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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/74 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 74. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Inhalt: Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Ernst Schellenberg 5319 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 5425 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Steger, Roth, Catenhusen, Fischer (Homburg), Grunenberg, Nagel, Stahl (Kempen), Stockleben, Vahlberg, Vosen und der Fraktion der SPD Unterstützung des französischen EG-Memorandums „Eine neue Stufe Europas: ein gemeinsamer Raum für Industrie und Forschung" durch die Bundesregierung — Drucksache 10/1305 — in Verbindung mit Beratung des Ersten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der Personenkontrolle im innergemeinschaftlichen Grenzverkehr und zur Einführung des Europa-Passes — Drucksache 10/1126 — in Verbindung mit Beratung des Zweiten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1221 — in Verbindung mit Beratung des Dritten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der parlamentarischen Behandlung des Entwurfs eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1261 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1423 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag eines Beschlusses des Rates über die Entsprechung der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft — Drucksachen 10/546 Nr. 23, 10/1422 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Notwendigkeit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1357 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Dr. Dregger CDU/CSU 5350 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5353 C Dr. Rumpf FDP 5355 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 5359 C Dr. Mertes, Staatsminister AA 5361 D Dr. Steger SPD 5365 C Dr. Stercken CDU/CSU 5367 A Antretter SPD 5368 D Dr. Schwörer CDU/CSU 5371 B Brück SPD 5373 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes — Drucksache 10/1255 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 10/1546 — Dr. Olderog CDU/CSU 5376 A Wartenberg (Berlin) SPD 5377 B Dr. Hirsch FDP 5379A Schneider (Berlin) GRÜNE 5380 C Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 5382 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes — Drucksache 10/319 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1447 — Klein (Dieburg) SPD 5383 C Beckmann FDP 5384 D Frau Nickels GRÜNE 5386 A Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 5387 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1108 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Osthofen), Bachmaier, Dr. Emmerlich, Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Schmidt (München), Schröder (Hannover) Dr. Schwenk (Stade), Stiegler, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/213 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Frankfurt), Dr. Jannsen, Frau Reetz, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1184 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — Bohl CDU/CSU 5388 A Fischer (Osthofen) SPD 5390 A Kleinert (Hannover) FDP 5392 B Dr. Jannsen GRÜNE 5394 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 5396 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Pinger, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Lamers, Austermann, Repnik, Schreiber, Feilcke, Hedrich, Höffkes, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pohlmeier, Dr. Kunz (Weiden), Ruf, Biehle, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), Dr. Hoffacker, Dr. Lammert, Schulze (Berlin), Link (Frankfurt), Dr. Stavenhagen, Schemken, Dr. Götz, Dr. Rose, Sauter (Ichenhausen), Clemens, Schwarz, Graf Huyn, Jagoda, Pfeffermann, Lenzer, Seehofer, Spilker, Frau Dr. Hellwig, Dr. Möller, Maaß, Dr. Lippold, Dr. Stercken, Roth (Gießen), Dr. Becker (Frankfurt), Magin, Tillmann, Sauer (Stuttgart), Haungs, Dr. Bugl, Dr.-Ing. Kansy, Jung (Lörrach), Dr. Faltlhauser, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Dr. Feldmann, Bredehorn, Frau Seiler-Albring, Schäfer (Mainz), Ronneburger, Dr. Haussmann, Grünbeck, Beckmann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt — Drucksache 10/1214 — Schreiber CDU/CSU 5398 D Bindig SPD 5400 B Dr. Rumpf FDP 5402 A Schwenninger GRÜNE 5403 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 5405A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Lage in Afghanistan — Drucksachen 10/1277, 10/1499 — Dr. Todenhöfer CDU/CSU 5406 D Neumann (Bramsche) SPD 5409 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 5411 A Reents GRÜNE 5412 B Dr. Mertes, Staatsminister AA 5415A Beratung des Antrags der Abgeordneten Reschke, Daubertshäuser, Dreßler, Dr. Holtz, Frau Huber, Menzel, Dr. Mertens (Bottrop), Reuschenbach, Dr. Steger, Urbaniak, Kretkowski, Meininghaus, Toetemeyer, Schröer (Mülheim), von der Wiesche, Wieczorek (Duisburg), Westphal, Dr. Klejdzinski und der Fraktion der SPD S-Bahn-Verbindungen im mittleren Ruhrgebiet — Drucksache 10/1352 — Reschke SPD 5418 D Milz CDU/CSU 5420 B Kohn FDP 5421 D Drabiniok GRÜNE 5423 B Fragestunde — Drucksachen 10/1538 vom 1. Juni 1984 und 10/1553 vom 6. Juni 1984 — Aufenthaltsort und Befinden Andrej Sacharows und seiner Ehefrau sowie Bemühungen der Bundesregierung, Leben und Gesundheit beider zu retten und für sie die Ausreiseerlaubnis zu erwirken DringlAnfr 06.06.84 Drs 10/1553 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5319 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 5320 A ZusFr Würtz SPD 5320 B ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 5320 B ZusFr Repnik CDU/CSU 5320 C ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5320 D ZusFr Dolata CDU/CSU 5321A ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5321A ZusFr Horacek GRÜNE 5321 B ZusFr Schulze (Berlin) CDU/CSU . . . 5321 B Kriegsdienstverweigerung nach Ablehnung von Tauglichkeitseinsprüchen MdlAnfr 34 01.06.84 Drs 10/1538 von Schmude CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5321 C ZusFr von Schmude CDU/CSU 5321 C ZusFr Waltemathe SPD 5322 A Transport der Drucksachen des Stuttgarter CDU-Parteitages in bundeseigenen Fahrzeugen, insbesondere in Flugzeugen MdlAnfr 37, 38 01.06.84 Drs 10/1538 Dreßler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 B ZusFr Dreßler SPD 5322 B Bereitstellung von Ausbildungsplätzen beim Bundesministerium der Verteidigung; Gefährdung dieser Ausbildungsplätze durch Sparmaßnahmen MdlAnfr 39, 40 01.06.84 Drs 10/1538 Hedrich CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 D ZusFr Hedrich CDU/CSU 5323A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5323 B Zahl der stationierten sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 MdlAnfr 45 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5323 D ZusFr Reents GRÜNE 5323 D Geheimhaltung weiterer Stationierungen von Pershing-Il-Raketen und Cruise Missiles in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 46 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5324 B ZusFr Reents GRÜNE 5324 B Weiterbau der A4 vom Autobahnkreuz Olpe-Süd nach Hattenbach MdlAnfr 49, 50 01.06.84 Drs 10/1538 Breuer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 5324 D ZusFr Breuer CDU/CSU 5325 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5325 B Reaktion der Bundesregierung auf die restriktive Haltung Südafrikas bei Einreisevisen für deutsche Bundesbürger MdlAnfr 52, 53 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw BMin Genscher AA 5326A ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5326 A ZusFr Bindig SPD 5326 B IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Aufnahme von Gesprächen über die Gestaltung langfristiger Ost-West-Beziehungen MdlAnfr 56, 57 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Czaja CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5327 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5327 B Unterzeichnung, Entgegennahme und Verbreitung einer Petition der „Schlesischen Jugend" durch Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Staatsminister Friedrich Vogel MdlAnfr 58, 59 01.06.84 Drs 10/1538 Voigt (Frankfurt) SPD Vereinbarkeit von Formulierungen in der vom Bundeskanzleramt verbreiteten Petition der „Schlesischen Jugend" mit Buchstaben und Geist des Warschauer Vertrages MdlAnfr 60, 61 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Ehmke (Bonn) SPD Weiterführung der Politik des Ausgleichs und der Fortentwicklung der Beziehungen zur Volksrepublik Polen entsprechend dem deutsch-polnischen Vertrag vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 62 01.06.84 Drs 10/1538 Becker (Nienberge) SPD Bekräftigung des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 63 01.06.84 Drs 10/1538 Schmitt (Wiesbaden) SPD Gültigkeit der Bestimmungen des Artikels I des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 64 01.06.84 Drs 10/1538 Sielaff SPD Uneingeschränkte Gültigkeit des Artikels I Abs. 2 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 65 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Weyel SPD Heraushebung des Art. I Abs. 3 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 in der deutschen Politik MdlAnfr 66 01.06.84 Drs 10/1538 Waltemathe SPD Antw BMin Genscher AA 5328 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5329 C ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5331A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5331A ZusFr Lowack CDU/CSU 5331 B ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . 5331 D ZusFr Waltemathe SPD 5332 C ZusFr Frau Huber SPD 5333 C ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5333C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 5334 B ZusFr Frau Weyel SPD 5334 C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5334 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . 5335A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 5335C ZusFr Sielaff SPD 5335 D ZusFr Horacek GRÜNE 5336 C ZusFr Becker (Nienberge) SPD 5336 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . . 5337 A Zur Geschäftsordnung Becker (Nienberge) SPD 5337 B Aktuelle Stunde betr. deutsch-polnische Beziehungen Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5337 D Rühe CDU/CSU 5338 C Horacek GRÜNE 5340 A Ronneburger FDP 5340 D Frau Huber SPD 5341 C Dr. Czaja CDU/CSU 5343 A Genscher, Bundesminister AA 5344 B Schmitt (Wiesbaden) SPD 5345 C Freiherr Heeremann von Zuydtwyck CDU/ CSU 5346 C Frau Weyel SPD 5347 B Mischnick FDP 5348 A Klein (München) CDU/CSU 5348 C Voigt (Frankfurt) SPD 5349 C Nächste Sitzung 5425 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5426*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 5319 74. Sitzung Bonn, den 7. Juni 1984 Beginn: 13.00 Uhr
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    Berichtigung Auf Seite 5360 C ist in der Rede des Abgeordneten Vogt (Kaiserslautern) nach der 11. Zeile hinter dem Wort werden —, einzufügen: „zu einer Abrüstungsagentur ausgebaut wird. Das sind konkrete". Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 6. Frau Dr. Bard 8. 6. Brandt 8. 6. Broll 8. 6. Collet 8. 6. Dr. Glotz 8. 6. Dr. Haack 8. 6. Dr. Hauff 7. 6. Kalisch 8. 6. Keller 8. 6. Frau Kelly 8. 6. Klose 7. 6. Frau Krone-Appuhn 8. 6. Dr. Kunz (Weiden) 8. 6. Lemmrich* 8. 6. Marschewski 8. 6. Dr. Müller* 8. 6. Müntefering 7. 6. Polkehn 8. 6. Porzner 8. 6. Poß 7. 6. Schmidt (Hamburg) 8. 6. Schmidt (Wattenscheid) 7. 6. Dr. Schöfberger 8. 6. Schröer (Mülheim) 7. 6. Graf Stauffenberg 8. 6. Vogt (Düren) 7. 6. Voigt (Sonthofen) 8. 6. Weiskirch (Olpe) 8. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Präsident Mitterrand hat am 24. Mai vor dem Europäischen Parlament in Straßburg eine bedeutende Rede gehalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch im Deutschen Bundestag!)

    Daß der französische Staatspräsident das Europäische Parlament als Forum für seine Europainitiative gewählt hat, gibt seinen Ausführungen ein zusätzliches Gewicht. Es wäre gut, wenn die Bundesregierung das darin enthaltene Signal für eine neue Europainitiative aufgreifen und nicht in den Amtsstuben versickern lassen würde.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Zeit ist nicht nur reif; sie ist auch günstig für eine solche Initiative. Sicher ist die Europawahl einer der Gründe dafür, daß alle Beteiligten im Augenblick europäisches Profil zeigen wollen. Aber hinter dieser Initiative steckt mehr.
    Was die Dinge bewegt, ist die weltpolitische Krisenerfahrung der vergangenen Jahre und die Furcht — oder richtiger: die richtige Wahrnehmung —,
    daß das Scheitern der Rüstungskontrollverhandlungen und ein neuer Rüstungswettlauf den Rückfall der beiden Weltmächte in eine gefährliche Konfrontation weiter zuspitzen,
    daß Entwicklungen eingesetzt haben, die wir als Europäer kaum beeinflussen können, obwohl sie uns negativ berühren,
    daß auf Grund von außereuropäischen Entwicklungen die Stabilität in Europa ins Rutschen kommen könnte
    und daß zu alledem Westeuropa Mühe hat, die Lasten der Weltwirtschaftskrise zu verkraften und gegenüber den Vereinigten Staaten und Japan wirtschaftlich und technologisch nicht ins Hintertreffen zu geraten.
    Trotz der Krise der EG, zu der die deutsche Präsidentschaft leider einiges beigetragen hat,

    (Berger [CDU/CSU]: Welche? — Dr. Marx [CDU/CSU]: Na, na! Was soll das denn?)

    wächst das Bewußtsein, daß Westeuropa eine große Anstrengung zu seiner Selbstbehauptung unternehmen muß. Dieser Wille zur Selbstbehauptung muß politisch, wirtschaftlich und kulturell einmal in der Gemeinschaft der westlichen Nationen zum Ausdruck kommen; er muß zugleich als eine Kraft des Ausgleichs gegenüber unseren osteuropäischen



    Dr. Ehmke (Bonn)

    Nachbarn und gegenüber der Dritten Welt wirksam werden.
    In diesem Rahmen sehen wir auch die intensivierte deutsch-französische Zusammenarbeit. Wir begrüßen es ausdrücklich, daß die Bundesregierung fortsetzt, was Helmut Schmidt und Giscard d'Estaing eingeleitet haben:

    (Beifall bei der SPD)

    eine deutsch-französische Abstimmung in allen politischen und wirtschaftlichen Fragen einschließlich der Sicherheitspolitik. Die stärker europäisch ausgerichtete Definition unserer Sicherheitsinteressen geht auf die gemeinsame Erfahrung in der Afghanistankrise und in der iranischen Geiselkrise zurück. Damals, im Februar 1981, erklärten der französische Präsident und der deutsche Bundeskanzler, daß sie „beabsichtigen, den Tatsachen, die zur Destabilisierung geführt haben, und den Gefahren, die sich aus ihnen für die Zukunft des Friedens ergeben, das gemeinsame und entschlossene Handeln ihrer beiden Länder entgegenzusetzen". Die beiden Regierungen haben dann ein Jahr später, im Februar 1982, einen vertieften „Gedankenaustausch über Probleme der Sicherheit" vereinbart. Ich wiederhole: Wir begrüßen ausdrücklich, daß es trotz des Regierungswechsels in beiden Ländern gelungen ist, diese Absicht weiterzuführen.
    Das dahinter liegende Ziel erschöpft sich nicht in der Aufhebung bzw. Einschränkung der Grenzkontrollen — so wünschenswert es ist, daß es insoweit nicht bei bloßen und auch noch wahlkampfgefärbten Ankündigungen bleibt. Es erschöpft sich auch nicht in gemeinsamen Rüstungsprojekten, so wichtig die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich ist. Europäische Politik muß weiter, muß tiefer gehen, muß mehr sein als nur eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.
    Dafür, Herr Kollege Dregger, müssen die politischen Kräfte Europas zusammengeführt werden. Darum habe ich es eigentlich etwas bedauert, daß Sie in einer Rede, die zum Teil dem gleichen Ziel diente, wieder meinten sagen zu müssen: Da haben doch die „bösen Anderen" überhaupt nichts für Europa getan!,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: So habe ich es nicht formuliert!)

    während es doch wahr ist, daß die Sozialdemokraten die Vereinigten Staaten von Europa in ihrem Heidelberger Programm von 1925 gefordert haben, als sie von anderen dafür noch als „vaterlandslose Gesellen" beschimpft wurden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Wilhelm II war 1925 nicht mehr da!)

    In dem Streit um die Form Europas ist es nie um die Europaidee selbst gegangen. Herr Kollege Dregger, Sie geben mir sicher zu: Ohne die Sozialdemokraten hätte es keine Norderweiterung der EG gegeben; auch die Süderweiterung wäre nicht so weit, wie sie jetzt ist.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Ich kann bei diesem Thema bleiben. Wenn sich z. B. der Kollege Bangemann umgekehrt proportional zur Stärke der FDP dickleibig und vollmundig hinstellt und gegen ein „Europa des Sozialismus" polemisiert,

    (Vereinzelter Beifall bei der FDP)

    dann zeigt sich in dieser ebenso törichten wie illiberalen Formel die Brüchigkeit einer solchen Art von Europapolitik. Wie soll dann wohl Europa — vereinzelter FDP-Kollege, der Sie da klatschen — ohne die Sozialisten Mitterrand, Craxi, Papandreou oder auch Felipe Conzales,

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr!)

    wie soll es ohne die starken Parteien des demokratischen Sozialismus in allen europäischen Ländern gebaut werden?

    (Beifall bei der SPD)

    Wollen Sie die alle ausgrenzen, und sollen umgekehrt die sozialistisch geführten Länder etwa die Bundesrepublik oder Großbritannien ausgrenzen, nur weil sie zur Zeit — ich sage nicht „zufällig", aber „bedauerlicherweise" — nun mal von konservativen Regierungen geführt werden? Nein, hier gilt es, auch gegenüber manchen Platitüden von christdemokratischer Seite die Einsicht durchzusetzen, daß europäische Gemeinschaft zu Hause beginnen muß.
    Jean Monnet, der Gründungsvater des integrierten Europas, war klug genug, in sein Komitee nicht nur die regierenden Parteien, sondern auch die Opposition und die Gewerkschaften mit einzubeziehen. Daran sollte sich die Bundesregierung ein Beispiel nehmen. Wenn sie es mit Europa ernst meint, dann muß sie für die notwendige Willensbildung und das politische Engagement für Europa alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte der Bundesrepublik zusammenzufassen suchen. Bisher fehlt leider auch nur die kleinste Anstrengung der Bundesregierung und des Bundeskanzlers für einen solchen Konsens, obgleich er meines Erachtens im Bereich des Möglichen liegt.
    Wir Sozialdemokraten haben demgegenüber solche Vorschläge gemacht. Sie liegen auf dem Tisch. Die SPD-Fraktion hat am 11. April 1984 ein Konzept für die Selbstbehauptung Europas vorgelegt. Es ist außerhalb der Bundesrepublik eingehender als in den Reihen der hiesigen Rechtskoalition gewürdigt worden. Es mangelt also nicht an Vorstellungen und an Vorschlägen,

    (Zurufe von der SPD)

    es fehlt aber am Dialog, meine Damen und Herren von der Rechtskoalition, und an der Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
    Hier komme ich nun zu einem kritischen Punkt. Dieser Teil Ihrer Europapolitik, daß Sie verbal nach Zusammenarbeit rufen, aber nichts praktisch zustande zu bringen versuchen, spiegelt Ihre verfehlte und gefährliche Innenpolitik wider.
    Die wirtschaftliche und soziale Stabilität wird heute in West- wie in Osteuropa durch die Weltwirtschaftskrise und die Massenarbeitslosigkeit gefähr-



    Dr. Ehmke (Bonn)

    det. Ernst zu nehmende Beobachter sprechen von einer „Weltarbeitsmarkt-Krise ungeheuren Ausmaßes". So sagt etwa Richard Barnet in seinem Buch „Die mageren Jahre":
    Die Energie-Krise war die Zeitbombe der 70er Jahre; die Krise des Weltarbeitsmarktes wird wahrscheinlich die Zeitbombe der 80er Jahre.
    Hier liegt die zentrale Aufgabe nicht nur für unsere Gesellschaftspolitik, sondern auch für die Politik der Europäischen Gemeinschaft. Aber auch diese Aufgabe kann nur unter Beteiligung aller politischen Kräfte und gesellschaftlichen Gruppen gelöst werden. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, Herr Kollege Dregger: Ich habe Zweifel, ob sich die Bundesregierung überhaupt bewußt ist, welche Anforderungen die gegenwärtige Krisensituation insofern stellt. Statt vor einer solchen Zusammenarbeit stehen wir in der Bundesrepublik vor einer verhängnisvollen innenpolitischen Entwicklung, vor dem Versuch einer Rückkehr der Herrschaft von Besitz und Kapital über die breiten Schichten der Erwerbstätigen und der Arbeitslosen.

    (Berger [CDU/CSU]: Das ist Gemeinsamkeit, was Sie hier predigen, ja?)

    Der demokratischen Forderung nach mehr Teilnahme aller Schichten an der politischen und wirtschaftlichen Willensbildung wird der Machtanspruch einer Oberschicht entgegengesetzt.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Wir sind doch nicht auf der Parteiversammlung, sondern im Deutschen Bundestag! — Berger [CDU/ CSU]: Mein Gott!)

    Der Bundeskanzler hat sich, verschleiert durch Volkskanzler-Attitüden, zum Fürsprecher dieser Oberschicht gemacht, unter kräftiger Mithilfe des vom Grafen Lambsdorff repräsentierten Unternehmerflügels der FDP.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Er ist aber nicht der Fürsprecher der intellektuellen Oberschicht!)

    Die rücksichtslose Parteinahme für die Arbeitgeberinteressen in der gegenwärtigen Tarifauseinandersetzung ist nur ein Ausdruck für diesen neuen Machtkampf von oben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Europa ist doch ein schöner Vorwand für eine solche Rede! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Weil Sie die Interessen wichtiger Gruppen unseres Landes einfach beiseitezuschieben und machtpolitisch auszuschalten versuchen, sind an die Stelle von Diskussion und Kompromiß, die bisher unser soziales Klima bestimmt haben, Versuche der rücksichtslosen Interessendurchsetzung der einen Seite auf Kosten aller anderen getreten.

    (Dr. Stercken [CDU/CSU]: Europa ist ein Vorwand für Diffamierung!)

    Die wirksame Mitbestimmung und der Ausgleich gesellschaftlicher Interessen bleiben bei einer solchen unverantwortlichen Politik auf der Strecke.

    (Berger [CDU/CSU]: Sie sollen endlich über Europa reden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich verstehe Ihre Zwischenrufe. Mit einer solchen Politik des Machtkampfs von oben kann man natürlich auch keine vernünftige Europapolitik machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann kommt es zu den Versuchen wie denen von Herrn Dregger und Herrn Bangemann, Andersdenkende aus Europa auszugrenzen.

    (Dr. Stercken [CDU/CSU]: Sieht das auch Mitterrand so?)

    Der Bundeskanzler und seine Rechtskoalition wollen sich in der Europawahl Rückendeckung für diese rücksichtslose Innenpolitik holen. Diese Politik ist aber nicht nur eine Politik auf Kosten der sozial Schwächeren und ihrer Vertretungen, sondern sie ist auch eine Politik auf Kosten Europas.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Europa darf nicht zu einem Europa der Privilegierten und der Reichen werden.

    (Berger [CDU/CSU]: Der redet wie auf einem Juso-Kongreß!)

    Europa braucht alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen, um sich in dieser schwierigen weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Situation behaupten zu können.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Zuerst Diffamierung und Prügel, dann Umarmung!)

    Wir hoffen sehr, daß die Bürgerinnen und Bürger diese Einsicht, die für Europa lebenswichtig ist, durch ihre Stimmabgabe bei der Europawahl stärken werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Aha! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Derjenige, der die Rede geschrieben hat, muß Nachhilfeunterricht bekommen!)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rumpf.

(Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Rumpf, Sie müssen jetzt zur Wahl der GRÜNEN aufrufen!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Rumpf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also, mein lieber Herr Ehmke, nach dem, was Sie hier gesagt haben, muß ich doch feststellen, daß unser lieber Herr Bangemann anscheinend recht gehabt hat, indem er vor einem sozialistischen Europa gewarnt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Genau das, was Sie hier aufgebaut haben, nämlich
    einen Popanz, auf den man dann eindreschen kann,



    Dr. Rumpf
    führt zu der miesen Stimmung gegenüber Europa, die allgemein zu bedauern ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Für diese miese Stimmung ist Herr Lambsdorff verantwortlich!)

    Meine Damen und Herren, wir sind hier in einer ganz bedenklichen Lage: Einerseits wollen wir Erfolge vorzeigen, andererseits müssen wir zugeben, daß nicht so viel erreicht worden ist, wie wir gewünscht haben. Auf der einen Seite bedauern wir, was sich die Bürokraten — ich kann auch sagen: Eurokraten — leisten und welche Entscheidungen die Regierungen fällen oder nicht fällen, auf der anderen Seite rufen wir die Bürger auf, sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament zu beteiligen, ja, sich sogar zu engagieren, zu begeistern.
    Wir Freien Demokraten wollten eine solche Debatte im Bundestag mit Absicht vor dem 17. Juni haben. Diese Debatte heute soll zeigen, daß es in Europa — trotz vieler Rückschläge — mit konkreten Schritten weitergegangen ist. Der Weg der Europagegner und -miesmacher führt in eine Sackgasse.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sehr gut!)

    Die Freien Demokraten haben sich daran nicht beteiligt und werden es auch in Zukunft nicht tun.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ihnen steht das Wort „Zukunft" nicht zu!)

    — Zu Ihnen komme ich noch, Herr Fischer.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist nett!)

    Durch einprägsame Schaubilder in den Medien wird unseren Bürgern seit Jahren eingehämmert,

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ein Hammer ist das, was Sie da erzählen!)

    daß die Bundesrepublik Deutschland mehr Geld in die EG-Kasse einzahlt, als sie über Rückflüsse und Subventionen wieder herausholt. Diese Darstellungen sind einseitig und der Sache nicht angemessen; von uns jedenfalls werden sie abgelehnt. Zunächst ist dies in einer Gemeinschaft unterschiedlich wohlhabender Nationen selbstverständlich; Herr Dregger hat darauf hingewiesen. Über den Länderfinanzausgleich macht sich niemand Gedanken, jedermann findet das in Ordnung. Nur in Europa wird es als schlimm empfunden, wenn wohlhabendere Länder zum Ausgleich für ärmere Regionen beitragen.
    Aber wie sieht das denn in der Bundesrepublik Deutschland aus, die j a wohlhabend ist? Im ersten Jahr der Europäischen Gemeinschaft, der EWG, gingen 30 % der Ausfuhren in die heutigen neun EG-Partnerstaaten. Heute sind es 50 % der Ausfuhren, und dabei gibt die EG jedem sechsten deutschen Erwerbstätigen Arbeit.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Die Ausfuhren haben sich also erheblich erhöht!)

    Der Handel mit deutschen Erzeugnissen in der EG
    hat sich seit 1958 versiebenundzwanzigfacht. Der
    deutsche Exportüberschuß beträgt 25 Milliarden DM; das bedeutet 500 000 Arbeitsplätze.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört! — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Bei 3 Millionen Arbeitslosen!)

    Diese Arbeitsplätze ersparen der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit Ausgaben von 8 Milliarden DM; der Sozialversicherung bringen sie Einnahmen von 3 Milliarden DM. Der deutsche Nettobeitrag wird immer mit 6 Milliarden DM angegeben. Meine Damen und Herren, allein die Bundesbahn kostet jährlich 14 Milliarden DM. Insgesamt erreichten die deutschen EG-Exporte ein Volumen von 206 Milliarden DM. Davon entfallen auf Agrarexporte — man höre und staune — fast 17 Milliarden DM. Heute geht mehr deutscher Käse nach Italien, als französischer Käse nach Deutschland geliefert wird.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Käse ist das, was Sie da sagen!)

    Dies alles sind erstaunliche, ernüchternde, aber gleichwohl erfreuliche Zahlen, wenn man das mit den Darstellungen vergleicht, wie der deutsche Michel mit süßsaurer Miene einen EG-Topf aufzufüllen hat. Wir Freien Demokraten werden nicht müde, diese Tatsachen auch offen auszusprechen.
    Der gesamte EG-Haushalt der zehn EG-Länder beträgt mit ca. 60 Milliarden DM weniger als ein Sechstel des Bundeshaushaltes und ist gerade so groß wie der des Landes Nordrhein-Westfalen.
    Auch wir wissen: Alle diese Zahlen können als Gegenargumente nicht ausreichen, wenn die Völker Europas höhere Erwartungen haben und mit den Fortschritten nicht zufrieden sind. Eigentlich ist dies doch ein ganz gutes Zeichen. Es läßt erkennen, daß die Bürger mit der Integration schon weiter vorangekommen sind als die Politiker und die Regierungen. Ich konnte dies zu meiner Freude sogar in England feststellen, wo mir viele Gesprächspartner sagten, daß ihnen in Europa alles zu langsam gehe. Bei den englischen Politikern war das allerdings etwas anders, zugegeben. Da hatte ich nur bei meinen liberalen Freunden, einigen Sozialdemokraten und einigen Konservativen keine Probleme; insgesamt aber war die Zurückhaltung etwas größer. Den Trend, daß die Völker eigentlich mehr wollen, als die Regierungen bisher geleistet haben, gilt es jetzt zu unterstützen.
    Das gilt auch für die Grenzkontrollen im innereuropäischen Verkehr. Kaum einer erinnert sich noch an die Formalitäten der 50er Jahre. Man brauchte Visum, Carnet, Triptik, neben dem Reisepaß und den Versicherungskarten, wenn man mit einem Auto über die Grenze fahren wollte. Ich habe an dieser Stelle schon einmal gesagt, daß ich in diesen Jahren zu den jungen Leuten gehörte, die an der lothringischen Grenze die Grenzpfähle mit eingerissen haben.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das war Gewalt! Herr Präsident, er ruft zur Gewalt auf! So fängt es an!)

    Dies ist bis heute alles wirklich sehr vereinfacht
    worden. Dennoch ist es für viele Bürger immer



    Dr. Rumpf
    noch sehr lästig. Denken Sie mal an Rheinland-Pfalz. Das ist ja wohl das Land mit den meisten EG-Grenzen. Dort haben die Arbeitnehmer im kleinen Grenzverkehr nach Belgien, Luxemburg und Frankreich noch Probleme. Dort gibt es versicherungsrechtliche Probleme und auch Probleme mit dem Kindergeld. Also, hier kann man noch vieles tun.
    Vor allem aber gab es Bürokraten, die im Güterverkehr neue Hindernisse aufgebaut haben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Schikanen!)

    Der Streik der Lastwagenfahrer an der italienischen Grenze hatte unsere volle Sympathie — ich kann wohl sagen: die volle Sympathie des Deutschen Bundestages.

    (Voigt [Frankfurt] [GRÜNE]: Endlich mal ein Streik, der Ihre Sympathie hat!)

    Und wir von der FDP sind dem Kanzler dankbar, daß er mit dem italienischen Ministerpräsidenten deutliche Worte darüber gesprochen hat.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir unterstützen auch ausdrücklich die Initiative der Verkehrsminister der EG-Länder, Sonderspuren für Brummis aus den EG-Ländern einzurichten. Auch das Gipfeltreffen von Rambouillet läßt viele neue Hoffnungen aufkommen. Natürlich müssen wir Staatspräsident Mitterrand und auch Kanzler Kohl unterstützen, aber auch daran erinnern und beim Wort nehmen.
    Die Freien Demokraten ermutigen die Bundesregierung und die Benelux-Länder bei der Busbeförderung und. im Grenzverkehr allgemein Erleichterungen zu schaffen.
    Ich frage aber: Reicht dies aus? Ich meine, es reicht nicht aus. Um ein echtes Europagefühl, ein Wir-Gefühl zu wecken, reicht es nicht aus. Deshalb fordere ich die Bundesregierung noch einmal nachdrücklich auf, unverzüglich — und warum sollte das nicht gehen, Herr Dregger? — alle Personenkontrollen an den Binnengrenzen einseitig einzustellen,

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    spätestens am 1. Januar 1985 einen Europapaß einzuführen, und zwar ohne gleichzeitige totale Durchleuchtung der Personen über Datenkontrollen. Wir Freien Demokraten wollen, daß die Urlauber schon in diesem Feriensommer an allen europäischen Binnengrenzen freie Durchfahrt erhalten,

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    daß die Ampeln an den Grenzen auf Grün geschaltet werden. — Jetzt hören die GRÜNEN nicht zu. Wir wollen ein Europa ohne Grenzen, ein grenzenloses Europa.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Grenzenlos ist Ihre Rede! — Horacek [GRÜNE]: Die Freiheit soll grenzenlos sein!)

    Weitere Schritte zur Schaffung eines Wir-Gefühles: die vollständige Transparenz und Anerkennung der jeweiligen Bildungsabschlüsse und eine ganz eng koordinierte Umweltpolitik.
    Meine Damen und Herren, die Herausforderungen sind doch da. Die Luft und die Flüsse werden verschmutzt. Die Schadstoffe werden als einzige ohne Kontrolle grenzenlos ausgebreitet.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Von wem?)

    Die Wälder leiden und sterben. Und die wundervollen Kulturdenkmäler Europas werden zerstört. Hier hilft nur eine enge technologische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Deswegen frage ich mich, warum Sie von der GRÜNENFraktion nicht bereit waren, so etwas in Ihr Programm aufzunehmen. Nein, Sie wollen in regionalen Einheiten Umweltschutz betreiben, also nicht EG-weit. Sogar EG-weit ist aber noch zu wenig; wir müssen hier weltweit denken.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wir sind eine bescheidene Partei, bescheiden in unseren Ansprüchen! Das müssen Sie doch einmal akzeptieren!)

    — Ich komme auf Sie noch zurück.
    Wir fordern die Zusammenlegung und Koordinierung der Forschung und Entwicklung in Europa, denn nur gemeinsam sind wir stark. Hier helfen nicht europäische Larmoyanz, das Beklagen und die Arroganz gegenüber den USA und Japan weiter, nicht der Rückfall in den Protektionismus. Wir müssen uns vielmehr den Herausforderungen durch diese beiden Staaten stellen, die j a Konkurrenten auf dem Weltmarkt sind. Die USA und Japan haben die Zahl ihrer Patente in den letzten zehn Jahren verdoppelt; Europa hat die Zahl seiner Patente halbieren müssen. Die einzelnen EG-Länder stekken aber trotzdem doppelt soviel Mittel in die Forschung und Entwicklung wie allein Japan. Japan hat aber viermal soviel Patente angemeldet. Dies ist eine Herausforderung, die wir annehmen müssen. Wir haben ja gute Beispiele für europäische Zusammenarbeit, z. B. den Airbus, ein deutsch-französisch-englisch-italienisches Gemeinschaftsprojekt. Umwelttechnik und Biotechnologie,

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Den EGAgrarmarkt dürfen Sie nicht vergessen!)

    werden im Jahre 2000 einen Marktanteil von 100 Milliarden DM haben. Gerade hier bei diesen Zukunftstechnologien sind wir jetzt gefordert.
    Europa wird eines Tages einmal daran gemessen werden, ob es seine Wälder und seine Kulturdenkmäler gerettet hat, und nicht daran, wie die Milchquoten und die Oliven verteilt worden sind.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sehr gut!)

    Meine Damen und Herren, wir brauchen deshalb unverzüglich eine europäische Umweltschutzgesetzgebung auf höchstem Niveau. Alle Anstrengungen müssen jetzt darauf gerichtet sein, bei Industrieemissionen und Autoabgasen wenigstens die Werte zu erreichen, die in Japan schon vorgeschrieben sind.
    Wenn es unter den zehn Partnern Länder gibt, die eine politische Union — die Vereinigten Staaten



    Dr. Rumpf
    von Europa — nicht oder jetzt noch nicht wollen, dann müssen diese Union eben neun, acht oder sieben der Partner schaffen.

    (Beifall bei der FDP)

    Es soll niemand abgedrängt oder vor die Tür gestellt werden, aber es darf auch nicht hingenommen werden, daß ein oder zwei Länder die Integration behindern.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wir Freien Demokraten begrüßen ausdrücklich alle Initiativen zur Europäischen Union, die Anstrengungen des Kanzlers Dr. Helmut Kohl, die des Außenministers in der Genscher/Colombo-Initiative, die Anregung des niederländischen Ministerpräsidenten Lubbers, Deutschland den Benelux-Ländern — wir kämen dann zu Benedelux — anzuschließen, und die verheißungsvolle Initiative des französischen Ministerpräsidenten Mitterrand, die Mehrheitsbeschlüsse wiedereinzuführen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Jetzt haben Sie immer noch nicht die Engländer erwähnt!)

    Seine Rede vor dem Europäischen Parlament war eine gute Fortführung der Genscher/Colombo-Initiative. Der Schlüssel für den Fortschritt in Europa liegt in der Rückbesinnung auf die Römischen Verträge. Wer die Mehrheitsbeschlüsse nicht mitträgt, begibt sich in eine andere Integrationsgeschwindigkeit. Damit wären wir bei dem Wort des Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Tempo 100!)

    Ein Europa der Kernländer ist nicht so absurd, wie manche denken. Es existiert ja de facto schon, z. B. in der engen Zoll- und Währungsunion der BeneluxLänder, in der Währungsschlange oder im Europäischen Währungssystem, dem ja auch nicht alle EG- Länder angehören, beim Fischereiabkommen, dem Dänemark wegen seiner Probleme mit Grönland nicht voll beitreten konnte. Es war eigentlich in der Geschichte immer so, daß zunächst ein kleiner Kern gebildet wurde — etwa der Deutsche Zollverein oder die 13 Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika — und später dann weitere Staaten unter den gleichen Bedingungen und unter der gleichen Verfassung hinzugetreten sind. Ein Europa der Kernländer könnte die politische Union aus einem Integrationskern heraus beschleunigen, der auf alle Nachbarn starke Anziehungskraft ausübt.
    Meine Damen und Herren, es wurde vorhin schon gesagt: Das Europa der Zehn ist ein Torso ohne Spanien und Portugal,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Ein RumpfEuropa!)

    — ein Rumpf-Europa, meinetwegen auch ein Europa ohne Kopf. Gerade die Iberische Halbinsel ist für die politische Dimension Europas sehr wichtig. Die EG ist zwar der größte Handelspartner der Welt, hat aber auf der Weltbühne noch eine Nebenrolle zu spielen. Solange wir uns nicht über Grenzausgleiche, DIN-Vorschriften oder Reinheitsgebote einigen, können wir weder im Nahostkonflikt, noch
    im südlichen Afrika, noch in Mittelamerika mitsprechen und mitentscheiden. Europas Mitsprache wird aber erwartet. Die Länder dieser Welt, insbesondere die Länder der Dritten Welt, die Entwicklungsländer, wollen Europa als Partner haben. Deshalb wird dem dritten Lomé-Abkommen, das im nächsten Jahr neu abgeschlossen wird, eine ganz besonders große Bedeutung zukommen.

    (Horacek [GRÜNE]: Damit die Ausbeutung weitergeht!)

    Ich will noch einmal zurückkommen auf die Mitgliedschaft Spaniens. Spanien könnte aus Europa heraus gerade in Mittelamerika eine ganz wichtige Rolle spielen und mit dem Verbund der europäischen Staaten auch den mittelamerikanischen Staaten stärker die Sicherheit verleihen, die sie heute vergeblich woanders suchen.
    Europa heißt aber nicht nur das EG-Europa der zehn oder zwölf Staaten, sondern dazu gehören auch die anderen Nachbarn, von Skandinavien bis hin zur Türkei.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Bis zum Ural!)

    Ich möchte auch Finnland ausdrücklich erwähnen. Und zu Europas Hauptstädten gehören Prag, Warschau und Bukarest ebenso, wie Dresden und Leipzig deutsche Städte sind.
    Damit ist die sicherheits- und friedenspolitische Dimension angesprochen. Westeuropa und Osteuropa leben in derselben Verantwortungsgemeinschaft, in der auch die beiden deutschen Staaten leben. Wir haben eine Verantwortungsgemeinschaft für den Frieden in Europa und in der Welt. Wir sollten den Anfang machen mit der Abschaffung aller chemischer Waffen auf europäischem Boden. Andere Verträge zur kontrollierten Abrüstung könnten dann folgen.
    Meine Damen und Herren, die Europäischen Liberalen Demokraten haben sich als einzige Fraktion im Europäischen Parlament auf ein gemeinsames Programm geeinigt.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sehr verdienstvoll!)

    Die Sozialisten kamen dazu nicht. Die wochen-, monate- und jahrelange Miesmacherei — ich habe vorhin schon davon gesprochen — versucht man jetzt, meine Damen und Herren von der SPD, durch einen europäischen Zirkus zu übertönen. Glauben Sie wirklich, daß Sie jetzt mit einem Europa-Zirkus alles das wiedergutmachen können, was Sie in den vergangenen Jahren durch Kritik an der Regierung und an Europa miesgemacht haben?

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Europa kann nur Zukunft haben, wenn die Arbeitslosigkeit abgebaut wird, vor allen Dingen die Jugendarbeitslosigkeit.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Und dazu brauchen wir eine Dampflokomotive!)




    Dr. Rumpf
    Europa braucht einen Aufschwung. In Deutschland hat er begonnen. Warum versuchen Sie, ihn kaputtzustreiken?

    (Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN)

    Warum, meine Damen und Herren — das muß doch hier gesagt werden —, haben die Sozialisten der europäischen Länder sich jetzt auch noch darauf verstanden, den Europawahlkampf gegen den Aufschwung zu führen,

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wir erklären Sie endgültig zum Torso!)

    und haben sich solidarisiert mit allen, die hier streiken? Ich sage dagegen, daß man die Streikbrecher ganz besonders in Schutz nehmen müßte.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Ein Europa der Millionäre, kann man nur sagen!)

    Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie müssen sich erst mal fragen lassen, für wie lange Sie überhaupt ins Europaparlament gewählt werden wollen, wann Sie rotieren wollen.

    (Lebhafte Zurufe von den GRÜNEN) — Zweieinhalb Jahre? - Gut.


    (Horacek [GRÜNE]: Das müssen Sie dann auch die Gaullisten fragen!)

    — Wenn ich Sie so sehe, tut es mir beinahe leid, daß Sie ja bald, wenn die Sommerferien vorbei sind, alle schon nicht mehr da sein werden.

    (Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN — Horacek [GRÜNE]: Sie müssen erst mal überhaupt hineinkommen! Das ist Ihr Problem!)

    Meine Damen und Herren, das Wir-Gefühl für Europa könnte z. B. auch dadurch noch verstärkt werden, daß die Europäer einmal auf die Idee kommen, zu den Olympischen Spielen eine gemeinsame Jugendmannschaft zu schicken, eine europäische Jugendmannschaft. Das fördert das Wir-Gefühl, oder durch eine europäische Fernsehanstalt, bei der man auch mal Dinge sieht, die die anderen Länder angehen, auch Fußballspiele beispielsweise, die interessant sind in Städten, in denen keine deutsche Mannschaft dabei ist. Es gibt so einiges, was man im politischen Raum nicht durch Beschlüsse machen kann, sondern dadurch, daß man das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Gemeinschaftsgefühl fördert.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Es trieft!)

    Das Europäische Parlament braucht jedenfalls mehr Kompetenzen. Das Europäische Parlament ist nicht schuld an dem einen oder anderen, was uns nicht gefällt.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sie sollten nach Straßburg gehen, damit Sie uns hier erspart bleiben!)

    Diese Kompetenzen kann das Europäische Parlament bekommen, indem die Wähler in Europa dem Europäischen Parlament ein starkes Mandat geben, indem sie mit einer starken Wahlbeteiligung die Abgeordneten wählen. Dann können sich die Abgeordneten auch gegenüber der Kommission, gegenüber dem Ministerrat und anderen Institutionen künftig mehr herausnehmen.
    Herzlichen Dank!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sie wollten doch zu mir kommen, Herr Rumpf!)