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    Plenarprotokoll 10/54 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 54. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Februar 1984 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments 3863 A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Hauchler, Verheugen, Bindig, Brück, Gansel, Dr. Holtz, Frau Huber, Klose, Lambinus, Frau Luuk, Schanz, Schlukkebier, Dr. Soell, Stobbe, Toetemeyer, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD Politik der Bundesregierung im südlichen Afrika — Drucksachen 10/230, 10/833 — Verheugen SPD 3863 B Dr. Stercken CDU/CSU 3867 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 3869 D Schwenninger GRÜNE 3872 D Genscher, Bundesminister AA 3875 D Dr. Hauchler SPD 3882 A Graf Huyn CDU/CSU 3885 A Brück SPD 3887 B Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 3889 C Dr. Hornhues CDU/CSU 3891 B Beratung der Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/909 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 22 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/920 — Frau Nickels GRÜNE 3893 A Hedrich CDU/CSU 3893 C Peter (Kassel) SPD 3894 B Neuhausen FDP 3895 B Nächste Sitzung 3895 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3897*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3897* B Anlage 3 Stellung des homosexuellen Bürgers in der Öffentlichkeit nach dem Fall Kießling/ Wörner MdlAnfr 6 03.02.84 Drs 10/957 Frau Dr. Vollmer GRÜNE SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 3897* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 54. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1984 3863 54. Sitzung Bonn, den 10. Februar 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 54. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1984 3897* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 10.2. Bahr 10.2. Frau Beck-Oberdorf 10.2. Bohl 10.2. Brosi 10.2. Dr. Bugl 10.2. Dr. Faltlhauser 10.2. Conrad (Riegelsberg) 10.2. Dr. Dollinger 10.2. Ertl 10.2. Gattermann 10.2. Dr. Götz 10.2. Grünbeck 10.2. Handlos 10.2. Hartmann 10.2. Haungs 10.2. Hoffie 10.2. Frau Huber 10.2. Ibrügger 10.2. Kißlinger 10.2. Dr. Kreile 10.2. Kretkowski 10.2. Kroll-Schlüter 10.2. Lennartz 10.2. Liedtke 10.2. Link (Diepholz) 10.2. Dr. h. c. Lorenz 10.2. Menzel 10.2. Dr. Mertens (Bottrop) 10.2. Dr. Mertes (Gerolstein) 10.2. Nagel 10.2. Nelle 10.2. Petersen 10.2. Dr. Probst 10.2. Reschke 10.2. Reuschenbach 10.2. Roth 10.2. Sauermilch 10.2. Schmidt (Hamburg) 10.2. Frau Schmidt (Nürnberg) 10.2. Dr. Sperling 10.2. Dr. Stark (Nürtingen) 10.2. Dr. Steger 10.2. Stobbe 10.2. Vahlberg 10.2. Dr. Vogel 10.2. Voigt (Frankfurt) 10.2. Frau Dr. Wex 10.2. Wieczorek (Duisburg) 10.2. Dr. Wulff 10.2. Zander 10.2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Anlagen zum Stenographischen Bericht Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung — Drucksache 10/985 — zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Rheumabericht der Bundesregierung über die eingeleiteten Maßnahmen zur Rheumabekämpfung — Drucksache 10/850 — zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Entschließung des Europäischen Parlaments zu kindergesicherten Verschlüssen — Drucksache 10/933 — zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Entschließung des Europäischen Parlaments zu Überfällen auf Lastkraftwagen und Diebstählen von innerhalb der Gemeinschaft beförderten Gütern — Drucksache 10/936 — zuständig: Rechtsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über Energie und Energieforschung in der Gemeinschaft: Ein Fünf-Jahres-Programm und seine Finanzierung — Drucksache 10/940 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Finanzausschuß Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Notwendigkeit gemeinschaftlicher Maßnahmen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle und zur Wiederaufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe — Drucksache 10/953 — zuständig: Innenausschuß (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer (DIE GRÜNEN) (Drucksache 10/957 Frage 6): Was gedenken der Bundesverteidigungsminister, Dr. Wörner und der Bundeskanzler, Dr. Kohl, zu tun, um die ,,schweren Kränkungen" und den Schaden an Ehre und Ansehen wieder gutzumachen, der den homosexuellen Bürgern der Bundesrepublik Deutschland durch die regierungsamtliche und öffentliche Behandlung des Falles Kießling/Wörner in den letzten Wochen enstanden sind? In der Fragestunde am 19. Januar 1984 habe ich die Auffassung der Bundesregierung im Hinblick auf diese Problematik sehr ausführlich dargestellt. Die Diskussion in der Öffentlichkeit ist teilweise in einer Weise geführt worden, die die Bundesregierung ebenso bedauert wie Sie. Es wird diesen Bürgern sicher am ehesten damit gedient, wenn das Thema nicht weiter in dieser Art diskutiert wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Stercken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Verheugen, dies ist kein philosophisches Proseminar. Aber wenn es eines wäre, dann haben wir dort gelernt, daß wir einer These die Argumente folgen lassen. Ich war sehr gespannt darauf, wie Sie Ihre Eingangsbemerkung, es gäbe keine Kontinuität in der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland, begründen würden. Solche Argumente habe ich nicht entdecken können. Ich fürchte daher — dies wäre mein Schluß aus der Form Ihrer Argumentation —, daß Sie keine Kontinuität haben, nicht die Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben es uns, glaube ich, sehr leicht gemacht durch die Form Ihrer Darstellung — und ich darf dies gleich eingangs meiner Äußerungen sagen —, daß die CDU/CSU-Fraktion dieser Darstellung der Bundesregierung zustimmt.
    Meine Damen und Herren, es ist vier Jahre her, seit sich der Deutsche Bundestag in der Debatte zu einer Großen Anfrage mit Problemen des südlichen Afrika befaßt hat. Wieder wird die Aufmerksamkeit auf Probleme im südlichen Afrika gelenkt und außer Betracht gelassen, welche dramatischen Entwicklungen den ganzen Kontinent Afrika auf das schwerste erschüttern.
    Ich halte eine Betrachtungsweise für problematisch, die regionale Entwicklungen nicht in größerem Zusammenhang bewertet oder die das eine ständig in den Mittelpunkt rückt und andere, mindestens ebenso ernst zu nehmende Probleme ausklammert. Wir als Europäer haben doch zu bedenken, wie wir zu Frieden, Gerechtigkeit und Menschlichkeit in Afrika beitragen können, welche Entscheidungen wir treffen und welche Maßnahmen wir ergreifen, um im Rahmen unserer zugegebenermaßen begrenzten Möglichkeiten diesem Ziel zu dienen.
    Solche Zielsetzungen stärken und sichern die Rechte der Menschen — aller Menschen — in Afrika. Das Ausmaß der Gewährleistung von Menschenrechten — darum geht es doch wohl uns allen — hängt natürlich vom politischen System ab, das sich in dem jeweiligen Staat entwickeln konnte. Ein parlamentarischer und demokratischer Rechtsstaat ist für uns die größte Sicherheit für den Schutz der Menschenrechte. Doch wir können die menschliche Solidarität und das Bewußtsein für gleiche Werte und Rechte nicht an die Voraussetzung demokratischer Verfassungen nach unserem Vorbild binden. Sonst müßten wir im größten Teil unserer Welt auf die Einklagung von Menschenrechten verzichten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Der Versuch in Nigeria, eine Demokratie nach westlichem Vorbild aufzubauen, ist von vielen afrikanischen Staaten kritisch begleitet worden. Mugabe meinte, ein Mehrparteiensystem verzehre die Kräfte des Staates, die sich auf seinen Aufbau konzentrieren sollen. Die gesellschaftlichen Interessen sind noch nicht so deutlich markiert und differen-



    Dr. Stercken
    ziert, daß man offenbar darauf eine solide Infrastruktur gründen könnte.
    Mit der ersten Liquidation eines demokratischen Systems ist in Nigeria der Versuch des volkreichsten Staates Afrikas gescheitert, ein funktionsfähiges demokratisches System zu verwirklichen. Daraus werden sich anderwärts nicht gerade Ermunterungen ergeben, auf dem Weg zu einer pluralen Gesellschaft fortzufahren, wie wir es laufend empfehlen, weil wir die Demokratie als die beste Voraussetzung für menschliche Existenz und soziale Gerechtigkeit empfinden.
    Diese Debatte, meine Damen und Herren, muß uns Anlaß geben, über diese zentrale Frage nachzudenken. Denn unter solchen Voraussetzungen muß der Sicherung der Menschenrechte vor allen gesellschaftstheoretischen Erwartungen der Vorrang zugewiesen werden. Menschenrechte müssen unabhängig vom System gewährt und gesichert werden können.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Je mehr Staaten es auf dieser Welt gibt, um so weniger demokratische Rechtsstaaten sichern offenbar dem Bürger in ihrem System den Schutz seiner unveräußerlichen Rechte als Mensch.
    Nun soll in Namibia ein Staat geschaffen werden, an dessen Geburt auch die Bundesrepublik Deutschland in einer besonderen historischen Verantwortung beteiligt ist. Es ist ganz gewiß nicht leicht, an der Gründung eines Systems mitzuwirken, das seine demokratische Feuerprobe nicht bestehen könnte. Viele Kümmernisse der Fünfergruppe sind darauf zurückzuführen, daß trotz der Mehrheitsbeschlüsse der Vereinten Nationen Elemente fehlen, die nicht nur den demokratischen Wahlablauf, sondern auch die Stabilität der neuen Demokratie gewährleisten.

    (Zuruf von der SPD: Welche?)

    Eine demokratische Regierung beteiligt sich kaum — das gilt doch wohl für uns alle — an Prozessen, die nicht zu gleichen Wertvorstellungen führen, es sei denn, daß man sich einer Aufgabe einfach nur entledigen will, und das wollen wir doch wohl niemandem unterstellen.
    Alle deutschen Bundesregierungen haben bekundet, daß sie einen Alleinvertretungsanspruch auf die Ausübung politischer Macht in Namibia nicht anerkennen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Dies ist die Voraussetzung für Gerechtigkeit und Demokratie, und demokratische Vermittler haben dies auch zu gewährleisten.
    Als Menschenrecht wird von den Afrikanern weithin die Befreiung von der Geißel des Hungers und des Krieges empfunden.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Mit Theorie und Protest allein ist da nicht geholfen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Mit politologischen Sprüchen!)

    Die menschliche Verbundenheit mit unseren afrikanischen Nachbarn sollte auf das Überleben durch Nahrung und Gewaltlosigkeit ausgerichtet sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Brück [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich möchte in den wenigen Minuten im Zusammenhang reden können!
    Mir fehlt jedes Verständnis für die direkte und indirekte Unterstützung des Mordens für politische Ideen.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Wer mordet denn?)

    Wer dies rechtfertigt, trägt — und das gilt für alle, mein verehrter Herr Kollege —

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    an der Verantwortung für die Verfügung über das Leben anderer zum Zwecke der politischen Demonstration.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im deutsch-sowjetischen Vertrag verzichten wir auf die Anwendung und die Androhung von Gewalt zur Erreichung politischer Zielsetzungen.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Die Sowjetunion leider nicht!)

    Meine Damen und Herren, wir tun dies angesichts unseres gespaltenen Vaterlands. Der Gewaltverzicht ist ein Prinzip, das keine wahlweise Anwendung erlaubt, auch nicht auf diejenigen, die Macht mißbrauchen. Wer könnte dem angesichts der erschreckenden Ereignisse dieser Stunden im Libanon widersprechen?
    Wir sollten der mehrheitlich gebilligten Empfehlung nach bewaffnetem Kampf die Forderung nach Versöhnung gegenüberstellen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch unbestritten!)

    Napoleon Duarte hat einmal gesagt, er verstehe nicht, warum viele seiner Kritiker in Europa nicht einsähen, daß es ihm nicht um Sympathie für andere — auch extreme — politische Gruppen gehe, sondern um die Versöhnung aller; ohne Versöhnung gebe es keinen Frieden, ohne Frieden keinen Staat.

    (Brück [SPD]: Wer ist denn gegen die Versöhnung?)

    In Namibia hilft also kein Alleinvertretungsanspruch; erst die Versöhnung aller,

    (Zuruf von der SPD: Wer verhindert die denn?)

    meine Damen und Herren, aller, die sich am politischen Prozeß beteiligen wollen, garantiert Staat, Frieden, Menschenrechte. Ohne Konsens in den grundlegenden Fragen kann man keinen Staat machen.
    Wir sehen ja am Beispiel Angolas, wohin es führt, wenn der nationale Konsens bislang noch nicht erreicht werden konnte. Es muß zu einer Einigung



    Dr. Stercken
    über eine solche Grundlage für staatliches Handeln zwischen MPLA und UNITA kommen. Darauf müssen sich alle Kräfte konzentrieren, die mit ihrer Politik in anderen Kontinenten zum Frieden beitragen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    So wird es auch keinen Staat Namibia geben, wenn es darin zwei Parteien gibt, die sich nicht auf die grundlegenden Prinzipien ihres gemeinschaftlichen Handelns verständigen können oder die nach dem Verlust der Wahl zur Waffe greifen.

    (Zuruf von der SPD: Wer tut das denn?) Das gilt für beide Seiten.

    Ein Wort zu den sogenannten Frontstaaten. Ich weiß nicht, wer diesen Begriff erfunden hat und wer hier gegen wen steht, wenn das Wort „Front" verwendet wird.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Es ist eine Front da!)

    Ich weiß nur, daß die Fronten in den meisten dieser Länder gleichermaßen nach außen wie im Innern verlaufen. Vielfach wird die Lösung nationaler Konflikte aber erst möglich, wenn diese Staaten auch im Innern in Frieden leben. Wer zum Frieden beitragen will, muß diesen Prozeß fördern. Wer Partei nimmt und den einen zum Kampf gegen den anderen ermuntert,

    (Zuruf von der SPD: Wer tut das denn?)

    verhindert den Frieden, der nur durch Versöhnung, Kompromiß und Konsens herbeigeführt werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    — Hier wurde gerade gefragt: Wer tut das denn? Das taten in der Vergangenheit z. B. all diejenigen, die den Alleinvertretungsanspruch der SWAPO in Namibia als Fraktion — beispielsweise erinnere ich an den Kollegen Roth — anerkannt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut, genau das ist es!)

    Sie haben sich auf eine Seite festgelegt und nicht die Öffnung gegenüber allen praktiziert. Ich dagegen habe die Vertreter der DTA genausogut wie Herrn Sam Nujoma empfangen. Das war meine Offenheit zu beiden Seiten hin. Das heißt im Klartext, meine Damen und Herren: Wenn sich MPLA und UNITA in Angola nicht einigen, wenn sich Regierung und Opposition in Simbabwe nicht zu respektvollem Umgang miteinander entschließen, wenn sich die in Mosambik miteinander streitenden Gruppen nicht zur Toleranz und nationalen Zusammenarbeit bereitfinden, wenn in der Republik Südafrika die Rassengesetzgebung nicht beseitigt wird und nicht alle an dem mühevollen Prozeß zur gemeinsamen Gestaltung der öffentlichen Dinge teilnehmen werden, dann wird es keinen Frieden geben.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Genau!)

    Frieden läßt sich nicht ideologisch oder politologisch herbeireden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Schwenninger [GRÜNE]: Ja, man muß handeln!)

    Meine Damen und Herren, Menschenrechte, um die es uns geht, sind unteilbar. Dies gilt für alle, auch für die Republik Südafrika. Die Würde aller Menschen als Ebenbilder Gottes verlangt jeden Tag aufs neue diese Mahnung. Der Verhaltenskodex europäischer Unternehmen in Südafrika ist ein wirksames Lehrstück, wie wir den Menschen in unserer Arbeitswelt einschätzen. Das gute und verbesserungsfähige Beispiel bewirkt für diesen Entwicklungsprozeß mehr als das Aufreißen von neuen Gräben, als Kritik und Haß.
    Wir wünschen allen Menschen in Südafrika einen Wandel in Frieden, eine Integration durch Versöhnung und gegenseitige Achtung. Buthelezi ist der Garant eines solchen Weges. Dies wird kein kurzer und bequemer Weg sein. Verständnis, Grundsatztreue und Beharrlichkeit werden ihn erleichtern. Dies ist auch die Meinung vieler schwarzer Politiker. Wer nur mit den Extremisten umgeht, haftet, meine Damen und Herren, für den neuen Libanon.
    Versöhnung und Frieden in Afrika brauchen wir auch in Uganda, zwischen Äthiopien und Somalia, zur Lösung der Westsahara-Frage und in vielen anderen Ländern, in denen Gewaltherrschaft ausgeübt wird, in denen Minderheiten oft über Mehrheiten herrschen.
    Nicht der bewaffnete Kampf hat die Europäer zur Sicherung ihrer Menschenrechte geführt, sondern der Wille zur Versöhnung. Tragen wir, meine Damen und Herren, diese Einsicht in einen Kontinent, der ebenso heillos zerstritten ist, wie es einst Europa war. Die Konflikte zwischen den Ländern, Stämmen und Rassen werden nur durch förderale Integration eine Lösung finden. Wer daran mitwirkt und dazu seinen konstruktiven Beitrag leistet, wird gleichermaßen einen Beitrag zur Sicherung der Menschenrechte leisten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wir werden auch in diesem Hause darauf achten müssen, daß wir dazu die rechte Sprache finden. Worte der Vergeltung, des Aufruhrs und des Hasses sind kein Beitrag zu diesem Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Den aber, meine Damen und Herren, wollen wir, allerdings auf der Grundlage der Gerechtigkeit: für die Europäer gleichermaßen wie für alle afrikanischen Nachbarn.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Hamm-Brücher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider muß auch ich ein Kolleg halten und kann im Hinblick auf die kurze Redezeit keine Debatte führen.
    Von den drei weltpolitischen Krisenherden, über die der Deutsche Bundestag in den letzten beiden



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    Wochen debattiert hat, könnte — da stimme ich mit Herrn Kollegen Verheugen überein — aus dem südlichen Afrika langfristig die gefährlichste Weltkrise werden, und zwar noch aus einem anderen Grund als den, den Sie genannt haben, weil es sich dort nämlich um die letzte Bastion der Vorherrschaft des weißen Mannes in einem Kontinent handelt, der wie kein anderer das Opfer dieser Vorherrschaft geworden ist. Es ist ein Kontinent, dem es, wie so viele Beispiele leider gezeigt haben — da gebe ich Herrn Kollegen Stercken recht —, bisher auch nicht gelungen ist, seine bessere Zukunft nur auf sich gestellt zu gestalten. Das ist die Situation.
    So seltsam es klingen mag: Der Schlüssel für diese bessere Zukunft liegt oder müßte oder könnte im südlichen Afrika liegen, wenn es dort gelänge, eine Lösung für ein Zusammenleben der weißen Minderheit mit der schwarzen Mehrheit zu bewerkstelligen und eine Lösung zu finden, die in einem staatlichen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Konkordanzmodell jede Diskriminierung einer der ethnischen Gruppen ausschließt und auf diese Weise die scheinbare Ausweglosigkeit der Situation auch über die Grenzen dieser Republik hinaus überwindet. Nur dieser Weg würde — nach meiner Kenntnis der afrikanischen Probleme — ein erfolgversprechender Weg sein, um die Eskalation wechselseitiger Gewalt- endlich zu durchbrechen und damit eine endgültige afrikanische Katastrophe zu vermeiden.

    (Vereinzelter Beifall bei der SPD)

    Leider scheint dieser Weg als Folge politischer Uneinsichtigkeit in Südafrika derzeit aussichtslos und fast eine Utopie zu sein. Nur wenn die in Südafrika herrschende weiße Minderheit die Vernunft, die Einsicht und die Menschlichkeit aufbringen würde, könnte diese Ausweglosigkeit überwunden werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Das, was wir, meine Damen und Herren, als nur sehr mittelbar Beteiligte, aber doch — das wurde schon gesagt — Mitbetroffene dazu beitragen könnten, ist wenig genug. Einiges davon — aber nach Ansicht der Liberalen ist es vielleicht doch noch nicht genug — finden wir in der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD.

    (Zurufe von der SPD: Aha! — Sehr gut!)

    Wir finden darin wichtige und richtige und auch mutige Aussagen, leider aber auch — das kann in einer offiziellen Antwort gar nicht anders sein, meine Kollegen von der SPD — manches Verklausulierte. Es ist unsere Aufgabe, das eine oder andere mit offenem Visier doch noch etwas deutlicher zu sagen. Herr Kollege Rumpf und ich werden uns in diese Aufgabe teilen.
    Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Afrikapolitik leidet unter dem Dilemma der dortigen Situation. Einerseits wissen wir sehr wohl, daß ein Umsturz von der Minderheiten- zu einer Mehrheitsherrschaft zumindest für Jahrzehnte katastrophale Folgen haben würde, weil die Reformen zu spät gekommen sind.

    (Zuruf von der SPD: Das ist der Punkt!)

    Andererseits müssen eine weitere Verzögerung und Verhinderung eines echten Prozesses der Überwindung der Rassentrennung, der Apartheidspolitik und der Rassendiskriminierung zu einer weiteren Eskalation der Gewalt führen.

    (Vereinzelter Beifall bei der SPD)

    Für den Weg der Vernunft, der Einsicht und der Menschlichkeit bleibt dazwischen derzeit nur noch sehr, sehr wenig Raum und Hoffnung. Derzeit — das möchte ich unterstreichen — ist es allein die kleine, tapfere, weiße südafrikanische Opposition der Liberalen von 27 unter 166 Abgeordneten, die diesen Weg vertritt, tapfer dafür kämpft und ein Modell ausgearbeitet hat, das einen solchen Weg der schrittweisen Überwindung der jetzigen Verletzungen und der Apartheidspolitik weist.

    (Beifall bei der FDP)

    Für die FDP-Fraktion möchte ich hier unseren Dank, unsere Anerkennung und unsere Unterstützung für diese Anstrengungen aussprechen.

    (Beifall bei der FDP)

    Nun zur Antwort der Bundesregierung. Sie ist für die Fraktion der FDP befriedigend. Wir danken Ihnen, Herr Außenminister, und Ihren Mitarbeitern für das große Engagement, das daraus hervorgeht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Sie ist befriedigend insoweit, als sie die Kontinuität bekräftigt und deutlich macht, wo die gravierenden Punkte der Kritik und der Belastung in den deutsch-südafrikanischen Beziehungen liegen. Sie ist befriedigend, wo sie Ansatzpunkte für die wenigen Möglichkeiten eines verstärkten Engagements aufzeigt.
    Die Antwort kann aber auch für uns insoweit nicht voll befriedigend sein, als in der Anlage partiell verschwommene Formulierungen zu finden sind, die dann folgerichtig auch in ihren Konsequenzen halbherzig sind. Als Beispiel hierfür möchte ich nur den Punkt 2 in den allgemeinen Vorbemerkungen hier vortragen dürfen. Darin steht:
    Die Bundesregierung ist ... bestrebt, in Südafrika einen schnellen und friedlichen Wandel zu einer gesellschaftlichen und politischen Ordnung zu begünstigen, die
    — jetzt bitte zuhören! —
    von der Zustimmung aller Südafrikaner getragen wird und in der alle Südafrikaner gerechten Anteil an der Gestaltung der Geschicke ihres Landes haben.
    Jeder von uns kann diese Aussage unterschreiben, aber sie stimmt, doch so einfach nicht;

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    denn wie kann die Bundesregierung etwas begünstigen wollen, was von der Regierung Südafrikas
    gar nicht angestrebt wird? Weder will sie allen Süd-



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    afrikanern einen gerechten Anteil an der Gestaltung der Geschicke ihres Landes geben, noch wird die derzeit von ihr mit unerbittlicher Konsequenz praktizierte Politik der sogenannten getrennten Entwicklung jemals von der Zustimmung aller Südafrikaner getragen werden.
    Das ist doch die bittere Realität, an der sich die Politik der Bundesregierung orientieren muß, und nicht an Fiktionen, die doch nun, nach der endgültigen Zementierung der großen Apartheid durch die sogenannte Verfassungsreform, nicht mehr weiter verfolgt werden können. Deshalb können wir Liberalen auch nicht in den Chor derer einstimmen, die die minimalen Zugeständnisse an die asiatische und die farbige Bevölkerung in Südafrika als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Es scheint uns eine gefährliche Illusion zu sein, daran weitergehende Hoffnungen zu knüpfen.
    Nein, meine Damen und Herren wir müssen die Ziele, die Ergebnisse und die Folgen dieser Verfassungsreform doch etwas klarer herausarbeiten. Ich will das kurz versuchen. Diese Verfassungsreform hat das Ziel, etwa 800 000 Asiaten und etwa 2,5 % Mischlingen eine Mitsprache in eigenen Angelegenheiten und eine gewisse Mitwirkung in allgemeinen Angelegenheiten zu sichern. Gleichzeitig wird die Vormachtstellung der weißen Minderheit ganz beträchtlich gestärkt. Während in der realen Verteilung der Bevölkerung auf einen weißen Bürger fünf Schwarze und knapp ein andersfarbiger Nichtweißer kommt, sieht es in den jetzt konstruierten Kammern so aus, daß auf vier weiße Abgeordnete drei nichtweiße und null farbige Abgeordnete kommen. Das ist der zweite Aspekte der sogenannten Reform. Der dritte und der schmerzlichste Aspekt ist, daß die schwarze Bevölkerungsmehrheit damit endgültig ausgebürgert wird, ihrer Rechte beraubt wird und damit eigentlich Menschenrechtsverletzungen auch noch konstitutionalisiert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Welche Entwicklung zeichnet sich nun seit Annahme der Verfassung ab? Der Zementierung auf der einen Seite entspricht die weitere Entrechtung der Zweidrittelmehrheit, der schwarzen Bevölkerung, auf der anderen Seite. Die Zwangsumsiedlungen gehen weiter. Menschen werden aus ihren angestammten Dörfern vertrieben. Bisher sind es über 3,5 Millionen, weitere 2 Millionen werden dasselbe Schicksal erleiden. In den ohnehin überfüllten Homelands werden 80 % der Bevölkerung zusammengepfercht. Sie werden nur noch als menschliche Schutthalden bezeichnet. 90 % sind arbeitslos, 90 % sind unterernährt, die Kindersterblichkeit beträgt 60 %. Das ist das Ergebnis. Die wenigen sogenannten „schwarzen Flecken" — das sind schwarze Siedlungen in weißen Siedlungsgebieten — werden, auch wenn sie rechtmäßig gekauft und erworben worden sind, geräumt, abgebrannt. Die Bevölkerung, die Familien werden vertrieben, wie es erst neulich in Mogopa der Fall gewesen ist.
    Die Zahl der Verhaftungen hat von Januar bis August 1983 im Vergleich zum Vorjahr von 167 auf 306 zugenommen. Viele Verhaftete bleiben monatelang in Polizeigefängnissen. Wie es dort zugeht, kann jeder den Berichten von kirchlichen Organisationen aller Konfessionen entnehmen. Immer wieder wird von Folterungen berichtet. Mindestens zwei Tote als Folge sind nach Erkenntnissen unserer Botschaft in diesem Jahr zu beklagen. Mehr als ein Drittel der Inhaftierten warten immer noch auf die Anklageerhebung. Über 206 000 größere und kleinere Strafen wegen Paßvergehen wurden allein im letzten Jahr verhängt und damit die Bewegungsfreiheit der schwarzen Bevölkerung weiter eingegrenzt. Willkür und Terror in den Homelands, vor allem neuerdings in der Ciskei, werden offensichtlich geduldet, zumindest nicht entschieden genug abgestellt.
    Zusammengefaßt muß eben leider festgestellt werden, daß mit dieser Verfassungsreform die große Apartheid zementiert wurde und sich dadurch eine ohnehin schon unerträgliche Situation noch verschärft hat. Diese sogenannte Reform eröffnet keinerlei Zukunftsperspektiven für Schwarze. Sie hat — das bedauern wir ebenso, meine Damen und Herren — schon jetzt zu einer weiteren Radikalisierung unter den Schwarzen wie auch in Teilen der farbigen und indischen Bevölkerung beigetragen; denn der Teil der Bevölkerung, dem man nun gewisse Rechte einräumt, beteiligt sich bisher nicht an den neuen Möglichkeiten. Sie unterstützen diesen Weg nicht. Sie haben sich in einer machtvollen Organisation, der United Democratic Front, zusammengeschlossen, um zu versuchen, dieser Entwicklung solidarisch mit der schwarzen Bevölkerung entgegenzuwirken. Der Boykott der Township-Wahlen ist ein erster Erfolg. Nur 10 % der Bevölkerung in den 29 Townships hat sich an diesen Wahlen beteiligt.
    Angesichts dieser Tatsachen, meine sehr geehrten Damen und Herren, müßten wir doch eigentlich alle gemeinsam feststellen, daß wir, solange die menschen- und bürgerrechtsverletzenden Zwangsumsiedlungen nicht gestoppt werden, solange die Paß- und Aufenthaltsgesetze nicht drastisch liberalisiert werden, solange die jeder rechtsstaatlichen Ordnung hohnsprechenden Sicherheitsgesetze nicht geändert werden, solange die Menschenrechte mit Füßen getreten werden und keine Aussicht auf ein Konkordanzmodell besteht, das alle Gruppen an der Verantwortung beteiligt, nicht bereit sein können, eine solche Politik, selbst wenn sie mit der Verfassungsreform Hand in Hand geht, als einen Schritt in die richtige Richtung zu bezeichnen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Beifall bei der CDU/CSU?)

    Ich komme nun zu den Fragen und Antworten. Was schafft unserer eigenen Politik einigen Spielraum? Ich möchte sagen: Wir können sehr wenig tun; aber das wenige, was wir tun könnten, sollten wir sehr entschieden tun. Anders als Herr Kollege Verheugen muß ich nach einem sehr gründlichen Studium der Berichte über die Auswirkungen des



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    EG-Verhaltenskodex sagen: Hier gibt es doch durchaus positive Ergebnisse zu vermelden. Immerhin gibt es Fortschritte bei der Lohnentwicklung und der Gewährung von Sozialleistungen. Wir haben, glaube ich, jetzt schon mehrere hundert schwarze Lehrlinge in unseren Betrieben. Noch vor wenigen Jahren gab es überhaupt keine. Ich glaube nach den Berichten, daß auch die gewerkschaftliche Betätigung in den deutschen Tochtergesellschaften durchaus zufriedenstellend laufen kann.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Ich halte es für wichtig, auch so etwas zu sagen, weil es die Firmen, die unsere Außenwirtschaftsbeziehungen tragen, ermutigen soll, auf diesem Weg weiterzufahren. Wo sie es noch nicht tun, sollten wir unsere Bundesregierung veranlassen, die Nachahmung der guten Beispiele zu empfehlen.
    Wir haben andererseits die kulturelle Zusammenarbeit. Das in der Antwort beschriebene Sonderprogramm Südafrika, das seinerzeit von mir initiiert wurde, liegt mir hier besonders am Herzen. Denn nur über Lehrerfortbildung, Hebung des Bildungsniveaus der schwarzen Bevölkerung und Verbreiterung beruflicher Ausbildung können wir die Defizite ein wenig mildern. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Für ein weißes Schulkind gibt die südafrikanische Regierung jährlich 640 Rand aus, für ein schwarzes lediglich 68 Rand, also kaum 10 %. Auf einen weißen Lehrer kommen 18 weiße Schüler, auf einen schwarzen fast 46. Diese Diskrepanz sagt alles. Darum sollten wir dieses Sonderprogramm nicht nur mit der sehr bescheidenen Summe von 1,7 Millionen DM bedenken, sondern wir sollten dieses Programm intensivieren. Vielleicht könnte sogar die EG ein gemeinsames Programm initiieren, vielleicht sogar der Europarat oder die UNESCO; hier wären nämlich die UNESCO-Gelder endlich einmal wirklich nützlich angelegt.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

    Entsprechende Anregungen sollten von uns ausgehen, damit man sieht: Wir meinen es ernst, dort, wo wir etwas bewirken können, über ein bißchen Kosmetik hinaus Einfluß zu nehmen.
    Nun noch ein Wort zu unseren eigenen, von uns finanzierten Schulen. Wir lesen, daß nach erheblichen Schwierigkeiten und gegen den Widerstand der meisten Ortslehrkräfte und gegen den aktiven und passiven Widerstand der meisten Eltern nun doch durchgesetzt werden konnte, daß nichtweiße Kinder zu Deutschkursen aufgenommen werden. Aber leider — ich habe mir das angesehen — finden diese Kurse außerhalb der Unterrichtszeit statt. Es kommt weder zu einer Begegnung zwischen schwarzen und weißen Kindern noch zu gemeinsamen Festen, Sportwettkämpfen oder Ausflügen. Das wäre doch der eigentliche Sinn der Öffnung unserer Schulen und das eigentliche Beispiel.

    (Schwenninger [GRÜNE]: Richtig!)

    So ist ein guter Anlauf auf halbem Weg steckengeblieben. Ich bitte den Herrn Bundesminister, hier
    nach dem Rechten zu sehen, damit das weiterkommt.
    So gesehen, war das Kulturabkommen, glauben wir, bisher ein wichtiges Instrument. Aber wenn wir die Zusammenarbeit nicht wirklich auf die Homelands ausdehen können, wird sich die Frage neuerlich stellen.
    Herr Präsident, noch zwei Sätze. Ich glaube auch, daß das Ungleichgewicht in der Visumerteilung nicht so aufrechterhalten werden kann; zunehmend wird Deutschen die Einreise nach Südafrika verweigert

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Wird sie nicht!)

    und können umgekehrt unliebsame Südafrikaner nicht hierher kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich hätte noch viel zu sagen. Ich möchte noch einmal allen danken, die sich für friedliche Lösungen in dieser Region, in diesem Krisenherd einsetzen, und uns alle ermutigen, nicht nachzulassen, bis wir endlich auch in diesem Teil der Welt Menschenrechte und Gleichberechtigung erreicht und Rassendiskriminierung und Apartheid —, eine Schande der Weißen — überwunden haben.

    (Beifall bei der FDP, bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD)