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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/74 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 74. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Inhalt: Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Ernst Schellenberg 5319 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 5425 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Steger, Roth, Catenhusen, Fischer (Homburg), Grunenberg, Nagel, Stahl (Kempen), Stockleben, Vahlberg, Vosen und der Fraktion der SPD Unterstützung des französischen EG-Memorandums „Eine neue Stufe Europas: ein gemeinsamer Raum für Industrie und Forschung" durch die Bundesregierung — Drucksache 10/1305 — in Verbindung mit Beratung des Ersten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der Personenkontrolle im innergemeinschaftlichen Grenzverkehr und zur Einführung des Europa-Passes — Drucksache 10/1126 — in Verbindung mit Beratung des Zweiten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1221 — in Verbindung mit Beratung des Dritten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der parlamentarischen Behandlung des Entwurfs eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1261 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1423 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag eines Beschlusses des Rates über die Entsprechung der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft — Drucksachen 10/546 Nr. 23, 10/1422 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Notwendigkeit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1357 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Dr. Dregger CDU/CSU 5350 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5353 C Dr. Rumpf FDP 5355 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 5359 C Dr. Mertes, Staatsminister AA 5361 D Dr. Steger SPD 5365 C Dr. Stercken CDU/CSU 5367 A Antretter SPD 5368 D Dr. Schwörer CDU/CSU 5371 B Brück SPD 5373 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes — Drucksache 10/1255 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 10/1546 — Dr. Olderog CDU/CSU 5376 A Wartenberg (Berlin) SPD 5377 B Dr. Hirsch FDP 5379A Schneider (Berlin) GRÜNE 5380 C Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 5382 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes — Drucksache 10/319 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1447 — Klein (Dieburg) SPD 5383 C Beckmann FDP 5384 D Frau Nickels GRÜNE 5386 A Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 5387 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1108 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Osthofen), Bachmaier, Dr. Emmerlich, Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Schmidt (München), Schröder (Hannover) Dr. Schwenk (Stade), Stiegler, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/213 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Frankfurt), Dr. Jannsen, Frau Reetz, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1184 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — Bohl CDU/CSU 5388 A Fischer (Osthofen) SPD 5390 A Kleinert (Hannover) FDP 5392 B Dr. Jannsen GRÜNE 5394 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 5396 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Pinger, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Lamers, Austermann, Repnik, Schreiber, Feilcke, Hedrich, Höffkes, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pohlmeier, Dr. Kunz (Weiden), Ruf, Biehle, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), Dr. Hoffacker, Dr. Lammert, Schulze (Berlin), Link (Frankfurt), Dr. Stavenhagen, Schemken, Dr. Götz, Dr. Rose, Sauter (Ichenhausen), Clemens, Schwarz, Graf Huyn, Jagoda, Pfeffermann, Lenzer, Seehofer, Spilker, Frau Dr. Hellwig, Dr. Möller, Maaß, Dr. Lippold, Dr. Stercken, Roth (Gießen), Dr. Becker (Frankfurt), Magin, Tillmann, Sauer (Stuttgart), Haungs, Dr. Bugl, Dr.-Ing. Kansy, Jung (Lörrach), Dr. Faltlhauser, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Dr. Feldmann, Bredehorn, Frau Seiler-Albring, Schäfer (Mainz), Ronneburger, Dr. Haussmann, Grünbeck, Beckmann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt — Drucksache 10/1214 — Schreiber CDU/CSU 5398 D Bindig SPD 5400 B Dr. Rumpf FDP 5402 A Schwenninger GRÜNE 5403 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 5405A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Lage in Afghanistan — Drucksachen 10/1277, 10/1499 — Dr. Todenhöfer CDU/CSU 5406 D Neumann (Bramsche) SPD 5409 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 5411 A Reents GRÜNE 5412 B Dr. Mertes, Staatsminister AA 5415A Beratung des Antrags der Abgeordneten Reschke, Daubertshäuser, Dreßler, Dr. Holtz, Frau Huber, Menzel, Dr. Mertens (Bottrop), Reuschenbach, Dr. Steger, Urbaniak, Kretkowski, Meininghaus, Toetemeyer, Schröer (Mülheim), von der Wiesche, Wieczorek (Duisburg), Westphal, Dr. Klejdzinski und der Fraktion der SPD S-Bahn-Verbindungen im mittleren Ruhrgebiet — Drucksache 10/1352 — Reschke SPD 5418 D Milz CDU/CSU 5420 B Kohn FDP 5421 D Drabiniok GRÜNE 5423 B Fragestunde — Drucksachen 10/1538 vom 1. Juni 1984 und 10/1553 vom 6. Juni 1984 — Aufenthaltsort und Befinden Andrej Sacharows und seiner Ehefrau sowie Bemühungen der Bundesregierung, Leben und Gesundheit beider zu retten und für sie die Ausreiseerlaubnis zu erwirken DringlAnfr 06.06.84 Drs 10/1553 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5319 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 5320 A ZusFr Würtz SPD 5320 B ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 5320 B ZusFr Repnik CDU/CSU 5320 C ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5320 D ZusFr Dolata CDU/CSU 5321A ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5321A ZusFr Horacek GRÜNE 5321 B ZusFr Schulze (Berlin) CDU/CSU . . . 5321 B Kriegsdienstverweigerung nach Ablehnung von Tauglichkeitseinsprüchen MdlAnfr 34 01.06.84 Drs 10/1538 von Schmude CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5321 C ZusFr von Schmude CDU/CSU 5321 C ZusFr Waltemathe SPD 5322 A Transport der Drucksachen des Stuttgarter CDU-Parteitages in bundeseigenen Fahrzeugen, insbesondere in Flugzeugen MdlAnfr 37, 38 01.06.84 Drs 10/1538 Dreßler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 B ZusFr Dreßler SPD 5322 B Bereitstellung von Ausbildungsplätzen beim Bundesministerium der Verteidigung; Gefährdung dieser Ausbildungsplätze durch Sparmaßnahmen MdlAnfr 39, 40 01.06.84 Drs 10/1538 Hedrich CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 D ZusFr Hedrich CDU/CSU 5323A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5323 B Zahl der stationierten sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 MdlAnfr 45 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5323 D ZusFr Reents GRÜNE 5323 D Geheimhaltung weiterer Stationierungen von Pershing-Il-Raketen und Cruise Missiles in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 46 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5324 B ZusFr Reents GRÜNE 5324 B Weiterbau der A4 vom Autobahnkreuz Olpe-Süd nach Hattenbach MdlAnfr 49, 50 01.06.84 Drs 10/1538 Breuer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 5324 D ZusFr Breuer CDU/CSU 5325 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5325 B Reaktion der Bundesregierung auf die restriktive Haltung Südafrikas bei Einreisevisen für deutsche Bundesbürger MdlAnfr 52, 53 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw BMin Genscher AA 5326A ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5326 A ZusFr Bindig SPD 5326 B IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Aufnahme von Gesprächen über die Gestaltung langfristiger Ost-West-Beziehungen MdlAnfr 56, 57 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Czaja CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5327 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5327 B Unterzeichnung, Entgegennahme und Verbreitung einer Petition der „Schlesischen Jugend" durch Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Staatsminister Friedrich Vogel MdlAnfr 58, 59 01.06.84 Drs 10/1538 Voigt (Frankfurt) SPD Vereinbarkeit von Formulierungen in der vom Bundeskanzleramt verbreiteten Petition der „Schlesischen Jugend" mit Buchstaben und Geist des Warschauer Vertrages MdlAnfr 60, 61 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Ehmke (Bonn) SPD Weiterführung der Politik des Ausgleichs und der Fortentwicklung der Beziehungen zur Volksrepublik Polen entsprechend dem deutsch-polnischen Vertrag vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 62 01.06.84 Drs 10/1538 Becker (Nienberge) SPD Bekräftigung des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 63 01.06.84 Drs 10/1538 Schmitt (Wiesbaden) SPD Gültigkeit der Bestimmungen des Artikels I des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 64 01.06.84 Drs 10/1538 Sielaff SPD Uneingeschränkte Gültigkeit des Artikels I Abs. 2 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 65 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Weyel SPD Heraushebung des Art. I Abs. 3 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 in der deutschen Politik MdlAnfr 66 01.06.84 Drs 10/1538 Waltemathe SPD Antw BMin Genscher AA 5328 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5329 C ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5331A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5331A ZusFr Lowack CDU/CSU 5331 B ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . 5331 D ZusFr Waltemathe SPD 5332 C ZusFr Frau Huber SPD 5333 C ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5333C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 5334 B ZusFr Frau Weyel SPD 5334 C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5334 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . 5335A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 5335C ZusFr Sielaff SPD 5335 D ZusFr Horacek GRÜNE 5336 C ZusFr Becker (Nienberge) SPD 5336 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . . 5337 A Zur Geschäftsordnung Becker (Nienberge) SPD 5337 B Aktuelle Stunde betr. deutsch-polnische Beziehungen Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5337 D Rühe CDU/CSU 5338 C Horacek GRÜNE 5340 A Ronneburger FDP 5340 D Frau Huber SPD 5341 C Dr. Czaja CDU/CSU 5343 A Genscher, Bundesminister AA 5344 B Schmitt (Wiesbaden) SPD 5345 C Freiherr Heeremann von Zuydtwyck CDU/ CSU 5346 C Frau Weyel SPD 5347 B Mischnick FDP 5348 A Klein (München) CDU/CSU 5348 C Voigt (Frankfurt) SPD 5349 C Nächste Sitzung 5425 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5426*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 5319 74. Sitzung Bonn, den 7. Juni 1984 Beginn: 13.00 Uhr
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    Berichtigung Auf Seite 5360 C ist in der Rede des Abgeordneten Vogt (Kaiserslautern) nach der 11. Zeile hinter dem Wort werden —, einzufügen: „zu einer Abrüstungsagentur ausgebaut wird. Das sind konkrete". Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 6. Frau Dr. Bard 8. 6. Brandt 8. 6. Broll 8. 6. Collet 8. 6. Dr. Glotz 8. 6. Dr. Haack 8. 6. Dr. Hauff 7. 6. Kalisch 8. 6. Keller 8. 6. Frau Kelly 8. 6. Klose 7. 6. Frau Krone-Appuhn 8. 6. Dr. Kunz (Weiden) 8. 6. Lemmrich* 8. 6. Marschewski 8. 6. Dr. Müller* 8. 6. Müntefering 7. 6. Polkehn 8. 6. Porzner 8. 6. Poß 7. 6. Schmidt (Hamburg) 8. 6. Schmidt (Wattenscheid) 7. 6. Dr. Schöfberger 8. 6. Schröer (Mülheim) 7. 6. Graf Stauffenberg 8. 6. Vogt (Düren) 7. 6. Voigt (Sonthofen) 8. 6. Weiskirch (Olpe) 8. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Todenhöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Intensivstation der Universitätsklinik Tübingen kämpfen seit über zehn Wochen Tübinger Ärzte um das Leben des schwerverletzten afghanischen Freiheitskämpfers Abdul Qahir. Der Leidensweg des damals fröhlichen 18jährigen afghanischen Schülers begann vor zweieinhalb Jahren, als eine sowjetische Bombe seinen Körper zu über 50 % verbrannte und seine Glieder zerschlug.
    Da es in Afghanistan für Afghanen keine Medikamente gibt und da die Sowjetunion das Internationale Rote Kreuz nicht nach Afghanistan hineinläßt, brachten Freunde den schwerverletzten Jungen in eine Erdhöhle, um ihn vor den sowjetischen Besatzungstruppen zu schützen. Abdul Qahir verbrachte in dieser Erdhöhle sechs Monate ohne medizinische Versorgung. Nach sechs Monaten bauten



    Dr. Todenhöfer
    seine Freunde eine Bahre und trugen Abdul Qahir in einem mehrere Tage dauernden Marsch über die Berge des Hindukusch nach Pakistan.
    Dort wurde Abdul Quahir in einem primitiven Krankenhaus für Freiheitskämpfer untergebracht. Über seinen Körper baute man ein schweres Eisengestell, damit die Wolldecken seine offenen Wunden nicht berühren konnten. Dort lag er über zwei Jahre lang — nicht bereit zu sterben, aber auch nicht stark genug zu leben. Sein Körpergewicht betrug 27 kg. Die westlichen Besucher, die ihn sahen, haben alle von Hilfe gesprochen; geholfen hat ihm keiner.
    Am 18. März 1984 holte ihn die Deutsche Rettungsflugwacht in einem dramatischen Rettungsflug aus Pakistan heraus und brachte ihn nach Tübingen. Dort hatten sich deutsche Ärzte bereit erklärt, ihn kostenlos zu operieren und zu pflegen. In Pakistan hatte er noch eine Lebenserwartung von zwei bis drei Wochen. Für Deutschland gaben ihm die pakistanischen Ärzte im Falle erfolgreicher Operationen eine Überlebenschance von 20 %. Heute, nach zwei schweren, aber erfolgreichen Operationen geben ihm die Ärzte erstmals wieder eine Überlebenschance von über 50 %.
    Abdul Qahir, ein kleiner schwerverletzter afghanischer Junge, der in allem, was er gelebt, gelitten und gehofft hat, eine Symbolfigur für das kleine gequälte afghanische Volk ist, hat wieder eine Chance. Ich bin der festen Überzeugung, auch Afghanistan hätte wieder eine Chance, wenn die internationale Staatengemeinschaft nur einen Bruchteil des persönlichen Engagements aufbringen würde, das die Tübinger Ärzte und ihre Mitarbeiter gezeigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Niemand hat das Recht, seine Augen vor der afghanischen Tragödie zu verschließen. Seit Kriegsbeginn am 27. Dezember 1979 sind über eine Million Afghanen getötet worden. Über vier Millionen mußten nach Pakistan und Iran fliehen. Auch heute noch sterben jede Woche Hunderte von Frauen, Kindern und Greisen unter den Bombenangriffen der sowjetischen Armee. Auch heute noch fliehen wöchentlich tausende Menschen aus Afghanistan nach Pakistan.
    Wer verwundet ist, hat kaum eine Überlebenschance. Selbst schwerste Verwundungen müssen, da es keine Medikamente gibt, in der Regel ohne Narkose und ohne Desinfektionsmittel durchgeführt werden. Meist ist eine Behandlung überhaupt nicht möglich.
    Die Dörfer Afghanistans sind vernichtet, die Ernten zerstört, ein Teil der Brunnen ist vergiftet. Die sowjetische Armee rächt sich für ihre schweren militärischen Niederlagen durch die afghanischen Freiheitskämpfer systematisch an der wehrlosen Zivilbevölkerung durch die Bombardierung ihrer
    Dörfer. In Afghanistan haben die Sowjets das Völkerrecht außer Kraft gesetzt.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: In Amerika die Amis!)

    Ich sage all dies ohne antisowjetischen Schaum vor dem Mund.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ich bitte Sie! Ihre Betroffenheit war bei den Amerikanern nicht halb so groß! Das grenzt doch an Heuchelei, was Sie hier vortragen!)

    Ich glaube, daß der Einmarsch der sowjetischen Armee in Afghanistan eine der tragischsten Fehlentscheidungen der sowjetischen Führung seit Jahrzehnten war.

    (Dr. Holtz [SPD]: So wie die der USA in Grenada! — Zuruf des Abg. Fischer [GRÜNE])

    — Herr Fischer, sie hat zu dem sinnlosesten aller sinnlosen Kriege seit dem Zweiten Weltkrieg geführt.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: War Vietnam sinnvoller? Ist Mittelamerika sinnvoller? Das ist doch absurd, was Sie hier sagen! — Klein [München] [CDU/CSU]: Peinlich, was der Fischer dazwischenruft!)

    — Herr Fischer, sie hat auch Tausenden junger sowjetischer Soldaten — —

    (Erneuter Zuruf des Abg. Fischer [Frankfurt] [GRÜNE])

    — Ich muß sagen, es ist wirklich außerordentlich bemerkenswert, Herr Fischer, daß an dieser Stelle Ihr Protest beginnt.
    Ich sage, dieser Krieg hat auch Tausenden junger sowjetischer Soldaten das Leben gekostet. Man hatte sie mit dem Auftrag nach Afghanistan losgeschickt, in Afghanistan den amerikanischen und den chinesischen Imperialismus zu bekämpfen. Nach wenigen Wochen stellten sie fest, daß sie auf wehrlose Nomaden, auf Frauen und Kinder schießen mußten. Ich beklage auch diese jungen sowjetischen Soldaten, die in Afghanistan gefallen sind. Ich bin der festen Überzeugung, daß die Bevölkerung der Sowjetunion, wenn sie die Wahrheit über Afghanistan wüßte, den Krieg der sowjetischen Armee gegen die afghanische Bevölkerung uneingeschränkt mißbilligen würde. Ich sage dies bewußt als Ehrenerklärung für die Zivilbevölkerung der Sowjetunion. Aber das Faktum, Herr Fischer — und das bringt Sie durcheinander —, an dem niemand vorbeikommt, bleibt bestehen — —

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Mich bringt Ihre Einäugigkeit durcheinander! Die selektive Moralität, die Sie hier predigen, bringt mich durcheinander!)

    — Herr Fischer, es ist keine selektive Moralität, wenn man über das Unrecht, das in Afghanistan geschieht, hier mit objektiven Maßstäben und ohne, wie ich es gesagt habe, antisowjetischem Schaum vorm Mund berichtet und wenn man eine Ehrenerklärung für die sowjetische Bevölkerung abgibt.



    Dr. Todenhöfer
    Aber ich wundere mich wirklich, daß Sie an dieser Stelle protestieren, an einer Stelle, wo versucht wird, Gemeinsamkeit herzustellen.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Mich wundert das überhaupt nicht!)

    Das Faktum, an dem niemand vorbeikommt, bleibt bestehen: Während die sowjetische politische Führung weltweit Abrüstungsvorschläge macht, bombardiert sie afghanische Dörfer, während sie internationale Gewaltverzichtverträge vorschlägt, vergewaltigt sie ein kleines wehrloses Nachbarvolk, während sie über Friedensliebe spricht, führt sie einen gnadenlosen Krieg gegen Afghanistan.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Abrüstung, Gewaltverzicht, Friedensliebe und Entspannung aber sind und bleiben unteilbar. Das Verhalten der Sowjetunion in Afghanistan ist daher ein schwerer Schlag gegen die Hoffnung aller Menschen auf der ganzen Welt auf Frieden, auf Entspannung, auf Gewaltverzicht und auf Abrüstung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch deswegen muß dieser Krieg beendet werden.
    Der mörderische Krieg in Afghanistan ist ein vergessener Krieg, aber das gibt niemandem das Recht, diesen Krieg zu verschweigen. Wer zu Afghanistan schweigt, macht sich mitschuldig. Da kämpft ein kleines Volk von 16 Millionen Menschen geschlossen um seine Freiheit und gegen seine Vernichtung durch die Supermacht Sowjetunion, und die internationale Staatengemeinschaft schaut tatenlos und schweigend zu.

    (Dr. Holtz [SPD]: Was soll sie tun?)

    — Ich werde, Herr Holtz, darauf nachher sehr konkret zu sprechen kommen.
    Ein besonders trauriges Kapitel ist die Berichterstattung durch die Nachrichtensendungen der ARD und des ZDF. Meine Damen und Herren, die beiden größten deutschen Fernsehsender berichten zwar ausführlich über das Robbensterben in Kanada; so wichtig das sein mag, aber das tägliche Leiden und Sterben Hunderttausender Frauen und Kinder in Afghanistan ist für sie offenbar kein Thema, das eine kontinuierliche Berichterstattung wert wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Holtz [SPD]: Das stimmt! Das trifft auch bei vielen anderen Dingen zu!)

    — Das gilt leider auch für einige andere Dinge, aber wenn Sie die Dimension dieser afghanischen Tragödie sehen, dann ist es besonders bedrückend. Wer dieses Verschweigen der afghanischen Tragödie, Herr Holtz, durch die „Tagesschau" — ich nenne das jetzt einmal beim Namen, auch wenn die natürlich hier nicht mehr eingeschaltet sind — und durch „heute" mit der seinerzeit fast täglichen Berichterstattung über Vietnam, Herr Fischer, vergleicht, muß man doch tief betroffen sein. Man muß sich die Frage stellen, wie das deutsche Fernsehen über Afghanistan heute berichten würde, wenn nicht die
    Sowjetunion, sondern wenn die USA diesen mörderischen Krieg gegen Afghanistan führen würde.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) Diese Frage muß man sich leider stellen.


    (Reents [GRÜNE]: Dann würden Sie allerdings schweigen, das ist richtig!)

    Die einzige Chance, Herr Holtz, den Krieg der Sowjetunion gegen Afghanistan mit friedlichen Mitteln — dafür plädiere ich — zu beenden, besteht doch in der Mobilisierung der öffentlichen Weltmeinung. Das ist genau das, Herr Fischer, was ich bei Ihnen nicht verstanden habe. Gerade Sie müßten doch wissen, daß wir in einer solchen Frage nur durch die Mobilisierung der öffentlichen Meinung eine Chance haben. Daß Sie dagegen protestieren, spricht leider gegen Sie.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist Ihre Einäugigkeit, Herr Todenhöfer!)

    Es geht nur durch die Mobilisierung der öffentlichen Meinung. Nur dann haben wir eine Chance, diesen sinnlosen Krieg zu beenden.
    Fernsehnachrichten, die zu den täglichen Morden in Afghanistan schweigen, genügen nicht den moralischen Ansprüchen, die die deutsche Öffentlichkeit zu Recht an die deutschen Fernsehanstalten stellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das gilt auch für die Regierung, die nicht anwesend ist! Wo ist der Herr Minister?)

    — Der Herr Minister sitzt vor mir.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Das war ein Schuß ins Ofenrohr!)

    Die Sowjetunion führt in Afghanistan einen gezielten Krieg gegen Kinder. Sie wirft aus großer Höhe bunte Spielzeugbomben und Schmetterlingsbomben ab, die die Wirkung von Kontaktminen haben. Ich habe Ihnen zwei dieser Schmetterlingsbomben mitgebracht. Diese Schmetterlingsbomben werden von den Sowjets in großer Höhe abgeworfen, sie drehen sich in der Luft wie Schmetterlinge und fallen lautlos zu Boden. Sie explodieren beim Aufschlag nicht. Sie explodieren erst, wenn Kinder sie aufheben, um mit ihnen zu spielen. Sie zerfetzen ihnen das Gesicht. Sie reißen ihnen Hände oder Beine ab, wie diesem kleinen afghanischen Jungen, dem eine Schmetterlingsbombe das halbe rechte Bein abgerissen hat. Ich will Ihnen das Bild dieses afghanischen Jungen nicht vorenthalten.

    (Dr. Holtz [SPD]: Teuflisch!)

    Diese Spielzeugbomben und Schmetterlingsbomben haben Zehntausende von Kindern getötet. Zehntausende haben sie zu Krüppeln gemacht. Dieser Krieg gegen Kinder ist eines der grausamsten Kriegsverbrechen, das Menschen jemals erfunden haben.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Ich finde, wir haben nicht länger das Recht zu schweigen. Wir haben nicht länger das Recht, tatenlos zuzusehen.



    Dr. Todenhöfer
    Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, den Freiheitskämpfern und der Bevölkerung in Afghanistan endlich wenigstens medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Das ist weiß Gott eine bescheidene Forderung. Die Sowjetunion aber fordern wir auf, endlich den Krieg in Afghanistan zu beenden, endlich ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen und endlich dem tapferen, kleinen afghanischen Volk seine Freiheit, sein Selbstbestimmungsrecht und seinen Frieden wiederzugeben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Neumann (Bramsche).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Neumann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schäme mich eigentlich ein bißchen, daß wir diesen Tagesordnungspunkt erst heute abend behandeln.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Er hätte mehr Aufmerksamkeit und auch eine Diskussion zu einer Zeit verdient, zu der die Medien noch anwesend waren.
    Nahezu alles von dem, was Herr Todenhöfer gesagt hat, ist wahr. Nahezu alles von dem, was er Ihnen berichtet, gezeigt hat, habe ich auch mit eigenen Augen gesehen. Da der eine oder andere möglicherweise skeptisch ist und meint, daß die Aktionen, die Herr Todenhöfer manchmal unternimmt, weniger der Sache als vielmehr seiner eigenen Person dienen, muß ich .Ihnen sagen: In der Sache selbst hat er recht.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Es ist in der Tat so, daß Kinder durch Schmetterlingsbomben verletzt werden, daß Freiheitskämpfer auf dem Weg nach Pakistan sterben. Es ist in der Tat so, daß Hilfe fast gar nicht möglich ist. Ich möchte dies gleich am Anfang sagen, damit hier nicht etwa bei der Person des Vorredners ein falscher Eindruck entsteht. In der Sache selbst hat er durchaus recht.
    Die Sowjetunion spekuliert doch darauf, daß wir diesen Krieg zu einem vergessenen Krieg machen. Ich werde das Gefühl nicht los, mit unserem eigenen Handeln hier heute helfen wir ihr. Wir helfen mit, daß dies ein vergessener Krieg wird.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Sie haben leider recht, Herr Kollege!)

    Die Spekulation kann aufgehen, wenn wir so fortfahren. Die lange Liste der Resolutionen — der Vereinten Nationen, der Menschenrechtskommission, die Erklärung der Zehn, der IPU und wer weiß noch alles; wir können sie beliebig verlängern —, die in dem Antrag aufgeführt sind, hat bisher nichts bewirkt. Die politischen Aktivitäten der Vereinten Nationen sind steckengeblieben. Etwas bewirken kann nur öffentlicher Druck, öffentlicher Druck der westlichen Welt und vor allen Dingen der Dritten Welt.
    Dies setzt voraus, daß wir unsere Haltung sehr deutlich auch der Dritten Welt bewußt machen.
    Was am 27. Dezember 1979, dem Tag des Überfalls auf Afghanistan galt, gilt auch heute noch und ist, denke ich, unser aller Meinung:
    Das ist erstens, daß die Intervention völkerrechtswidrig ist. Sie ist ein brutaler Überfall auf ein kleines neutrales Land.
    Zweitens. Die sowjetischen Maßnahmen haben das internationale Klima nachhaltig verschlechtert.
    Drittens. Der von uns unterstützten Idee der Blockfreiheit wurde ein schwerer Schlag versetzt.
    Viertens. Die Region wurde destabilisiert.
    Fünftens. Den Enscheidungen der Vollversammlung der Vereinten Nationen — das darf man nicht vergessen — wurde der Respekt verweigert.
    Ich füge noch hinzu, was ich auch 1982 hier sagen durfte: Der Überfall von Afghanistan war meiner Einschätzung nach der schlimmste Schlag der Machthaber im Kreml gegen die Entspannungspolitik und den Friedenswillen der damaligen und auch unserer Zeit.

    (Beifall des Abg. Dr. Holtz [SPD])

    Auch heute noch stehen über 120 000 sowjetische Soldaten in Afghanistan einer kleinen Schar von Widerstandskämpfern und fast der gesamten Bevölkerung gegenüber. Die Widerstandskämpfer wehren sich mit militärischen Mitteln und die Bevölkerung mit den Mitteln, derer sie habhaft wird. Es ist bedrückend zu wissen, daß noch nach viereinhalb Jahren jeden Tag Tote zu beklagen sind, und ich sage ausdrücklich, wie Herr Todenhöfer, auch Tote auf sowjetischer Seite; afghanische Freiheitskämpfer, die um die Freiheit ihres Landes und um Selbstbestimmung kämpfen, und sowjetische Soldaten, die teilweise nicht wissen, aus welchem Grund die Weltmacht Sowjetunion das kleine Afghanistan überfallen hat.
    Wir erinnern — und das nicht nur fürs Protokoll des Bundestages — auch ausdrücklich daran, daß wir sehr wohl wissen, daß Afghanistan offensichtlich von der Sowjetunion auch als Erprobungsplatz für neue Waffensysteme genutzt wird; ein Vorgang, der offensichtlich in dieser Welt langsam Schule macht, wenn man sich den Krieg Irak/Iran ansieht, und die Falklandinseln waren wohl auch kein anderer Fall.
    In den letzten Monaten haben wir von den verzweifelten Versuchten der Sowjetunion gehört, das Panschir-Tal zu unterwerfen, mit Flächenbombadierungen durch strategische Bomber wie im Vietnamkrieg, mit Einsatz von modernsten Waffen, von 10 000 Mann Bodentruppen. Die Sowjetunion ist gescheitert. Sie ist gescheitert am Widerstand der Freiheitskämpfer und am Willen der Bevölkerung, ihr eigenes Land zu verteidigen.
    Aber die Hauptleidenden auch dieser siebten Großoffensive war wieder einmal die Zivilbevölkerung. Mit der Vernichtung der Dörfer, der Felder und der Versorgungseinrichtungen sollte die Basis



    Neumann (Bramsche)

    des Widerstandes ausgeräuchert werden. Die militärischen Aktionen erinnern an die Strategie der verbrannten Erde. Hunderte von Frauen und Kindern fallen auch heute und vielleicht sogar gerade jetzt wieder den Bombenteppichen zum Opfer.
    Wie in einer Vielzahl von Fällen und uns auch glaubwürdig durch Zeugen belegt, nehmen auch die Sowjets Rache an wehrlosen Opfern für mangelnde Unterwerfungsbereitschaft. Wer sich mit dem afghanischen Widerstand über viereinhalb Jahre beschäftigt, begreift kaum, woher die Menschen noch den Mut, die Beharrlichkeit und den Freiheitswillen aufbringen, und dies, nachdem die spektakuläre Unterstützung durch die Weltöffentlichkeit — jedenfalls seit nahezu anderthalb Jahren — verschwunden ist.
    Die angebliche Hilfe der westlichen Welt, der Boykott der Olympischen Spiele, Wirtschaftssanktionen sind verpufft, und dennoch hat sich die militärische Lage in Afghanistan für die Freiheitskämpfer und auch ihre moralische Lage nicht verschlechtert.
    Wenn schon der Befreiungskampf in Afghanistan aus den Schlagzeilen verschwunden ist, so wissen wir noch viel weniger über die Lage in Afghanistan selbst. Wir wissen nicht, ob es wahr ist, was kürzlich ein Londoner Institut gemeldet hat: daß 500 000 Menschen vom Hungertod bedroht sind, 500 000 von vielleicht noch 14 Millionen in Afghanistan verbliebenen Einwohnern. Wir wissen nicht, ob es stimmt, daß bei den Untersuchungen von 5 000 Kindern in 30 Provinzen schon 24 % an schweren Schäden durch Unterernährung leiden. Selbstverständlich ist humanitäre Hilfe, Hilfe für Hungernde in aller Welt notwendig, in Afrika, in Südamerika, in Asien; aber wir dürfen auch nicht vergessen, daß wir uns um die Menschen in Afghanistan nach dem Oberfall durch die Sowjetunion zu kümmern haben.
    Und was ist mit den Menschenrechten in Afghanistan? Wir sind dankbar dafür, daß die UN-Menschenrechtskommission jetzt bei der letzten Sitzung einen Sonderbotschafter für Afghanistan benannt hat. Vielleicht erfahren wir mehr über die Menschenrechtssituation, nachdem die Berichte, die zu uns kommen, erschreckend sind und zu größter Sorge Anlaß geben.
    Wir fordern auch diesmal wieder, daß das Internationale Komitee des Roten Kreuzes in Afghanistan die Tätigkeit aufnehmen kann. Nachdem wir das 1982 gefordert haben, ist es — vielleicht auch mit Hilfe der Bundesregierung — für eine kurze Zeit gelungen, das das IKRK dort arbeiten durfte. Aber seit Herbst 1982 ist kein Besuch mehr in Afghanistan zugelassen, und die Genfer Konvention, die ja die Grundlage für die Arbeit des IKRK ist, wird verletzt. Die einzige Möglichkeit des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes — und dafür sollten wir ihm dankbar sein — ist die Betreuung von zwei Hospitälern in Pakistan, wo im letzten Jahr rund 3 000 Operationen schrecklichster Art durchgeführt worden sind. Teilweise konnten Operationen nicht durchgeführt werden, weil die vorhandenen Mittel nicht ausreichten. Herr Todenhöfer hat ein Beispiel genannt. Auf dem Weg aus Afghanistan nach Pakistan sterben viele Verletzte.
    Aber das IKRK hat noch eine weitere Aufgabe übernommen, nämlich den Austausch von Gefangenen. Es gibt eine Vereinbarung, wonach sowjetische Gefangene in die Schweiz gebracht werden, dort zwei Jahre bleiben und dann in die Sowjetunion zurückkehren können. Noch vor zwei Jahren wurde fast jeder Gefangene getötet. Dieses ist eine begrüßenswerte Lösung. Dennoch hat das mit der Humanität, von der auch die höchsten Funktionäre in der Sowjetunion so oft sprechen, nichts zu tun. Dies ist nur ein Mindestmaß an Regelung und kann uns nicht befriedigen.
    In Pakistan und im Iran gibt es 4 Millionen afghanische Flüchtlinge. Dazu kommt, daß eine Reihe von Asylanten in westeuropäischen Ländern und in den USA sind. Sie alle verdienen, daß wir ihnen helfen. Die Situation der Flüchtlinge in Pakistan ist einigermaßen erträglich, wie wir heute einem Bericht im Unterausschuß Humanitäre Hilfe entnommen haben. Hier haben die internationale Gemeinschaft der Völker, insbesondere der Hohe Flüchtlingskommissar, die internationalen Hilfsorganisationen und nicht zuletzt auch die deutsche Bevölkerung mit Spenden geholfen. Ihnen ist Dank zu sagen. Die Afghanen selbst haben — und dies ist auch neu — durch Eigenhilfe in verschiedensten Gruppen ihren Beitrag geleistet, um sich selbst zu helfen.
    Es muß der Sowjetunion endlich klargemacht werden, daß es nicht möglich ist, ein kleines neutrales Land zu überfallen und ein Sechstel der Bevölkerung zu vertreiben. Man mag mal ausrechnen, was das für die Bundesrepublik bedeuten würde. Sie muß auf der anderen Seite wissen, daß dieses Flüchtlingsproblem eine ständige Mahnung ist, die immer wieder auf ihre Politik hinweist.
    Eine politische Lösung kann nur ein Ziel haben: den Rückzug der Sowjetunion aus Afghanistan und die Herstellung eines Zustandes, bei dem die Afghanen selbst ohne Einmischung anderer ihr Schicksal bestimmen können.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Dazu ist aber auch erforderlich, daß die afghanischen Widerstandskämpfer endlich zu einer politischen Einheit zusammenfinden.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    In den viereinhalb Jahren haben wir verschiedene Zusammenschlüsse und Koalitionen erlebt, die nur von kurzer Dauer waren und oftmals nur an kurzfristigen politischen Zielen gescheitert sind, weil diese höher gestellt worden sind als das eine Ziel, das allen Afghanen gemeinsam ist, nämlich Afghanistan zu befreien und die nationale Einheit herzustellen.
    Lassen Sie mich zum Abschluß etwas machen, was heute schon mit einer Verfassung gemacht worden ist, nämlich die Charta der Vereinten Nationen zitieren, und zwar nicht, weil ich glaube, daß



    Neumann (Bramsche)

    sich die Sowjetunion beeindrucken läßt, sondern weil ich glaube, daß es für alle, die noch hier sind und die sich mit Außenpolitik befassen, wichtig ist, diesen Grundsatz in Art. 2 immer wieder durchzulesen:
    Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.
    Die Charta der Vereinten Nationen ist von der Sowjetunion unterschrieben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)