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ID1008003200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/80 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 80. Sitzung Bonn, Dienstag, den 31. Juli 1984 Inhalt: Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages Fritz Sänger . . 5807 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. Wex, der Abg. Frau Dr. Timm und des Abg. Rapp (Göppingen) . 5807 C Verzicht des Abg. Gobrecht, der Abg. Frau Dr. Czempiel und des Abg. Dr. Steger auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 5807 C Eintritt des Abg. Hansen (Hamburg), des Abg. Dr. Wieczorek und des Abg. Witek in den Deutschen Bundestag 5807 D Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 1984 (Inbetriebnahme des Kraftwerkes Buschhaus) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 5808 A Dr. Vogel SPD 5812 D Dr. Albrecht, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen 5816 D Frau Schoppe GRÜNE 5822 D Dr. Dregger CDU/CSU 5824 D Mischnick FDP 5826 C Schröder (Hannover) SPD 5829 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 5833 A Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 5836 D Dr. Müller CDU/CSU 5839 B Bastian fraktionslos 5841 A Fellner CDU/CSU 5842 B Dr. Apel SPD 5844 A Baum FDP 5845 D Schäfer (Offenburg) SPD 5846 D Schmidt (Wattenscheid) SPD 5849 A Vetter, Senator des Landes Berlin . . 5850 A Stratmann GRÜNE 5850 C Vizepräsident Stücklen 5836 D Namentliche Abstimmung 5851 C Nächste Sitzung 5853 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 5854* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5854* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 31. Juli 1984 5807 80. Sitzung Bonn, den 31. Juli 1984 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt für Bahr 31. 7. Frau Dr. Bard 31. 7. Böhm (Melsungen) 31. 7. Bredehorn 31. 7. Buckpesch 31. 7. Dr. Corterier 31. 7. Curdt 31. 7. Daubertshäuser 31. 7. Dr. Diederich (Berlin) 31. 7. Eimer (Fürth) 31. 7. Dr. Feldmann 31. 7. Ganz (St. Wendel) 31. 7. Dr. Götz 31. 7. Frau Gottwald 31. 7. Frau Dr. Hamm-Brücher 31. 7. Handlos 31. 7. Huonker 31. 7. Dr. Hupka 31. 7. Junghans 31. 7. Kißlinger 31. 7. Linsmeier 31. 7. Dr. h. c. Lorenz 31. 7. Möllemann 31. 7. Polkehn 31. 7. Rappe (Hildesheim) 31. 7. Sander 31. 7. Sauter (Ichenhausen) 31. 7. Schmidt (München) 31. 7. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 31. 7. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 31. 7. Dr. Stark (Nürtingen) 31. 7. Frau Steinhauer 31. 7. Voigt (Sonthofen) 31. 7. Dr. Warrikoff 31. 7. Dr. Weng 31. 7. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Juni 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Erstes Gesetz zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes Erstes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes Gesetz über die Gewährung einer Vergütung für die Aufgabe der Milcherzeugung für den Markt Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Drittes Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (2. BZRÄndG) Viertes Gesetz zur Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes Gesetz über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1984 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1984) Gesetz zu dem Abkommen vom 22. Juli 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Gesetz zu dem Vertrag vom 27. April 1983 zur Änderung des Vertrags vom 31. Mai 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über zoll- und paßrechtliche Fragen, die sich an der deutsch-österreichischen Grenze bei Staustufen und Grenzbrücken ergeben Gesetz zu dem Abkommen vom 31. Januar 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Bau und die Unterhaltung einer Grenzbrücke über die Sauer zwischen den Gemeinden Langsur und Mertert Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. Juni 1984 folgende Entschließung über die Sicherung von Ansprüchen aus Sozialplänen im Konkurs gefaßt: Der Bundesrat hält das geltende Konkursrecht, das Ansprüchen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen im Konkurs des Arbeitgebers den letzten Rang noch hinter den staatlichen Steuerforderungen zuweist, für unbefriedigend und sozialpolitisch unvertretbar. Er bittet die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, umgehend durch besondere gesetzliche Vorschriften auf eine zeitgerechte, den Interessen der Arbeitnehmer besser als bisher gerecht werdende und ausgewogene Regelung hinzuwirken. Da eine Reform des Insolvenzrechts nicht alsbald zu verwirklichen ist, muß kurzfristig eine Zwischenlösung angestrebt werden, die eine Gesamtreform nicht präjudiziert. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 13. Juli 1984 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" Erstes Gesetz zur Änderung des Bundeswaldgesetzes Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen Gesetz über Zulassungsverfahren bei natürlichen Mineralwässern Elftes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes Gesetz zur Änderung des Titels III der Gewerbeordnung und anderer gewerberechtlicher Vorschriften Erstes Gesetz zur Änderung des Durchführungsgesetzes EG-Richtlinien Funkstörungen Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. Juli 1982 zur Gründung der Europäischen Fernmeldesatellitenorganisation „EUTELSAT"
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Sie haben noch Gelegenheit, selber etwas dazu zu sagen.
    Die Ziffer 2 kann nur in der Fassung des Antrags der beiden Regierungsfraktionen verwirklicht werden. Auf andere Weise geht es nicht.
    Nun komme ich zur Arbeitsplatzsituation.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sieht die SPD nicht so!)

    — Ich weiß. Ich weiß, daß die Regierung in der Sicht der GRÜNEN und der SPD von vornherein in einer Ecke steht,

    (Kühbacher [SPD]: Wo sie auch hingehört!)

    wo sie vermutlich sehr lange wird reden müssen, um Gehör zu finden.

    (Kühbacher [SPD]: Wenn man die Absichten vorher gehört hat!)

    — Ich sehe, Sie sind dieser Meinung. Dann darf ich Ihnen Herrn Adolf Schmidt zitieren, einen bekannten Vertreter der Großindustrie, wie Sie vorhin gesagt haben.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Er hat in einem Interview folgendes wörtlich gesagt:
    Frage: Herr Schmidt, wie wird denn Ihre Gewerkschaft reagieren, wenn das Kraftwerk Buschhaus trotz Ihrer Demarche nicht ans Netz geht, sondern erst einmal mit Filteranlagen ausgerüstet werden muß?
    Antwort Schmidt: Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Er kannte seine Parteigenossen!)

    Es geht ja nicht nur um die Beschäftigung. Wenn das Kraftwerk nicht in Betrieb geht, dann bleibt es bei der gegenwärtigen, unwahrscheinlich hohen Belastung der Region und der dort lebenden Menschen.

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Der hat es verstanden!)

    Auf dem Wege, um den wir ringen, wird sofort die Umwelt verbessert, und zwar spürbar um 20 000 Tonnen Schadstoffe im Jahr,

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Es sind schon 25 000 Tonnen!)

    wird sofort die Sicherheit für die Kollegen geschaffen und wird sofort Planungsgewißheit für das Unternehmen geschaffen. Ich
    — Adolf Schmidt —
    kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß rechtsstaatliche Verantwortung diesen Weg, wenn es nicht einen besseren geben sollte, nicht mitgeht.

    (Stratmann [GRÜNE]: Es gibt einen besseren Weg!)

    Aber für den Fall, daß dies alles dennoch eintritt — es kann ja manchmal dümmer kommen, als man glaubt —,
    — das habe nicht ich gesagt, Herr Kollege Stratmann, sondern das hat Herr Adolf Schmidt gesagt —

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    wird die IG Bergbau ihren Dienst an den Beschäftigten insofern erfüllen, als wir beharrlich und nachhaltig darauf drängen, daß keinem der Beschäftigten soziale Not entsteht. Dann müssen Löhne und Gehälter bezahlt werden, so, als seien die Arbeitnehmer produktiv tätig gewesen. Sie können j a nun bei Gott nicht die letzten sein, die die Hunde beißen. Sie können ja nicht die sein, aus deren Haut andere Leute Riemen schneiden.
    Das sagte ein Mitglied Ihrer Fraktion.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Das müssen Sie dem Vogel mal vorrechnen!)

    Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich noch ein paar Worte zu den energiepolitischen Problemen sagen, die mit dieser Frage verbunden sind. Es ist schon ausgeführt worden, daß der heutige Kompromiß ein energiewirtschaftliches Anliegen verwirklicht, das Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung 1976 mit sehr großer Mehrheit bewog, die Helmstedter Salzkohle in die deutsche Kohlepolitik mit einzubeziehen. Ich finde es falsch, wenn man diese Entscheidung von heute her kritisiert. Sie war damals berechtigt. Und ich sage in vollem Bewußtsein der energiepolitischen Konsequenzen: Sie ist auch heute berechtigt. Man kann



    Bundesminister Dr. Bangemann
    gerade Energiepolitik nicht mit kurzem Atem betreiben, und zwar aus mehreren Gründen:

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Vier Wochen!)

    einmal, weil, wie das Beispiel Buschhaus zeigt, die Investitionen über einen sehr langen Zeitraum laufen, bevor sie überhaupt wirksam werden, und ziemliche Größenordnungen erreichen; zweitens, weil die daran Beteiligten, Arbeitnehmer wie auch die Industrie, eine Sicherheit für diese Entscheidungen brauchen; und drittens, weil wir selber energiepolitische Sicherheit dringend nötig haben. Es ist zwar gelungen, unsere Energiepolitik so zu verbessern, daß wir uns dem anvisierten Idealzustand, ein Drittel Kohle, ein Drittel Nuklearenergie und ein Drittel 01, langsam nähern; wir können aber nicht, ohne daß wir den gesamten Jahrhundertvertrag für die Kohle gefährden, ausgerechnet an dem Beispiel, das wir durch eine Ausnahmeregelung über das Kohleverstromungsgesetz in die öffentliche Förderung aufgenommen haben, Unsicherheit in die Kohleindustrie und die darauf aufbauende Elektrizitätsindustrie tragen. Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich die Weiterungen, die ein Zurückweichen vor einer vernünftigen Lösung hier, die wir vorschlagen, auf den gesamten Bergbau und auf die gesamte Energieversorgung der Bundesrepublik hätte.

    (Stratmann [GRÜNE]: Welche denn?) Das kann auch nicht Ihr Interesse sein.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es gibt dann am Schluß eine Frage, die vielleicht über die aktuelle Auseinandersetzung hinausgeht und die uns sehr wohl auch noch in Zukunft beschäftigen wird. Wir haben hier geradezu ein Paradebeispiel, wie man sich mit Anliegen und Problemen des Umweltschutzes im Konflikt mit anderen politischen Zielen auseinandersetzen kann. Ich bin nicht der Meinung, daß sich Ökonomie und Ökologie widersprechen müssen; das teile ich mit Ihnen. Ich glaube, daß ein Kompromiß möglich ist. Aber dieser Kompromiß setzt voraus, daß man den Willen hat, realitätsbezogene Lösungen zu suchen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Jeder, der diese Auseinandersetzung betreibt, um einen vordergründigen öffentlichen Beifall zu bekommen, um vielleicht sogar Angstgefühle, Emotionen, die in solchen grundlegenden Fragen sicherlich bei jedem Bürger vorhanden sind, nicht zu überwinden, sondern zu benutzen, um seine politischen Ziele durchzusetzen, tut etwas, was ungewöhnlich gefährlich ist. Wir werden in dem Strukturwandel, der vor uns steht und gerade bei der Bekämpfung der Umweltverschmutzung viel Gemeinsamkeit nötig haben, weil wir viele Ängste bekämpfen müssen, die die Menschen bei uns haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber, Herr Kollege Vogel, diese Gemeinsamkeit
    entsteht nur dann, wenn wir die Kraft aufbringen,
    von Symbolen ein wenig abzugehen und zur Verwirklichung von Umweltschutz zu kommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe bei der SPD)

    Daß Buschhaus eine Art Symbol geworden ist, zeigt eigentlich das Dilemma auf, unter dem bisher die Diskussion gelitten hat. Symbole sind Ausdruck für Gefühle und Emotionen. Sie sind nicht Ausdruck von rationaler Problemlösung. Ich meine, wir tun unseren Bürgern, uns selbst und unserer Umwelt den größten Gefallen, wenn wir alle zusammen die Kraft zu einer solchen rationalen Bewältigung dieser Probleme aufbringen. Deswegen gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Das ist doch Geschwätz!)

    — Das ist kein Geschwätz! Wenn Sie das als Geschwätz bezeichnen, verehrte Frau Kollegin, dann sehe ich, daß ich mich auch in Zukunft, was ich ja befürchtet habe, mit diesem Problem mit Ihnen noch länger auseinandersetzen muß.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Aber nur zwei Jahre!)

    Aber das macht nichts. Dieser Vorschlag, der vor Ihnen liegt und der übrigens — das darf ich ja sagen — einige Anregungen aufgegriffen hat, die im Innenausschuß debattiert worden sind, zum Beispiel das Additivverfahren — —

    (Stratmann [GRÜNE]: Warum haben Sie nicht alle aufgegriffen?)

    — Weil wir die aufgegriffen haben, verehrter Kollege, die uns — und dieses Urteil müssen Sie uns nun zugestehen — vernünftig erschienen und die einen unmittelbaren Erfolg für die Umwelt in diesem Raum und darüber hinaus versprechen. Wir haben das Additivverfahren aufgenommen. Wir haben Buschhaus wegen des besseren Ausnutzungsgrades gegenüber Offleben I und II bevorzugt. Nur in unserem Vorschlag wird Offleben I überhaupt stillgelegt. Nur mit unserem Vorschlag geht eine totale Stillegung von Offleben I einher. Und weil das alles so ist, ist das ein rationaler Beitrag zur Bewältigung des Problems. Wenn Sie das Problem mit uns bewältigen, sind Sie herzlich eingeladen. Können Sie es nicht, dann dürfen Sie uns nicht übelnehmen, daß wir diese Probleme so ernst nehmen, daß wir auch Lösungen dafür vorschlagen.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Aus dem mir vorliegenden Stenographischen Bericht entnehme ich, daß der Herr Abgeordnete Schröder (Hannover) Mitglieder des Hauses als „pöbelnde Leute" bezeichnet hat. Ich erteile Ihnen eine Ordnungsruf.

(Unruhe bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ehmke (Ettlingen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GRÜNE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bangemann, ich glaube, Sie haben



    Dr. Ehmke (Ettlingen)

    soeben ein Beispiel für die Kunst der Wortverdrehung geliefert, als Sie sich hier über die Bundestagsentschließung vom 28. Juni ausgelassen haben. In Ziffer 1 dieser Bundestagsentschließung heißt es: Das Kraftwerk Buschhaus darf erst „nach Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage mit dem bestmöglichen Wirkungsgrad" in Betrieb genommen werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, es gehört schon ein großes Stück Zynismus und Volksverdummung dazu, wenn man hier jetzt sagt: Wir ersetzen die Rauchgasentschwefelungsanlage einfach durch eine andere Kohleart, die übrigens auch noch sehr viel mehr Schwefel als normale Braunkohle hat, und damit ist der Kittel geflickt. Das ist der erste Punkt, den ich Ihnen vorwerfen muß.
    Sie sagen — das als zweiter Punkt —, es gehe nicht anders, man könne die Schwefeldioxidemission im Raum Helmstedt nicht anders reduzieren als mit dem Konzept, das von der Regierung vorgelegt worden ist. Ich frage mich: Wo ist die deutliche Reduzierung im Regierungskonzept? Die Reduzierung um 25 000 t, diese klägliche Zahl von nicht einmal 18 % Verringerung der Schwefeldioxidemission, kann man doch nicht als massive Reduzierung bezeichnen.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Genau!)

    Wir haben im Innenausschuß gezeigt, daß es andere Lösungsmöglichkeiten gibt. Sie haben zwar gesagt, daß Sie einige Anregungen aufgegriffen haben, aber wir hätten uns wirklich gewünscht, daß man sämtliche Anregungen unserer Seite aufgegriffen hätte.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Natürlich!)

    Dann wäre man zu einer deutlichen Reduzierung der Schwefeldioxidemission im Raum Helmstedt gekommen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wem haben wir eigentlich diese Sondersitzungen in der Sommerpause zu verdanken?

    (Feilcke [CDU/CSU]: Der SPD!)

    Ich frage das ganz bewußt deshalb, weil das vorhin dem Kollegen Vogel vorgeworfen wurde. Ich meine, daß wir das ganz allein der Untätigkeit der Bundesregierung verdanken, die keinen ernsthaften Versuch unternahm, den Betreiber von Buschhaus zur Zurücknahme des Antrags auf Betriebsgenehmigung zu bewegen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Überdies hat sie sich kaum um eine Prüfung des Bundestagsbeschlusses vom 28. Juni bemüht, sondern diesen Auftrag einfach delegiert, und zwar ausgerechnet an den Betreiber, an die BKB. Wen wundert's, daß die Prüfung ziemlich einseitig ausgefallen ist und nicht dem damaligen Willen des Bundestages entspricht? Auch dem Termindruck, der von Ministerpräsident Albrecht öffentlichkeitswirksam gesteigert wurde, hätte man von Anfang an entgehen können, wenn die Regierung als Großaktionär bei den BKB auf deren Vorstand massiv ein-
    gewirkt hätte, um die Zurücknahme des Genehmigungsantrags zu erreichen. Damit hätte man Zeit zur ordentlichen Prüfung und zur Entwicklung eines neutralen Konzepts zur Sicherung der Arbeitsplätze und zur Verminderung der Luftverschmutzung gewinnen können, um dann den Bundestag im September über die Ergebnisse beraten zu lassen.
    Es stellt sich in diesem Zusammenhang für uns die ernste Frage: Sind wir tatsächlich schon so weit gekommen, daß die Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeiten und Grenzen der Umweltpolitik bestimmen?

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Genau, ganz richtig!)

    Was sind dann die Beschlüsse von Parlamenten und Regierungen noch wert? Sind die Energieversorgungsunternehmen schon so stark, daß sie einen leibhaftigen Ministerpräsidenten dazu bewegen können, vor die Presse hinzutreten und zu erklären: Am 1. August — er hört leider nicht zu — werde ich dem Kraftwerk eine Betriebsgenehmigung erteilen, egal, wie sich der Bundestag oder das Bundeskabinett entscheidet? Ist das nicht ein Skandal ersten Ranges?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Oder haben Sie etwa die Genehmigung schon heimlich erteilt, Herr Ministerpräsident Albrecht, wie die Gerüchte in Hannover und auch hier in Bonn inzwischen besagen?
    Doch die Öffentlichkeit ist aufmerksam geworden, sie läßt sich nicht mehr so leicht verkohlen. Ich bin sicher, daß Sie den politischen Preis für Ihr Verhalten bald werden bezahlen müssen, Herr Albrecht: bei der anstehenden Landtagswahl. Aber auch die Koalitionsparteien hier im Bundestag, die sich wieder einmal als Koalition der Schönredner und Umfaller entpuppen, werden ihren politischen Preis bezahlen müssen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    In diesem Zusammenhang ist die Pressemitteilung des Kollegen Dregger erwähnenswert, die am
    27. Juli erschienen ist und in der er äußert:
    Die Belastung der natürlichen Umwelt hat bei uns mittlerweile ein solches Ausmaß angenommen, daß man von einem nationalen Notstand sprechen muß.
    Das ist zwar eine richtige Bewertung, aber Sie verstecken sich hier hinter Kosten und Genehmigungsbescheiden, statt die richtigen Konsequenzen aus solchen Äußerungen zu ziehen.
    Noch ein Wort zum Buschhaus-Beschluß vom
    28. Juni: Dieser einmütige Beschluß aller Fraktionen ist in den letzten Tagen zu Unrecht viel geschmäht worden. So wird etwa von Minister Bangemann und anderen Regierungsmitgliedern behauptet, der Bundestagsbeschluß sei ein Widerspruch in sich, weil man im Fall Buschhaus nicht gleichzeitig für sichere Arbeitsplätze und für saubere Luft eintreten könne. Dieses Argument ist schlicht falsch. Denn abgesehen davon, daß Sie bis heute kein genaues kurz- und mittelfristiges Beschäftigungskon-



    Dr. Ehmke (Ettlingen)

    zept für die BKB vorlegen konnten, haben wir mit unserem grünen Buschhaus-Plan (Weiterbetreibung von Offleben I und II mit Trocken-Additivverfahren bis zur Fertigstellung der Rauchgasentschwefelungsanlagen) im Innenausschuß zeigen können, daß durchaus Lösungen denkbar sind, die Arbeitsplatzerhaltung und Umweltentlastung miteinander kombinieren. Man muß sich eben selbst um solche Alternativen bemühen, Herr Bangemann, statt allein auf den Betreiber zu setzen, der natürlich seinen wirtschaftlichen Vorteil im Auge hat.
    Außerdem hat Herr Albrecht — schöne Grüße aus Helmstedt — die aberwitzige Behauptung aufgestellt, durch den Bundestagsbeschluß würde die Luftbelastung gegenüber früher sogar noch erhöht werden. Damit versuchen Sie der Bevölkerung Sand oder besser Salzkohle in die Augen zu streuen. Sie wollen den Eindruck erwecken, als ob nach dem Bundestagsbeschluß bis zur Fertigstellung der Rauchgasentschwefelungsanlagen rein gar nichts an Luftverbesserungsmaßnahmen bei BKB passieren solle. Das Gegenteil ist der Fall. Unter Punkt 2 des Beschlusses vom 28. Juni dieses Jahres wird eine deutliche Reduzierung der Schwefeldioxid-Gesamtemission „bereits vor 1988" gefordert. Haben Sie das schon vergessen, oder haben Sie es überhaupt richtig durchgelesen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wird ja jetzt geschehen!)

    Im übrigen zeigt unser grüner Buschhaus-Plan, der voll auf der Linie des Bundestagsbeschlusses liegt, daß schon ab Mitte 1985 eine stärkere Absenkung des Schwefeldioxidausstoßes möglich wäre, als Ihr fauler Kompromiß von gestern vorsieht.
    Herr Mischnick — ich weiß nicht, wo er jetzt gerade steckt —: Das war keine grüne Diagrammschau, sondern das hat Hand und Fuß, was wir da vorgetragen haben. Wir demonstrieren nicht nur vor den Kraftwerkszäunen, sondern wir gehen auch hinter die Kraftwerkszäune, um uns dort zu informieren, und auf dieser Basis ist der Vorschlag entstanden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses setzt eben guten Willen und tätige Bereitschaft voraus, die ich allerdings bei der Regierung bisher vermisse. Sie haben sich nicht mit dem Beschluß identifiziert, sondern den lästigen Auftrag an den Betreiber delegiert, der ja in dieser Sache Partei ist; also eine krasse Fehlentscheidung. Sie haben die Zeit nicht genutzt, obwohl das Bundesinnenministerium — wie wir im Innenausschuß hören konnten —, mindestens seit 1977 mit Buschhaus befaßt ist. Zum Schluß sind Sie dann sogar noch von Herrn Albrecht unter Zeitdruck gesetzt worden. Heute müssen Sie sich fragen lassen: Warum haben Sie die ganze Zeit kein eigenes Konzept entwickelt? Warum haben Sie keine Alternativen zu dem einäugigen BKB-Plan geprüft? Wozu haben wird denn diesen Behördenapparat in den Ministerien?
    Auch die Kabinettsvorlage vom 25. Juli dieses Jahres spottet wegen Länge und Inhalt jeder Beschreibung.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Herr Dr. Ehmke, lesen Sie bitte etwas langsamer!)

    Ich meine sonst auch: In der Kürze liegt die Würze. — Aber drei Seiten Text, wovon eine Seite nur den Beschluß des Bundestages wiedergibt, sind doch wohl eine etwas magere Grundlage für einen Kabinettsbeschluß. Die zentrale Forderung des Bundestages nach einem Arbeitsplatzkonzept wird dort mit dem lapidaren Satz abgetan: Es werden keine Arbeitskräfte entlassen. —
    Dies alles zeigt: Sie nehmen das Problem nicht ernst, Sie bauen auf die Dummheit der Bürger und auf die Angst um Arbeitsplätze. Man muß sich das einmal vorstellen: Diese schlampige Dreiseitenvorlage ist uns als ,,Buschhaus-Konzept" für die Sitzung des Innenausschusses angekündigt worden. Da fragt man sich natürlich, ob alle Kabinettsvorlagen so kurz und unpräzise sind,

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Sehr gute Frage!)

    und versteht dann die Qualität mancher Entscheidungen dieser Regierung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Darüber hinaus sind zahlreiche sachliche Mängel festzustellen, sowohl in der alten Kabinettsvorlage als auch in der gestrigen Koalitionsvereinbarung. Der Koalitionsantrag entspricht nicht dem damaligen Bundestagsbeschluß — das möchte ich noch einmal ausdrücklich festhalten —, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens wird Buschhaus ohne Entschwefelung ans Netz genommen; zweitens wird der SO2-Ausstoß mit einer Minderung um 25 000 t pro Jahr nur unwesentlich reduziert; drittens wird kein Konzept für die Sicherung der Arbeitsplätze vorgestellt.
    Außerdem sind Sie immer noch nicht in der Lage, eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten, die wir Ihnen schon im Innenausschuß gestellt haben. Allein schon das von Ihnen immer wieder in den Vordergrund geschobene Arbeitsplatzargument entpuppt sich als riesiges Täuschungsmanöver, da Sie zwar einerseits erklären: Wenn Buschhaus nicht ans Netz geht, stehen 430 Arbeiter auf der Straße, andererseits aber der arbeitsintensive Salzkohleabbau erst 1987 anlaufen soll und nur wenige Arbeitsplätze im Kraftwerk selber vorhanden sind. Außerdem stehen diese 430 Arbeitsplätze im eklatanten Mißverhältnis zu den möglichen Verlusten vieler Tausend Arbeitsplätze, die durch die staatlich gebilligte Umweltzerstörung entstehen. Mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen kann man doch nicht jede Umweltzerstörung entschuldigen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das tut ja niemand!)

    Nach unserem Konzept würde Offleben I bis zur
    Fertigstellung der Rauchgasentschwefelungsanlage
    von Buschhaus weiter betrieben, so daß wir etwa



    Dr. Ehmke (Ettlingen)

    gleich viele Arbeitsplätze wie nach der Kabinettsvorlage sichern könnten.

    (Boroffka [CDU/CSU]: Und wieder SO2 hätte! Das wissen Sie auch!)

    Wenn man den Bundestagsbeschluß vom 28. Juni nach Geist und Buchstaben umsetzen will — und das müssen wir tun, um uns vor der Öffentlichkeit nicht zu blamieren —, bleibt angesichts der von der Regierung verplemperten Zeit nur noch eines: die BKB zum Zurückziehen ihres Antrages auf Betriebsgenehmigung zu bewegen, und zwar so schnell wie möglich, am besten noch heute oder morgen. Bis zum September sollte die Zeit genutzt werden, Alternativen zu prüfen und ein echtes Konzept für die Helmstedter Braunkohle zu entwickeln, welches die Regierung bisher vermissen ließ. Wenn aber der Bundestag seinen einmütigen Beschluß jetzt zurückzieht, blamiert er sich doch vor der Öffentlichkeit bis auf die Knochen.

    (Frau Schoppe [GRÜNE]: Das tut er sowieso!)

    Wie wollen Sie Ihre Haltung der Öffentlichkeit vermitteln, zumal berechtigte Zweifel an der energiepolitischen Notwendigkeit von Buschhaus immer lauter werden? Wir jedenfalls haben keine Probleme, unsere konsequente Haltung zu Umweltschutz und Arbeitsplätzen deutlich zu machen.