburg) 14. 9. Schmidt (München) ** 14. 9. Frau Schoppe 14. 9. Schwarz** 14. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 14. 9. Graf Stauffenberg* 14. 9. Weiskirch (Olpe) 14. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 7. bis 11. Mai 1984 in Straßburg (Drucksache 10/1570) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtszeitraum Oktober 1983 bis März 1984) (Drucksache 10/1622) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Stellungnahme der Bundesregierung zu den Berichten der fünf an der Strukturberichterstattung beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute (Strukturberichte 1983) (Drucksache 10/1699) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß Fünftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1982/1983 (Drucksache 10/1791) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine vierte Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 74/651/EWG über Steuerbefreiungen bei der Einfuhr von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art innerhalb der Gemeinschaft (Drucksache 10/1711) zuständig: Finanzausschuß Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Beschlüssen von Fontainebleau (Drucksache 10/1840) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Sicherung der Zukunftschancen der Jugend in Ausbildung und Beruf (Drucksache 10/1716) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch die Bundesregierung: Ergänzende Stellungnahme zum Bericht der Bundesregierung zur zukünftigen Entwicklung der Großforschungseinrichtungen (Drucksache 10/1771) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Ergänzender Bericht der Bundesregierung zu Fragen der Darlehensförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) (Drucksache 10/1734) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Sondersitzung der Nordatlantischen Versammlung am 28. Mai 1984 in Luxemburg (Drucksache 10/1785) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den 1. Teil der 30. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 18. bis 21. Juni 1984 in Paris (Drucksache 10/1786) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", hier: Rahmenplan 1985 bis 1988 (Drucksache 10/1832) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Sechsundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung und Aufhebbare Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) (Drucksache 10/1860) 5950* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 6. Dezember 1984 vorzulegen. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 28. Juni 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zum Mandat vom 30. Mai 1980 (Drucksachen 9/1835, 10/358 Nr. 47) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 3. September 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Bericht über die tatsächlich entstandenen Kosten des Fünften Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (Drucksachen 9/1209, 10/358 Nr. 63) Weiterer Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12a des Tarifvertragsgesetzes — TVG — (Artikel II § 1 des Heimarbeitsänderungsgesetzes) (Drucksachen 9/993, 10/358 Nr. 62) Die in Drucksache 10/1510 unter Nummer 8 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über Maßnahmen zur Deckung des Ausgabenbedarfs des Haushaltsjahres 1984 in Anbetracht der völligen Ausschöpfung der eigenen Mittel — KOM (84) 250 endg. — ist als Drucksache 10/1792 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 27. Juli 1984 mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Behandlung der nachstehenden EG-Vorlagen abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind — KOM (84) 257 endg. — (Drucksache 10/1691 Nr.2) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Anpassung des Berichtigungskoeffizienten, der auf die Bezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften in Varese anwendbar ist (Drucksache 10/1510 Nr. 9) Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 13. Juli 1984 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1984 nebst Anlagenband und den Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1984 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Wirtschaftsplan, Anlagenband und Stellenplan liegen im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 17. Juli 1984 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1982 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 3. September 1984 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1983 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Geschäftsbericht liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fristgerecht kann ich heute vor dem Hohen Hause die Grundzüge des Etatentwurfes 1985 und der neuen mittelfristigen Finanzplanung darlegen. Wir haben Anfang Juli die erforderlichen Beschlüsse im Bundeskabinett einmütig gefaßt und zugleich auch eine positive Zwischenbilanz unserer Finanzpolitik ziehen können.
    Vor einem Jahr, am 7. September 1983, erwähnte ich bei der Einbringung des Bundeshaushalts 1984, daß wir die geltende Kreditermächtigung für 1983 in Höhe von 40,9 Milliarden DM nicht voll in Anspruch nehmen müßten. In der Tat, das Jahr 1983 schloß mit einem Ausgabenzuwachs von 0,9 % und einer Neuverschuldung von 31,5 Milliarden DM ab. Auch für 1984 werden wir die eingeplante Kreditaufnahme von 33,6 Milliarden DM bei weitem nicht ausschöpfen, sondern die Neuverschuldung auf deutlich unter 30 Milliarden DM absenken können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Für 1985 möchten wir sie auf höchstens 24 Milliarden DM begrenzen.
    Ausschlaggebend für diese raschen Konsolidierungsfortschritte ist die Begrenzung des Zuwachses der Ausgaben. In den ersten acht Monaten stiegen sie gegenüber der Vorjahreszeit um 0,8 % an. Im Jahresergebnis erscheint aus heutiger Sicht ein Zuwachs von voraussichtlich etwa 2 % denkbar. Der neue Etatentwurf und die mittelfristige Finanzplanung zeigen, daß wir diesen Kurs grundsätzlich beibehalten wollen. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur überfälligen Gesundung nicht nur der öffentlichen Finanzen, sondern auch der
    wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen unseres Gemeinwesens.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Konsolidierungspolitik ist im Ergebnis Stabilitätspolitik. Sparbeschlüsse tun zunächst weh, aber alle Bürger können bereits heute positive heilsame Wirkungen unserer Sanierungsentscheidungen feststellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Denn, meine Damen und Herren, die einschneidendste Veränderung der letzten zwei Jahre ist der nachhaltige Rückgang der Inflationsrate von 5,4 % im Sommer 1982 auf jetzt 1,7 %.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Hier wirken zweifellos mehrere Faktoren zusammen, aber einen entscheidenden Beitrag leistete neben der Geld- und Kreditpolitik der Bundesbank unsere neue Haushalts- und Finanzpolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Stabilitätspolitik ist soziale Politik. Es waren vor allem die sozial schwächeren Mitbürger, die in früheren Jahren unter der Last rasch steigender Preise, unter der fehlenden Abstimmung von Finanz- und Währungspolitik, unter den schlimmen Folgen einer maßlosen Schuldenmacherei litten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Manche versuchen, diese bitteren Erfahrungen und die Folgen eigener Fehler zu schnell zu verdrängen. Ich appelliere an unsere sozialdemokratischen Kritiker, diese bitteren Erfahrungen aus ihrer Regierungszeit, als die Inflationsrate auf 5 und 6 und 6,5% anstieg, jetzt in der Opposition nicht zu vergessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich appelliere an Sie, bei aller Einzelkritik an unserem Weg eine vertrauensbildende Stabilitätspolitik grundsätzlich zu unterstützen.
    Es bleibt also in der Perspektive der kommenden Jahre bei einem niedrigen Wachstum der Bundesausgaben und einer weiteren Verringerung der Nettokreditaufnahme, jedoch mit einer ganz wesentlichen Verbesserung: In den vergangenen Jahren mußten wir gesetzliche Leistungen kürzen, um Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren. Jetzt schaffen wir die weiteren notwendigen Konsolidierungsfortschritte ohne erneute gesetzliche Eingriffe, weil die bisherigen Entscheidungen als dauerhafte Entlastung weiter wirken.

    (Zuruf von der SPD: Und die Rentenreform?)

    Damit haben wir im Haushalt 1985 und im Finanzplan bis 1988 wieder begrenzten Handlungsspielraum für die Zukunft gewonnen. Diesen nutzen wir insbesondere für zwei Schwerpunktbereiche unserer Politik: die notwendige Entlastung bei der Einkommen- und Lohnsteuer für die berufstätigen Menschen sowie wesentliche Verbesserungen im



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Bereich der Familienpolitik. Hinzu kommen höhere Leistungen für die Europäischen Gemeinschaft im Rahmen der jüngsten Reformentscheidungen für ihre Festigung und ihren Ausbau.

    (Zuruf von der SPD: Subventionen!) — Das kommt alles noch; seien Sie geduldig!

    Der Entwurf des Bundeshaushalts 1985 sieht ein Ausgabevolumen von 260,2 Milliarden DM vor. Damit steigen die Bundesausgaben gegenüber dem Soll 1984 um 1,2 %. Gegenüber dem voraussichtlichen Ist-Ergebnis dieses Jahres ergibt sich eine Steigerungsrate von etwa 2,5%, also etwas weniger als jene 3%, die wir zu Anfang der Legislaturperiode als verbindliche Obergrenze für den mittelfristigen Ausgabenzuwachs der Bundesausgaben festgelegt haben. Diese Linie ist übrigens Ende Juni dieses Jahres im Finanzplanungsrat von Bund, Ländern und Gemeinden erneut ausdrücklich bestätigt worden.
    Die Nettokreditaufnahme des Bundes soll — wie schon erwähnt — 1985 auf knapp 24 Milliarden DM zurückgeführt werden. Man darf jedoch nicht außer acht lassen, daß dieses relativ günstige Zahlenbild durch einen erneuten sehr hohen Bundesbankgewinn von voraussichtlich rund 10,5 Milliarden DM verschönt wird.
    Der Bundesbankgewinn fließt dem Bundeshaushalt nach dem Bundesbankgesetz zu.

    (Zuruf von der SPD: Unseriös!)

    Seine Größenordnung und starke Schwankungsbreite erfordern aber höchste geld- und finanzpolitische Wachsamkeit. Unerwünschte Auswirkungen auf den Geldmarkt werden nach Absprache mit der Deutschen Bundesbank vermieden. Wir haben vereinbart, daß die Gewinne im Jahr der Feststellung nur noch ratenweise an den Bund ausgezahlt werden. Ich darf an dieser Stelle der Deutschen Bundesbank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir gehen im Finanzplan für die folgenden Jahre weiterhin von einem spürbaren Rückgang des Bundesbankgewinnes aus.
    So unterstellen wir für 1988 eine Nettokreditaufnahme von 22,4 Milliarden DM bei einer geschätzten Einnahme aus dem Gewinn der Bundesbank von 5 Milliarden DM. Aber, meine Damen und Herren, auch ein solches Ergebnis wäre noch nicht das Ende der Konsolidierungspolitik. Zufrieden können wir erst sein, wenn die Neuverschuldung des Bundes ohne Einbeziehung des Bundesbankgewinns wieder deutlich unter 20 Milliarden DM liegt.
    Für das reale Bruttosozialprodukt haben wir ab 1984 einen jährlichen Anstieg von 2,5 % unterstellt. Im Frühsommer, vor dem Kabinettsbeschluß zum Haushalt, haben wir gut daran getan, jenen Optimisten — und es waren angesehene Persönlichkeiten unter ihnen — nicht zu folgen, die glaubten, die Einschätzung unseres Jahreswirtschaftsberichts würde erheblich übertroffen. Jetzt besteht, weil wir in der Prognose vorsichtig waren, keine Notwendigkeit,
    die Wachstumsannahme unter dem Eindruck des jüngsten Tarifkonflikts nach unten zu revidieren. Die jüngsten Daten über Auftragseingänge und die sich verbessernde Ertragssituation der meisten Unternehmen lassen nach dem Rückschlag des Frühjahrs wieder ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum erwarten.
    Bei den Preisen haben wir wieder stabile Verhältnisse wie zuletzt in der 60er Jahren. Die positive Entwicklung der Verbraucherpreise wurde von mir schon hervorgehoben. Besonders günstig sieht es auch bei dem Preisanstieg der inländischen Produktionsleistung aus. Hier rechnen wir mit nur noch rund 2 %. Damit haben wir einen Zustand nahezu erreicht, der — wie es der Präsident der Deutschen Bundesbank kürzlich formulierte — „auch bei Anlegung ehrgeiziger Maßstäbe als Preisstabilität zu bezeichnen ist". Wir nähern uns wieder den besten Jahren in der Verantwortung Ludwig Erhards, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP — Zurufe von der SPD)

    — Er war 17 Jahre lang ungewöhnlich erfolgreich wie keiner seiner Nachfolger, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dank der sich verbessernden Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen steigen die Ausfuhren in diesem Jahr besonders kräftig. Auch im Jahr 1984 wird die Bundesrepublik Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuß erwirtschaften können.
    Wenn wir die heutige Wirtschaftslage am Zielkatalog des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes messen, wird die gesamtwirtschaftliche Aufwärtsentwicklung der letzten Zeit besonders deutlich. 1981, im letzten Jahr unter der vollen Verantwortung der früheren Bundesregierung, wurde keines der Ziele des Stabilitätsgesetzes erreicht: weder Vollbeschäftigung noch Preisstabilität noch außenwirtschaftliches Gleichgewicht noch gar Wachstum. 1982 war diese Bilanz nur im außenwirtschaftlichen Bereich besser. Diese Bundesregierung hat nach zwei Jahren schon bei drei von vier Zielen des Stabilitätsund Wachstumsgesetzes wichtige Erfolge errungen: bei Wachstum und Stabilität sowie im Außenhandel.

    (Zuruf von der SPD: 21/2 Millionen Arbeitslose!)

    Wir schauen mit Genugtuung auf das Erreichte. Aber wir sind mit der Zwischenbilanz noch keineswegs zufrieden,

    (Zuruf von der SPD)

    über zwei Millionen unserer Mitbürger sind immer noch ohne Arbeit.

    (Zurufe von der SPD: Warum?)

    Diese Zahl, hinter der sich eine Vielzahl von Einzelschicksalen verbirgt, bleibt für uns alle eine nachdrückliche Aufforderung, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft weiter zu verstärken, damit wir trotz aller demographischen



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Probleme und strukturellen Verwerfungen der 70er Jahre auch auf dem Arbeitsmarkt endlich zu einer deutlichen Entlastung und Verbesserung kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage das, meine Damen und Herren, vor allem jenen, die heute schon wieder lautstark nach kreditfinanzierten Ausgabeprogrammen zur Konjunkturbelebung rufen. Das ist nach allen Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit nicht der richtige Weg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Glaubwürdige, vertrauenbildende Stabilitätspolitik tut not, nicht ein Kurswechsel zurück in die 70er Jahre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zu dieser Alternative sagte kürzlich der Direktor des Internationalen Währungsfonds, Jacques de Larosière: „Je mehr Zeit verstreicht und je mehr die Verschuldung zunimmt, desto größer müssen die Steuererhöhungen oder Ausgabekürzungen werden."
    Meine Damen und Herren der SPD, wenn Sie sich an bestimmte Fraktionssitzungen aus dem Frühjahr 1982 erinnern, wissen Sie, daß der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt Ihnen zum Schluß seiner Amtszeit dasselbe gesagt hat, freilich zu spät.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die meisten Länder Europas und viele Staaten der Dritten Welt haben die Richtigkeit dieses Satzes heute begriffen.
    Wir fühlen uns durch eine Reihe wichtiger Stellungnahmen der jüngsten Zeit in dieser Einschätzung bestärkt. Ich verweise auf die jüngsten Erklärungen des Präsidenten und Vizepräsidenten der Bundesbank, aber auch ein stark beachtetes Interview des früheren Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen, Professor Karl Schiller, vom 2. September. Er betonte, „tatenlos" könne man eine Stabilitätspolitik nicht nennen. Karl Schiller sagte — ich zitiere —:
    Ich glaube, nachdem man sich Anfang der achtziger Jahre ... überall entschieden hat für Konsolidierung, für Angebotspolitik, für Desinflation, muß man jetzt durchhalten, kann man jetzt nicht, nachdem ja kein Einbruch bevorsteht, sondern möglicherweise nur ein langsameres Wachstum für das nächste Jahr am Horizont erschienen ist, das Ruder völlig umwerfen und auf Nachfragepolitik völlig umschalten!
    Dieser Appell Karl Schillers steht im völligen Gegensatz zu den jüngsten Erklärungen des Kollegen Apel.

    (Zurufe von der FDP)

    Herr Apel hat in der vergangenen Woche mit kräftiger Polemik unsere Haushaltspolitik wegen angeblicher Tatenlosigkeit attackiert

    (Beifall bei der SPD)

    und wieder nur die alten, unbrauchbaren Rezepte seiner eigenen Regierungszeit angeboten. — Es ist schon bezeichnend, daß sich bei einem Zitat von Karl Schiller keine Hand mehr bei Ihnen regt. Meine Damen und Herren, Sie klatschen an der falschen Stelle.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Apel hat Journalisten — ich habe das gelesen — in der ihm eigenen naßforschen Art gesagt, der Finanzminister müsse heute in dieser Debatte einmal kräftig Prügel bekommen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Nachdem ich das gelesen habe, Herr Apel, will ich Ihnen noch einige zusätzliche Sätze widmen, als Einstimmung in Ihre folgende Rede.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Apel, Sie hätten bereits 1972 auf Karl Schiller hören sollen, als er vergeblich vor einer ungezügelten Ausgabenexpansion warnte und dann zurücktrat. Sie haben seine und unsere Warnungen in den Wind geschlagen, als Sie im Amt des Bundesfinanzministers die Konsolidierungspolitik viel zu früh abbrachen und damit die Krise 1980 mit allen ihren bösen Folgen vorprogrammierten. Der Kollege Apel ist bereits in die Finanzgeschichte der Bundesrepublik Deutschland als der fröhlichste, aber auch schlimmste Schuldenmacher der Nachkriegszeit eingegangen, meine Damen und Herren.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß nach Ihren flotten Reden in den letzten Tagen gegenüber der Presse sagen: Etwas mehr Mäßigung und Selbstkritik stünde Ihnen im Rückblick auf Ihre eigenen Leistungen ganz gut an.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Meine Damen und Herren, die Gesundung der Staatsfinanzen war für uns und für die breite Öffentlichkeit von Anfang her mehr als eine rein finanzwirtschaftliche Aufgabe. Sie ist für uns maßgebender Teil einer langfristigen Strategie der marktwirtschaftlichen Erneuerung für mehr Arbeitsplätze, Wachstum, Stabilität und Freiheit. So verstehen wir dies. Es muß wieder Klarheit geschaffen werden über die Rollenverteilung zwischen Staat und privatem Sektor. Unsere marktwirtschaftliche Ordnung muß vor einer allmählichen Auszehrung durch zuviel staatliche Eingriffe und zuviel Administration geschützt werden.
    Diese Grundsätze führen auch zu einer Neubestimmung der Aufgaben des Bundes als Unternehmer. Wir werden noch in diesem Jahr konkrete Vorschläge für die Privatisierung von Bundesbeteiligungen vorlegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir lassen uns darin auch nicht durch unangebrachte Aktivitäten des einen oder anderen Vor-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    standsmitgliedes des einen oder anderen Unternehmens beirren. Das will ich nur hinzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Roth [SPD])

    — Herr Kollege Roth, so wie Sie die Rolle des Bundes als Unternehmer in Ihren Papieren immer definiert haben, aber in der Praxis nie ausgeübt haben, muß Ihnen dieser Satz doch sehr sympathisch sein.

    (Roth [SPD]: Wir wollen das auch auf den Aufsichtsrat ausdehnen!)

    — Jawohl, ich stimme Ihnen zu; auch das ist wichtig.
    Das ganze Ausmaß der staatlichen Expansion dokumentiert sich in zahlreichen Vorschriften und Programmen, die fast jede wirtschaftliche Handlung zu einer Begegnung mit dem Staat werden lassen. Als grobe, als ungefähre Richtschnur für den Umfang der Staatstätigkeit dient uns ja der Anteil der Staatsausgaben am Bruttosozialprodukt: Von 1969 bis 1982 stieg diese Quote von 39% auf fast 50%, im Durchschnitt Jahr für Jahr um fast einen Punkt. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Steuern und vor allem der Sozialabgaben am Bruttosozialprodukt, also die Abgabenquote, von 37,4 % auf 42,5%. Im Vergleich zur Ausgabenquote nur scheinbar eine moderate Entwicklung: Die Schere zwischen Ausgaben- und Einnahmendynamik wurde durch eine ausufernde öffentliche Neuverschuldung und die hemmungslose Auszehrung der finanziellen Grundlagen der Sozialversicherung geschlossen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im letzten Jahr konnte die Staatsquote wieder um einen Punkt auf rund 49 % gesenkt werden, und sie wird in diesem Jahr aller Voraussicht nach um einen weiteren Punkt auf rund 48% zurückgehen. Bis Ende 1988, dem Ende des laufenden Finanzplans, hoffen wir, eine spürbare Verringerung auf rund 45% zu erreichen.
    Die Umkehr ist langwierig und schwierig, doch sie lohnt. Beweglichkeit und Dynamik unserer Volkswirtschaft hängen entscheidend davon ab, daß sich private Investitionen, persönliche Anstrengungen und Initiative, berufliche Leistung und auch die Bereitschaft zur Übernahme von Risiken auszahlen. Jedes Stück zumutbarer Verantwortung, das der Staat im Vertrauen auf seine mündigen Bürger wieder in private Hände geben kann, ist ein neuer Anreiz für den einzelnen auf der Suche nach eigenverantwortlichen und solidarischen Lösungen und auch ein Mehr an persönlicher Freiheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, eine besonders wichtige Voraussetzung für mehr Wachstum, für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ist eine sorgfältige Abstimmung von Geld- und Finanzpolitik. Die deutsche Geldpolitik ist durch gesetzlichen Auftrag auf das Ziel der Währungsstabilität festgelegt. Eine nicht mit der Geldpolitik harmonierende Haushaltspolitik kann, wie die Erfahrungen der Vergangenheit ebenso wie aktuelle ausländische Beispiele zeigen, fatale Folgen haben. Wenn die öffentlichen Finanzen aus den Fugen geraten und Inflationsdruck erzeugen, gerät auch die Geldpolitik unter Druck. Hohe Zinsen, rückläufige Investitionen und stark steigende Arbeitslosigkeit sind die unausweichliche Konsequenz. Wir haben dies in den Jahren 1981/82 leidvoll erfahren.
    In den letzten beiden Jahren haben die Konsolidierungserfolge der öffentlichen Hand neuen geldpolitischen Handlungsspielraum geschaffen. Gegenüber dem Zinshöhepunkt von 1981 gaben die langfristigen Zinsen um mehr als drei Prozentpunkte nach. Deutlicher werden die hier an dieser wenig beachteten Front erzielten Erfolge an der Zinsdifferenz zum Ausland: Von Anfang 1983 bis heute stieg beispielsweise der Abstand zum langfristigen US-Zins um etwa zwei auf rund fünf Prozentpunkte.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Ohne die Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung und bei der Inflationsbekämpfung wäre eine solche Entwicklung überhaupt nicht denkbar gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bereitschaft breiter Anlegerschichten, sich wieder längerfristig am Kapitalmarkt zu engagieren, ist beträchtlich gewachsen. Dieses höhere Aufkommen längerfristiger Spargelder schafft — auch nach dem Urteil der Deutschen Bundesbank — eine solidere Finanzierungsbasis für eine verstärkte Investitionstätigkeit. Erheblich zugenommen hat auch das Interesse privater Sparer am Aktienmarkt.
    Vor allem der erwähnte hohe Zinsabstand zu den USA ist Ausdruck eines wachsenden Vertrauens in die Finanz- und Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Vertrauen ist ein kostbares Gut. Es muß erhalten und gefestigt werden. Meine Damen und Herren, viele von Ihnen erinnern sich aus der Zeit der früheren Regierungen an die dramatischen Warnungen — etwa des früheren Bundeskanzlers Schmidt —, die im Kern ja auch begründet waren, wegen der Zinsentwicklung in Amerika und ihre schlimmen Folgen. Wir haben uns nicht auf diese Warnungen beschränkt: Wir haben den Handlungsspielraum erweitert und damit einen Abstand von den US-Zinsen erreicht, der vor wenigen Jahren noch unvorstellbar erschienen wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Vertrauensbildende Politik stärkt das Selbstvertrauen der Menschen, Probleme zu lösen. Eine schöpferische Entfaltung dieses Selbstbewußtseins setzt die Erfahrung von erweiterten Handlungsmöglichkeiten voraus. Diese Grundlage zu schaffen ist der ordnungspolitische Kern unserer Stabilitätspolitik.
    Da die Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage nur mit zeitlicher Verzögerung auf den Arbeitsmarkt durchschlägt, hat die Bundesregierung mehrere wichtige zusätzliche Initiativen für diesen Bereich beschlossen. Ich will sie hier einmal kurz in Erinnerung rufen, damit das Reden von der



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    angeblichen Tatenlosigkeit noch einmal überprüft werden kann.
    Mit dem zeitlich befristeten Vorruhestandsgesetz wurde ein Rahmen geschaffen, der es Arbeitnehmern, die 58 Jahre oder älter sind, ermöglichen soll, freiwillig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, damit jüngere Arbeitslose wieder Platz erhalten. Zur positiven Bilanz der jüngsten Tarifrunde gehört, daß zahlreiche Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände dieses Angebot angenommen haben. Kurzfristig können 240 000 ältere Arbeitnehmer — wenn sie es wollen; es ist natürlich freiwillig — diese Möglichkeit nutzen.
    Auf der anderen Seite haben uns die Arbeitskämpfe bei Metall und Druck in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und auf dem Arbeitsmarkt zunächst zurückgeworfen. Ob die dabei ausgehandelte Wochenarbeitszeitverkürzung auf Dauer wirklich von Vorteil ist, bleibt sehr zweifelhaft. Meine Damen und Herren, die Wirkung linearer Arbeitszeitverkürzungen kann j a nur im internationalen Vergleich beurteilt werden. Ich will hier einfach sagen: Diese Forderung steht jedenfalls in der Schweiz, in den USA und Japan, den drei Ländern — mehr sind es nicht! —, die eine besonders erfolgreiche Beschäftigungsentwicklung zu verzeichnen haben, nicht auf der Tagesordnung der Gewerkschaften.
    Der Arbeitsmarkt wird auch durch das Gesetz zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Ausländern entlastet. Nach den vorliegenden Anträgen kehren jetzt etwa 300 000 Ausländer freiwillig in ihre Heimat zurück. Ich unterstreiche noch einmal, daß es sich um eine freiwillige Entscheidung handelt. Es ist deshalb vollkommen abwegig, wenn einige Kritiker innerhalb und außerhalb des Parlaments dieses Gesetz immer wieder als Ausdruck vermeintlicher Ausländerfeindlichkeit zu diffamieren versuchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Recht haben sie!)

    Für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen setzen wir über 1,6 Milliarden DM ein. Damit werden im Jahresdurchschnitt voraussichtlich 70 000 Personen beschäftigt. Hinzu kommen gut 200 000 Plätze für Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung.
    Auch zur Verbesserung der Ausbildungssituation unserer Jugend leistet dieser Haushaltsentwurf einen wichtigen Beitrag: Durch Leistungen an überbetriebliche berufliche Ausbildungsstätten, durch steigende Mittel für das Benachteiligtenprogramm und eine verstärkte eigene Ausbildungsanstrengung des Bundes. Der Bund selbst wird die Zahl seiner Ausbildungsplätze 1984 noch einmal um gut 2 000 auf fast 30 000 steigern.
    Die Hauptlast der beruflichen Ausbildung liegt selbstverständlich bei den Ausbildungsbetrieben. Mit einem Rekordangebot an neuen Plätzen und abgeschlossenen Verträgen sind sie ihrer Verantwortung im vergangenen Jahr voll gerecht geworden. Auch für 1984 liegen bisher erfreuliche Zwischenergebnisse vor. Schon jetzt zeichnet sich ein
    weiterer Anstieg der Zahl der Ausbildungsplätze ab. Wir alle sollten auch als Bürger bis zum Jahresende jede sinnvolle Initiative unterstützen. Wer statt dessen voreilig Katastrophenmeldungen verbreitete, hat den jungen Menschen, die eine Chance suchen, nicht geholfen, sondern geschadet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Dummes Zeug! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unerheblich!)

    — Entschuldigen Sie, es liegt in Ihrer Mentalität, nur in Katastrophenbegriffen zu argumentieren, aber man sollte die große Leistung der Handwerker, der Kaufleute, der Bauern, der Industriellen, der Vertreter der Gewerkschaften und Schulen, die daran mitwirken, endlich einmal anerkennen und von dieser Stelle mit Dank quittieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, mehrere wichtige Entscheidungen prägen die neue mittelfristige Finanzplanung.
    Unsere Steuerpolitik hat das Ziel, die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Bürger und Unternehmen stärker anzuerkennen. Mit dem Sofortprogramm 1982 und mit dem Steuerentlastungsgesetz 1984 setzen wir wichtige Akzente zur Entlastung der Wirtschaft und zur Verbesserung der Investitionskraft. In der nunmehr vorgesehenen dritten Stufe nutzen wir den finanzpolitischen Handlungsspielraum, den wir mit unserer Konsolidierungspolitik gewinnen, zur Entlastung der Familien und zur allgemeinen Verbesserung des Steuertarifs.
    In einem Gesetz soll die Einkommen- und Lohnsteuer in zwei Stufen — 1986 und 1988 — um insgesamt 20,2 Milliarden DM gesenkt werden.
    Im Mittelpunkt der ersten Stufe wird mit der Erhöhung der Kinderfreibeträge auf 2 484 DM eine grundsätzliche Neuorientierung der Familienbesteuerung stehen.

    (Dr. Apel [SPD]: Das kann man wohl sagen! Aber was für eine!)

    Steuerpflichtige mit Kindern sollen bei gleichem Einkommen deutlich weniger als Steuerpflichtige ohne Kinder belastet werden; wir bekennen uns dazu.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich weiß, Herr Kollege Apel — Sie machen es hier deutlich —, daß das Ihre Mißbilligung findet. Aber Sie müssen dann hier einmal erklären, weshalb Sie in den vergangenen Jahren Steuerabzugsfähigkeit für alle möglichen Zwecke, vom Frankfurter Zoo bis zum Hamburger Tiergarten, für richtig hielten, nur nicht Steuerabzugsfähigkeit der Leistungen der Eltern für ihre Kinder. Ich will das hier einmal in aller Deutlichkeit sagen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)




    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Mit dem gleichzeitigen Wegfall der Kinderadditive bei den Vorsorgeaufwendungen wird ein weiterer Schritt zur Steuervereinfachung getan.

    (Zuruf des Abg. Krizsan [GRÜNE])

    — Das trifft sogar statistisch zu, Herr Kollege. Aber darüber können wir uns dann in den nächsten Monaten unterhalten, wenn das auf der Tagesordnung steht.

    (Erneute Zurufe von den GRÜNEN)

    — Das trifft statistisch sogar zu. Da Sie bei keiner früheren mitgewirkt haben, können Sie da — im Gegensatz zu den sozialdemokratischen Kollegen — ganz unbefangen sein.
    Wir setzen für diesen Bereich der Familienentlastung insgesamt 5,2 Milliarden DM ein.
    Die Tarifkorrektur soll eine nachhaltige Abflachung des progressiven Tarifverlaufs bringen. Wir wollen mit diesem neuen Tarif die Grenzbelastung für den Durchschnittsverdiener, also vor allem für qualifizierte Arbeiter, Angestellte und Beamte, um etwa 5 Prozentpunkte absenken. Fünf Prozentpunkte bedeuten für sie faktisch in vielen Fällen eine Absenkung um mehr als 10 % bei der Grenzbelastung; wohlgemerkt: bei Durchschnittseinkommen.
    Zugleich kommen wir dem langfristigen Ziel eines Tarifs mit einem gleichmäßigen Anstieg der Grenzsteuersätze einen wichtigen Schritt näher.
    Nach ersten überschlägigen Beispielsrechnungen wird ein durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer mit zwei Kindern — Bruttolohn 1984 rund 35 000 DM — 1986 eine Steuerentlastung in der Größenordnung von rund 900 DM erhalten. Man muß schon sehr weltfremd gegenüber der sozialen Situation solcher Mitbürger mit Kindern sein, um zu behaupten, das sei überhaupt nichts, wie ich es aus Ihren Reihen höre, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe des Abg. Dr. Spöri [SPD] — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Herr Kollege Spöri, man kann die sozialen Wirkungen dieses neuen Tarifs nur in der zeitlichen Perspektive richtig bewerten. In den letzten Jahren ist die Mehrzahl der Arbeitnehmer aus der unteren Proportionalzone in die Progressionszone hineingewachsen. Sie werden von Jahr zu Jahr immer stärker von der bis jetzt überdurchschnittlich zunehmenden Grenzsteuerbelastung betroffen. Der neue vorgesehene Tarif hilft ihnen immer nachhaltiger
    — in der zeitlichen Perspektive —, da sich j a bis Anfang der 90er Jahre ihre Einkommen voraussichtlich um 20 bis 30 % erhöhen werden.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Herr Minister, teilen Sie dem Hause doch mit, wie hoch Ihre eigene Steuerentlastung sein wird!)

    — Ich bin gern bereit, Herr Kollege, wenn wir in der ersten Lesung des Gesetzes Anfang nächsten Jahres eine Detaildebatte haben, auf eine Fülle von Entlastungsbeispielen einzugehen. Ich werde dann aber auch an Hand von Unterlagen die Entlastungswirkungen darstellen, die Sie einmal in den 70er Jahren beschlossen haben. Dann werden die kritischen Debatten etwas vertiefter als heute mit Zwischenrufen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Im übrigen ist es eine betont soziale Politik, wenn wir in der Kombination von Steuer- und Haushaltsentscheidungen besonders die Familien fördern, deren soziale und ethische Leistung in den 70er Jahren nur in unzureichender Weise berücksichtigt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    So sind die Maßnahmen der Familienpolitik auf der Ausgabenseite des Etats ein zweiter Schwerpunkt. Das Mutterschaftsgeld soll zu einem Erziehungsgeld für alle Mütter bzw. Väter von 600 DM erweitert werden;

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    1986 und 1987 für zehn Monate, ab 1988 für 12 Monate, ab dem siebten Monat mit einer Einkommensgrenze.
    Für geringer Verdienende, bei denen der erhöhte steuerliche Kinderfreibetrag nicht voll zum Tragen kommt, wird ab 1986 ein zusätzlicher Kindergeldzuschlag eingeführt.
    Arbeitslose Jugendliche bis 21 Jahre erhalten schon ab 1985 wieder Kindergeld.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wir machen punktuell hier eine Kürzung rückgängig, meine Damen und Herren von der SPD, die Sie beschlossen haben. Ich will das nur zur Klarstellung sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Wir müssen uns im Lande ja schon damit auseinandersetzen, daß Ihre Parteifreunde uns die Wirkung der Kürzungen vorhalten, die Sie selbst ab 1981 veranlaßt haben. So kann es j a auch nicht sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe der Abg. Frau Fuchs [Köln] [SPD])

    Zweifellos kosten die erwähnten Beschlüsse für die Familie viel Geld. Aber sie sind nach unserer Überzeugung eine wichtige Zukunftsinvestition, wenn wir über den Tag hinaus unsere Verantwortung für die nächste Generation wahrnehmen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Umweltschutz hat zu Recht immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Aufgabe des Bundes besteht vor allem darin, wirksamere Rechtsgrundlagen für die Verbesserung der Umweltbedingungen zu schaffen.

    (Zuruf von der SPD: Wirksamere?)

    Im Haushalt konzentrieren wir uns vor allem auf
    die Förderung von Demonstrationsvorhaben, um



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    die von Altanlagen ausgehende Umweltbelastung zu vermindern.

    (Dr. Apel [SPD]: Was ist denn mit dem Katalysator?)

    — Kommt alles dran — ich hätte fast gesagt: lieber Freund, sehr geehrter Herr Kollege und Amtsvorgänger. Kommt noch alles.
    So werden die Maßnahmen der Luftreinhaltung ab 1985 erweitert und die Ansätze ab 1986 spürbar angehoben.

    (Zuruf von der SPD: Spürbar?)

    In diesem Zusammenhang ist auch das finanzielle Engagement des Bundes beim Kraftwerk Buschhaus zu sehen, soweit er dort nicht in seiner Eigenschaft als Anteilseigner ohnehin beteiligt ist. Wie wir am 31. Juli 1984 hier im Deutschen Bundestag ausführlich erörtert haben, soll dort erstmals eine neue Anlage zur Entschwefelung bei der Salzkohleverstromung eingesetzt werden, für die es nach Auskunft der Experten international kein Beispiel gibt. Es ist deshalb vollkommen abwegig, wenn jetzt die nordrhein-westfälische Landesregierung hieraus Milliardenforderungen an den Bund zur Verbesserung des Umweltschutzes bei Kohlekraftwerken herzuleiten versucht.

    (Reents [GRÜNE]: Zu Recht!)

    Diese Verantwortung, diese Kosten müssen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, gutgehende Monopolbetriebe mit glänzenden Bilanzen und Spitzendividenden, selbst tragen. Wer denn sonst eigentlich?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das sind nun wirklich die Reichen im Lande — um das einmal etwas polemisch zu sagen —, von denen Sie sonst immer reden und behaupten, sie würden einseitig gefördert.

    (Schlatter [SPD]: Sie denken an die Verbraucher?)

    Die müssen die Kosten nach dem Verursacherprinzip, an dem wir festhalten, tragen. Wer denn sonst, meine Damen und Herren?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will hier auch anmerken, daß sich die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke ausdrücklich von dem Subventionsbegehren der Düsseldorfer Landesregierung distanziert hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Bei den anstehenden Entscheidungen über die Einführung umweltfreundlicher Kraftfahrzeuge stehen zwei Punkte im Vordergrund. Wir müssen in der Europäischen Gemeinschaft die Voraussetzungen für eine umfassende grenzüberschreitende Lösung zum frühestmöglichen Zeitpunkt erreichen und für eine Übergangszeit diese Umstellung auf abgasarme Autos national fördern.

    (Dr. Apel [SPD]: Wann werden Sie sich in der Bundesregierung einig?)

    Auf ausdrücklichen Wunsch aller Länder — Herr
    Kollege Apel, aller Länder — wartet die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung die Bundesratssitzung am 14. September 1984 ab.
    Aber ich muß Ihnen nach Ihren Zwischenrufen doch einmal eine Frage stellen. Können Sie eigentlich erklären, wie es zu dieser Vorgeschichte gekommen ist? Im Jahr 1972 hat die Regierung der USA Grenzwerte für umweltfreundliche Autos eingeführt und schrittweise durchgesetzt. 1976 hat Japan — mit kürzeren Übergangszeiten — das umweltfreundliche Auto, das Katalysatorenauto, eingeführt. Ich muß Sie einmal fragen, meine Damen und Herren von der SPD: Wie kommt es eigentlich, daß der Kollege Zimmermann, der Bundesfinanzminister und alle, die damit befaßt sind, vor 18 Monaten praktisch am Nullpunkt anfangen mußten? Weil Sie in den Jahren, in denen Sie Verantwortung getragen haben, nichts getan haben.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben in den letzten Monaten im Bundesfinanzministerium alle steuerlichen Überlegungen in sehr komplizierten Abstimmungsvorgängen, auch mit den Ländern, vom Nullpunkt an erörtern müssen.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    — Nein, wir müssen da auch hinsichtlich der GRÜNEN Fehlanzeige vermelden. Ich will Ihnen das nur zur Chronologie und um der Wahrheit willen sagen. Sie sind gegen Brokdorf marschiert, Sie haben sich um die Kohleverschmutzung nicht gekümmert. Sie haben andere Protestbewegungen initiiert und haben auch das Problem des umweltfreundlichen Autos auf der grünen Front des Hohen Hauses verschlafen. Das will ich Ihnen nur in aller Deutlichkeit sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung wird in diesem Jahr einen Gesetzentwurf für die künftige Besteuerung des eigengenutzten Wohnraums vorlegen. Ziel ist eine nachhaltige Förderung der Familien mit Kindern und eine wesentliche steuerliche Vereinfachung, vor allem durch Wegfall der Nutzungswertbesteuerung.
    Eine weitere Gesetzesvorlage für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften soll der verbesserten Kapitalausstattung von kleineren und mittleren Unternehmen dienen. Wir arbeiten daran, die Möglichkeiten für Existenzgründungen zu erweitern, und beziehen ein Existenzgründungssparen in diese Überlegungen ein.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Der Etat des Forschungsministers steigt mit 2,9 % mehr als doppelt so stark an wie der Ausgabenrahmen des Gesamthaushalts. Die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung werden damit auch im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung besonders nachhaltig gefördert.
    Die Verteidigungsausgaben wachsen mit 3,7 % ebenfalls überdurchschnittlich. Das ist notwendig, um Vorsorge für eine angemessene Personalstärke — unter erheblich schwierigeren demographischen



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Bedingungen — zu treffen, um die von der früheren Bundesregierung in Auftrag gegebenen modernen Waffensysteme zu bezahlen und insbesondere Forschung und technische Entwicklung auch in diesem Bereich im Hinblick auf die Verteidigungserfordernisse der 90er Jahre zu fördern.
    Schließlich steigt auch der Entwicklungshilfeetat um 3,3 % überdurchschnittlich.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Zugunsten der deutschen Exportindustrie!)

    — Nicht nur, Frau Kollegin, bei weitem nicht.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Aber auch mit!)

    Wenn Sie einmal unsere Verhandlungsposition für Lomé, für die Förderung der ärmsten der armen Ländern sehen, können Sie nicht sagen, daß wir hier in erster Linie eigenen Interessen dienen wollen.
    Durch diese Erhöhung des Entwicklungshilfeetats können neue Schwerpunkte in der bilateralen finanziellen und technischen Zusammenarbeit verstärkt und in mehr Partnerschaft mit der Weltbank und anderen internationalen Organisationen Hilfsprogramme für besonders hart bedrängte Länder der Dritten Welt entwickelt werden.
    Die Mittel für die soziale Sicherung bilden weiterhin den größten Ausgabenblock im Bundeshaushalt. Die Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit macht 1985 keine Bundeszuschüsse mehr erforderlich.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Wie kommt das denn?)

    Das erklärt im wesentlichen den Rückgang des Ausgabevolumens beim Etat des Arbeitsministers gegenüber 1984.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Woher kommt das?)

    Andererseits steigen die Mittel im Bundeshaushalt für die Arbeitslosenhilfe stärker an, als 1984 vorgesehen. — Ich will Ihnen sagen, woher das kommt, Frau Fuchs. Diese Regierung hat unter dem Eindruck der dramatischen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage Ende 1982, kurz vor der Bundestagswahl, eine mittelfristige Finanzplanung veröffentlicht, die von einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 2,49 Millionen für die nächsten Jahre ausging.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist doch nicht der Grund!)

    Das war unsere Prognose, die wir vor 18 Monaten für redlich und nötig hielten.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist doch nicht der Grund!)

    Bei aller Sorge um die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt können wir feststellen, daß der tatsächliche Verlauf der Arbeitslosigkeit diesen Befürchtungen nicht entsprochen hat.

    (Dr. Vogel [SPD]: Dauerarbeitslosigkeit!)

    Das will ich zur Erläuterung auf Ihre Zwischenfrage sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD hat drei Millionen vorausgesagt!)

    Andererseits — und da nehme ich Ihren Zwischenruf, Herr Wieczorek, auf — steigen die Mittel im Bundeshaushalt für die Arbeitslosenhilfe erheblich stärker als veranschlagt, was mit der Tatsache zusammenhängt, daß ein Teil der Arbeitslosen immer längere Zeiten der Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen muß.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    — Ich habe es in meinem Manuskript. Es ist ein unbestreitbarer, uns alle besorgender Tatbestand, Herr Kollege Vogel, unbestreitbar.
    Meine Damen und Herren, wir können längerfristig keinen angemessenen politischen Handlungsspielraum für neue Schwerpunkte der Politik und weitere Steuersenkungen gewinnen, wenn wir nicht den bedrohlichen Anstieg der Zinsausgaben abbremsen. Mit den erwähnten Entscheidungen ist ohnehin der Rahmen für Steuerentlastungen in dieser Wahlperiode ausgeschöpft. Ich will das gegenüber zuviel Anregungen in jüngster Zeit hier ausdrücklich als Ergebnis der Koalitions- und Kabinettsverhandlungen festhalten.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Die Zinsausgaben stiegen von 1969 bis 1984 von 2,2 Milliarden DM auf 28,7 Milliarden DM im Haushalt des Bundes,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Das ist die schlimme Erblast!)

    von 2,7% auf 11,2% unserer Gesamtausgaben. Bund, Länder und Gemeinden sowie Bahn und Post gaben 1969 zusammen 71/2 Milliarden DM für ihre Zinszahlungen aus. 1984, in diesem Jahr, werden es bereits über 60 Milliarden DM sein,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    meine Damen und Herren, eine geradezu bestürzende Zahl, auch in der weiteren Zukunftsperspektive. Selbst bei strengster Ausgabendisziplin müssen wir bis 1988 allein beim Bund mit einem weiteren Anstieg der Zinszahlungen auf über 37 Milliarden DM rechnen.
    In meiner ersten Haushaltsrede habe ich darauf hingewiesen, daß 1983 die Zinsausgaben soviel wie die Etats des Wirtschaftsministers, des Entwicklungshilfeministers, des Forschungsministers, des Bildungsministers und des Bauministers zusammen beanspruchen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Bis 1988 werden trotz unserer Sparentscheidungen noch die Etats des Innenministers, des Außenministers und des Finanzministers hinzukommen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Dann zahlen wir nur noch Zinsen!)

    Bedeutsam ist auch, daß trotz einer Rückführung
    der Neuverschuldung die Bruttokreditaufnahme
    des Bundes zunächst noch ansteigt, weil umfangrei-
    5864 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    che kurzfristige Kreditaufnahmen aus früheren Jahren zur Umschuldung anstehen. Auch das, meine Damen und Herren, sind die Spätfolgen einer übersteigerten Verschuldungspolitik, die Langzeitwirkungen und -belastungen keinerlei Beachtung geschenkt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn das Wachstum der Zinszahlungen der letzten Jahre nicht drastisch verringert wird, wäre gegen Ende des Jahrhunderts die Hälfte aller Ausgaben des Bundes durch die Verpflichtungen für Zinszahlungen gebunden.
    Der Anteil der Finanzhilfen des Bundes an den Gesamtausgaben geht kontinuierlich zurück von 7,8% im Jahre 1974 über 5,8 % im Jahre 1981 auf 5,2 % bis 1985. Unsere Finanzplanung sieht eine weitere Verringerung auf 4 % im Jahre 1988 vor. Unabweisbare neue Hilfen wie z. B. bei Stahl und Landwirtschaft sind im wesentlichen befristet beziehungsweise degressiv gestaltet. Das gilt freilich nicht für Subventionen als soziale Leistungen. Nach unserem im Gesetz festgelegten Subventionsbegriff sind ja — was viele in den öffentlichen Debatten übersehen — auch wichtige soziale Leistungen Subventionen.

    (Haehser [SPD]: Immer schon!)

    — Immer schon. Das ist eine Definition, Herr Kollege Haehser, über die es nie Streit gegeben hat. Ich hebe das nur hervor, weil manche es sich hier etwas leicht machen.
    Daß wir es bei der Förderung von Unternehmen mit der Befristung und Degressivität ernst meinen, wird in der Stahlpolitik deutlich. Die Hilfen werden Ende 1985 auslaufen, wie beschlossen. Erhebliche Eigenbeiträge der Stahlunternehmen werden gefordert, und die Vorlage detaillierter Umstrukturierungspläne war Voraussetzung. Wir bestehen darauf — ich unterstreiche die Aussage des Kollegen Bangemann aus den letzten Tagen —, daß der europäischen Subventionskodex in allen Punkten, einschließlich der vereinbarten Fristen, eingehalten wird, damit ab 1986 in Europa Stahl wieder unter den Bedingungen eines fairen Wettbewerbs produziert werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Steuerliche Sonderregelungen wurden in jüngster Zeit durch die Reform der Grunderwerbsteuer sowie die Konzentration von Vergünstigungen bei der Energieeinsparung auf neue Technologien abgebaut. Der Schuldzinsenabzug beim Bau und Erwerb von Eigenheimen läuft nach dem Kabinettsbeschluß vom 3. Juli im Einvernehmen mit der Koalition wie vorgesehen zum 31. Dezember 1986 aus.
    Die Konsolidierungspolitik bleibt auch für die kommenden Jahre ein gemeinsames Ziel von Bund, Ländern und Gemeinden. Das ist in der letzten Sitzung des Finanzplanungsrates gerade auch von sozialdemokratischen Kollegen nachdrücklich bekräftigt worden. Die Neuverschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts geht von über 70 Milliarden DM, also etwa 4,5% des Bruttosozialproduktes, im Jahre 1982 auf voraussichtlich 50 Milliarden DM, das sind
    3 % des Bruttosozialproduktes, im laufenden Jahr zurück. 1985 können wir wahrscheinlich mit einer geringeren Neuverschuldung in Höhe von 2 bis 2,5% des Bruttosozialproduktes rechnen.
    Grundsätzlich ist natürlich jede Gebietskörperschaft selber für ihren Haushalt verantwortlich. Aber auch hier ist die Neigung, gelegentlich in die Tasche des anderen zu greifen, deutlich erkennbar. Wir sehen auch, daß der Bund in einigen Bereichen seine Mitverantwortung für die Finanzentwicklung von Ländern und Gemeinden zu praktizieren hat. Das gilt beispielsweise für den vertikalen Finanzausgleich und den Bereich der Personalausgaben. Der öffentliche Dienst hat in den letzten vier Jahren einen erheblichen Beitrag zur Gesundung der Haushalte leisten müssen. Trotz dieser Belastungen haben Beamte, Angestellte und Arbeiter ihre Aufgaben in vorbildlicher Weise erfüllt. Ich möchte das auch heute mit Dank und Anerkennung hervorheben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der starke Rückgang der Inflationsrate kommt ihnen jetzt ebenso wie den anderen Berufstätigen zugute. Man kann deshalb, ohne den Ergebnissen der bevorstehenden Besoldungs- und Tarifrunde vorzugreifen, hoffen, daß erstmals seit 1980 die Realeinkommen in diesem Bereich zumindest stabil bleiben.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Im Haushaltsentwurf 1985 sind weitere Stellenkürzungen oder eine Wiederbesetzungssperre nicht vorgesehen.
    Besonders erfreuliche Fortschritte haben die Gemeinden bei ihrer Konsolidierung gemacht. 1981 mußten sie noch über 6 Milliarden DM Kredite aufnehmen. In diesem Jahr wird es nur noch rund eine Milliarde DM sein.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dieser positive Trend dürfte sich fortsetzen, und er zeigt, daß — im Gegensatz zu den Attacken der Sozialdemokratischen Partei — wir in Bonn eine wesentlich kommunalfreundlichere Politik verwirklichen als unsere sozialdemokratischen Vorgänger.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich appelliere an die Verantwortlichen in der kommunalen Selbstverwaltung, wieder verstärkt in sinnvolle Vorhaben zu investieren, vor allem beim Umweltschutz.

    (Zurufe von der SPD: Wovon?)

    Aber auch bei der Stadt- und Dorferneuerung, die der Bund mit höheren Mitteln fördert, sind wichtige Aufgaben zu meistern. — Sie fragen: „Wovon?" Wenn die Verschuldung in drei Jahren nicht um, sondern auf 15% zurückgeht, wenn 70% der kommunalen Gebietskörperschaften erfreulicherweise in der Lage sind, alte Schulden abzubauen und Rücklagen zu bilden, dann können sie auch wieder mehr sinnvoll investieren für Umweltschutz, Stadt-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    und Dorferneuerung und andere vernünftige Zukunftsinvestitionen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP)

    Ich bestreite dabei nicht, Herr Kollege Vogel, daß es eine Reihe insbesondere großer Städte in Problemgebieten gibt, die noch in einer schwierigen Lage sind.

    (Zuruf des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Aber die Zahlen sprechen für sich. Freuen wir uns doch alle miteinander, daß die Konsolidierung dort noch schneller vorankommt als bei uns, damit die Bekenntnisse zur kommunalen Selbstverwaltung nicht nur Lippenbekenntnisse bei Festreden bleiben.
    Mit einem Anteil von rund zwei Dritteln der gesamten Sachinvestitionen der öffentlichen Hände kommt hier den Gemeinden bei der Belebung der öffentlichen Investitionen natürlich eine Schlüsselrolle zu.
    Der Bund wird seine Ansätze für Investitionen 1985 noch einmal verstärken. Insbesondere im Verkehrsbereich sollen die Ausgaben um eine halbe Milliarde D-Mark erhöht werden. Dennoch wird in bestimmten Bereichen immer deutlicher, daß der Bund bei wichtigen klassischen Investitionsaufgaben und Förderungsvorhaben auch an gewisse Bedarfsgrenzen stößt.
    Im Rahmen unserer gesamtstaatlichen Verantwortung wollen wir dem Saarland in den nächsten drei Jahren Hilfen für besonders bedeutsame Investitionen zur Stärkung der Wirtschaftskraft des Landes gewähren.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Warum nur dem Saarland?)

    — Frau Kollegin, hieraus können von anderen Bundesländern keine Forderungen hergeleitet werden. Warum? Ich will Sie daran erinnern, daß auch die Regierung Schmidt, der Sie angehört haben, der besonderen Lage des Saarlandes durch spezielle Finanzentscheidungen Rechnung getragen hat.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das gilt auch für andere Länder!)

    So wurde über viele Jahre hinweg dem größten Industrieunternehmen. des Landes ein Milliardenbetrag an Zuschüssen und Bürgschaften bewilligt — dem größten Industrieunternehmen des Saarlandes und keinem anderen vergleichbaren Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben, wie ich erwähnte, bei der Stahlhilfe für drei Jahre den Unternehmen in allen Stahlstandorten, auch in Bremen und Nordrhein-Westfalen, erstmals eine Finanzhilfe zur Umstrukturierung gegeben. Uns scheint nun die jetzt vorgesehene Form der befristeten Investitionshilfe für das Saarland für drei Jahre mit je 100 Millionen DM überzeugender zu sein als eine weitere Beteiligung des Bundes an Subventionen für Arbed Saarstahl, die nicht mehr
    vorgesehen ist. Ich will das hier ausdrücklich sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Das sind doch Buchungsgeschichten!)

    — Nein, ich glaube, das ist ein großer Irrtum, Herr Kollege Vogel. Dies sind im Gesetz und Haushalt definierte Einzelvorhaben.
    Aber ich bin doch sehr erstaunt, wenn ich auch einige Stimmen aus sozialdemokratisch geführten Ländern höre, daß die sozialdemokratisch geführten Bundesländer über Jahre hinweg diese exzeptionelle Sonderförderung des Saarlandes in Verbindung mit Subventionen für ein Unternehmen stillschweigend hingenommen haben, während jetzt, wo wir sie beenden und eine befristete Finanzhilfe folgt, plötzlich riesige Forderungen an den Bund gerichtet werden. Glaubwürdig ist das bei dem Verhalten der entsprechenden Bürgermeister und Ministerpräsidenten in früheren Jahren nicht. Das muß ich hier einmal ganz deutlich sagen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, die bisherigen Wirkungen unserer Politik zeigen nicht nur im eigenen Lande Konsequenzen. Auch im Ausland gewinnt die Deutsche Mark und gewinnt unser Stabilitätskurs wachsendes Vertrauen. Es zu erhalten und zu festigen, ist für ein so eng mit der Weltwirtschaft verflochtenes Land wie die Bundesrepublik Deutschland eine ständige Herausforderung, wenn wir unseren hohen Wohlstand, unsere Wirtschaftskraft erhalten und den Weg zur Vollbeschäftigung zurückfinden wollen.
    Mit einem Anteil am Welthandel von rund 10% liegen wir nach den Vereinigten Staaten von Amerika an zweiter Stelle. Ein Drittel der Güter wird für den Export produziert, ein etwa gleichhoher Anteil der im Inland verbrauchten Güter importiert. Diese starke internationale Verflechtung begründet besondere Mitverantwortung für weltweite Entwicklungen, die wir bejahen und ausüben.
    Im Mittelpunkt der weltwirtschaftlichen Kräfte stehen auf Grund ihres Gewichts die Vereinigten Staaten von Amerika. Ihr hohes Haushaltsdefizit und die hohen Zinsen bleiben nicht ohne problematische Rückwirkungen auf andere Staaten, auch und insbesondere auf die hochverschuldeten Entwicklungsländer. Wir reden hierüber offen mit unseren amerikanischen Freunden, und wir hoffen, daß nach den Neuwahlen bei ihnen endlich — und schnell — Entscheidungen vor allem zum deutlichen Abbau des Haushaltsdefizits getroffen werden. Wir hoffen das mit Ihnen, Herr Kollege Vogel; in dem Punkte sind wir uns ja einig.

    (Dr. Vogel [SPD]: Voll d'accord! Sie sind ein mutiger Mann!)

    Es wäre allerdings verfehlt, an unserem wichtigsten Partner nur Kritik zu üben und ihn für alle Probleme verantwortlich zu machen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Nicht für alle!)

    5866 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Der Konjunkturaufschwung in den USA ist eindrucksvoll.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die Verschuldung auch!)

    Auch wir profitieren von diesem Aufschwung, vor allem durch steigende Exporte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP Dr. Vogel [SPD]: Warten Sie einmal das Ende ab!)

    — Herr Kollege Vogel, ich bin darüber erstaunt, daß Sie bei jeder positiven Analyse bestimmter Entwicklungen in den USA sofort in Zwischenrufen nur negative Akzente setzen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das scheint mir für eine sorgfältige Analyse von Licht und Schatten nicht sehr sinnvoll zu sein.

    (Dr. Vogel [SPD]: Ich stimme Ihnen doch zu!)

    Wir profitieren davon!
    Niemand sollte den grundlegenden Wandel, die Revitalisierung und die neue Dynamik in den USA übersehen. Ich denke an den unternehmerischen Leistungswillen und die Kreativität, mit der dort neue Verfahren und neue Produkte entwickelt werden. Hervorzuheben ist die Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen, die nach einer Gründungswelle der letzten Jahre viele neue Arbeitsplätze geschaffen haben.

    (Wissmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Beachtung verdient die hohe Mobilität der Arbeitnehmer in räumlicher und beruflicher Hinsicht. Hinzu kommen eine stärkere Lohndifferenzierung in den einzelnen Branchen und eine größere Beweglichkeit bei der Lohngestaltung. Das sind wesentliche Gründe für die eindrucksvolle Zunahme der Beschäftigung in den Vereinigten Staaten seit den ausgehenden 60er Jahren und für die jüngsten Erfolge ihrer Arbeitsmarktpolitik.
    Nicht alle Ansätze der amerikanischen Wirtschaftspolitik sind übertragbar oder nachahmenswert. Wesentliche ökonomische Ergebnisse, vor allem auf dem Arbeitsmarkt, geben den Amerikanern jedoch recht, und in vielen Punkten können wir auch von ihnen lernen.
    Weitere Regionen starker wirtschaftlicher Dynamik sind der ganze pazifische und südostasiatische Raum geworden. Zu Japan kommen neu aufstrebende Industrienationen wie Korea, Malaysia, Singapur, Taiwan und zunehmend auch Indonesien.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wie sieht es dort aus?)

    Länder, die wir noch vor kurzer Zeit im wesentlichen als Antragsteller für Entwicklungshilfe ansahen, sind heute starke, selbstbewußte Konkurrenten im Kampf um Marktanteile und Arbeitsplätze geworden. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen,

    (Zurufe von der SPD: Sehr wahr! — Richtig!)

    die Chancen wachsender Kaufkraft und die Investitionsbedürfnisse in diesen Regionen durch eigene
    Anstrengung und Leistungsfähigkeit nutzen und in fairem Wettbewerb annehmen.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Vor diesem Hintergrund haben wir Europäer allen Grund, über unsere eigene Zukunft nachzudenken. Der in manchen Kreisen üblich gewordenen Arroganz, auf die Amerikaner oder andere Völker herabzublicken, folgt aus der Sicht der neuen Welt zunehmend eine recht kritische Betrachtung der geistigen ökonomischen Verfassung Europas.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Der Zeitgeist des Europessimismus, manche bizarren Ausdrucksformen der alternativen Strömungen mit ihren Fluchtbewegungen aus der modernen Zivilisation, rufen dort Verwunderung und gelegentlich schon betonte Geringschätzung hervor. Aber es gibt in Europa auch hoffnungsvolle Zeichen dafür, daß die neuen Herausforderungen im geistigen ökonomischen Wettbewerb mit Amerika, Japan und den anderen Zentren neuer Dynamik erkannt und angenommen werden. Ich will hier darauf verweisen — es kommt mir in unserer innenpolitischen Debatte zu kurz —: Die meisten westeuropäischen Länder unternehmen nachhaltige gleichgerichtete Anstrengungen in ihrer Wirtschaftspolitik trotz unterschiedlicher politischer Zusammensetzung ihrer Regierungen.
    In Frankreich, unserem wichtigsten Partner in Europa, vertritt das neue Kabinett jetzt mit allem Nachdruck als wichtigste Aufgabe die Modernisierung der französischen Volkswirtschaft, die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau staatlicher Interventionen. Das Haushaltsdefizit und der Anstieg der öffentlichen Ausgaben sollen vermindert, die Steuer- und Sozialabgabenquote gesenkt werden, wobei es für die sozialistische Mehrheit in Frankreich selbstverständlich ist, auch Unternehmenssteuern zu senken, wobei es für sie selbstverständlich ist, zu sagen: Die Leistungsstarken, die höhere Steuern zahlen, müssen auch in die Steuersenkung einbezogen werden. „Je weniger Staat, um so besser", stellte Ministerpräsident Laurent Fabius vor kurzem in einem Interview fest. Diese Formel eines sozialistischen Regierungschefs, Herr Kollege Brandt, könnte vielleicht auch zu einem Denkanstoß für die deutsche Sozialdemokratie werden, wenn sie ihr nächstes Godesberg vorbereitet.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Zu liebenswürdig!)

    — Denkanstoß, Herr Kollege Vogel. Damit Sie Ihre Anregungen nicht nur aus Hessen beziehen, ist vielleicht auch einmal ein Blick auf Paris ganz gut.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP)

    Im Vereinigten Königreich unterstützt die Finanzpolitik seit Jahren das zentrale geldpolitische Ziel stabiler Preise.

    (Dr. Vogel [SPD]: 4 Millionen Arbeitslose!)

    Im Vordergrund stehen eine strikte Begrenzung der
    Staatsausgaben sowie Erleichterungen auch für die



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Betriebe, eine konsequente Umstrukturierung der Wirtschaft auf Wachstumsbereiche. Diese Strategie hat die englische Volkswirtschaft immerhin seit 1982 wieder auf spürbaren Wachstumskurs gebracht.

    (Zuruf von der SPD: Wieviele Arbeitslose?)

    Auch andere Länder wie insbesondere Belgien, die Niederlande und Dänemark unternehmen große Anstrengungen in dieser Richtung. Noch sind die wirtschaftspolitischen Erfolge sehr unterschiedlich. Vielfach müssen — wie bei uns — Probleme der Vergangenheit aufgearbeitet werden, vor allem die bisher nicht gelöste Frage der Arbeitslosigkeit. Wenn die ansteigenden Wachstumsraten, die in diesem Jahr in fast allen Ländern der Gemeinschaft zu verzeichnen sind, nun vom privaten Sektor und nicht von dem künstlichen Strohfeuer staatlicher Programme ausgehen, liegt auch darin ein Stück Übereinstimmung.

    (Dr. Spöri [SPD]: USA! Deficit spending! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Ich sprach im Augenblick von Westeuropa; entschuldigen Sie. Der Blick war hier auf Westeuropa gerichtet.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die feinen Unterschiede!)

    Das Thema Haushaltsdefizit habe ich kritisch angesprochen, was die USA anbetrifft, Herr Vogel.

    (Zurufe von der SPD)

    — Das bezog sich also nicht zuletzt auf Europa. Ich möchte das nur klarstellen, falls es da einen Irrtum geben sollte.
    Ich hoffe, daß diese ersten Anzeichen einer abgestimmten wirtschaftlichen Entwicklung in Europa in den kommenden Jahren zu einer wirklichen Konvergenz führen. Damit erhielte das Europäische Währungssystem das für die angestrebte Zone größerer Währungsstabilität notwendige Fundament. Welche Zwischenresultate jetzt schon zu verzeichnen sind, spiegelt sich übrigens auch in der Kursentwicklung im Europäischen Währungssystem wider: Abgesehen von kurzfristigen Spannungen ist sie seit Anfang 1983 bemerkenswert stabil verlaufen.
    Zunehmende Übereinstimmung in der wirtschaftspolitischen Grundausrichtung der Mitgliedsstaaten war eine wesentliche Voraussetzung für die Lösung dringender Probleme der Europäischen Gemeinschaft im Juni dieses Jahres. Über die Beschlüsse des Europäischen Rates in Rambouillet hat der Bundeskanzler dieses Hohe Haus im Juni eingehend unterrichtet.

    (Dr. Vogel [SPD]: Dauernde Baustelle!)

    Konsequenzen für die Finanzplanung des Bundes ergeben sich aus der Entscheidung, die Eigenmittel der EG zum 1. Januar 1986 um 0,4 Prozentpunkte anzuheben. Damit wird die Bundesrepublik Deutschland ab 1986 bis zu 41/2 Milliarden DM jährlich mehr als bisher, und zwar ausschließlich aus Mitteln des Bundes, an die EG übertragen. Wir
    gehen davon aus, daß die neue Obergrenze 1986 und 1987 noch nicht voll ausgeschöpft wird. Für die Übergangszeit bis zum 1. Januar 1986 ergeben sich Probleme bei der Sicherstellung der unabweisbaren finanziellen Verpflichtungen der Gemeinschaft. Sobald hierüber eine Verständigung erzielt ist — ich hoffe, daß es sich mehr um Tage als um Wochen handelt —, werde ich dem Hohen Haus darüber berichten, auch über eventuelle Konsequenzen für unseren Haushalt.
    Meine Damen und Herren, zu den grundlegenden Entscheidungen gehörte auch die Verständigung über eine erstmalige deutliche Einschränkung der agrarischen Überschußproduktion der Gemeinschaft.

    (Dr. Apel [SPD]: Ein frommer Wunsch!)

    — Nein, kein frommer Wunsch! Nein, das wird kein frommer Wunsch sein. Die ersten Zahlen vom Milchmarkt zeigen das.

    (Dr. Apel [SPD]: Wir sprechen uns wieder!)

    Dies führte in der Konsequenz zu einem notwendigen Ausgleich für die deutsche Landwirtschaft, der in letzter Zeit mehrfach kritisiert wurde.
    Ich hebe deshalb hervor, daß die deutschen Landwirte durch diese Brüsseler Agrarbeschlüsse ganz besonders von dem schnellen Abbau des Währungsausgleichs betroffen sind. Sie müssen somit weit höhere Einkommenseinbußen hinnehmen als ihre Berufskollegen in anderen Ländern. Wir werden — ich bin davon überzeugt, Herr Kollege Apel — bei der EG in Zukunft erhebliche Mittel gegenüber dem vorher geltenden Recht einsparen, weil wachsende Überschüsse nicht mehr automatisch finanziert werden. Unter diesen Vorzeichen ist die zeitlich befristete Anhebung der Vorsteuerpauschale notwendig und sinnvoll. Im übrigen muß ich unsere sozialdemokratischen Kritiker nun wirklich einmal daran erinnern, daß sie aus wesentlich geringerem Anlaß

    (Dr. Vogel [SPD]: Geringeren Summen!)

    — aus wesentlich geringerem Anlaß, Herr Kollege Vogel! — im Jahr 1969 die Vorsteuerpauschale als Ausgleichselement für die Landwirtschaft eingeführt haben. Ich habe die Rede, Herr Bundeskanzler a. D. Brandt, mit der Sie das damals unter großem Beifall der SPD ankündigten, noch einmal im Protokoll des Deutschen Bundestages nachgelesen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    — Die Vorsteuerpauschale war das, Herr Spöri! Entschuldigen Sie! Wir wollen doch die Spuren nicht verwischen. Das war die Einführung eines höheren Vorsteuerabzugs. Sie können doch heute nicht im Grundsatz verdammen, was Sie damals selber gemacht haben. So kann man ja nicht vorgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Schatten werfen nach wie vor die internationalen Verschuldungsprobleme. Allerdings ist es in eindrucksvoller Zusammenarbeit zwischen Schuldner-
    und Gläubigerländern, Zentralbanken, Geschäfts-



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    banken und internationalen Organisationen bisher gelungen, zu vorläufigen Vereinbarungen zu kommen. Die befürchtete krisenhafte Entwicklung im internationalen Finanzsystem ist nicht eingetreten. Viele Länder haben durch Unterstützungsaktionen eine Atempause erhalten, die sie unter großen Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Zahlungsbilanzsituation nutzen. Die Leistungsbilanzdefizite der nichtölproduzierenden Entwicklungsländer haben sich von 1981 bis 1983 halbiert. Dennoch erfordert die Überwindung der Verschuldungskrise weiterhin erhebliche Anstrengungen aller Beteiligten und einen langen Atem. Ziel muß es sein, Schuldenlast und Schuldendienstfähigkeit der betroffenen Länder wieder in Einklang zu bringen. Hierzu gibt es keine Patentrezepte und keine globalen Lösungen, weil jeder Fall anders liegt. Aber es gibt natürlich gemeinsame Kriterien, vor allem für die Industrieländer, und es gibt Solidarität.
    Insgesamt hat sich die eingeschlagene Strategie aus Anpassung und Finanzierung bewährt. Die Anpassungsaufgabe verbleibt den betroffenen Ländern; die Industrieländer müssen eine Politik der Marktöffnung und des dauerhaften inflationsfreien Wachstums verfolgen; die Finanzierungsströme dürfen nicht abreißen.
    Eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Schuldenkrise nimmt der Internationale Währungsfonds wahr. Durch die Bindung seiner Kredite an wirtschaftliche Anpassungsprogramme trägt er dazu bei, daß die Defizite der Schuldnerländer nicht nur finanziert, sondern allmählich auch abgebaut werden können.
    An diesen Hilfs- und Stützungsaktionen hat die Bundesrepublik Deutschland einen maßgeblichen Anteil, vor allem durch die Leistungen der Bundesbank, die wenig bekannt sind, aber auch des Bundeshaushalts. Wir beteiligen uns an Umschuldungen durch finanzielle Beiträge an internationale Organisationen im Rahmen der Entwicklungshilfe und ergänzend durch Ausfuhrbürgschaften. Wir zahlen dafür einen Preis, wie Sie im Haushaltsvoranschlag feststellen können, mit wachsenden Risiken und auch Zuschüssen aus Mitteln des Bundes.
    Meine Damen und Herren, vor einem Jahr konnte ich in meiner Haushaltsrede feststellen, daß die Rezession überwunden sei und eine neue Periode des Wachstums beginne. Heute sind wir auf dem Weg zur Stabilität der Finanzen und der Preise ein gutes Stück vorangekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    1984 dürfte die volkswirtschaftliche Gesamtleistung etwa doppelt so stark zunehmen wie 1983. Wir können den Rückschlag vom Frühjahr überwinden, wenn alle — Regierung, Parlamente und vor allem auch die großen gesellschaftlichen Gruppen — ihren Beitrag leisten.
    Freiheit bedeutet auch Verantwortung für die vorrangigen Gemeinschaftsziele. Der französische Ministerpräsident Laurent Fabius sagte vor wenigen Tagen, niemand habe ein Heilmittel gegen die Arbeitslosigkeit, diese Krebskrankheit. Notwendig — so fügte er hinzu — sei zu ihrer Überwindung
    eine langfristige, konsequente Politik für höhere Investitionen, zur Leistungssteigerung und zur Begrenzung eigener Ansprüche.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Er hat es begriffen!)

    Meine Damen und Herren, ich zitiere das im Hinblick auf jene, die bei uns immer wieder ihre ebenso bequemen wie falschen Rezepturen anbieten. Es ist ein Irrglaube, daß wir die Arbeitslosigkeit durch immer kürzere Arbeitszeiten bei zugleich immer weiter steigenden Einkommen und erneut zunehmender Schuldenmacherei überwinden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Ergebnis wäre — Herr Kollege Duve, deshalb habe ich die internationalen und europäischen Fragen hier ausführlicher behandelt — ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit mit unabsehbaren sozialen Folgen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Und wie machen Sie es?)

    — Darüber habe ich mir erlaubt eine Stunde Ausführungen zu machen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kleinert, Sie haben in der Zeit intensive Gespräche mit Ihrem Nachbarn geführt; aber Sie sollten jetzt, zum Schluß nicht fragen, wie wir es machen.
    Wir müssen vielmehr mit der von uns begonnenen und hier noch einmal verdeutlichten Politik alles uns Mögliche tun, damit das Angebot an bezahlbarer Arbeit wieder vergrößert wird. Stabilitätspolitik stärkt die Angebotsseite unserer Volkswirtschaft. Sie kräftigt aber durch Geldwertstabilität auch die private Nachfrage.
    Unsere Finanzpolitik soll weiter die Stabilität fördern und so einer guten Zukunft für die Bürger unseres Staates dienen.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD — Dr. Spöri [SPD]: Vorhang! — Zurufe von der SPD: Zugabe!)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich habe eben zu meinem Bedauern vergessen, unserem Kollegen Schulze (Berlin) zu seinem 65. Geburtstag am 1. September 1984 zu gratulieren. Ich hole dies von Herzen gerne nach, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Außerdem haben wir die Ehre, auf der Ehrentribüne eine Delegation beider Häuser des japanischen Parlaments zu begrüßen. Ich heiße Sie herzlich willkommen im Deutschen Bundestag.

(Beifall)

Meine verehrten Kollegen, wir sehen in diesem Besuch das Zeichen der guten Zusammenarbeit und der guten Beziehungen zwischen den Parlamenten und unseren Ländern. Wir freuen uns, daß Sie nach



Präsident Dr. Barzel
Berlin gehen werden. Wir wissen dies besonders zu schätzen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Dies ist das Zeichen des ungebrochenen Willens des deutschen Volkes, die unselige Teilung Deutschlands friedlich und durch freie Selbstbestimmung zu überwinden.
Ich wünsche Ihnen nützliche Gespräche und einen guten Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Meine Damen und meine Herren, ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Apel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Stoltenberg, beginnen wir einmal mit dem, was Sie zwischendurch eingeführt haben: mit dem „fröhlichsten Schuldenmacher".

    (Rühe [CDU/CSU]: Schlimmer! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich bin natürlich einigermaßen enttäuscht darüber, daß Sie als damaliger Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, als Mitglied des Bundesrates die damalige massive Strukturkrise, die doch überall — in der Bundesrepublik Deutschland, bei unseren Nachbarn, im Lande Schleswig-Holstein — zu massiven Einbrüchen nicht nur in der Konjunktur, sondern auch in der Haushaltswirtschaft geführt hat, auf diese Art und Weise behandeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Stoltenberg, ich will mich vorübergehend aber gerne einmal auf dieses, wie ich finde, platte Niveau begeben

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    und auf diesem platten Niveau mit Ihnen argumentieren. Herr Kollege Stoltenberg, dann müssen wir vielleicht einfach mit Zahlen arbeiten.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Das können Sie doch gar nicht!)

    Der Bundesfinanzminister Hans Apel war für vier Bundeshaushalte verantwortlich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider!)

    In diesen vier Bundeshaushalten hat es saldiert, also insgesamt, eine Nettokreditaufnahme von 103,3 Milliarden DM gegeben. Der Bundesfinanzminister Dr. Stoltenberg, der für die Haushalte 1983 bis 1986, also auch für vier Bundeshaushalte die Verantwortung trägt — ich gehe davon aus, daß Sie bis 1986 Finanzminister bleiben —, wird nach seinen eigenen Angaben 115 Milliarden DM Nettokreditaufnahme machen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, während wir damals

    (Wissmann [CDU/CSU]: Milchmädchenrechnung! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist der echte Apel!)

    einmal einen Bundesbankgewinn von 400 Millionen DM zur Verfügung hatten, haben Sie in diesen vier Jahren einen Bundesbankgewinn von sage und schreibe 42 Milliarden DM zur Verfügung.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Hört! Hört!)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, nun sind j a diese 42 Milliarden DM Bundesbankgewinn keineswegs Ihr Verdienst. Sie sind j a das Ergebnis einer unerträglichen Schulden- und Haushaltspolitik der USA, die die Zinsleistungen an die Deutsche Bundesbank nach oben bringt. Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Sie haben ja selber davon gesprochen, daß die Bundesbankgewinne Ihre Nettokreditaufnahme verschönen; sie sind also nicht Ihr Verdienst. Wenn Sie diese Gewinne dazurechnen, werden Sie in vier Jahren tatsächlich eine Nettokreditaufnahme von über 150 Milliarden DM haben,

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    denn die Bundesbankgewinne können Sie nicht herausrechnen, während ich damals eine solche von 104 Milliarden DM hatte. Ich bin fröhlicher als Sie, das gebe ich zu.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ansonsten sollten Sie aber auf dieser Ebene wirklich nicht argumentieren, um so mehr, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, als Sie, als Sie das Land SchleswigHolstein 1982 verlassen haben,

    (Wissmann [CDU/CSU]: Haben Sie die Zinsen mitgerechnet? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Diese Rechnung ist unredlich!)

    ein Land hinterlassen haben, das nach dem Saarland das am stärksten verschuldete Flächenland im Bundesgebiet war und es noch ist.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wenn Sie mit uns auf diesem Niveau debattieren wollen, dann können wir das gerne tun.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Auf Ihrem Niveau nicht!)

    Es fällt nur auf Sie zurück, denn, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Na gut, ich bin durchaus in der Lage, auch auf dem Niveau von Herrn Dr. Stoltenberg zu argumentieren, aber ich denke, wir sollten heute über den Haushalt 1985 reden.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege Stoltenberg, arbeiten Sie doch bitte nicht mit Papiertigern. —

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Mit Pferden?)




    Dr. Apel
    Herr Präsident, ich sollte vielleicht einen Augenblick unterbrechen, da es vernünftig ist, mit dem Finanzminister in einen Dialog einzutreten. —

    (Zurufe von der SPD)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, unterlassen Sie bitte Polemik und nehmen Sie vielmehr zur Kenntnis: Für die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist eine solide Haushaltspolitik eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Finanzpolitik.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Sie können doch überhaupt nicht bestreiten — wir haben das hier wiederholt debattiert —, daß Haushaltskonsolidierung bereits unter den Finanzministern Matthöfer und Lahnstein eingeleitet wurde und bis heute fortwährende positive Konsequenzen hat. Ich unterstreiche: Haushaltskonsolidierung war und ist geboten, aber in einem Punkt unterscheiden wir uns von Ihnen: Haushaltskonsolidierung ist kein Selbstzweck.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie muß der wirtschaftlichen Lage und der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung entsprechen.
    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wenn man Ihre Haushaltsrede heute gehört hat, dann stellt man doch fest, daß Sie für all die dringenden Herausforderungen der Wirtschafts- und Finanzpolitik, für die beängstigende Entwicklung der Massenarbeitslosigkeit, für die Risiken des internationalen Welthandels und für die absehbare Abschwächung der Binnenkonjunktur doch kaum gestaltende Antworten haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dafür aber fordern und sprechen Sie immer wieder über Haushaltskonsolidierung. Das ist, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, unzureichend und wird Ihrer Aufgabe als Bundesfinanzminister nicht gerecht.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber, Herr Kollege Stoltenberg, wie haben Sie denn nun Haushaltskonsolidierung wirklich betrieben?

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Der redet den Saal leer!)

    Sie haben in skandalöser Weise unsozial und einseitig Einschnitte bei den Leistungen für Arbeitslose, Rentner, Behinderte, Schüler und Familien vorgenommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben das immer wieder damit begründet, daß das erforderlich sei, um in der Haushaltskonsolidierung voranzukommen. Aber, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, in Wirklichkeit war das doch nur ein Vorwand. Jetzt zeigt sich nämlich, daß diese Einsparungen zum übergroßen Teil gar nicht der Haushaltskonsolidierung zugute gekommen sind. Der Finanzminister hat die freigewordenen Mittel statt dessen freigiebig für Steuergeschenke an kapitalkräftige Großunternehmen, für Milliarden-Subventionen an die Landwirtschaft und zur Finanzierung einer
    sinnlosen Agrarüberschußproduktion in der EG weitergereicht.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Dregger [CDU/ CSU]: Wollen Sie die Bauern vernichten?)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, die Zahlen entlarven Ihre Politik: Den Behinderten nehmen Sie durch Ihre Beschlüsse 1985 mehr als 600 Millionen DM.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Hört! Hört!)

    Bei den Arbeitslosen sparen Sie durch Ihre Kürzungen 1985 mehr als 1,5 Milliarden DM. Aber für die deutsche Landwirtschaft gibt es 1985 2,8 Milliarden DM mehr,

    (Zuruf von der SPD: So ist das! — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Was die Verluste nicht ausgleicht!)

    ohne — das füge ich hinzu, Herr Kollege Dregger — die Not der einkommensschwachen Bauern zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann hören Sie auf die Worte Ihres CDU-Kollegen, des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, der am 3. September die Korrektur Ihrer Politik gefordert hat.

    (Zurufe von der SPD: Notleidend!)

    Er hat davon berichtet, daß es bei vielen Betrieben Existenznot gibt.
    Bei den Familien mit Kindern macht der Verlust durch Ihre Familienpolitik 1985 2,2 Milliarden DM aus. Den deutschen Unternehmen geben Sie 1985 etwa 6 Milliarden DM zusätzlich, vor allem durch die massive Senkung der Vermögensteuer, ohne daß das konjunkturell irgend etwas bewegt hat.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Das alles hat mit Haushaltskonsolidierung überhaupt nichts zu tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist reine Umverteilung aus den Taschen der Arbeitslosen, Rentner, Behinderten, Schüler und Familien in die Taschen der Großunternehmen und der einkommensstarken Landwirtschaft.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: So lächerlich können Sie hier doch nicht argumentieren! Wir sind doch im Bundestag! Das ist doch ein peinliches Gesulze! — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Geschmacklosigkeit!)

    Die Verringerung der Nettokreditaufnahme, die sich der Bundesfinanzminister zugute hält, ist doch, Herr Kollege Dr. Stoltenberg — das wissen Sie ganz genau —, auf ganz andere Ursachen zurückzuführen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der Berliner muß noch mehr Eigentore schießen! — Gegenrufe von der CDU/CSU: Das ist doch kein richtiger Berliner!)

    Die Bundesregierung und Sie, Herr Dr. Stoltenberg,
    haben diesen Abbau von Defiziten vor allem da-



    Dr. Apel
    durch erreicht, daß Sie kurzerhand alles vergessen haben, was Sie noch als Opposition lautstark gefordert haben. Wenn man Ihre Haushaltsrede genau liest,

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Tun Sie es einmal! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie tun es ja doch nicht!)

    dann stellt man fest, daß all das, was Sie in Ihren
    Grundsatzreden beschwören, in der täglichen Praxis Ihrer Finanzpolitik schnell beiseite gelegt wird.

    (Beifall bei der SPD — Dr.. Schäuble [CDU/ CSU]: Drei Mann klatschen!)

    Die Haushaltskonsolidierung hat — im Gegensatz zu allen Versprechungen — vor allem zu Lasten der Lohnsteuerzahler und der Beitragszahler stattgefunden und ist durch massive Überweisungen der Bundesbank aus Frankfurt kräftig gefördert worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie sprechen von Ihrer Regierung!)

    Als Opposition haben Sie doch, meine Damen und Herren von der CDU

    (Zuruf von der CDU/CSU: CSU auch!) — ich will gern hinzufügen: CSU


    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist wichtig!)

    — das weiß ich; das merkt man in Ihrem internen Streit täglich —,

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Es ist aber schön, daß es bei Ihnen so friedlich zugeht!)

    immer wieder die sofortige Rückgabe der Einnahmen aus heimlichen Steuererhöhungen, die Rückgabe der inflationsbedingten Steuermehreinnahmen gefordert. Was ist nun daraus geworden?

    (Zuruf von der SPD: Nichts!)

    Diese Bundesregierung nimmt es jetzt sehr gern hin, daß die Lohnsteuerbelastung der Arbeitnehmer weitaus stärker steigt als ihr Einkommen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das habt Ihr doch hervorragend praktiziert!)

    Die durchschnittliche Steuerbelastung der Lohnsteuerzahler liegt 1985 um 10 % höher als 1982.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das liegt an der Progression!)

    Allein 1985 müssen die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen mit einer zusätzlichen Steuerlast von 14 Milliarden DM rechnen. Das ist dann eine 10%ige zusätzliche Belastung bei den Lohnsteuerzahlern.

    (Glos [CDU/CSU]: Nach welchen Tabellen wird denn das berechnet?)

    — Herr Kollege Glos, ich will Ihnen anschließend gern den Nachhilfeunterricht geben, den Sie augenscheinlich brauchen. —

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Seien Sie nicht so arrogant!)

    Und eines bleibt bestehen, Herr Kollege Dr. Stoltenberg: Sie kassieren bei den Lohnsteuerzahlern und nennen das Haushaltskonsolidierung.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das System stammt von Ihnen!)

    Auch als Beitragszahler in der Sozialversicherung dürfen die Arbeitnehmer einen Konsolidierungsbeitrag leisten. Was hatte denn die Union vorher nicht alles versprochen! Die Zerstörung der Leistungsbereitschaft durch den Abgabenstaat müsse verhindert werden; deshalb dürfe es keine Beitragserhöhung bei der Sozialversicherung geben. Dreimal haben Sie in Ihrer kurzen Regierungszeit die Sozialabgaben erhöht.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Allein diese drei Abgabenerhöhungen belasten die Arbeitnehmer 1985 mit 6 Milliarden DM zusätzlich

    (Kolb [CDU/CSU]: Und auch die Wirtschaft!)

    — und die Arbeitgeber auch. Aber wozu haben Sie diese Beitragserhöhungen benutzt?

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Um das Loch, das Sie hinterlassen hatten, zu stopfen!)

    Sie haben sie benutzt, um vom Bundeshaushalt Lasten auf die Sozialversicherungsträger abzuwälzen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Ihre Erklärung für die Überschüsse bei der Bundesanstalt für Arbeit war doch schon makaber.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Faktisch bedeutet es doch, daß der Bund immer mehr bei der Arbeitslosenversicherung spart, wenn immer mehr Arbeitslose in die Dauerarbeitslosigkeit abgetrieben werden, damit zur Sozialhilfe gehen müssen und dadurch die Kassen der Gemeinden auffressen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Alles die Folgen der Politik, die ihr gemacht habt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wie kann man eigentlich als verantwortlicher Politiker auf eine solche Entwicklung auch noch stolz sein?

    (Beifall bei der SPD — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, es wäre mir sehr recht gewesen, wenn Sie bei dieser Gelegenheit auch über die Kassen der Rentenversicherung gesprochen hätten.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Hier hat doch Ihre Verschiebepolitik der starken Kürzung von Überweisungen aus der Arbeitslosenversicherung in die Rentenversicherung für die Beiträge der Arbeitslosen Finanzlöcher von Milliardenhöhe gerissen.

    (Frau Fuchs [Köln] Dr. Apel Sie, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, tragen die Verantwortung dafür, daß die Renten nicht mehr solide finanziert sind. (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)




    Neben der Erhöhung der Steuer- und Beitragslast stützt sich dieser Haushalt auf den Bundesbankgewinn. Was hatte die Union damals in der Opposition nicht alles gegen den Bundesbankgewinn und seine Einbeziehung in den Bundeshaushalt zum Zwecke seiner Finanzierung gesagt: Das sei doch schlimmer als eine Neuverschuldung, als eine Nettokreditaufnahme.
    Wie konsequent der Bundesfinanzminister in dieser Frage ist, können wenige Zahlen deutlich machen. In sechs Jahren — von 1977 bis 1982 — wurde von der sozialliberalen Koalition ein Bundesbankgewinn von 13 Milliarden DM in den Bundeshaushalt eingesetzt. Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Sie setzen für die nächsten sechs Jahre — von 1983 bis 1988 — 54 Milliarden DM zur Finanzierung Ihres Bundeshaushalts ein.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Unglaublich!)

    Das ist mehr als das Vierfache. Ich sage Ihnen: Diese Summe wird vermutlich noch beträchtlich größer sein.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Ein stolzer Berg!)

    Meine Damen und Herren, es gibt eigentlich nur eine Einnahmequelle, an die der Bundesfinanzminister überhaupt nicht herangegangen ist, nämlich den Abbau von Steuervorteilen und die Einschränkung von Mißbrauchsmöglichkeiten im Steuerrecht.

    (Beifall bei der SPD und bei einzelnen Abgeordneten der GRÜNEN — Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Die ihr geschaffen habt!)

    Aber gerade hier, Herr Kollege Stoltenberg, wären beträchtliche Einnahmen zu erzielen gewesen. Hier wäre es auch geboten gewesen, der eigenen Forderung der Union als Oppositionspartei nach einem linearen Subventionsabbau — 5 %, 10 %; es konnte Ihnen doch gar nicht schnell genug gehen — endlich einmal Rechnung zu tragen.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Erst Sprüche!)

    Was aus diesem Versprechen geworden ist, zeigen wenige Zahlen. Das Gesamtvolumen der Steuervergünstigungen des Jahres 1982 — des letzten Jahres der sozialliberalen Koalition — lag bei 29,5 Milliarden DM; 29,5 Milliarden DM Steuersubvention in 1982. Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wie wird es im nächsten Jahr aussehen? Dort werden die Steuersubventionen mindestens auf 39 Milliarden DM steigen. Das sind 10 Milliarden DM oder ein Drittel mehr. So halten Sie es mit dem Subventionsabbau: außer Worten nichts gewesen!

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Kittelmann [CDU/CSU]: Der Spruch heißt: „Außer Spesen ..."!)

    Wie es die Regierung mit dem Subventionsabbau hält, wird an einem anderen Beispiel eigentlich noch viel deutlicher. Vor einem Jahr hat der Bundestag, haben alle Fraktionen des Deutschen Bundestages die Bundesregierung beauftragt zu prüfen, welche weiteren Maßnahmen gegen Verlustzuweisungsgesellschaften getroffen werden könnten. Der Bundestag hat folgendes formuliert: „... fordert die Bundesregierung auf festzustellen, wie sichergestellt werden kann, daß sich niemand mehr durch Beteiligung an volkswirtschaftlich nicht erwünschten Verlustzuweisungsmodellen einschließlich Bauherrenmodellen seiner Steuerpflicht ganz oder vorübergehend oder überwiegend entziehen kann."
    Herr Kollege Stoltenberg, jetzt liegt der Bericht vor. Wir stellen fest: Die bestehenden Mißbrauchsmöglichkeiten im Steuerrecht für sehr gut Verdienende aus den Steuersparmodellen werden überhaupt nicht beseitigt. Da freuen sich aber die sehr gut Verdienenden. Sie können nämlich auch künftig selbst entscheiden, ob und wieviel Steuern sie überhaupt zahlen wollen;

    (Kolb [CDU/CSU]: Meinen Sie Herrn Vietor?)

    denn der Weg in die Steuersparmodelle bleibt ihnen ja offen. Das führt zu beträchtlichen Steuerausfällen, die die Normalverdiener, die Lohnsteuerzahler, mit ihrer schnell wachsenden Steuerlast abdecken müssen. Das „Handelsblatt" teilt dann auch nach Vorlage Ihres Berichts den Kunden des Bauherrenmodells am 24. August 1984 mit — ich zitiere —: „Ertragsmäßig bleiben die Steuervorteile gleich."
    Das alles hindert Sie, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, aber doch nicht daran, am 14. August 1984 vor der Bundespressekonferenz zu erklären — ich zitiere den Bundesfinanzminister —: „Der Abbau von Subventionen bleibt ein wichtiges Ziel unserer Politik."

    (Lachen bei der SPD)

    So können Worte und Wahrheit auseinanderfallen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die „Süddeutsche Zeitung" hat recht, wenn sie feststellt: „Die Konturen der Finanzpolitik von Herrn Dr. Stoltenberg verschwimmen im Nebel der Subventionen."
    Wir Sozialdemokraten lassen es nicht zu, daß von der Regierung eine Legendenbildung in Sachen Haushaltskonsolidierung betrieben wird.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Die Schuldenmacher klatschen!)

    Erstens hat die Bundesregierung im Gegensatz zu allen Ankündigungen und Versprechen einen Abbau der Defizite vor allem durch eine höhere Belastung der Lohnsteuerzahler und der Beitragszahler erreicht und auch die riesenhaften Milliardenüberweisungen der Bundesbank mit Selbstverständlichkeit einkassiert.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie wiederholen sich!)

    Der von uns geforderte und von der Regierung vielfach versprochene Subventionsabbau findet nicht
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. September 1984 5873
    Dr. Apel
    statt. Mit konsequenter Finanzpolitik hat das wirklich überhaupt nichts zu tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens hat das Ziel der Haushaltskonsolidierung der Regierung offenbar nur als Vorwand gedient, um eine skandalöse Politik der Umverteilung zu betreiben, bei der die Schwächsten in unserer Gesellschaft Mittel gekürzt bekommen, um sie dann an gut Verdienende weiterzureichen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Genauso ist es! — Zuruf von der CDU/CSU: Alte Sprüche sind das!)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Ihre Finanzpolitik verfährt nach dem Prinzip: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Anspruch und Wirklichkeit fallen weit auseinander.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das gilt im übrigen auch hinsichtlich der Frage der öffentlichen Investitionen, über die Sie in Ihrer Haushaltsrede ja gesprochen haben und die doch angeblich gesteigert werden sollen. Aber, Herr Kollege Stoltenberg, schauen Sie sich doch einmal Ihren eigenen Finanzplan an. Da können Sie doch nicht leugnen, daß im Finanzplan die Investitionen Jahr für Jahr zurückgehen und einen neuen Tiefstand in der Finanzgeschichte der Bundesrepublik erreichen.
    Auch bei den Städten und Gemeinden, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, setzt sich der Rückgang der Investitionen fort. Wenn Sie sagen, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, das glaube ich nicht, dann will ich Sie mit den Aussagen des CDU-Abgeordneten Theo Magin konfrontieren, der gleichzeitig der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist. Theo Magin — ich empfehle das der Bundesregierung zur Lektüre — hat Anfang August mitgeteilt, daß sich 1983 die Investitionen der Gemeinden um 10 % verringert hätten. Er hat festgestellt, daß sich das 1984 fortsetzt: Auch 1984 gehen die Investitionen der Gemeinden — Bauinvestitionen im wesentlichen — um weitere 8 % in der ersten Hälfte des Jahres zurück.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Weil ihr sie vorher im Stich gelassen habt!)

    Magin, Ihr Kollege — reden Sie mit Ihrem Kollegen Magin —, begründet das unter anderem damit — bitte hören Sie zu, ich zitiere Herrn Magin —, daß immer mehr langfristig Arbeitslose Sozialhilfe beantragen müssen; das frißt die Finanzkraft der Gemeinden auf. Deswegen fordert Magin, daß die Bundesregierung ihre Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe rückgängig macht. Damit schließt sich der Städte- und Gemeindebund den Forderungen der SPD-Fraktion an. Ich bin neugierig, ob der Kollege Magin seine CDUFraktion zum Handeln bringen kann.

    (Beifall bei der SPD)