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    Plenarprotokoll 10/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Inhalt: Gedenkworte für den verstorbenen sowjetischen Staats- und Parteichef Juri Andropow 3927 A Wahl des Abg. Dr. Klejdzinski zum stellvertretenden Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . 3927 B Ausscheiden des Abg. Bastian aus der Fraktion DIE GRÜNEN 3927 B Erweiterung der Tagesordnung 3927 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/988 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/1024 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Gremium zur Genehmigung der Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste — Drucksache 10/1028 — Roth (Gießen) CDU/CSU 3927 D Walther SPD 3928 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 3930 D Dr. Weng FDP 3933 C Namentliche Abstimmung 3935 A Beratung des Jahresgutachtens 1983/84 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 10/669 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1984 der Bundesregierung — Drucksache 10/952 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Wissmann, Hauser (Krefeld), Kraus, Doss, Dr. Lippold, Dr. Lammert, Lattmann, Dr. Schwörer, Müller (Wadern), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Unland, Niegel, Gerstein, Pfeffermann, Lenzer, Seesing, Günther, Krey, Dr. Bugl, Dr. Hoffacker, Eigen, Dr. Möller, Dr. Müller, Kroll-Schlüter, Tillmann, Weiß, Haungs, Hinsken, Frau Krone-Appuhn, Frau Geiger, Frau Will-Feld, Frau Verhülsdonk, Wilz, Bohl, Dr. Olderog, Sauter (Ichenhausen), Berger, Dr. Götz, Dr. Hornhues, Pohlmann, Magin, Dr. II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Schroeder (Freiburg), Hedrich, Uldall, Jung (Lörrach), Dr. Stavenhagen, Dr. Friedmann, Dr. Laufs, Schwarz, Sauter (Stuttgart), Dr. Kunz (Weiden), Linsmeier und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Solms, Dr. Haussmann, Gattermann, Grünbeck, Hoffie, Wurbs, Dr. Weng, Dr.-Ing. Laermann, Dr. Feldmann und der Fraktion der FDP Förderung der Bildung von Risikokapital — Drucksache 10/918 — Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3937B, 4020C, 4024 B Roth SPD 3947 C Dr. Dregger CDU/CSU 3955 C Dr. Jochimsen, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 3962 B, 4022 D Dr. Haussmann FDP 3983 D Burgmann GRÜNE 3986 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3991 C Dr. Apel SPD 3997 A Handlos fraktionslos 4001 D Hauser (Krefeld) CDU/CSU 4004A Dr. Ehrenberg SPD 4005 D Dr. Solms FDP 4008 C Stratmann GRÜNE 4010A Wissmann CDU/CSU 4011 C Kraus CDU/CSU 4013 C Dr. Jens SPD 4015 B Gerstein CDU/CSU 4017 C Kittelmann CDU/CSU 4019A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/930 — Dr. Eyrich, Minister des Landes BadenWürttemberg 4025 A Kiehm SPD 4026 C Dr. Hirsch FDP 4027 B Hoss GRÜNE 4028 B Broll CDU/CSU 4029 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 10/964 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Rechts der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung an die Einführung von Vorruhestandsleistungen — Drucksache 10/965 — 4031 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1983 und zur Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1976 — Drucksache 10/462 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 10/935 — Schwenninger GRÜNE 4031 C Kittelmann CDU/CSU 4033 B Klose SPD 4033 C Dr. Rumpf FDP 4035 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1980 — Drucksache 10/265 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 10/999 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/1036 — 4035 D Beratung der Sammelübersicht 23 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 29. März bis 31. Dezember 1983 eingegangenen Petitionen — Drucksache 10/975 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/989 — 4036 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1723/81 hinsichtlich der Möglichkeit, Beihilfen für die Verwendung von Butter zur Herstellung bestimmter Lebensmittel zu gewähren Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1411/71 hinsichtlich des Fettgehalts der Trinkmilch Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung allgemeiner Regeln für die Gewährung von Beihilfen für zu Futterzwecken bestimmte eingedickte Milch Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1269/79 hinsichtlich der Bedingungen für den Absatz von für den Direktverbrauch bestimmter Butter zu ermäßigten Preisen - Drucksachen 10/595 Nr. 8, 10/977 - Fragestunde - Drucksache 10/1017 vom 17. Februar 1984 - Kurt Ziesel, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschland-Stiftung e. V., als Begleiter Bundeskanzlers Kohl auf dessen Israel-Reise MdlAnfr 4, 5 17.02.84 Drs 10/1017 Frau Dr. Timm SPD Antw StSekr Boenisch BPA 3967 B, D, 3968 B, C, D, 3969 A, B, C, D, 3970 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Timm SPD . . . 3967D, 3968A,B ZusFr Lutz SPD 3968 C ZusFr Urbaniak SPD 3968 D ZusFr Krizsan GRÜNE 3968D, 3970 C ZusFr Stiegler SPD 3969A, 3970 B ZusFr Dr. Sperling SPD 3969B, C ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . 3969B, 3970 B ZusFr Dr. Scheer SPD 3969 D ZusFr Becker (Nienberge) SPD . . 3969D, 3970A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 3970 B Umfang der Arbeitnehmerüberlassung MdlAnfr 20, 21 17.02.84 Drs 10/1017 Kirschner SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3970D, 3971 A, B, C, D, 3972 A, B, C, D, 3973 A, B, C, D, 3974B, C ZusFr Kirschner SPD 3971 B, C, 3972 B ZusFr Frau Zutt SPD 3972 B ZusFr Peter (Kassel) SPD 3972C, D ZusFr Stiegler SPD 3972D, 3973C ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 3973A ZusFr Urbaniak SPD 3973B, C ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 3973D, 3974 A ZusFr Reimann SPD 3974 B,C Ausdehnung der bisher auf drei Monate begrenzten Höchstdauer bei der Arbeitnehmerüberlassung MdlAnfr 22, 23 17.02.84 Drs 10/1017 Peter (Kassel) SPD Antw PStSekr Vogt BMA . . 3974D, 3975 BC, D, 3976 A, B, C, D, 3977 A, B, C ZusFr Peter (Kassel) SPD . . . 3975 B, C, 3976A ZusFr Kirschner SPD 3975C, D ZusFr Lutz SPD 3976A, B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 3976B, C ZusFr Dreßler SPD 3976 D ZusFr Dr. Penner SPD 3977 B ZusFr Urbaniak SPD 3977B, C Schaffung von Dauerarbeitsplätzen durch Einschränkung der Arbeitnehmerüberlassung und durch stärkere Bekämpfung der illegalen Beschäftigung MdlAnfr 24, 25 17.02.84 Drs 10/1017 von der Wiesche SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3977D, 3978 A, B, C, D, 3979 A, B, C, D, 3980 A, B, C, D, 3981A, B ZusFr von der Wiesche SPD . 3978 A, B, 3980B, C ZusFr Peter (Kassel) SPD . . . 3978B, 3981A ZusFr Lutz SPD 3978C, 3981 B ZusFr Frau Schmidt (Nürnberg) SPD . . 3978 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 3978 D ZusFr Kirschner SPD 3979B, 3980 D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . . 3979 C ZusFr Frau Fuchs (Köln) SPD 3979 D ZusFr Keller CDU/CSU 3980 D Äußerung des Bundesarbeitsministers über die Feststellbarkeit gesundheitlicher Teilarbeitsfähigkeit; Berücksichtigung betrieblicher Umstände bei der Feststellung einer Teilarbeitsfähigkeit durch den Arzt MdlAnfr 34, 35 17.02.84 Drs 10/1017 Urbaniak SPD Antw PStSekr Vogt BMA . 3981 C, D, 3982 A, C, D ZusFr Urbaniak SPD 3981C, 3982C, D ZusFr Lutz SPD 3981D, 3982A IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 Gesetzliche Absicherung sozialversicherungsrechtlich ungeschützter Beschäftigungsverhältnisse MdlAnfr 36, 37 17.02.84 Drs 10/1017 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD Antw PStSekr Vogt BMA . . . 3982D, 3983 A,C ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 3982 D, 3983 C Nächste Sitzung 4036 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4037* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 3927 56. Sitzung Bonn, den 23. Februar 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984 4037* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 24.2. Dr. Ahrens * 23.2. Bernrath 23. 2. Frau Blunck 24.2. Böhm (Melsungen) 24.2. Brosi 24. 2. Dr. Enders 24.2. Ertl 24.2. Hartmann 24. 2. Heyenn 24. 2. Jäger (Wangen) * 24.2. Dr. h. c. Lorenz 24. 2. Menzel 23.2. Möllemann 24.2. Neumann (Bramsche) * 24. 2. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 24.2. Spilker 23.2. Dr. Stark (Nürtingen) 24.2. Dr. Todenhöfer 24.2. Frau Dr. Wex 24.2. Weiskirch (Olpe) 24.2. Wischnewski 24.2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudi Walther


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Roth, Sie haben in der Begründung zu Ihrem Antrag manches gesagt, was so selbstverständlich ist, daß ich es nicht kommentieren muß. Aber auf der anderen Seite haben Sie übersehen, daß der Sachverhalt, mit dem wir uns in dieser Abstimmung zu befassen haben, Fragen aufwirft, die weit über den eigentlichen Anlaß hinausgehen. Die Fragen lauten nämlich: Wie gehen politische Mehrheiten mit politischen Minderheiten um?

    (Beifall bei der SPD)

    Darf eine parlamentarische Mehrheit eine politische Minderheit aus ihren parlamentarischen Rechten und Verantwortungen hinausdrängen? Wieviel Demokratie will sich unser demokratischer Staat nach über 35 Jahren seines Bestehens leisten? Wie liberal ist eine kleine Partei, die sich daran beteiligt, eine andere kleine Partei in der Ausübung ihrer parlamentarischen Rechte und Verantwortungen zu behindern?

    (Beifall bei der SPD — Oho-Rufe von der CDU/CSU und der FDP)

    Und ganz pragmatisch: Darf man eine politische
    Gruppierung schon deshalb ausgrenzen, weil deren



    Walther
    Fragen unbequem sind und weil ihr Verhalten anders ist und vielleicht ärgerlicher als das anderer?

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das geht nun aber wirklich zu weit!)

    Was können andere Parteien tun — frage ich auch ganz pragmatisch —, um denen in der grünen Fraktion den Rücken zu stärken, die einen realpolitischen Weg zu gehen bereit sind?
    Meine Damen und Herren, anläßlich der zweiten Lesung zum Haushaltsgesetz 1984 habe ich für meine Fraktion zu dem damals von der Mehrheit beschlossenen § 4 Abs. 9 des Haushaltsgesetzes folgendes ausführen dürfen — ich rufe dies heute in Erinnerung —:
    Wir Sozialdemokraten lehnen die vorgesehene Regelung aber auch deshalb ab, weil wir aus unserer eigenen Geschichte leidvoll wissen, wohin es führen kann, wenn politische Minderheiten ausgegrenzt werden, und wir wehren uns dagegen, wer immer es auch sein mag, daß politische Minderheiten von der Mehrheit ausgegrenzt werden. Dies kann der erste Schritt auf dem Wege zu weniger Demokratie sein, und deshalb wehren wir uns dagegen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe dies damals gesagt. Wir haben zwar heute nicht mehr über den § 4 Abs. 9 des Gesetzes zu beraten und zu beschließen, das, was ich heute für meine Fraktion vorzutragen habe, bewegt sich jedoch auf der gleichen Linie, die ich damals für unsere Ablehnung als Argumentation vortragen durfte.
    Befürworter der neuen Vorschrift — und Sie, Herr Kollege Roth, haben zu denen gehört —, die eine Abweichung von der langjährig geübten Praxis darstellt, daß sich ein Unterausschuß des Haushaltsausschusses mit der Prüfung der geheimen Wirtschaftspläne befaßt, wollen die Neuregelung damit rechtfertigen, daß sie die parlamentarischen Kontrollrechte verbessern wollen. Deshalb kommt es heute mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen über Größe und Zusammensetzung dieses Gremiums zum Schwur. Der eigentliche Zweck der Vorschrift, der schon von ihren mißglückten und mehrfach zurückgenommenen Vorläufern abzulesen war, wird sichtbar. Es geht darum, um es im Klartext zu sagen, eine der vier Fraktionen dieses Hauses von einem bestimmten Bereich der Haushaltskontrolle auszuschließen und ihr die vollständige Prüfung vorzuenthalten.
    Dies bedeutet in der Praxis, daß damit die parlamentarischen Kontrollrechte, Herr Kollege Roth, nicht verbessert, sondern eingeschränkt werden. Der Minderheitenschutz des § 55 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, der jeder Fraktion das Recht gibt, in einem Unterausschuß vertreten zu sein, soll durch eine vorrangige Gesetzesregelung ausgehebelt werden. Damit wird der Vertrauensschutz, durch den die Geschäftsordnung unabhängig von wechselnden politischen Konstellationen ein Mindestmaß an parlamentarischer Kontrolle gewährleisten soll, schlicht ausgehebelt. Der von uns vorgelegte Antrag stellt dagegen eindeutig klar, daß wir eine Regelung wollen, die die Haushaltskontrolle mit jenen Einschränkungen, die sich aus der Natur der Sache ergeben, allen Fraktionen dieses Hohen Hauses nicht nur zubilligt, sondern sie als einen tragenden Verfassungsgrundsatz festschreiben will.
    Ich bin mir im klaren, wenn Sie mit Ihrer Mehrheit Ihren Antrag durchsetzen, daß das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort sprechen muß. Wir halten ein Verfahren, das eine Fraktion des Deutschen Bundestages von der Haushaltskontrolle ausschließt, für verfassungswidrig.
    Das von Ihnen vorgeschlagene Verfahren, welches darauf hinausläuft, die Fraktion der GRÜNEN von einem Teil der Haushaltskontrolle auszuschließen, wird von Ihnen ganz offenbar damit begründet, daß Sie Mitgliedern dieser Fraktion nicht zutrauen, die notwendige Geheimhaltungspflicht einzuhalten. Ich erlaube mir deshalb, daran zu erinnern, daß der Herr Bundestagspräsident selbst anläßlich der Konstituierung der Ausschüsse den Weg gewiesen hat, wie angesichts des Hinzutretens einer vierten Fraktion die Verschwiegenheitspflicht gegenüber geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen durchgesetzt wird, nicht durch Vorenthalten solcher Informationen, sondern durch strafrechtliche Ahndung, wenn die Geheimhaltungspflicht verletzt wird. Diesen Hinweis des Herrn Bundestagspräsidenten hat meine Fraktion von Anfang an mitgetragen. Sie sieht auch heute absolut keinen Anlaß, sich zu korrigieren. Die Koalition allerdings schlägt das entgegengesetzte Verfahren vor.
    Ich halte dagegen, daß alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages dieselbe einheitliche Legitimation und dieselbe Verantwortung durch die freie Entscheidung der Bürger erhalten haben. Durch unseren eigenen Antrag stellen wir klar, daß wir uns an einer Einteilung der Mitglieder des Deutschen Bundestages in richtige und falsche Volksvertreter nicht beteiligen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Schäuble [CDU/ CSU]: Wer tut denn das?)

    Juristisch bewegen Sie sich mit Ihrem Antrag auf dünnem Eis. Schon in der G-10-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist ausgeführt, daß „eine Fraktion oder Koalition, die das gesamte Gremium einseitig besetzen und auf die einseitige Besetzung der Kommission hinwirken würde, im Zweifel mißbräuchlich verfahren würde".
    Dies bedeutet, daß die Kontrolle der Regierung von Verfassung wegen dem gesamten Parlament obliegt, ganz besonders aber der Opposition, die entsprechend der Aufgabenverteilung die Kontrolle stärker als die Regierungsmehrheit ausüben muß.
    Ich bekräftige auch die Feststellung meines Kollegen Gerhard Jahn bei den im Prinzip ähnlichen Auseinandersetzungen um die Zahl und Wahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission. Er hat damals gesagt: „Nur dann, wenn die Mehrheit des Deutschen Bundestages die besondere Verantwortung der Minderheit für eine wirksame, überzeugende und glaubwürdige Kontrolle
    3930 Deutscher Bundestag — l0. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1984
    Walther
    achtet, trägt die Mehrheit ihrer Verantwortung dafür Rechnung, daß das Parlament seine Aufgabe als Gesamtheit wahrnehmen kann."
    Erst recht muß diese Aussage für jenes Kontrollrecht gelten, das das älteste des Parlamentes überhaupt ist und in dem die Wurzeln des Parlamentarismus liegen, nämlich für die Haushaltskontrolle.

    (Beifall bei der SPD)

    Um die Vollständigkeit der Haushaltskontrolle hat es in der Geschichte einen heftigen und lang andauernden Kampf gegeben. Noch in der Weimarer Republik war sie gerade auch im Hinblick auf die Geheimdienste unvollkommen. Es ist eine Leistung und ein Ausweis unserer Demokratie, sie durchgesetzt zu haben, und zwar für das gesamte Parlament.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Sehr gut!)

    Verglichen mit der G-10-Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht deshalb in seinem Beschluß vom 15. Dezember 1983 den Minderheitenschutz noch deutlicher formuliert und die von den Antragstellern, nämlich dem Kollegen Kleinert und der Fraktion die GRÜNEN, geltend gemachten Belange als „gewichtig" bezeichnet. In der parlamentarischen Demokratie müsse gewährleistet sein, „daß grundsätzlich sowohl jede Fraktion, insbesondere die Opposition, als auch die einzelnen Abgeordneten ihre Vorstellungen über die Verwendungsmöglichkeiten der Haushaltsmittel darlegen und dadurch die Entscheidung über den Haushalt beeinflussen können".
    Dies scheint mir ein sehr deutlicher Hinweis darauf zu sein, daß das Gericht in dem von der Koalition gesehenen Zielkonflikt nicht dem Geheimschutz, sondern der parlamentarischen Kontrolle den Vorrang einräumt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Unbeschadet der endgültigen Entscheidung unseres Bundesverfassungsgerichtes kann bereits jetzt festgestellt werden, daß die Mehrheit zumindest bereit ist, Parlaments- und Haushaltsrecht in einem bedenklichen Maß zu strapazieren und dabei Glaubwürdigkeitsverluste für das Parlament insgesamt hinzunehmen.
    Welchen Eindruck muß es eigentlich bereiten, ausgerechnet in einem Zeitpunkt, in dem die Öffentlichkeit mit Unglauben kaum zu beschreibende Methoden eines Geheimdienstes bestaunt, die parlamentarische Kontrolle zuerst zu verzögern und dann im Ergebnis zum Nachteil einer Parlamentsminderheit zu verkürzen?

    (Beifall bei der SPD — Sehr wahr! bei der SPD)

    Lassen Sie mich noch eine sehr persönliche Bemerkung anschließen. Ich habe die Kollegen Kleinert und Verheyen von der Fraktion die GRÜNEN in der Arbeit des Haushaltsausschusses kennengelernt und haben zu ihnen das uneingeschränkte Vertrauen, daß sie sich streng an die notwendigen Geheimhaltungsvorschriften halten würden.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Wir Sozialdemokraten appellieren deshalb noch einmal an die Parlamentsmehrheit, das Gremium in einer sehr empfindlichen Zeit so auszugestalten, daß niemand das Gefühl haben kann, es werde manipuliert. Folgen Sie unserem Antrag, der den Minderheitenschutz streng gewährleistet, indem sich das Gremium ähnlich wie der frühere Unterausschuß des Haushaltsausschusses aus vier Abgeordneten aus vier Fraktionen zusammensetzt. Dies wäre der rechtlich sauberste Weg.
    Zum Schluß: In meiner Fraktion hat es eine ausführliche Diskussion darüber gegeben, ob sich unsere Bundestagsfraktion gleichwohl an dem Wahlvorgang morgen dann beteiligen sollte, wenn die Mehrheit die Annahme des Antrages der Koalitionsfraktionen beschließt. Sie werden nach dem, was ich bisher ausgeführt habe, verstehen, daß es bei uns große Zweifel gegeben hat, ob wir uns an einem Verfahren beteiligen sollten, das wir als nicht mit der Verfassung in Einklang befindlich ansehen. Andererseits war abzuwägen, ob wir uns durch unser Verhalten selbst aus der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste, soweit es sich um die Haushaltskontrolle handelt, abmelden sollten. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, daß sich bei aller juristischen Bedenklichkeit des Verfahrens eine große Oppositionspartei der Haushaltskontrolle in einem derartig sensiblen Bereich nicht entziehen sollte. Wir werden deshalb für die Wahl morgen früh unsere eigenen Vorschläge unterbreiten, sagen aber ganz eindeutig, daß dies nicht als eine nachträgliche Zustimmung für den möglicherweise zu erwartenden Mehrheitsbeschluß anzusehen ist.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Klare Linie der SPD!)

    Unser Protest gegen das von der Koalition angestrebte Verfahren bleibt in vollem Umfang aufrechterhalten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit beantragt meine Fraktion namentliche Abstimmung.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute morgen beginnt der letzte Akt eines politischen Lehrstücks, an dem beispielhaft deutlich wird, wie es um das Demokratieverständnis der Regierungsparteien in diesem Bundestag bestellt ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Im Mittelpunkt dieses Lehrstücks steht der von langer Hand vorbereitete, über viele Monate mit andauernder Energie auf verschiedensten Wegen betriebene Versuch einer Regierungsmehrheit, eine unbequeme oppositionelle Minderheit in diesem Haus von tragenden parlamentarischen Kontroll-



    Kleinert (Marburg)

    rechten auszuschließen. Das ist der Kern des Problems, über das wir heute reden,

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    und nicht — Herr Roth, tun Sie nicht so scheinheilig — die Frage: Auf welche Weise kann die Arbeitsfähigkeit eines solchen Gremiums gesichert werden? Das ist doch scheinheilig und — ich möchte mir diese Bemerkung ausdrücklich erlauben — heuchlerisch, Herr Kollege Roth.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Morgen soll dann der letzte Akt mit der Wahl jenes Gremiums, über dessen Einrichtung wir hier reden, seinen vorläufigen Abschluß finden. Dann soll der Vorhang für dieses Stück fallen, das deutlicher noch als viele andere, die in diesem Hohen Hause gespielt werden, verrät, wie ernst es die Regierungskoalition tatsächlich mit substantiellen Grundlagen jener Vefassung meint, die sie ansonsten so gerne im Munde führt.

    (Schily [GRÜNE]: Nur solane es paßt!)

    Aber ich will der Reihe nach vorgehen. Beginnen wir einmal mit dem ersten Akt dieses Stückes, genauer gesagt, mit dem Vorspiel.
    Das Vorspiel war die Bundestagswahl vom 6. März, die Stimmabgabe jener mehr als zwei Millionen Wähler, die uns GRÜNE in den Bundestag gebracht haben.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das haben die Bürger längst bereut! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das machen die nie mehr!)

    Mit diesem Einzug in den Bundestag hätte uns nach geltender Rechtslage das Recht zugestanden, in allen Ausschüssen und Unterausschüssen dieses Parlaments vertreten zu sein. Dies hätte auch die Beteiligung der GRÜNEN an jenem Gremium eingeschlossen, das bis zum Jahre 1983 Jahr für Jahr das Finanzgebaren der Geheimdienste untersucht hat, nämlich die Beteiligung am dafür zuständigen Unterausschuß des Haushaltsausschusses. Diese Beteiligung hätten Sie uns nicht verwehren können; denn die Geschäftsordnung des Bundestages schreibt zwingend vor:
    In einem Unterausschuß muß jede Fraktion, die im Ausschuß vertreten ist, auf ihr Verlangen mindestens mit einem Mitglied vertreten sein.
    Das ist die Rechtslage.

    (Schily [GRÜNE]: Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher!)

    Das aber sollte nicht sein. Diese Beteiligung durfte nicht sein. So meinten es jedenfalls die Herren im Bundeskanzleramt, im Justiz-, im Finanz- und in anderen Ministerien. Und so haben sie ihre Juristen darauf angesetzt, Regelungen und Verfahrenstricks ausfindig zu machen, durch die wir herausgehalten werden und doch wenigstens der Anschein von Legalität gewahrt bleiben sollte. Im Spätsommer 1983 waren sie dann erstmals fündig geworden, Ihre Rechtsgelehrten aus den Hinterzimmern der Ministerien.

    (Schily [GRÜNE]: Gelehrte? Ein bißchen übertrieben! Geleerte!)

    Doch der Vorschlag, den Sie dann auf den Tisch brachten, verstieß so offensichtlich gegen Recht und Gesetz, daß selbst die Regierungskoalition es nicht wagte, ihn aufrechtzuerhalten. Immerhin hatten Sie sich damals die rechtliche Absurdität ausgedacht, die Etatansätze der Geheimdienste für 1984 auf der Grundlage eines Gesetzes beraten zu wollen, das nicht nur rechtswidrg gewesen wäre, sondern das es zum Zeitpunkt dieser Beratung noch gar nicht geben konnte, weil es nämlich noch gar nicht in Kraft getreten sein konnte. Gleichzeitig hatten Sie der Öffentlichkeit weiszumachen versucht, bei der ganzen Angelegenheit gehe es nicht um Geheimdienste, nein, es gehe eigentlich nur um Regelungen für den Fortfall der Essenszuschüsse.

    (Heiterkeit bei den GRÜNEN — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist die Tarnung!)

    Wir haben diesen Vorgang damals öffentlich gemacht, und auch ein Teil der Presse hat damals Ihre verfassungsrechtlichen Manipulationsversuche

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist das geheimdienstliche Niveau! — Schily [GRÜNE]: Beim MAD gelernt!)

    deutlich gemacht. Weil das so ist und nur weil das damals das Licht der Öffentlichkeit erreicht hat, haben Sie sich gezwungen gesehen, diesen ersten Vorstoß zurückzunehmen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Unverschämtheit! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Märchenstunde! — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Doch das Scheitern dieses ersten Vorstoßes hat Sie nicht davon abgehalten, neue Anläufe zu nehmen. Wenn schon keine Möglichkeiten in Sicht waren, die GRÜNEN aus den Beratungen über die Geheimdienstetats für 1984 herauszuhalten, dann mußten eben diese Beratungen erst einmal ganz ausfallen. Das war Ihre Logik. Ausschluß der GRÜNEN, das blieb für Sie die Ultima ratio in dieser Frage. Und das bestimmte Ihren Umgang mit Recht und Gesetz in dieser Angelegenheit.
    Und so kamen dann im Herbst weitere Vorschläge auf den Tisch. Sie unterschieden sich in einzelnen Punkten. Sie hatten aber alle eines gemeinsam: Um unsere Beteiligung zu verhindern, sollten die parlamentarische Kontrolle und Beratung der Geheimdienstetats im Verfahren der Haushaltsaufstellung für 1984 zunächst einmal völlig wegfallen. Der Bundestag sollte gewissermaßen blind Haushaltsansätze verabschieden, deren Zustandekommen kein einziger Parlamentarier hier eigentlich beurteilen konnte.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist ja wirklich nicht die Wahrheit, was Sie da erzählen!)




    Kleinert (Marburg)

    Erst im Jahr 1984 — heute sind wir so weit — sollte nachträglich die Überprüfung dieser Ansätze einem Gremium übertragen werden, über das wir heute reden. Die blinde Zustimmung hier im Bundestag und die nachträgliche Genehmigung sind ein in der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik in dieser Form einmaliger Vorgang.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie sind auch einmalig! — Schily [GRÜNE]: Die sind immer für einige Neuheiten gut!)

    Trotz unserer Versuche, dieses Verfahren zu verhindern, hat der Bundestag durch Mehrheitsbeschluß schließlich diesen Weg eingeschlagen. Durch diesen Mehrheitsbeschluß haben CDU/CSU und FDP selbst dafür gesorgt, daß dieser Bundestag das wichtigste Parlamentsrecht, das Budgetbewilligungsrecht, allenfalls unvollständig wahrnehmen konnte — und das allein, um uns GRÜNEN keinen Einblick ins Finanzgebahren der Geheimdienste geben zu müssen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Nehmen Sie sich doch nicht so wichtig! — Zuruf des Abg. Schily [GRÜNE])

    Daß dabei gegen tragende verfassungsrechtliche Prinzipien — ich erinnere hier nur an die Art. 110 und 111 des Grundgesetzes — verstoßen wurde, ist Ihnen dabei gleichgültig geblieben.
    Was nun heute und morgen vorgesehen ist, hat nicht einmal den Anschein, daß diesem Vorgang, der letztlich darauf zielt, eine „Lex GRÜNE" zu schaffen, eine nachträgliche demokratische Legitimation gegeben werden könnte. Denn das, was Sie mit Ihren Anträgen hier vorhaben, läuft im Endeffekt darauf hinaus, ein Kontrollorgan für das Finanzgebahren der Geheimdienste zu bilden, dessen Zusammensetzung völlig ins Belieben der Mehrheitsfraktionen des Bundestages gestellt werden soll. Im Klartext läuft Ihr Vorschlag darauf hinaus, daß letzten Endes die Regierung selber über die parlamentarische Kontrolle entscheiden kann. Sie entscheidet mit der Mehrheit der sie tragenden Fraktionen selber darüber, ob die Opposition an dieser Kontrolle beteiligt wird. Sie entscheiden darüber, welche Fraktion hier kontrollieren darf und welche Fraktion das nicht darf. Das aber ist eine verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Absurdität.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP eine Mehrheit findet, bedeutet das, daß die parlamentarische Opposition von einem wesentlichen Teil der Kontrolle der Regierung ausgeschlossen werden kann. Das aber wäre der Anfang vom Ende der parlamentarischen Kontrollfunktion insgesamt und eine Verabschiedung von tragenden Prinzipien der parlamentarischen Demokratie.
    Daran würde sich dadurch nichts ändern, wenn die Mehrheitsfraktionen hier gewissermaßen in einem Akt der Großmut bereit sein sollten, Vertreter der SPD mitzuwählen; denn solange es von dieser Großmut abhängt, ob eine Opposition an der parlamentarischen Kontrolle beteiligt wird, kann von echter Kontrolle der Regierung nicht mehr die Rede sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Kühbacher [SPD])

    Fast ein Jahr haben sich Ministerialbeamte, Staatssekretäre, Juristen, Parlamentsausschüsse und auch das Plenum mit dieser Frage der Kontrolle der Etatansätze für die Geheimdienste befassen müssen. Meine Damen und Herren, das alles geschah nur, um erreichen zu können, daß durch eine „Lex GRÜNE" uns der Zugang zu diesem Kontrollorgan verwehrt werden kann. Da stellt sich doch folgende Frage. Wenn man sich den ganzen Aufwand, die Vielzahl von Peinlichkeiten, die Sie sich in diesem Zusammenhang geleistet haben, ansieht — wie groß müssen Ihre Befürchtungen sein, wir könnten dort irgend etwas herausbekommen, das Sie im Dunkel der Verschwiegenheit halten zu müssen glauben, wenn Sie einen solchen Aufwand betreiben und mit einer solchen Entschlossenheit den Ausschluß der GRÜNEN auch unter Mißachtung verfassungsrechtlicher Prinzipien mit allen Mitteln durchzusetzen versuchen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn dieser Aufwand auch nur in irgendeinem Verhältnis zu dem stehen soll, was ein grüner Parlamentarier in einem solchen Gremium über die Nachrichtendienste erfahren kann, dann müssen das schon äußerst dubiose Machenschaften sein, die bei den Nachrichtendiensten so vor sich gehen und die nicht an grüne Ohren dringen dürfen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wer in den letzten Wochen verfolgt hat, was bei diesen so geheimhaltungsbedürftigen Stellen alles getrieben wird, kann allerdings fast geneigt sein, meine Damen und Herren, Ihre Ängste ein wenig zu verstehen. Denn was da in der Affäre Ihres Herrn Verteidigungsministers an Dilettantismus, an Schlamperei, an Wichtigtuerei und Intrigantentum beim MAD vom Untersuchungsausschuß des Bundestages so nach und nach ans Licht gezerrt werden mußte — sogar wir hätten das nicht für möglich gehalten.

    (Zustimmung des Abg. Schily [GRÜNE])

    Da plaudern ein paar subalterne Beamte im lokkeren Ton über einen General, schieben sich zu, was sie für Schlüpfrigkeiten halten. Da sieht ein ehrgeiziger Regierungsdirektor plötzlich für sich die Chance, ganz groß herauszukommen, und schon wird daraus ein Aktenvorgang. Da äußert ein Dienstvorgesetzter Bedenken gegen die eingeleitete Ermittlungstätigkeit, das aber stört die Ermittler nicht sonderlich.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Zum Tagesordnungspunkt!)

    — Das gehört alles zur Tagesordnung, Herr Kittelmann.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Zu Ihrer!)




    Kleinert (Marburg)

    Ein bißchen kleiner Dienstweg, und dann wird eben eigenhändig ermittelt, wenn auch außerhalb des Gesetzes.
    Ein, zwei Fotos noch, hinzu ein paar wenig exakte Angaben zur Identität des Fotografierten, und schon steht die Zwangspensionierung des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers auf der Tagesordnung und kommt eine Lawine ins Rollen, die Herrn Kießling in Verruf und den Homosexuellen eine neue Welle von Achtung und Diskriminierung bringt. Die Bundesregierung hat diesen ganzen Prozeß so sehr im Griff, daß es der Herr Wörner — und ich zitiere hier den „Spiegel" — inzwischen politisch auf Null gebracht hat.

    (Schily [GRÜNE]: Ins Minus!)

    Wer Einblick nehmen kann in das, was an Ermittlungsakten des MAD im Fall Kießling vorliegt, j a wer nur die Zeitungen liest, der muß sich doch fragen, was noch alles möglich ist in jenen Ämtern, deren Finanzgebaren Sie unserer Fraktion gegenüber verschlossen halten wollen,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    und der muß sich doch die Frage stellen: Was treibt der Verfassungsschutz eigentlich mit jenen 178 Millionen DM, die ihm im Haushaltsplan 1984 blind bewilligt worden sind?

    (Schily [GRÜNE]: Alles im Tom-Tom verjubelt!)

    Werden damit auch Ermittlungen finanziert, bei denen die vage Vermutung, jemand könnte in einer Wohngemeinschaft gewohnt, an einer Demonstration teilgenommen haben, schließlich mit seiner Entlassung aus dem öffentlichen Dienst enden könnte? Wozu braucht der Verfassungsschutz 1984 einen Etatansatz, der um mehr als 20 % über dem Ist-Ergebnis von 1982 liegt

    (Schily [GRÜNE]: Für Karneval!)

    und dessen Steigerungsrate gegenüber 1983 viermal so hoch ist wie der Anstieg der Gesamtausgaben im Bundeshaushalt?

    (Zuruf des Abg. Fischer [Frankfurt] [GRÜNE])

    Wie hoch ist eigentlich der Anteil der Mittel, die Sie zur Ausschnüffelung der GRÜNEN ausgeben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ach du liebe Zeit!)

    Meine Damen und Herren, selten ist die Notwendigkeit einer wirksamen Kontrolle der Nachrichtendienste so deutlich geworden wie in den letzten Wochen, und selten hat sich die Notwendigkeit einer solchen Kontrolle durch eine Opposition, die nicht das Interesse hat, alles zu vertuschen, was irgendwie zu vertuschen ist, deutlicher herausgestellt als in diesen Wochen.

    (Glocke des Präsidenten)

    Die Wahl, die Sie für morgen vorgesehen haben, wird vermutlich nicht mehr als eine Farce sein.