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    Plenarprotokoll 10/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Inhalt: Gedenkworte für den verstorbenen sowjetischen Staats- und Parteichef Juri Andropow 3927 A Wahl des Abg. Dr. Klejdzinski zum stellvertretenden Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . 3927 B Ausscheiden des Abg. Bastian aus der Fraktion DIE GRÜNEN 3927 B Erweiterung der Tagesordnung 3927 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/988 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/1024 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/1028 — Roth (Gießen) CDU/CSU 3927 D Walther SPD 3928 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 3930 D Dr. Weng FDP 3933 C Namentliche Abstimmung 3935 A Beratung des Jahresgutachtens 1983/84 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 10/669 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1984 der Bundesregierung — Drucksache 10/952 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Wissmann, Hauser (Krefeld), Kraus, Doss, Dr. Lippold, Dr. Lammert, Lattmann, Dr. Schwörer, Müller (Wadern), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Unland, Niegel, Gerstein, Pfeffermann, Lenzer, Seesing, Günther, Krey, Dr. Bugl, Dr. Hoffacker, Eigen, Dr. Möller, Dr. Müller, Kroll-Schlüter, Tillmann, Weiß, Haungs, Hinsken, Frau Krone-Appuhn, Frau Geiger, Frau Will-Feld, Frau Verhülsdonk, Wilz, Bohl, Dr. Olderog, Sauter (Ichenhausen), Berger, Dr. Götz, Dr. Hornhues, Pohlmann, Magin, Dr. II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Schroeder (Freiburg), Hedrich, Uldall, Jung (Lörrach), Dr. Stavenhagen, Dr. Friedmann, Dr. Laufs, Schwarz, Sauter (Stuttgart), Dr. Kunz (Weiden), Linsmeier und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Solms, Dr. Haussmann, Gattermann, Grünbeck, Hoffie, Wurbs, Dr. Weng, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Feldmann und der Fraktion der FDP Förderung der Bildung von Risikokapital — Drucksache 10/918 — Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3937B, 4020C, 4024 B Roth SPD 3947 C Dr. Dregger CDU/CSU 3955 C Dr. Jochimsen, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 3962 B, 4022 D Dr. Haussmann FDP 3983 D Burgmann GRÜNE 3986 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3991 C Dr. Apel SPD 3997 A Handlos fraktionslos 4001 D Hauser (Krefeld) CDU/CSU 4004A Dr. Ehrenberg SPD 4005 D Dr. Solms FDP 4008 C Stratmann GRÜNE 4010A Wissmann CDU/CSU 4011 C Kraus CDU/CSU 4013 C Dr. Jens SPD 4015 B Gerstein CDU/CSU 4017 C Kittelmann CDU/CSU 4019A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/930 — Dr. Eyrich, Minister des Landes BadenWürttemberg 4025 A Kiehm SPD 4026 C Dr. Hirsch FDP 4027 B Hoss GRÜNE 4028 B Broll CDU/CSU 4029 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 10/964 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Rechts der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung an die Einführung von Vorruhestandsleistungen — Drucksache 10/965 — 4031 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1983 und zur Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1976 — Drucksache 10/462 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 10/935 — Schwenninger GRÜNE 4031 C Kittelmann CDU/CSU 4033 B Klose SPD 4033 C Dr. Rumpf FDP 4035 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1980 — Drucksache 10/265 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 10/999 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/1036 — 4035 D Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 29. März bis 31. Dezember 1983 eingegangenen Petitionen — Drucksache 10/975 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/989 — 4036 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1723/81 hinsichtlich der Möglichkeit, Beihilfen für die Verwendung von Butter zur Herstellung bestimmter Lebensmittel zu gewähren Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1411/71 hinsichtlich des Fettgehalts der Trinkmilch Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung allgemeiner Regeln für die Gewährung von Beihilfen für zu Futterzwecken bestimmte eingedickte Milch Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1269/79 hinsichtlich der Bedingungen für den Absatz von für den Direktverbrauch bestimmter Butter zu ermäßigten Preisen - Drucksachen 10/595 Nr. 8, 10/977 - Fragestunde - Drucksache 10/1017 vom 17. Februar 1984 - Kurt Ziesel, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschland-Stiftung e. V., als Begleiter Bundeskanzlers Kohl auf dessen Israel-Reise MdlAnfr 4, 5 17.02.84 Drs 10/1017 Frau Dr. Timm SPD Antw StSekr Boenisch BPA 3967 B, D, 3968 B, C, D, 3969 A, B, C, D, 3970 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Timm SPD . . . 3967D, 3968A,B ZusFr Lutz SPD 3968 C ZusFr Urbaniak SPD 3968 D ZusFr Krizsan GRÜNE 3968D, 3970 C ZusFr Stiegler SPD 3969A, 3970 B ZusFr Dr. Sperling SPD 3969B, C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . 3969B, 3970 B ZusFr Dr. Scheer SPD 3969 D ZusFr Becker (Nienberge) SPD . . 3969D, 3970A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 3970 B Umfang der Arbeitnehmerüberlassung MdlAnfr 20, 21 17.02.84 Drs 10/1017 Kirschner SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3970D, 3971 A, B, C, D, 3972 A, B, C, D, 3973 A, B, C, D, 3974B, C ZusFr Kirschner SPD 3971 B, C, 3972 B ZusFr Frau Zutt SPD 3972 B ZusFr Peter (Kassel) SPD 3972C, D ZusFr Stiegler SPD 3972D, 3973C ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 3973A ZusFr Urbaniak SPD 3973B, C ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 3973D, 3974 A ZusFr Reimann SPD 3974 B,C Ausdehnung der bisher auf drei Monate begrenzten Höchstdauer bei der Arbeitnehmerüberlassung MdlAnfr 22, 23 17.02.84 Drs 10/1017 Peter (Kassel) SPD Antw PStSekr Vogt BMA . . 3974D, 3975 BC, D, 3976 A, B, C, D, 3977 A, B, C ZusFr Peter (Kassel) SPD . . . 3975 B, C, 3976A ZusFr Kirschner SPD 3975C, D ZusFr Lutz SPD 3976A, B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 3976B, C ZusFr Dreßler SPD 3976 D ZusFr Dr. Penner SPD 3977 B ZusFr Urbaniak SPD 3977B, C Schaffung von Dauerarbeitsplätzen durch Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung und durch stärkere Bekämpfung der illegalen Beschäftigung MdlAnfr 24, 25 17.02.84 Drs 10/1017 von der Wiesche SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3977D, 3978 A, B, C, D, 3979 A, B, C, D, 3980 A, B, C, D, 3981A, B ZusFr von der Wiesche SPD . 3978 A, B, 3980B, C ZusFr Peter (Kassel) SPD . . . 3978B, 3981A ZusFr Lutz SPD 3978C, 3981 B ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 3978 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 3978 D ZusFr Kirschner SPD 3979B, 3980 D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 3979 C ZusFr Frau Fuchs (Köln) SPD 3979 D ZusFr Keller CDU/CSU 3980 D Äußerung des Bundesarbeitsministers über die Feststellbarkeit gesundheitlicher Teilarbeitsfähigkeit; Berücksichtigung betrieblicher Umstände bei der Feststellung einer Teilarbeitsfähigkeit durch den Arzt MdlAnfr 34, 35 17.02.84 Drs 10/1017 Urbaniak SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3981 C, D, 3982 A, C, D ZusFr Urbaniak SPD 3981C, 3982C, D ZusFr Lutz SPD 3981D, 3982A IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Gesetzliche Absicherung sozialversicherungsrechtlich ungeschützter Beschäftigungsverhältnisse MdlAnfr 36, 37 17.02.84 Drs 10/1017 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD Antw PStSekr Vogt BMA . . . 3982D, 3983 A,C ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 3982 D, 3983 C Nächste Sitzung 4036 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4037* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 3927 56. Sitzung Bonn, den 23. Februar 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 4037* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 24.2. Dr. Ahrens * 23.2. Bernrath 23. 2. Frau Blunck 24.2. Böhm (Melsungen) 24.2. Brosi 24. 2. Dr. Enders 24.2. Ertl 24.2. Hartmann 24. 2. Heyenn 24. 2. Jäger (Wangen) * 24.2. Dr. h. c. Lorenz 24. 2. Menzel 23.2. Möllemann 24.2. Neumann (Bramsche) * 24. 2. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 24.2. Spilker 23.2. Dr. Stark (Nürtingen) 24.2. Dr. Todenhöfer 24.2. Frau Dr. Wex 24.2. Weiskirch (Olpe) 24.2. Wischnewski 24.2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute morgen beginnt der letzte Akt eines politischen Lehrstücks, an dem beispielhaft deutlich wird, wie es um das Demokratieverständnis der Regierungsparteien in diesem Bundestag bestellt ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Im Mittelpunkt dieses Lehrstücks steht der von langer Hand vorbereitete, über viele Monate mit andauernder Energie auf verschiedensten Wegen betriebene Versuch einer Regierungsmehrheit, eine unbequeme oppositionelle Minderheit in diesem Haus von tragenden parlamentarischen Kontroll-



    Kleinert (Marburg)

    rechten auszuschließen. Das ist der Kern des Problems, über das wir heute reden,

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    und nicht — Herr Roth, tun Sie nicht so scheinheilig — die Frage: Auf welche Weise kann die Arbeitsfähigkeit eines solchen Gremiums gesichert werden? Das ist doch scheinheilig und — ich möchte mir diese Bemerkung ausdrücklich erlauben — heuchlerisch, Herr Kollege Roth.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Morgen soll dann der letzte Akt mit der Wahl jenes Gremiums, über dessen Einrichtung wir hier reden, seinen vorläufigen Abschluß finden. Dann soll der Vorhang für dieses Stück fallen, das deutlicher noch als viele andere, die in diesem Hohen Hause gespielt werden, verrät, wie ernst es die Regierungskoalition tatsächlich mit substantiellen Grundlagen jener Vefassung meint, die sie ansonsten so gerne im Munde führt.

    (Schily [GRÜNE]: Nur solane es paßt!)

    Aber ich will der Reihe nach vorgehen. Beginnen wir einmal mit dem ersten Akt dieses Stückes, genauer gesagt, mit dem Vorspiel.
    Das Vorspiel war die Bundestagswahl vom 6. März, die Stimmabgabe jener mehr als zwei Millionen Wähler, die uns GRÜNE in den Bundestag gebracht haben.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das haben die Bürger längst bereut! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das machen die nie mehr!)

    Mit diesem Einzug in den Bundestag hätte uns nach geltender Rechtslage das Recht zugestanden, in allen Ausschüssen und Unterausschüssen dieses Parlaments vertreten zu sein. Dies hätte auch die Beteiligung der GRÜNEN an jenem Gremium eingeschlossen, das bis zum Jahre 1983 Jahr für Jahr das Finanzgebaren der Geheimdienste untersucht hat, nämlich die Beteiligung am dafür zuständigen Unterausschuß des Haushaltsausschusses. Diese Beteiligung hätten Sie uns nicht verwehren können; denn die Geschäftsordnung des Bundestages schreibt zwingend vor:
    In einem Unterausschuß muß jede Fraktion, die im Ausschuß vertreten ist, auf ihr Verlangen mindestens mit einem Mitglied vertreten sein.
    Das ist die Rechtslage.

    (Schily [GRÜNE]: Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher!)

    Das aber sollte nicht sein. Diese Beteiligung durfte nicht sein. So meinten es jedenfalls die Herren im Bundeskanzleramt, im Justiz-, im Finanz- und in anderen Ministerien. Und so haben sie ihre Juristen darauf angesetzt, Regelungen und Verfahrenstricks ausfindig zu machen, durch die wir herausgehalten werden und doch wenigstens der Anschein von Legalität gewahrt bleiben sollte. Im Spätsommer 1983 waren sie dann erstmals fündig geworden, Ihre Rechtsgelehrten aus den Hinterzimmern der Ministerien.

    (Schily [GRÜNE]: Gelehrte? Ein bißchen übertrieben! Geleerte!)

    Doch der Vorschlag, den Sie dann auf den Tisch brachten, verstieß so offensichtlich gegen Recht und Gesetz, daß selbst die Regierungskoalition es nicht wagte, ihn aufrechtzuerhalten. Immerhin hatten Sie sich damals die rechtliche Absurdität ausgedacht, die Etatansätze der Geheimdienste für 1984 auf der Grundlage eines Gesetzes beraten zu wollen, das nicht nur rechtswidrg gewesen wäre, sondern das es zum Zeitpunkt dieser Beratung noch gar nicht geben konnte, weil es nämlich noch gar nicht in Kraft getreten sein konnte. Gleichzeitig hatten Sie der Öffentlichkeit weiszumachen versucht, bei der ganzen Angelegenheit gehe es nicht um Geheimdienste, nein, es gehe eigentlich nur um Regelungen für den Fortfall der Essenszuschüsse.

    (Heiterkeit bei den GRÜNEN — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist die Tarnung!)

    Wir haben diesen Vorgang damals öffentlich gemacht, und auch ein Teil der Presse hat damals Ihre verfassungsrechtlichen Manipulationsversuche

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist das geheimdienstliche Niveau! — Schily [GRÜNE]: Beim MAD gelernt!)

    deutlich gemacht. Weil das so ist und nur weil das damals das Licht der Öffentlichkeit erreicht hat, haben Sie sich gezwungen gesehen, diesen ersten Vorstoß zurückzunehmen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Unverschämtheit! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Märchenstunde! — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Doch das Scheitern dieses ersten Vorstoßes hat Sie nicht davon abgehalten, neue Anläufe zu nehmen. Wenn schon keine Möglichkeiten in Sicht waren, die GRÜNEN aus den Beratungen über die Geheimdienstetats für 1984 herauszuhalten, dann mußten eben diese Beratungen erst einmal ganz ausfallen. Das war Ihre Logik. Ausschluß der GRÜNEN, das blieb für Sie die Ultima ratio in dieser Frage. Und das bestimmte Ihren Umgang mit Recht und Gesetz in dieser Angelegenheit.
    Und so kamen dann im Herbst weitere Vorschläge auf den Tisch. Sie unterschieden sich in einzelnen Punkten. Sie hatten aber alle eines gemeinsam: Um unsere Beteiligung zu verhindern, sollten die parlamentarische Kontrolle und Beratung der Geheimdienstetats im Verfahren der Haushaltsaufstellung für 1984 zunächst einmal völlig wegfallen. Der Bundestag sollte gewissermaßen blind Haushaltsansätze verabschieden, deren Zustandekommen kein einziger Parlamentarier hier eigentlich beurteilen konnte.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist ja wirklich nicht die Wahrheit, was Sie da erzählen!)




    Kleinert (Marburg)

    Erst im Jahr 1984 — heute sind wir so weit — sollte nachträglich die Überprüfung dieser Ansätze einem Gremium übertragen werden, über das wir heute reden. Die blinde Zustimmung hier im Bundestag und die nachträgliche Genehmigung sind ein in der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik in dieser Form einmaliger Vorgang.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie sind auch einmalig! — Schily [GRÜNE]: Die sind immer für einige Neuheiten gut!)

    Trotz unserer Versuche, dieses Verfahren zu verhindern, hat der Bundestag durch Mehrheitsbeschluß schließlich diesen Weg eingeschlagen. Durch diesen Mehrheitsbeschluß haben CDU/CSU und FDP selbst dafür gesorgt, daß dieser Bundestag das wichtigste Parlamentsrecht, das Budgetbewilligungsrecht, allenfalls unvollständig wahrnehmen konnte — und das allein, um uns GRÜNEN keinen Einblick ins Finanzgebahren der Geheimdienste geben zu müssen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Nehmen Sie sich doch nicht so wichtig! — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Daß dabei gegen tragende verfassungsrechtliche Prinzipien — ich erinnere hier nur an die Art. 110 und 111 des Grundgesetzes — verstoßen wurde, ist Ihnen dabei gleichgültig geblieben.
    Was nun heute und morgen vorgesehen ist, hat nicht einmal den Anschein, daß diesem Vorgang, der letztlich darauf zielt, eine „Lex GRÜNE" zu schaffen, eine nachträgliche demokratische Legitimation gegeben werden könnte. Denn das, was Sie mit Ihren Anträgen hier vorhaben, läuft im Endeffekt darauf hinaus, ein Kontrollorgan für das Finanzgebahren der Geheimdienste zu bilden, dessen Zusammensetzung völlig ins Belieben der Mehrheitsfraktionen des Bundestages gestellt werden soll. Im Klartext läuft Ihr Vorschlag darauf hinaus, daß letzten Endes die Regierung selber über die parlamentarische Kontrolle entscheiden kann. Sie entscheidet mit der Mehrheit der sie tragenden Fraktionen selber darüber, ob die Opposition an dieser Kontrolle beteiligt wird. Sie entscheiden darüber, welche Fraktion hier kontrollieren darf und welche Fraktion das nicht darf. Das aber ist eine verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Absurdität.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP eine Mehrheit findet, bedeutet das, daß die parlamentarische Opposition von einem wesentlichen Teil der Kontrolle der Regierung ausgeschlossen werden kann. Das aber wäre der Anfang vom Ende der parlamentarischen Kontrollfunktion insgesamt und eine Verabschiedung von tragenden Prinzipien der parlamentarischen Demokratie.
    Daran würde sich dadurch nichts ändern, wenn die Mehrheitsfraktionen hier gewissermaßen in einem Akt der Großmut bereit sein sollten, Vertreter der SPD mitzuwählen; denn solange es von dieser Großmut abhängt, ob eine Opposition an der parlamentarischen Kontrolle beteiligt wird, kann von echter Kontrolle der Regierung nicht mehr die Rede sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Kühbacher [SPD])

    Fast ein Jahr haben sich Ministerialbeamte, Staatssekretäre, Juristen, Parlamentsausschüsse und auch das Plenum mit dieser Frage der Kontrolle der Etatansätze für die Geheimdienste befassen müssen. Meine Damen und Herren, das alles geschah nur, um erreichen zu können, daß durch eine „Lex GRÜNE" uns der Zugang zu diesem Kontrollorgan verwehrt werden kann. Da stellt sich doch folgende Frage. Wenn man sich den ganzen Aufwand, die Vielzahl von Peinlichkeiten, die Sie sich in diesem Zusammenhang geleistet haben, ansieht — wie groß müssen Ihre Befürchtungen sein, wir könnten dort irgend etwas herausbekommen, das Sie im Dunkel der Verschwiegenheit halten zu müssen glauben, wenn Sie einen solchen Aufwand betreiben und mit einer solchen Entschlossenheit den Ausschluß der GRÜNEN auch unter Mißachtung verfassungsrechtlicher Prinzipien mit allen Mitteln durchzusetzen versuchen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn dieser Aufwand auch nur in irgendeinem Verhältnis zu dem stehen soll, was ein grüner Parlamentarier in einem solchen Gremium über die Nachrichtendienste erfahren kann, dann müssen das schon äußerst dubiose Machenschaften sein, die bei den Nachrichtendiensten so vor sich gehen und die nicht an grüne Ohren dringen dürfen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wer in den letzten Wochen verfolgt hat, was bei diesen so geheimhaltungsbedürftigen Stellen alles getrieben wird, kann allerdings fast geneigt sein, meine Damen und Herren, Ihre Ängste ein wenig zu verstehen. Denn was da in der Affäre Ihres Herrn Verteidigungsministers an Dilettantismus, an Schlamperei, an Wichtigtuerei und Intrigantentum beim MAD vom Untersuchungsausschuß des Bundestages so nach und nach ans Licht gezerrt werden mußte — sogar wir hätten das nicht für möglich gehalten.

    (Zustimmung des Abg. Schily [GRÜNE])

    Da plaudern ein paar subalterne Beamte im lokkeren Ton über einen General, schieben sich zu, was sie für Schlüpfrigkeiten halten. Da sieht ein ehrgeiziger Regierungsdirektor plötzlich für sich die Chance, ganz groß herauszukommen, und schon wird daraus ein Aktenvorgang. Da äußert ein Dienstvorgesetzter Bedenken gegen die eingeleitete Ermittlungstätigkeit, das aber stört die Ermittler nicht sonderlich.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Zum Tagesordnungspunkt!)

    — Das gehört alles zur Tagesordnung, Herr Kittelmann.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Zu Ihrer!)




    Kleinert (Marburg)

    Ein bißchen kleiner Dienstweg, und dann wird eben eigenhändig ermittelt, wenn auch außerhalb des Gesetzes.
    Ein, zwei Fotos noch, hinzu ein paar wenig exakte Angaben zur Identität des Fotografierten, und schon steht die Zwangspensionierung des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers auf der Tagesordnung und kommt eine Lawine ins Rollen, die Herrn Kießling in Verruf und den Homosexuellen eine neue Welle von Achtung und Diskriminierung bringt. Die Bundesregierung hat diesen ganzen Prozeß so sehr im Griff, daß es der Herr Wörner — und ich zitiere hier den „Spiegel" — inzwischen politisch auf Null gebracht hat.

    (Schily [GRÜNE]: Ins Minus!)

    Wer Einblick nehmen kann in das, was an Ermittlungsakten des MAD im Fall Kießling vorliegt, j a wer nur die Zeitungen liest, der muß sich doch fragen, was noch alles möglich ist in jenen Ämtern, deren Finanzgebaren Sie unserer Fraktion gegenüber verschlossen halten wollen,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    und der muß sich doch die Frage stellen: Was treibt der Verfassungsschutz eigentlich mit jenen 178 Millionen DM, die ihm im Haushaltsplan 1984 blind bewilligt worden sind?

    (Schily [GRÜNE]: Alles im Tom-Tom verjubelt!)

    Werden damit auch Ermittlungen finanziert, bei denen die vage Vermutung, jemand könnte in einer Wohngemeinschaft gewohnt, an einer Demonstration teilgenommen haben, schließlich mit seiner Entlassung aus dem öffentlichen Dienst enden könnte? Wozu braucht der Verfassungsschutz 1984 einen Etatansatz, der um mehr als 20 % über dem Ist-Ergebnis von 1982 liegt

    (Schily [GRÜNE]: Für Karneval!)

    und dessen Steigerungsrate gegenüber 1983 viermal so hoch ist wie der Anstieg der Gesamtausgaben im Bundeshaushalt?

    (Zuruf des Abg. Fischer [Frankfurt] [GRÜNE])

    Wie hoch ist eigentlich der Anteil der Mittel, die Sie zur Ausschnüffelung der GRÜNEN ausgeben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ach du liebe Zeit!)

    Meine Damen und Herren, selten ist die Notwendigkeit einer wirksamen Kontrolle der Nachrichtendienste so deutlich geworden wie in den letzten Wochen, und selten hat sich die Notwendigkeit einer solchen Kontrolle durch eine Opposition, die nicht das Interesse hat, alles zu vertuschen, was irgendwie zu vertuschen ist, deutlicher herausgestellt als in diesen Wochen.

    (Glocke des Präsidenten)

    Die Wahl, die Sie für morgen vorgesehen haben, wird vermutlich nicht mehr als eine Farce sein.


Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter, ich bitte Sie wirklich, zum Schluß zu kommen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Das ist der letzte Satz.
    Die Tatsache, daß wir uns daran beteiligen, hat nur den einen Grund: Wir wollen noch einmal deutlich machen, daß es dem verfassungsmäßigen Anspruch und dem Auftrag der Opposition entspricht, an der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive mitzuwirken, und daß es nicht Angelegenheit der Regierungsmehrheit sein kann, auszuwählen, welche Oppositionsfraktion sie dabei akzeptiert und welche nicht.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)