Rede von
Adolf
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie mein Kollege Müller habe ich zunächst die Pflicht — ich erfülle sie gerne —, mich bei meiner Fraktion dafür zu bedanken, daß ich hier eine abweichende Meinung vertreten kann. Wir Sozialdemokraten im Hause wie natürlich auch im Lande wollen alle, daß die Kraftwerke im Lande — heute stehen die Helmstedter in Rede — so rasch und so wirksam wie möglich mit Rauchgasentschwefelungsanlagen nachgerüstet werden. Dieses Ziel verfolgen wir Sozialdemokraten gemeinsam und geschlossen.
Über den Weg, meine Kolleginnen und Kollegen, der uns am besten, am sichersten und am schnellsten dorthin führt, sind mein Kollege und Freund Rudi Hauck und ich anderer Meinung als unsere Fraktion. Aus unserem Dienst- und Pflichtverständnis halten wir es mit den Beschäftigten der BKB, ihrem Betriebsrat, ihrer Gewerkschaft, dem DGB, für vernünftiger, das Kraftwerk Buschhaus sofort in Betrieb zu nehmen, es mit der normalen Braunkohle aus dem Resttagebau „Treue" zu betreiben. Wie die dortigen Beschäftigten und ihre gewählten Vertreter sind wir der Auffassung, daß für die Kraftwerke Buschhaus und Offleben II sofort moderne Rauchgasentschwefelungsanlagen in Auftrag gegeben werden sollen, damit sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt optimal entschwefeln können.
Die Lösungsvorschläge der Koalitionsfraktionen kommen diesen unseren Vorschlägen am nächsten. Darum werden wir ihnen auch zustimmen. Das hat erstens zur Folge, daß die Frist bis zur Fertigstellung der notwendigen Rauchgasentschwefelungsanlagen so kurz wie möglich ist.
— Tun Sie das dem Hause nicht an.
Wir gehen nach unserer Lebens- und Diensterfahrung davon aus, daß sich nach der Verabredung Bund, Land, Unternehmen und damit natürlich auch die Belegschaft gegenseitig kontrollieren, damit Verzögerungen ausgeschlossen sind.
Zweitens. Es tritt sofort eine Reduzierung der Schadstoffmengen ein, die dort ohne jeden Zweifel beängstigend hoch sind. Den BKB die Betriebsgenehmigung für Buschhaus — und um die geht es im Grunde — zu verweigern, heißt nicht nur, ein hohes Maß Rechts- und damit Finanzrisiko einzugehen, sondern bedeutet in diesem Falle auch, daß die jetzigen Schadstoffmengen, die, wie gesagt, beängstigend hoch liegen, nun fest- und für mittlere Fristen fortgeschrieben werden.
Wer im Raume Helmstedt und natürlich weit darüber hinaus die Umwelt wirklich verbessern will, muß jedenfalls nach unserer Lebenserfahrung und nach unserer Ein- und Übersicht das neue Kraftwerk mit dem wesentlich besseren Umwandlungsfaktor in Betrieb nehmen, damit das älteste Kraftwerk möglichst rasch stillgelegt werden kann.
Drittens. Die Arbeitsplätze der dortigen Arbeitnehmer werden ab sofort mittel- und langfristig gesichert.
Die dortigen Kolleginnen und Kollegen behalten Arbeit, die sinnvoll ist, die erfüllt und am Ende auch glücklich macht, obwohl sie sehr schwer ist.
An die Stelle der Sorgen in den Familien dort tritt die Sicherheit und die Gewißheit über eine solide Entwicklung in ihrer Zukunft. Trotz Grenznähe wird — so sehen wir die Zusammenhänge — eine gut funktionierende und voll beschäftigte BKB magnetisch auf das eine oder das andere handwerkliche oder mittelständische Unternehmen wirken, so daß es sich möglicherweise in der Nachbarschaft der BKB im grenznahen Gebiet ansiedeln wird.
Viertens. Letztlich beendet die von Rudi Hauck und mir für richtig gehaltene Entscheidung die Phase der Rechtsunsicherheit der Gesellschaft, die natürlich auch negativ auf Handel, Handwerk und Gewerbe ausstrahlt.