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ID1004412700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 —Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/638, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/653 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/657 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/647, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 10/686, 10/716 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/687 — Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksachen 10/281, 10/535, 10/723 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/639, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/677 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/696 — in Verbindung mit Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/640, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/641, 10/659 — dazu Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/724, 10/733 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/725 — Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der unmittelbaren Kostenbeteiligung der Versicherten an der Krankenhaus- und Kurbehandlung (Selbstbeteiligungs-Aufhebungsgesetz) — Drucksache 10/120 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/675 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/676 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit — Drucksachen 10/189, 10/704 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag des Abgeordneten Hoss und der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortmaßnahme: Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung — Drucksachen 10/205, 10/698 — Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Mutterschaftsurlaub — Drucksachen 10/358 Nr. 64, 10/706 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/645, 10/659 — in Verbindung mit Haushaltsgesetz 1984 — Drucksachen 10/658, 10/660 — Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU . 3109B, 3205 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3109C Wieczorek (Duisburg) SPD 3118A Carstens (Emstek) CDU/CSU 3123 D Stratmann GRÜNE 3128 B Dr. Weng FDP 3133 B Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3136 D Frau Simonis SPD 3144 B Glos CDU/CSU 3150 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 3154 D Vizepräsident Stücklen 3156 C Frau Fuchs (Köln) SPD 3165A Dr. Friedmann CDU/CSU 3171 D Frau Potthast GRÜNE 3175A Frau Seiler-Albring FDP 3176B, 3248 B Roth SPD 3178C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 III Wissmann CDU/CSU 3183 D Hoss GRÜNE 3186 A Dr. Haussmann FDP 3189 D Sieler SPD 3191 D Präsident Dr. Barzel 3194A Jagoda CDU/CSU 3195A Vizepräsident Frau Renger 3195 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 3198 D Gobrecht SPD 3201 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 3208 B Dr. Faltlhauser CDU/CSU 3210 C Grünbeck FDP 3212 B Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 3213C Schulhoff CDU/CSU 3218 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 3220 D Frau Zutt SPD 3223 C Bredehorn FDP 3226 A Kiechle, Bundesminister BML 3227 D Hauck SPD 3230 B Dr. Hoffacker CDU/CSU 3232 C Eimer (Fürth) FDP 3236 B Jaunich SPD 3237 A Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 3239 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3244 A Roth (Gießen) CDU/CSU 3245 D Walther SPD 3249 B Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . 3250 B Vizepräsident Wurbs 3258 C Namentliche Abstimmungen . 3254 B,C, 3256 B,C Nächste Sitzung 3258 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3259* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO 3259* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3107 44. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 12. Cronenberg (Arnsberg) 9. 12. Fischer (Frankfurt) 9. 12. Gerstl (Passau) * 9. 12. Gilges 9. 12. Dr. Glotz 9. 12. Haase (Fürth) * 9. 12. Haehser 9. 12. Handlos 9. 12. Frau Dr. Hartenstein 9. 12. Immer (Altenkirchen) 9. 12. Dr. Kreile 8. 12. Lemmrich* 9. 12. Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Dr. Müller* 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Reddemann* 9. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. von Schmude 9. 12. Schreiner 9. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Verheyen 9.12. Voigt (Frankfurt) 9. 12. Weiskirch (Olpe) 9. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abg. Heyenn (SPD) nach § 31 Abs.1 GO Zur Abstimmung über den Einzelplan 11 erkläre ich hiermit, daß ich aus den von Sprechern meiner Fraktion dargelegten Gründen nicht zustimmen kann. Ich begrüße jedoch, daß es auf Betreiben meiner Fraktion eine interfraktionelle Einigung darüber gegeben hat, wie sichergestellt werden kann, daß die drei im Hamburger Verkehrs-Verbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) auch künftig von Behinderten unentgeltlich in Anspruch genommen werden können. Ich begrüße weiter, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP verbindlich erklärt haben, eine gesetzliche Regelung vorzunehmen, wenn der jetzt gemeinsam vorgesehene Weg nicht zum Ziel führt. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Aussprache zum Einzelplan 11 folgende Erklärung zu Protokoll zu geben: Die Fraktionen gehen übereinstimmend davon aus, daß die obersten Landesbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein die drei in den Hamburger Verkehrsverbund einbezogenen Linien der Eisenbahngesellschaft Altona, Kaltenkirchen, Neumünster (AKN) als S-Bahnen im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Schwerbehindertengesetz anerkennen. Durch diese Entscheidung der zuständigen Landesbehörden soll sichergestellt werden, daß Behinderte auch künftig diese Linien, die eine Reihe von S-Bahnmerkmalen aufweisen, unentgeltlich in Anspruch nehmen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gabriele Potthast


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich zitiere:
    Ein Programm, das die sozialen Fragen ausschließlich über Wirtschaftswachstum lösen wollte, wäre das Programm eines blanken Materialismus, deshalb ein unmenschliches, unsoziales Programm. Der Mensch muß wachsen, und das Bruttosozialprodukt ist dazu kein hinlänglicher Maßstab.

    (Hört! Hört! bei den GRÜNEN)

    Diese Sätze stammen einmal nicht aus den Reihen der GRÜNEN, sondern von dem „Prachtstück" unserer Regierung, dem Bundesarbeitsminister höchstpersönlich.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU/CSU — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Frau Potthast, wie dick ist das Buch? — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Sehen Sie, da steht also noch mehr drin!)

    Wenn wir uns allerdings die Realitäten ansehen, dann spricht aus diesen soeben zitierten Sätzen blanker Hohn, denn wie heißt es doch so schön in der Bibel: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!

    (Kolb [CDU/CSU]: Die sind gut!)

    Diese Taten umfassen auf der einen Seite Steuerentlastungsgesetze für die Unternehmer und auf der anderen Seite Sozialabbaumaßnahmen zu Lasten all derjenigen, denen eine entsprechende Lobby im Parlament fehlt und die ohnehin schon zu den sozial schwach Gestellten in diesem Staate gehören. Denn die durch Ihre Steuerentlastungsgesetze verminderten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, werden durch eine Art Sozialabbauextremismus, der seinesgleichen sucht, wieder hereingeholt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Und das alles wegen der vagen Hoffnung, daß die Unternehmer das gesparte Kapital wieder in die Betriebe investieren, um so angeblich notwendige Rationalisierungsmaßnahmen finanzieren zu können, die die BRD

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was ist das denn? — Mit wem reden Sie denn hier? — Sind Sie schon umgezogen?)

    auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig halten sollen. Diese Hoffnung entbehrt jeglicher Grundlage, wie mein Kollege Stratmann heute morgen schon überzeugend dargestellt hat.
    Als Kerze vor Weihnachten bieten Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU/FDP-
    Koalition, den Arbeitnehmern das Vermögensbildungsgesetz an. Holde Worte klingen aus dem Mund des „Prachtstücks" der Regierung: Bürgereigentum höre ich da. Herr Blüm, warum verschweigen Sie, daß diese Vermögensbeteiligung nicht an mehr Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte geknüpft ist? Warum, verschweigen Sie, daß der groteske Fall eintreten kann, daß ein Arbeitnehmer dem Unternehmer billiges Geld zur Verfügung stellt, das dieser für Rationalisierungsmaßnahmen verwenden kann, ohne daß der Arbeitnehmer auch nur ein Vetorecht hätte?

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Das heißt: Ein Arbeitnehmer kann unter Umständen in die Vernichtung seines eigenen Arbeitsplatzes investieren — ein völlig absurder Zustand.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Absurd und unerträglich ist es auch, wenn über 1 Million Frauen Renten unter dem Sozialhilfesatz beziehen. Dabei handelt es sich um Frauen, die ihr Leben lang unbezahlte oder unterbezahlte Schwerstarbeit geleistet haben, die in diesem Staate die schlechtesten Ausbildungsplätze, die niedrigsten Löhne und die niedrigsten Renten erhalten. Ich frage mich manchmal, was für einen Arbeitsbegriff Sie haben — Sie, Herr Blüm, und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/ CSU. Denn wenn ich so höre, was über die Rente gesagt wird — ich zitiere wieder einmal dieses „Prachtstück" der Regierung: „Rente ist ein Verdienst für Lebensarbeit und keine staatliche Zuteilung" —,

    (So ist es! bei der CDU/CSU)

    dann kann ich mich nur fragen, wie Sie die Lebensarbeit von Frauen bewerten, die nicht erwerbstätig sind, dafür aber zu viel an Arbeit haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Hornung [CDU/CSU]: Denen wollen wir eine Chance eröffnen!)

    Zuviel an unbezahlter Arbeit, ohne die dieses System überhaupt nicht funktionieren würde.
    Es ist unseres Erachtens weiterhin ein unerträglicher Skandal,
    wenn die Zahl derjenigen Frauen, die in die soziale Armut gedrängt werden, durch die Haushaltspläne der Regierung, z. B. durch die Einschränkungen bei der Erwerbsunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsrente, noch zu steigen droht,
    wenn Rentenbezieher mit Kindern durch die Streichung des Kinderzuschusses in die Sozialhilfe gezwungen werden und
    wenn überhaupt die Sozialhilfe schon längst nicht mehr ihrem gesetzlich fixierten Auftrag, nämlich ein menschenwürdiges Leben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern, nachkommen kann, weil die Regelsätze nach Auffassung eines Großteils der Experten schon über 30 % unter den tatsächlichen Aufwendungen liegen, oder
    wenn die Bundesregierung die Rentenversicherung auch weiterhin nur als Manövriermasse zur Liquiditätssicherung für den Bundeshaushalt mißbraucht und sich weigert, dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Bundestag auf Erhöhung des
    3176 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Frau Potthast
    Bundeszuschusses an die Rentenversicherung um 19 Milliarden DM zuzustimmen. Dabei handelt es sich hierbei um Gelder, die den Rentnerinnen und Rentnern zustehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn Sie schon Staatsschulden abbauen wollen, warum fangen Sie dann nicht z. B. mit Maßnahmen an, die die finanziell besser Gestellten in diesem Lande treffen, warum fangen Sie nicht mit der Streichung des Bauherrenmodells an oder des Ehegattensplitting?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Warum führen Sie nicht ein Quellenabzugsverfahren ein, um die Zinsgewinne zu besteuern?
    Ich möchte zum Schluß

    (Zurufe von der CDU/CSU: Bravo! Sehr gut!)

    nur noch ein paar Worte von den für die rigiden Sozialkürzungen verantwortlichen Politikern zitieren. Da heißt es nämlich: „Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt." — „Wir müssen den ungeschminkten Realitäten ins Auge sehen." — „Wir müssen umdenken." — „Wir müssen von den liebgewonnenen Ansprüchen, Standards und Besitzständen Abschied nehmen." — „Wir müssen den Mut zu schweren und bitteren Entscheidungen haben." Dieses „wir" kommt ausgerechnet aus den Reihen derjenigen, die von all diesen finanziellen Kürzungsmaßnahmen überhaupt nicht betroffen sind.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieser Widerspruch wird noch an folgendem Beispiel deutlich: Wenn die zur Zeit vorgesehene Kürzung der Rentenversicherungsbeiträge für Behinderte in Werkstätten von 90 auf 70% des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts schon vor 20 Jahren wirksam geworden wäre, ergäbe sich heute daraus ein Rentenanspruch, der in etwa bei 214 DM läge. Das wäre nach 20 Jahren Beitragszahlung — mit Verlaub — weniger als die Hälfte des Geldes, das die Diätenerhöhung für einen einzigen Abgeordneten monatlich ausmacht, eine Diätenerhöhung, die leider nur von uns GRÜNEN abgelehnt wurde.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Seiler-Albring.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beginnen möchte ich mit einem Wort aus dem sozialdemokratischen Schatzkästlein, vielleicht sollte ich heute besser sagen, aus dem sozialdemokratischen Giftschränklein:
    Einige haben bemängelt,
    — so wurde eines Tages im Jahre 1982 gesagt —
    daß in diesem Pakt nicht genug getan werde zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ich sage denen: Dieses ist leider wahr. Wer mehr tun will, muß in die Geld- und Sozialleistungen tiefer hineinschneiden, als es in dem Kompromißpaket von mir vorgeschlagen wurde. Von den
    beiden Möglichkeiten scheiterte die eine, es nämlich durch höhere Kreditaufnahme zu finanzieren, an mir. Ich kann das nicht verantworten. Die zweite scheiterte an Euch. Wer mehr für die beschäftigungswirksamen Ausgaben des Staates tun will, muß tiefer, noch viel tiefer als Ihr in die Sozialleistungen reinschneiden.
    Ich nehme an, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Sie wissen zumindest noch, wer das gesagt hat. In dieser Kontinuität wollen wir unsere Sozialpolitik weiter fortführen.

    (Beifall bei der FDP)

    Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kann nur Hand in Hand gehen mit der gleichzeitigen Sanierung der sozialen Sicherungssysteme. Dies bedeutet, daß die soziale Sicherung nicht zu Lasten des Steuerzahlers finanziert werden kann. Der richtige Weg ist vielmehr, bei gleichmäßiger Verteilung der Sanierungslasten auf alle Beteiligten die Gesundung der Sondervermögen aus eigener Kraft vorzunehmen.
    Ich halte eine Stabilisierung der Sicherungssysteme für eine unerläßliche Voraussetzung für eine dauerhafte Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und für die Wiederherstellung des Vertrauens der Rentner und der Versicherten in die Systeme ihrer Alterssicherung. Sanierung bedeutet Konzentration auf die eigentlichen Aufgabenbereiche, bedeutet die Abkehr vom Umverteilungsdenken und verlangt eine Stärkung des Gedankens der Eigenverantwortlichkeit.

    (Zustimmung des Abg. Gallus [FDP])

    In Zeiten der Finanznot der öffentlichen Hände ist Umverteilung in der Sozialpolitik Vergangenheit. Meine Damen und Herren, was heute gefordert ist, ist eine Umverteilung im volkswirtschaftlichen Sinn: in der Struktur des Sozialprodukts, zugunsten von Arbeitsplätzen und die sie sichernden Investitionen. Unsere sozialen Sicherungssysteme können nur dann leistungsfähig sein, wenn auch . unsere Volkswirtschaft insgesamt leistungsfähig ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Konsolidierung der Staatsfinanzen, Finanzierbarkeit der Sozialleistungen — mit diesen Stichworten sind die Probleme bezeichnet, die besonders im Haushalt des Arbeitsministers, im Einzelplan 11, ihren Niederschlag finden. Es ist ein altes Spiel, fast schon eine ehrwürdige Tradition in diesem Hause, daß Sparpläne und notwendige Konsolidierungsmaßnahmen von der jeweiligen Opposition als unsozial und nicht beschäftigungswirksam bezeichnet werden. In dieser Kontinuität befinden wir uns offensichtlich auch heute.

    (Beifall bei der FDP)

    Zugegeben, der Bundeshaushalt sieht auch in diesem Teilbereich zahlreiche Maßnahmen vor, die sich für den Bürger schmerzlich auswirken werden. Aber, meine Damen und Herren, diese Abstriche an Leistungen entspringen doch nicht purer Lust am
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983 3177
    Frau Seiler-Albring
    Sparen, sondern sind notwendig, um den eingeschlagenen Weg der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortzusetzen.

    (Beifall bei der FDP — Zurufe von der SPD)

    Nur so kann der verhängnisvolle Kreislauf durchbrochen werden: steigende Steuern, steigende Soziallasten, Staatsverschuldung, Gefährdung und Vernichtung von Arbeitsplätzen; die daraus resultierenden Beschäftigungsprobleme wiederum stellen ihrerseits die Finanzierung der Systeme unserer sozialen Sicherheit in Frage.
    Daß sich die Koalition auf dem richtigen Weg aus diesem Kreislauf befindet, bestätigt eindrucksvoll das Jahresgutachten des Sachverständigenrates. Daß der Opposition dies nicht gefällt, ist verständlich, weil offenbar nicht sein kann, was nicht sein darf, daß nämlich die angeblichen Kaputtsparer dabei sind, ein solides Fundament zu legen, auf dem sich getrost aufbauen läßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen sicherstellen, daß wir das Netz der sozialen Sicherung nicht überbelasten, mit anderen Worten, daß wir das System der sozialen Sicherheit den geänderten wirtschaftlichen, finanziellen und auch demographischen Gegebenheiten anpassen.
    Zu Recht hat der Kollege Lutz Anfang 1982 auf die Problematik hingewiesen. Er sagte:
    Wirtschaftliche Probleme strahlen auch auf den Sozialstaat aus und bringen seine verschiedenen Sicherungskreise in Bedrängnis. Sie zwingen zur Zurücknahme von Zusagen und zum gezielteren Einsatz von Leistungen. Das ist so. Wer will das bestreiten'?
    Meine Damen und Herren von der Opposition, an diese Worte sollten Sie sich heute erinnern, denn das, was wir heute machen, ist doch genau das, was der Kollege Lutz

    (Kolb [CDU/CSU]: Er ist gar nicht mehr da!)

    seinerzeit als notwendig bezeichnet hat. Von den noch eindeutigeren Äußerungen Ihres ehemaligen Kanzlers will ich jetzt schweigen; damit würde ich Sie wahrscheinlich tatsächlich überfordern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die wissen gar nicht mehr, wer das ist!)

    Meine Damen und Herren, der Einzelplan 11 — Arbeit und Soziales — ist mit rund 60 Milliarden DM in diesem Jahr wiederum der größte Einzelplan des Bundes. Sicherlich ist Quantität nicht unbedingt ein Ausweis von Qualität. Wir alle wären doch viel froher, wenn dieser Einzelplan kleiner sein könnte; dann wären nämlich auch die Probleme im Bereich der Beschäftigungspolitik geringer.
    Einige Worte zu den im Haushaltsbegleitgesetz beschlossenen Maßnahmen im Bereich der Arbeitsförderung: Schwerpunkt der Oppositionsforderung ist hier das Verlangen nach energischen Beschäftigungsanstrengungen des Staates. Aber wir haben doch in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht,daß dies die Finanzkrisen der öffentlichen Haushalte mit heraufbeschworen hat. Die jetzt vorgeschlagenen Beitragserhöhungen auf insgesamt 5,4 % bei der Bundesanstalt für Arbeit und die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze um 20% sind die Vorstellungen der Sozialdemokraten zur Finanzierung. Diese Vorschläge würden unserer Ansicht nach letztlich zu zusätzlichen Belastungen für Arbeitnehmer und Wirtschaft führen und würden zusätzliche Arbeitsplätze, auf die wir angewiesen sind, nicht sichern, sondern im Gegenteil gefährden.
    Wir halten es dagegen für viel sinnvoller, dort, wo notwendig, Einsparungen in den Sozialhaushalten vorzunehmen. Ohne entsprechende gesetzliche Maßnahmen würden das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit und die Arbeitslosenhilfe den Bundeshaushalt 1984 mit mehr als 14 Milliarden DM gegenüber heute belasten. Eine differenzierte Senkung beim Arbeitslosengeld, beim Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld ebenso wie bei der Arbeitslosenhilfe mit 5 % trägt den Notwendigkeiten ausgewogener Einsparungen Rechnung. Damit werden die Leistungsbezieher auch nicht auf Sozialhilfeniveau hinabgedrückt, wie von der Opposition immer wieder fälschlich behauptet.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Denn, meine Damen und Herren, das Niveau bei Leistungsbeziehern mit Kindern bleibt beispielsweise als Familienkomponente unverändert bei 68 %
    Die jetzt einsetzende wirtschaftliche Belebung wirkt sich — wenn auch langsam — auf die Beschäftigungssituation positiv aus. Als ganz erfreuliche Entwicklung hat der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit die Entwicklung im Bereich der jugendlichen Beschäftigten vor wenigen Tagen charakterisiert. Die Zahl arbeitsloser Jugendlicher liegt erstmals seit Mai 1980 deutlich unter dem Niveau des Vorjahres, und zwar um 5 %. Ebenso lag die Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe wieder unter der Gesamtquote.
    Dies kann für uns zwar noch kein Anlaß zum Frohlocken sein, und für meine Fraktion kann ich festhalten, daß jeder arbeitslose Jugendliche ein Arbeitsloser zuviel ist. Wir müssen zukünftig noch mehr für Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Jugendliche zur Verfügung stellen. Ein so unverdächtiger Zeuge wie der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Jochimsen, der, wenn ich mich nicht täusche, Ihrer Partei angehört, meine Damen und Herren von der SPD, hat nicht nur ausdrücklich die Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft lobend hervorgehoben, sondern auch auf den besonderen Einsatz des Bundeskanzlers in diesem Bereich hingewiesen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU]: Das ist ein guter Genosse!)

    Wir müssen für die Zukunft auch festhalten, daß private und öffentliche Unternehmen im eigenen Interesse ausbilden. Nur sie können Praxisnähe
    3178 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1983
    Frau Seiler-Albring
    und Qualifikation ihres Fachkräftenachwuchses am besten und kostengünstigsten sicherstellen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Und wenn das nicht reicht?)

    Ausbildungsleistungen — das sollten wir nicht vergessen — sind unerläßliche Investitionen in unsere Zukunft. Ausbildung auf Vorrat, meine Damen und Herren, sichert die künftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft im Hinblick auf die geburtenschwachen Jahrgänge Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre und schafft für Handel und Industrie, die dies erkennen, erst die Voraussetzung dafür, auch zukünftig auf einen qualifizierten Facharbeiterstamm zurückgreifen zu können.