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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/74 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 74. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Inhalt: Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Ernst Schellenberg 5319 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 5425 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Steger, Roth, Catenhusen, Fischer (Homburg), Grunenberg, Nagel, Stahl (Kempen), Stockleben, Vahlberg, Vosen und der Fraktion der SPD Unterstützung des französischen EG-Memorandums „Eine neue Stufe Europas: ein gemeinsamer Raum für Industrie und Forschung" durch die Bundesregierung — Drucksache 10/1305 — in Verbindung mit Beratung des Ersten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der Personenkontrolle im innergemeinschaftlichen Grenzverkehr und zur Einführung des Europa-Passes — Drucksache 10/1126 — in Verbindung mit Beratung des Zweiten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1221 — in Verbindung mit Beratung des Dritten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der parlamentarischen Behandlung des Entwurfs eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1261 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union — Drucksache 10/1423 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag eines Beschlusses des Rates über die Entsprechung der beruflichen Befähigungsnachweise zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft — Drucksachen 10/546 Nr. 23, 10/1422 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Notwendigkeit der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes — Drucksache 10/1357 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Dr. Dregger CDU/CSU 5350 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5353 C Dr. Rumpf FDP 5355 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 5359 C Dr. Mertes, Staatsminister AA 5361 D Dr. Steger SPD 5365 C Dr. Stercken CDU/CSU 5367 A Antretter SPD 5368 D Dr. Schwörer CDU/CSU 5371 B Brück SPD 5373 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes — Drucksache 10/1255 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 10/1546 — Dr. Olderog CDU/CSU 5376 A Wartenberg (Berlin) SPD 5377 B Dr. Hirsch FDP 5379A Schneider (Berlin) GRÜNE 5380 C Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 5382 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes — Drucksache 10/319 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1447 — Klein (Dieburg) SPD 5383 C Beckmann FDP 5384 D Frau Nickels GRÜNE 5386 A Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 5387 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1108 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Osthofen), Bachmaier, Dr. Emmerlich, Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Schmidt (München), Schröder (Hannover) Dr. Schwenk (Stade), Stiegler, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/213 —Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Frankfurt), Dr. Jannsen, Frau Reetz, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1184 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/1541 — Bohl CDU/CSU 5388 A Fischer (Osthofen) SPD 5390 A Kleinert (Hannover) FDP 5392 B Dr. Jannsen GRÜNE 5394 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 5396 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Pinger, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Lamers, Austermann, Repnik, Schreiber, Feilcke, Hedrich, Höffkes, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pohlmeier, Dr. Kunz (Weiden), Ruf, Biehle, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), Dr. Hoffacker, Dr. Lammert, Schulze (Berlin), Link (Frankfurt), Dr. Stavenhagen, Schemken, Dr. Götz, Dr. Rose, Sauter (Ichenhausen), Clemens, Schwarz, Graf Huyn, Jagoda, Pfeffermann, Lenzer, Seehofer, Spilker, Frau Dr. Hellwig, Dr. Möller, Maaß, Dr. Lippold, Dr. Stercken, Roth (Gießen), Dr. Becker (Frankfurt), Magin, Tillmann, Sauer (Stuttgart), Haungs, Dr. Bugl, Dr.-Ing. Kansy, Jung (Lörrach), Dr. Faltlhauser, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Dr. Feldmann, Bredehorn, Frau Seiler-Albring, Schäfer (Mainz), Ronneburger, Dr. Haussmann, Grünbeck, Beckmann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt — Drucksache 10/1214 — Schreiber CDU/CSU 5398 D Bindig SPD 5400 B Dr. Rumpf FDP 5402 A Schwenninger GRÜNE 5403 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 5405A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN Lage in Afghanistan — Drucksachen 10/1277, 10/1499 — Dr. Todenhöfer CDU/CSU 5406 D Neumann (Bramsche) SPD 5409 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 5411 A Reents GRÜNE 5412 B Dr. Mertes, Staatsminister AA 5415A Beratung des Antrags der Abgeordneten Reschke, Daubertshäuser, Dreßler, Dr. Holtz, Frau Huber, Menzel, Dr. Mertens (Bottrop), Reuschenbach, Dr. Steger, Urbaniak, Kretkowski, Meininghaus, Toetemeyer, Schröer (Mülheim), von der Wiesche, Wieczorek (Duisburg), Westphal, Dr. Klejdzinski und der Fraktion der SPD S-Bahn-Verbindungen im mittleren Ruhrgebiet — Drucksache 10/1352 — Reschke SPD 5418 D Milz CDU/CSU 5420 B Kohn FDP 5421 D Drabiniok GRÜNE 5423 B Fragestunde — Drucksachen 10/1538 vom 1. Juni 1984 und 10/1553 vom 6. Juni 1984 — Aufenthaltsort und Befinden Andrej Sacharows und seiner Ehefrau sowie Bemühungen der Bundesregierung, Leben und Gesundheit beider zu retten und für sie die Ausreiseerlaubnis zu erwirken DringlAnfr 06.06.84 Drs 10/1553 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5319 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 5320 A ZusFr Würtz SPD 5320 B ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 5320 B ZusFr Repnik CDU/CSU 5320 C ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5320 D ZusFr Dolata CDU/CSU 5321A ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5321A ZusFr Horacek GRÜNE 5321 B ZusFr Schulze (Berlin) CDU/CSU . . . 5321 B Kriegsdienstverweigerung nach Ablehnung von Tauglichkeitseinsprüchen MdlAnfr 34 01.06.84 Drs 10/1538 von Schmude CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5321 C ZusFr von Schmude CDU/CSU 5321 C ZusFr Waltemathe SPD 5322 A Transport der Drucksachen des Stuttgarter CDU-Parteitages in bundeseigenen Fahrzeugen, insbesondere in Flugzeugen MdlAnfr 37, 38 01.06.84 Drs 10/1538 Dreßler SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 B ZusFr Dreßler SPD 5322 B Bereitstellung von Ausbildungsplätzen beim Bundesministerium der Verteidigung; Gefährdung dieser Ausbildungsplätze durch Sparmaßnahmen MdlAnfr 39, 40 01.06.84 Drs 10/1538 Hedrich CDU/CSU Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5322 D ZusFr Hedrich CDU/CSU 5323A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5323 B Zahl der stationierten sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 MdlAnfr 45 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5323 D ZusFr Reents GRÜNE 5323 D Geheimhaltung weiterer Stationierungen von Pershing-Il-Raketen und Cruise Missiles in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 46 01.06.84 Drs 10/1538 Reents GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 5324 B ZusFr Reents GRÜNE 5324 B Weiterbau der A4 vom Autobahnkreuz Olpe-Süd nach Hattenbach MdlAnfr 49, 50 01.06.84 Drs 10/1538 Breuer CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 5324 D ZusFr Breuer CDU/CSU 5325 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 5325 B Reaktion der Bundesregierung auf die restriktive Haltung Südafrikas bei Einreisevisen für deutsche Bundesbürger MdlAnfr 52, 53 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP Antw BMin Genscher AA 5326A ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . 5326 A ZusFr Bindig SPD 5326 B IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 Aufnahme von Gesprächen über die Gestaltung langfristiger Ost-West-Beziehungen MdlAnfr 56, 57 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Czaja CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 5327 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5327 B Unterzeichnung, Entgegennahme und Verbreitung einer Petition der „Schlesischen Jugend" durch Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Staatsminister Friedrich Vogel MdlAnfr 58, 59 01.06.84 Drs 10/1538 Voigt (Frankfurt) SPD Vereinbarkeit von Formulierungen in der vom Bundeskanzleramt verbreiteten Petition der „Schlesischen Jugend" mit Buchstaben und Geist des Warschauer Vertrages MdlAnfr 60, 61 01.06.84 Drs 10/1538 Dr. Ehmke (Bonn) SPD Weiterführung der Politik des Ausgleichs und der Fortentwicklung der Beziehungen zur Volksrepublik Polen entsprechend dem deutsch-polnischen Vertrag vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 62 01.06.84 Drs 10/1538 Becker (Nienberge) SPD Bekräftigung des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 63 01.06.84 Drs 10/1538 Schmitt (Wiesbaden) SPD Gültigkeit der Bestimmungen des Artikels I des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 64 01.06.84 Drs 10/1538 Sielaff SPD Uneingeschränkte Gültigkeit des Artikels I Abs. 2 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 MdlAnfr 65 01.06.84 Drs 10/1538 Frau Weyel SPD Heraushebung des Art. I Abs. 3 des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 in der deutschen Politik MdlAnfr 66 01.06.84 Drs 10/1538 Waltemathe SPD Antw BMin Genscher AA 5328 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5329 C ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5331A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5331A ZusFr Lowack CDU/CSU 5331 B ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . 5331 D ZusFr Waltemathe SPD 5332 C ZusFr Frau Huber SPD 5333 C ZusFr Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 5333C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 5334 B ZusFr Frau Weyel SPD 5334 C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5334 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . 5335A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 5335C ZusFr Sielaff SPD 5335 D ZusFr Horacek GRÜNE 5336 C ZusFr Becker (Nienberge) SPD 5336 D ZusFr Schmitt (Wiesbaden) SPD . . . . 5337 A Zur Geschäftsordnung Becker (Nienberge) SPD 5337 B Aktuelle Stunde betr. deutsch-polnische Beziehungen Dr. Ehmke (Bonn) SPD 5337 D Rühe CDU/CSU 5338 C Horacek GRÜNE 5340 A Ronneburger FDP 5340 D Frau Huber SPD 5341 C Dr. Czaja CDU/CSU 5343 A Genscher, Bundesminister AA 5344 B Schmitt (Wiesbaden) SPD 5345 C Freiherr Heeremann von Zuydtwyck CDU/ CSU 5346 C Frau Weyel SPD 5347 B Mischnick FDP 5348 A Klein (München) CDU/CSU 5348 C Voigt (Frankfurt) SPD 5349 C Nächste Sitzung 5425 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5426*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1984 5319 74. Sitzung Bonn, den 7. Juni 1984 Beginn: 13.00 Uhr
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    Berichtigung Auf Seite 5360 C ist in der Rede des Abgeordneten Vogt (Kaiserslautern) nach der 11. Zeile hinter dem Wort werden —, einzufügen: „zu einer Abrüstungsagentur ausgebaut wird. Das sind konkrete". Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 6. Frau Dr. Bard 8. 6. Brandt 8. 6. Broll 8. 6. Collet 8. 6. Dr. Glotz 8. 6. Dr. Haack 8. 6. Dr. Hauff 7. 6. Kalisch 8. 6. Keller 8. 6. Frau Kelly 8. 6. Klose 7. 6. Frau Krone-Appuhn 8. 6. Dr. Kunz (Weiden) 8. 6. Lemmrich* 8. 6. Marschewski 8. 6. Dr. Müller* 8. 6. Müntefering 7. 6. Polkehn 8. 6. Porzner 8. 6. Poß 7. 6. Schmidt (Hamburg) 8. 6. Schmidt (Wattenscheid) 7. 6. Dr. Schöfberger 8. 6. Schröer (Mülheim) 7. 6. Graf Stauffenberg 8. 6. Vogt (Düren) 7. 6. Voigt (Sonthofen) 8. 6. Weiskirch (Olpe) 8. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei einer Umfrage in Frankreich — Frage: wer sind die besten Freunde Frankreichs? — haben 70 % der Franzosen geantwortet: Die besten Freunde Frankreichs sind die Deutschen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Warum sollte eine Umfrage in Polen nicht auch einmal ein solches Ergebnis haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Ich bin fest davon überzeugt, daß das möglich ist.

    (Zuruf von der SPD: Ich auch!)

    Es fehlt doch nicht am Versöhnungswillen. Als Polen in den letzten Jahren in Versorgungsschwierigkeiten war, haben die Deutschen allein mehr Hilfe an Polen geleistet als alle anderen Völker Europas zusammengenommen. Aus meinem Wahlkreis hat ein Bürgermeister, der in Oberschlesien geboren wurde, sieben Lkws mit Bekleidung und Lebensmitteln vollgepackt und ist in seine Geburtsgemeinde in Oberschlesien gefahren, aus der er vertrieben wurde, in die Gemeinde, in der sein Vater und Großvater Bürgermeister gewesen sind.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Wann?)

    Er hat den jetzt dort lebenden Menschen Hilfe gebracht.



    Dr. Dregger
    Meine Damen und Herren, ist das eigentlich noch zu übertreffen an Versöhnungsbereitschaft,

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    daß deutsche Oberschlesier, die vertrieben wurden, in dieser Weise Hilfe leisten?
    Deswegen bedauere ich die eben abgelaufene Aktuelle Stunde; denn wenn man Zitate bringt und sie in bestimmter Weise auswertet, wenn man, wie der letzte Redner der SPD, auch noch Angriffe startet — der Kollege Heereman hat vorhin darauf hingewiesen —, dann ist das sehr geeignet, nicht Versöhnungswillen, sondern Angst- und Rachegefühle zu wecken. Daran können wir doch nicht interessiert sein; das liegt weder im Interesse der Deutschen noch der Polen noch des Friedens, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir begrüßen den Vertragsentwurf des Europäischen Parlaments zur Gründung einer Europäischen Union. Meine Damen und Herren, unsere Zielsetzung geht weiter: Wir wollen die Vereinigten Staaten von Europa.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für uns kann die Union nur ein Zwischenschritt sein. Diese Vereinigten Staaten von Europa sind politisch notwendig, sie sind technisch-ökonomisch notwendig, und sie werden immer mehr zu einem Herzensanliegen der Europäer.
    Die Vereinigten Staaten von Europa sind politisch notwendig. Die beiden Weltkriege, die vor allem europäische Bruderkriege gewesen sind, haben die Lage Europas grundlegend verändert, und zwar verschlechtert. Ihr Ergebnis: Deutschland und Europa sind geteilt; Europa ist ohne Mitte; Wien und Berlin haben ihre alte Funktion verloren. Ost- und Teile Mitteleuropas sind die Opfer. Sie sind gezwungen, gegen ihren Willen unter sowjetischer Herrschaft zu leben. Die Vormacht des Ostens — heute die Sowjetunion — steht als ideologische Offensivmacht und militärische Weltmacht schon im Frieden mitten in Deutschland.
    All das ist in der über tausendjährigen Geschichte Europas ohne Beispiel. In dieser Lage können die freien Völker, die freigebliebenen Völker Europas ihre freiheitliche Existenz nur gemeinsam organisieren.
    Die Christlichen Demokraten Europas waren die ersten, die aus dieser völlig veränderten Lage Konsequenzen zu ziehen bereit und fähig waren. Dabei kommt uns zugute, daß unsere geistige Tradition hinter den Nationalstaat zurückreicht. Ich frage mich heute: War es Gnade oder Zufall, auf jeden Fall war es eine glückliche Fügung, daß Männer dieser geistigen Dimension zur gleichen Zeit Regierungschefs in Deutschland, in Frankreich und in Italien gewesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine Konrad Adenauer aus Köln, Robert
    Schumann aus Metz und Alcide de Gasperi aus
    Trient. Ich bin überzeugt: Wenn es diese Konstellation nicht gegeben hätte, wären wahrscheinlich die europäischen Vereinigungen nicht zustande gekommen.
    Meine Damen und Herren, Nationalisten und auch viele Sozialisten

    (Dr. Vogel [SPD]: Na, na, na!)

    waren, Herr Kollege Vogel, die Bremser bei der Entwicklung zu einem Vereinigten Europa.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig! — Dr. Vogel [SPD]: Aber Herr Kollege!)

    Die CDU/CSU mußte, wie Sie wissen, alle entscheidenden Schritte zu den Gründungsverträgen Europas gegen den Widerstand der SPD durchsetzen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Genau! — So ist es!)

    Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft sollte nach der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft der zweite Schritt zu den Vereinigten Staaten von Europa werden. Diese Europäische Verteidigungsgemeinschaft scheiterte 1954 in der Nationalversammlung in Paris. Der Nationalfranzose de Gaulle entschied sich für ein rein nationales Verteidigungskonzept.

    (Zuruf von der SPD: Und schuld war die SPD!)

    Immerhin gab er seine Zustimmung zu einer wichtigen Bestimmung im Elysée-Vertrag von 1963. Sie blieb bis heute unerfüllt. Bundeskanzler Helmut Kohl und der jetzige Staatspräsident François Mitterrand haben ihre Außen- und Verteidigungsminister beauftragt, diese Bestimmung des Elyseé-Vertrages von 1963 jetzt endlich mit Leben zu erfüllen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Darin wurde vereinbart, Frankreich und Deutschland wollen ihre Taktik und Strategie derart einander anpassen, daß daraus ein gemeinsames Verteidigungskonzept entsteht. Ein gemeinsames Verteidigungskonzept ist mehr als eine Freundschaftsbeteuerung, ist mehr als eine Rüstungskooperation, ist mehr als die Belebung der parlamentarischen Zusammenarbeit in der Westeuropäischen Union. Gemeinsames Verteidigungskonzept, das bedeutet nach meiner Meinung, daß sich jeder mit dem Schicksal des anderen identifiziert, daß jeder dem anderen beisteht, daß sich jeder auf die Strategie des anderen einstellt.
    Meine Damen und Herren, nationaler Egoismus, der die Existenzinteressen des anderen nicht voll einbezieht, ist kein Fundament für ein einiges Europa.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht Handel und Verkehr, sondern Sicherheit konstituiert eine Staatengemeinschaft. Das ist der große politische Rang dieser Frage.
    Wir, die Union, werden daher weiterhin, unbeirrt von Widerständen, für dieses gemeinsame Sicherheitskonzept der freien Völker Europas eintreten. Wir tun das in dem Bewußtsein, daß eben das der



    Dr. Dregger
    Wunsch der europäischen Völker ist, wie alle Umfragen beweisen, auch in Frankreich.
    Unsere Perspektive ist: Das Bündnis mit den Vereinigten Staaten von Amerika muß erhalten bleiben, aber Europa muß seine eigene Rolle finden — als eigenständiger Partner der USA. Zu erreichen ist das nicht durch Geschimpfe und Protest gegen die USA, auch nicht durch nationale Alleingänge, sondern nur durch Weckung und Zusammenfassung der Kräfte Europas.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich hatte gesagt, die Vereinigten Staaten von Europa sind nicht nur politisch, sondern auch technisch-ökonomisch notwendig. Moderne Technik verlangt große Produktserien, und diese verlangen große Märkte. Europa ist ein großer Markt. Er wird zum größten Binnenmarkt der Erde werden, wenn es uns gelingt, die Hindernisse abzubauen, die noch dem freien Personen-, Waren-, Güter- und Dienstleistungsverkehr entgegenstehen. Die Grenzkontrollen müssen abgebaut, vertragswidrige Subventionen — z. B. in der Stahlindustrie — und sonstige Praktiken des Protektionismus müssen abgewehrt, die Harmonisierungsrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft müssen verwirklicht, und die öffentlichen Beschaffungsmärkte müssen geöffnet werden.
    Wir unterstützen daher die darauf gerichteten Entschließungen des Europäischen Parlaments und die Empfehlungen unserer Europa-Kommission, die unter dem Vorsitz von Frau Dr. Hellwig tatkräftig arbeitet.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zustimmung bei der SPD)

    Wir beglückwünschen Staatspräsident Mitterrand und Bundeskanzler Kohl zu ihrer Absprache von Rambouillet, die Grenzkontrollen im Personenverkehr zwischen unseren Ländern — ich sage vorsichtig — abzubauen; denn um sie abzuschaffen sind viele Voraussetzungen notwendig, die geschaffen werden müssen. Aber das Ziel, Herr Kollege Vogel, ist sicherlich richtig.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Meine Damen und Herren, was die Europäische Gemeinschaft als größter Binnenmarkt der Erde bedeutet, zeigen folgende Zahlen: Schon heute hat die Europäische Gemeinschaft mehr Einwohner als die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion. Die USA haben 221 Millionen Einwohner, die Sowjetunion hat 267 Millionen Einwohner, die Europäische Gemeinschaft 271 Millionen Einwohner, und wenn Portugal und Spanien beigetreten sein werden, sogar 318 Millionen Einwohner.
    Wir treten für den Beitritt Spaniens und Portugals ein. Sie wissen, wir machen unsere Bereitschaft zur Anhebung von finanziellen Beiträgen an die Europäische Gemeinschaft davon abhängig, daß auch die anderen dem Beitritt Spaniens und Portugals zustimmen. Mit diesen beiden Ländern gewinnt Europa eine zusätzliche Beziehung zu Lateinamerika und zu großen Teilen Afrikas und Asiens. Spanien hat nur 37,4 Millionen Einwohner, aber 210
    Millionen Menschen sprechen Spanisch als erste und weitere 250 Millionen Spanisch als zweite Sprache. Portugal hat nur 9,9 Millionen Einwohner, aber 115 Millionen Menschen sprechen Portugiesisch als Muttersprache und weitere 148 Millionen als Zweitsprache.
    Vom größten Binnenmarkt der Erde und seinen Ausstrahlungen in die Welt profitieren alle Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft, nicht zuletzt wir Deutsche. Als zweite Welthandelsnation und als größter Exporteur von Industriegütern in der Welt sind wir mehr als andere auf freie Märkte angewiesen. Die Hälfte unserer Exporte geht in die Länder der Europäischen Gemeinschaft. Sie sind in den hinter uns liegenden Jahren doppelt so stark gewachsen wie die Exporte in die anderen Länder der Welt.
    Wie sehr die Europäische Gemeinschaft schon heute die Grundlage der Wohlfahrt Europas ist, zeigt das stürmische Wachstum des Bruttosozialprodukts in Europa. Das Bruttosozialprodukt der USA war 1958 noch 2,5 mal größer als das der Europäischen Gemeinschaft. Schon 1980 hat die Europäische Gemeinschaft mit einem Bruttosozialprodukt von 2008 Milliarden Dollar die USA um 8 % überrundet, schon 1980! Wer weiß das? Ich glaube, nur wenige, und wenn man es nicht weiß, kann man dafür auch nicht dankbar sein.
    Sind wir Deutschen die Zahlmeister Europas? Dann wären die Baden-Württemberger die Zahlmeister Deutschlands, denn im Finanzausgleich leisten heute die Baden-Württemberger das meiste. Herr Späth weist ja immer darauf hin. Wie glücklich wären die Nordrhein-Westfalen, wenn sie noch die Zahlmeister Deutschlands wären,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    was sie nach dem Kriege gewesen sind. In diesen Zahlen drückt sich doch nur der wirtschaftliche Aufstieg Baden-Württembergs und der bedauerliche Abstieg Nordrhein-Westfalens in wirtschaftlicher Hinsicht aus.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Die Fehler von Herrn Rau!)

    Und was in Deutschland gilt, gilt auch in Europa. Es ist selbstverständlich, daß in jedem föderalen Gemeinwesen der wirtschaftlich Stärkste der größte Nettozahler ist. Dafür hat er aber für seine leistungsfähige Wirtschaft auch den großen Markt zur Verfügung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zahlen wir zuviel? 1982 waren wir Nettozahler mit 5,8 Milliarden. Das ist weit weniger als das Defizit der Deutschen Bundesbahn. Ich muß schon sagen: Diese 5,8 Milliarden sind, gesamtwirtschaftlich gesehen, hervorragend angelegt.
    Europa wird immer mehr zum Herzensanliegen der Europäer. Die Öffnung der Grenzen hat Deutsche und Franzosen, die sich in vielen Kriegen als Gegner gegenüberstanden, zu Freunden werden lassen. Und diese Zahl von 70 %, Franzosen, die in Deutschland den besten Freund Frankreichs sehen, bewegt mich. Denn ich bin im Mai 1940 als junger



    Dr. Dregger
    Gefreiter und MG-Geschütze 1 in Frankreich einmarschiert,

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Das ist ja fein!)

    und mein Vater als Bückeburger Jäger 1914 über Lüttich zur Marne.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Fein!)

    Meine Söhne, die selbstverständlich bei der Bundeswehr sind, können sich gar nicht mehr vorstellen, daß ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich denkbar wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Berger [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)

    Kriege können nur entstehen, wenn Völker gegeneinander aufgehetzt werden.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Das setzt ihre Trennung voneinander voraus.
    Deshalb sind geschlossene Grenzen gefährlich. Das gilt zur Zeit für den Eisernen Vorhang, mit dem sich die kommunistischen Länder immer noch umgeben. Hinter geschlossenen Grenzen kann man Haß säen. Erst kürzlich hat der Generalsekretär der UdSSR die Sekretäre seines Jugendverbands aufgefordert, „die Jugend zum Haß gegen die Feinde der Heimat zu erziehen". Die Erziehung zum Haß gehört auch zum Erziehungsprinzip der Nationalen Volksarmee der DDR.

    (Berger [CDU/CSU]: Im Kindergarten schon!)

    Wie schrecklich, wie menschenfeindlich und wie anachronistisch!, kann man da nur sagen.
    Meine Damen und Herren, wir wollen keinen Haß; keiner der Deutschen hier,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    gleichgültig, in welcher Partei er organisiert ist und welche Partei er wählt. Wir wollen Zusammenarbeit nicht nur mit den Völkern der Europäischen Gemeinschaft, sondern mit allen Völkern der Erde. Öffnet die Grenzen! Sät keinen Haß! Das ist der Appell, den wir durch unsere Beteiligung an der Wahl zum Europäischen Parlament am Tag der Deutschen Einheit den Führern und Völkern des kommunistischen Machtbereichs zurufen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wissen: Die Europäische Gemeinschaft hat noch viele Mängel und Unvollkommenheiten. Ich kenne übrigens kein irdisches Gebilde, das vollkommen wäre.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Das ist ein Mangel, den die EG mit anderen Institutionen teilt. Aber diese Europäische Gemeinschaft ist schon jetzt eine einzigartige Errungenschaft. Sie ist die erfolgreichste Friedensbewegung unseres Jahrhunderts. Sie ist die Grundlage der Wohlfahrt der freien Völker Europas. Und sie ist ein Hort der Freiheit für alle, die ihr angehören.
    In dieser Erkenntnis arbeiten wir Christlichen Demokraten und Christlich-Sozialen für die Zukunft, für die Freiheit und für die Einheit Europas.
    Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ehmke (Bonn).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Präsident Mitterrand hat am 24. Mai vor dem Europäischen Parlament in Straßburg eine bedeutende Rede gehalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch im Deutschen Bundestag!)

    Daß der französische Staatspräsident das Europäische Parlament als Forum für seine Europainitiative gewählt hat, gibt seinen Ausführungen ein zusätzliches Gewicht. Es wäre gut, wenn die Bundesregierung das darin enthaltene Signal für eine neue Europainitiative aufgreifen und nicht in den Amtsstuben versickern lassen würde.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Zeit ist nicht nur reif; sie ist auch günstig für eine solche Initiative. Sicher ist die Europawahl einer der Gründe dafür, daß alle Beteiligten im Augenblick europäisches Profil zeigen wollen. Aber hinter dieser Initiative steckt mehr.
    Was die Dinge bewegt, ist die weltpolitische Krisenerfahrung der vergangenen Jahre und die Furcht — oder richtiger: die richtige Wahrnehmung —,
    daß das Scheitern der Rüstungskontrollverhandlungen und ein neuer Rüstungswettlauf den Rückfall der beiden Weltmächte in eine gefährliche Konfrontation weiter zuspitzen,
    daß Entwicklungen eingesetzt haben, die wir als Europäer kaum beeinflussen können, obwohl sie uns negativ berühren,
    daß auf Grund von außereuropäischen Entwicklungen die Stabilität in Europa ins Rutschen kommen könnte
    und daß zu alledem Westeuropa Mühe hat, die Lasten der Weltwirtschaftskrise zu verkraften und gegenüber den Vereinigten Staaten und Japan wirtschaftlich und technologisch nicht ins Hintertreffen zu geraten.
    Trotz der Krise der EG, zu der die deutsche Präsidentschaft leider einiges beigetragen hat,

    (Berger [CDU/CSU]: Welche? — Dr. Marx [CDU/CSU]: Na, na! Was soll das denn?)

    wächst das Bewußtsein, daß Westeuropa eine große Anstrengung zu seiner Selbstbehauptung unternehmen muß. Dieser Wille zur Selbstbehauptung muß politisch, wirtschaftlich und kulturell einmal in der Gemeinschaft der westlichen Nationen zum Ausdruck kommen; er muß zugleich als eine Kraft des Ausgleichs gegenüber unseren osteuropäischen



    Dr. Ehmke (Bonn)

    Nachbarn und gegenüber der Dritten Welt wirksam werden.
    In diesem Rahmen sehen wir auch die intensivierte deutsch-französische Zusammenarbeit. Wir begrüßen es ausdrücklich, daß die Bundesregierung fortsetzt, was Helmut Schmidt und Giscard d'Estaing eingeleitet haben:

    (Beifall bei der SPD)

    eine deutsch-französische Abstimmung in allen politischen und wirtschaftlichen Fragen einschließlich der Sicherheitspolitik. Die stärker europäisch ausgerichtete Definition unserer Sicherheitsinteressen geht auf die gemeinsame Erfahrung in der Afghanistankrise und in der iranischen Geiselkrise zurück. Damals, im Februar 1981, erklärten der französische Präsident und der deutsche Bundeskanzler, daß sie „beabsichtigen, den Tatsachen, die zur Destabilisierung geführt haben, und den Gefahren, die sich aus ihnen für die Zukunft des Friedens ergeben, das gemeinsame und entschlossene Handeln ihrer beiden Länder entgegenzusetzen". Die beiden Regierungen haben dann ein Jahr später, im Februar 1982, einen vertieften „Gedankenaustausch über Probleme der Sicherheit" vereinbart. Ich wiederhole: Wir begrüßen ausdrücklich, daß es trotz des Regierungswechsels in beiden Ländern gelungen ist, diese Absicht weiterzuführen.
    Das dahinter liegende Ziel erschöpft sich nicht in der Aufhebung bzw. Einschränkung der Grenzkontrollen — so wünschenswert es ist, daß es insoweit nicht bei bloßen und auch noch wahlkampfgefärbten Ankündigungen bleibt. Es erschöpft sich auch nicht in gemeinsamen Rüstungsprojekten, so wichtig die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich ist. Europäische Politik muß weiter, muß tiefer gehen, muß mehr sein als nur eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.
    Dafür, Herr Kollege Dregger, müssen die politischen Kräfte Europas zusammengeführt werden. Darum habe ich es eigentlich etwas bedauert, daß Sie in einer Rede, die zum Teil dem gleichen Ziel diente, wieder meinten sagen zu müssen: Da haben doch die „bösen Anderen" überhaupt nichts für Europa getan!,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: So habe ich es nicht formuliert!)

    während es doch wahr ist, daß die Sozialdemokraten die Vereinigten Staaten von Europa in ihrem Heidelberger Programm von 1925 gefordert haben, als sie von anderen dafür noch als „vaterlandslose Gesellen" beschimpft wurden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Wilhelm II war 1925 nicht mehr da!)

    In dem Streit um die Form Europas ist es nie um die Europaidee selbst gegangen. Herr Kollege Dregger, Sie geben mir sicher zu: Ohne die Sozialdemokraten hätte es keine Norderweiterung der EG gegeben; auch die Süderweiterung wäre nicht so weit, wie sie jetzt ist.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Ich kann bei diesem Thema bleiben. Wenn sich z. B. der Kollege Bangemann umgekehrt proportional zur Stärke der FDP dickleibig und vollmundig hinstellt und gegen ein „Europa des Sozialismus" polemisiert,

    (Vereinzelter Beifall bei der FDP)

    dann zeigt sich in dieser ebenso törichten wie illiberalen Formel die Brüchigkeit einer solchen Art von Europapolitik. Wie soll dann wohl Europa — vereinzelter FDP-Kollege, der Sie da klatschen — ohne die Sozialisten Mitterrand, Craxi, Papandreou oder auch Felipe Conzales,

    (Dr. Vogel [SPD]: Sehr wahr!)

    wie soll es ohne die starken Parteien des demokratischen Sozialismus in allen europäischen Ländern gebaut werden?

    (Beifall bei der SPD)

    Wollen Sie die alle ausgrenzen, und sollen umgekehrt die sozialistisch geführten Länder etwa die Bundesrepublik oder Großbritannien ausgrenzen, nur weil sie zur Zeit — ich sage nicht „zufällig", aber „bedauerlicherweise" — nun mal von konservativen Regierungen geführt werden? Nein, hier gilt es, auch gegenüber manchen Platitüden von christdemokratischer Seite die Einsicht durchzusetzen, daß europäische Gemeinschaft zu Hause beginnen muß.
    Jean Monnet, der Gründungsvater des integrierten Europas, war klug genug, in sein Komitee nicht nur die regierenden Parteien, sondern auch die Opposition und die Gewerkschaften mit einzubeziehen. Daran sollte sich die Bundesregierung ein Beispiel nehmen. Wenn sie es mit Europa ernst meint, dann muß sie für die notwendige Willensbildung und das politische Engagement für Europa alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte der Bundesrepublik zusammenzufassen suchen. Bisher fehlt leider auch nur die kleinste Anstrengung der Bundesregierung und des Bundeskanzlers für einen solchen Konsens, obgleich er meines Erachtens im Bereich des Möglichen liegt.
    Wir Sozialdemokraten haben demgegenüber solche Vorschläge gemacht. Sie liegen auf dem Tisch. Die SPD-Fraktion hat am 11. April 1984 ein Konzept für die Selbstbehauptung Europas vorgelegt. Es ist außerhalb der Bundesrepublik eingehender als in den Reihen der hiesigen Rechtskoalition gewürdigt worden. Es mangelt also nicht an Vorstellungen und an Vorschlägen,

    (Zurufe von der SPD)

    es fehlt aber am Dialog, meine Damen und Herren von der Rechtskoalition, und an der Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
    Hier komme ich nun zu einem kritischen Punkt. Dieser Teil Ihrer Europapolitik, daß Sie verbal nach Zusammenarbeit rufen, aber nichts praktisch zustande zu bringen versuchen, spiegelt Ihre verfehlte und gefährliche Innenpolitik wider.
    Die wirtschaftliche und soziale Stabilität wird heute in West- wie in Osteuropa durch die Weltwirtschaftskrise und die Massenarbeitslosigkeit gefähr-



    Dr. Ehmke (Bonn)

    det. Ernst zu nehmende Beobachter sprechen von einer „Weltarbeitsmarkt-Krise ungeheuren Ausmaßes". So sagt etwa Richard Barnet in seinem Buch „Die mageren Jahre":
    Die Energie-Krise war die Zeitbombe der 70er Jahre; die Krise des Weltarbeitsmarktes wird wahrscheinlich die Zeitbombe der 80er Jahre.
    Hier liegt die zentrale Aufgabe nicht nur für unsere Gesellschaftspolitik, sondern auch für die Politik der Europäischen Gemeinschaft. Aber auch diese Aufgabe kann nur unter Beteiligung aller politischen Kräfte und gesellschaftlichen Gruppen gelöst werden. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, Herr Kollege Dregger: Ich habe Zweifel, ob sich die Bundesregierung überhaupt bewußt ist, welche Anforderungen die gegenwärtige Krisensituation insofern stellt. Statt vor einer solchen Zusammenarbeit stehen wir in der Bundesrepublik vor einer verhängnisvollen innenpolitischen Entwicklung, vor dem Versuch einer Rückkehr der Herrschaft von Besitz und Kapital über die breiten Schichten der Erwerbstätigen und der Arbeitslosen.

    (Berger [CDU/CSU]: Das ist Gemeinsamkeit, was Sie hier predigen, ja?)

    Der demokratischen Forderung nach mehr Teilnahme aller Schichten an der politischen und wirtschaftlichen Willensbildung wird der Machtanspruch einer Oberschicht entgegengesetzt.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Wir sind doch nicht auf der Parteiversammlung, sondern im Deutschen Bundestag! — Berger [CDU/ CSU]: Mein Gott!)

    Der Bundeskanzler hat sich, verschleiert durch Volkskanzler-Attitüden, zum Fürsprecher dieser Oberschicht gemacht, unter kräftiger Mithilfe des vom Grafen Lambsdorff repräsentierten Unternehmerflügels der FDP.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Er ist aber nicht der Fürsprecher der intellektuellen Oberschicht!)

    Die rücksichtslose Parteinahme für die Arbeitgeberinteressen in der gegenwärtigen Tarifauseinandersetzung ist nur ein Ausdruck für diesen neuen Machtkampf von oben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Europa ist doch ein schöner Vorwand für eine solche Rede! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Weil Sie die Interessen wichtiger Gruppen unseres Landes einfach beiseitezuschieben und machtpolitisch auszuschalten versuchen, sind an die Stelle von Diskussion und Kompromiß, die bisher unser soziales Klima bestimmt haben, Versuche der rücksichtslosen Interessendurchsetzung der einen Seite auf Kosten aller anderen getreten.

    (Dr. Stercken [CDU/CSU]: Europa ist ein Vorwand für Diffamierung!)

    Die wirksame Mitbestimmung und der Ausgleich gesellschaftlicher Interessen bleiben bei einer solchen unverantwortlichen Politik auf der Strecke.

    (Berger [CDU/CSU]: Sie sollen endlich über Europa reden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich verstehe Ihre Zwischenrufe. Mit einer solchen Politik des Machtkampfs von oben kann man natürlich auch keine vernünftige Europapolitik machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann kommt es zu den Versuchen wie denen von Herrn Dregger und Herrn Bangemann, Andersdenkende aus Europa auszugrenzen.

    (Dr. Stercken [CDU/CSU]: Sieht das auch Mitterrand so?)

    Der Bundeskanzler und seine Rechtskoalition wollen sich in der Europawahl Rückendeckung für diese rücksichtslose Innenpolitik holen. Diese Politik ist aber nicht nur eine Politik auf Kosten der sozial Schwächeren und ihrer Vertretungen, sondern sie ist auch eine Politik auf Kosten Europas.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Europa darf nicht zu einem Europa der Privilegierten und der Reichen werden.

    (Berger [CDU/CSU]: Der redet wie auf einem Juso-Kongreß!)

    Europa braucht alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen, um sich in dieser schwierigen weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Situation behaupten zu können.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Zuerst Diffamierung und Prügel, dann Umarmung!)

    Wir hoffen sehr, daß die Bürgerinnen und Bürger diese Einsicht, die für Europa lebenswichtig ist, durch ihre Stimmabgabe bei der Europawahl stärken werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Aha! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Derjenige, der die Rede geschrieben hat, muß Nachhilfeunterricht bekommen!)