Rede von
Dr.
Paul
Hoffacker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, es ist wohl etwas, was Sie nicht verstehen kön-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3235
Dr. Hoffacker
nen, wenn sich hier einer eigentlich frei und glücklich fühlt und ihnen auch noch Mut machen will. Das tun wir auch.
Wir fordern die jungen Menschen, wir fördern sie. Wir fördern diejenigen, die leistungsbereit sind. Wir fördern nicht diejenigen, die darauf spekulieren, sofort nach Schulentlassung in das soziale Netz zu gelangen. Wir sind für diejenigen, die Leistungsbereitschaft zeigen und nicht so laut schreien wie Sie.
Meine Damen und Herren, wir begleiten auch diejenigen, die es schwer haben, die die Schule nicht mit Prädikat abschließen. Wir sind dafür, daß sie deutlich und klar im Auge behalten werden, weil sie es nötig haben.
Meine Damen und Herren, hier muß man doch mal ernst werden: Sie kennen die Wirklichkeit gar nicht.
Sie haben offenbar keine Kinder, die die Schule nur mit „ausreichend" abschließen. Sie wissen nicht, wie schwer es die haben. Ich habe so welche.
— Aber selbstverständlich. Sie neiden uns doch nur die Erfolge. Sie vermiesen doch das ganze Klima und glauben, daß Sie uns damit schaden könnten. Sie schaden nicht uns, Sie schaden der Jugend. Das ist viel schlimmer.
Meine Freunde, wir bemühen uns auch um diejenigen, die aussteigen möchten.
Sie haben sich hier nun den ganzen Tag mit der Miene des großen Fürsorgers gezeigt: Was tun Sie denn? Kümmern Sie sich um diese Leute? Nein, Sie fordern Geld und glauben, wenn Sie das Geld, möglichst Geld, daß Sie nicht selber verdient haben, abgeliefert haben, sei diesen armen Menschen geholfen. — Nein. Wir sind bei denjenigen, die aussteigen wollen, die den Sinn ihres Lebens nicht mehr zu finden vermögen. Deshalb haben wir hier Hilfen für gesellschaftliche Randgruppen eingesetzt. Denn wir wissen, daß diejenigen, die isoliert werden, ausgeschlossen sind.
Meine Damen und Herren, helfen Sie uns bitte bei dieser Arbeit, die Verweigerungsmentalität abzubauen, die Leistungsverteufelung abzubauen. Hetzen Sie in Ihren vielen Blättern nicht so viel gegen das, was wir tun.
Unser Sozialsystem ist unter dieser Bundesregierung sicher und stark — damit das ganz deutlich ist.
Wir wollen eine Gesellschaft mit einer gesunden Familie. Wir wollen nicht eine Gesellschaft, die zum Packesel gemacht wird, wie Sie das ja immer tun. Bei Ihnen ist der Wert der Frau doch nur abhängig von der Arbeit, die außerhäuslich erwerbstätig geleistet wird. Bei Ihnen wird der Vater doch nur nach dem Gehalt, das er nach Hause bringt, eingeschätzt. Das ist Ihre Wertschätzung der Familie. Wir sind dafür, daß die Eltern im ganzen Leben im vollen Umfang ernstgenommen werden. Wir lassen uns nicht in Funktionsträger und andere auseinanderdividieren, damit das ganz klar ist.
Meine Freunde — —
— Ich würde Sie auch gerne zu Freunden machen. Aber Sie sehen ja, es läßt sich leider nicht so schnell verwirklichen.
Meine Damen und Herren, Sie sollten uns helfen, die destruktiven Vorstellungen von der Familie in der Gesellschaft wieder zurückzudrängen.
Es ist doch unbestritten, daß die Aufklärungsschriften, die seinerzeit unter Ihren Ministern auf feinem Hochglanzpapier veröffentlicht worden sind, der Jugend nicht geholfen haben. Deshalb wollen wir das nicht fortführen.
Ich muß leider zum Schluß kommen.
Ich möchte noch ein sehr ernstes Thema anschneiden. Wenn Sie sich vielleicht die Mühe machen, mir noch die eine Minute zuzuhören, die ich noch zur Verfügung habe.
— Das Schreien geht so aufs Gehör. Sie sind doch alle für den Umweltschutz. Lärm ist eine ungeheure Belästigung.
Ich möchte auf die Stiftung zu sprechen kommen. Vielleicht lassen Sie sich doch ein wenig beruhigen. Von Herrn Hauck ist soeben gesagt worden, daß den schwächsten Gliedern in der Kette unserer Gesellschaft geholfen werden solle. Das sind die Menschen, die nicht geboren sind. Das sind die Schwächsten. Für sie setzen wir uns ein. Dafür wird eine Stiftung gegründet. Das Grundanliegen dieser Stiftung wurde, so hatte ich den Eindruck, im Haus-
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haltsausschuß von allen Parteien unterstützt. Leider steigen die GRÜNEN mit dem Antrag, den sie gestellt haben, aus dieser Gemeinsamkeit aus. Sie verstehen nicht das Leid und die Not, in die Mütter und Familien geraten können, wenn sie Sorgen haben.
— Herr Diederich, ich kann jetzt keine Zwischenfrage zulassen. — Ich möchte Sie in allem Ernst bitten, dieses Anliegen mit uns zusammen zu unterstützen.
Die Mittel sind gesperrt, bis das Gesetz verabschiedet ist. Sie alle wissen, daß dieses Gesetz in Vorbereitung ist. Sie sollten uns bei dem Vorhaben helfen, den ungeborenen Menschen eine Bresche zu schlagen. Die Stiftung und der Stiftungszweck sind klar. Das ist ein Schritt nach vorne. Das ist ein Schritt zu mehr Menschenwürde und auch zu mehr Achtung.
Der Einzelplan 15 ist ausgewogen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.