Rede von
Dr.
Wolfgang
Weng
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien
Demokraten im Deutschen Bundestag stimmt in der Regierungskoalition der Mitte
— meine Damen und Herren, ich muß sagen: ein blöderes Lachen als das, was ich im Moment von links höre, habe ich heute noch nicht gehört — dem heute vorgelegten Einzelplan 14 aus voller Überzeugung zu.
Diese Zustimmung betrifft ebenso den Auftrag wie die Menschen, die im Bereich der Verteidigung ihren verantwortungsvollen Dienst tun und denen wir zu Dank verpflichtet sind.
Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß in der Sicherheitspolitik nicht allein fiskalische Gesichtspunkte entscheidend sein dürfen, sondern daß im Vordergrund der Überlegungen stehen muß, daß unsere Streitkräfte zur Erfüllung ihrer Aufgabe in der Lage sind. Voraussetzung hierfür, meine Damen und Herren, ist in erster Linie die Motivation der Soldaten.
Eine solche Motivation entsteht erstens aus der Überzeugung, für eine richtige Sache zu stehen. Zu dieser Überzeugung muß man doch in unserem Lande kommen, wenn man sieht, welches Maß an persönlicher Freiheit für uns alle es hier zu verteidigen gilt.
Ich weiß, daß es politische Kräfte gibt, die etwas weniger Freiheit für tragbar halten, um einen vermeintlich besseren Staat schaffen zu können, aber die besten Staaten, die ich kenne, meine Damen und Herren, sind Bienen-, Ameisen- und Termitenstaaten. In diese Richtung wird für uns Liberale kein einziger Schritt möglich sein.
Wir wollen unseren freiheitlichen Rechtsstaat uneingeschränkt behalten, und wir wollen unserer Truppe die Überzeugung geben, daß sie hierfür benötigt wird.
Zum zweiten entsteht Motivation aus möglichst breiter Unterstützung der Streitkräfte durch die politischen Kräfte unseres Landes.
Wenn solches in der Bundesrepublik zur Zeit nicht einvernehmlich möglich ist, dann wird wenigstens eindeutige Unterstützung durch die politische Führung und die sie tragende Parlamentsmehrheit ge-
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fordert sein. Hierzu leistet die FDP-Fraktion einen eindeutigen Beitrag.
So akzeptieren wir — meine Damen und Herren, unabhängig von dem Gelächter zur Linken, das nicht intelligenter geworden ist —
einen Rahmen des Verteidigungsetats, dessen Steigerung deutlich über der des Gesamtetats liegt, weil sich natürlich der für die Auftragserfüllung der Bundeswehr notwendige Aufwand an der Bedrohung durch potentielle Agressoren orientieren muß.
— Frau Kollegin Traupe, ich werde zu dem, was Sie gesagt haben, nachher noch einige Ausführungen machen. Die Behauptung, die Sie in Ihrem Zwischenruf aufgestellt haben, ist absolut unwahr.
Als Haushaltspolitiker habe ich natürlich zwei Seelen in der Brust: die des Haushälters, der sorgfältigsten Umgang mit den Steuern als seine wichtigste Aufgabe ansieht, und die des Verteidigungspolitikers, der entsprechend unserem Wahlkampfslogan von 1980: „Freiheit braucht Mut" auch bereit ist, weniger populäre, aber notwendige Ausgaben im Verteidigungsbereich politisch zu tragen.
Da im Moment die Notwendigkeit der Konsolidierung der Staatsfinanzen die übergeordnete politische Forderung ist, haben wir uns auch im Verteidigungsbereich zur Sparsamkeit entschließen müssen. — Frau Kollegin Traupe, jeder kennt das Spielchen der Opposition in solchen Fällen. Sie sagt: Ihr habt — a) — an der falschen Stelle gespart und — b) — natürlich zu wenig gespart. Dies ist verhältnismäßig einfach, es ist nur dann nicht mehr in Ordnung, so zu reden, wenn man in einigen Punkten objektive Unwahrheiten verbreitet. Dies gilt zumindest für zwei Punkte.
Sie haben zum einen erklärt, der Leopard II sei unter Wert an die Schweiz verkauft worden. Wer sich vor Augen hält, welcher volkswirtschaftliche Wert durch diesen Verkauf entstanden ist, der sollte solche Äußerungen vor diesem Parlament und vor der Öffentlichkeit nicht tun.
Frau Kollegin Traupe, Sie haben zum zweiten bezüglich der Mittel für die zweite Familienheimfahrt häufig Versetzter und der zusätzlichen Mittel für den Nachhilfeunterricht hier gesagt, wir hätten nicht alles Mögliche getan. Dies ist falsch. Wir haben in Kenntnis haushaltsrechtlicher Gegebenheiten und haushaltsrechtlicher Gepflogenheiten gesehen, daß es nicht möglich war, den erforderlichen Betrag einzusetzen. Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, der die Regierung verpflichtet, im nächsten Jahr schnellstmöglich die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um dies zu ermöglichen.
— Frau Kollegin Traupe, ich meine, wenn man dies weiß, dann sollte man sich hier nicht in der Weise äußern, wie Sie es getan haben. Ich will auf Ihre Äußerungen deshalb nicht weiter eingehen, weil ich glaube, daß das, was ich hier zu sagen habe, wichtiger ist als eine Replik auf das Ihrige.
Wir haben, meine Damen und Herren, unter dem Aspekt der Konsolidierung der Staatsfinanzen entsprechend dem allgemeinen Beschluß des Haushaltsausschusses die halbjährige Beförderungssperre im Grundsatz auch hier gelten lassen, haben allerdings — dies ist von der Opposition natürlich bewußt vergessen oder zumindest nicht deutlich gemacht worden — in ganz wesentlichen Bereichen Ausnahmen zugelassen, um mit unseren Maßnahmen die ausdrückliche Regierungspolitik gerade nicht zu konterkarieren. Bei der Truppe soll nämlich erklärtermaßen — dies ist auch unser dringender Wunsch — der Beförderungs- und insbesondere der Verwendungsstau nach und nach abgebaut werden können, weshalb hier ausdrücklich für das kommende Jahr 250 neue Stellen geschaffen wurden. Daher sollte der Bereich der Soldaten weitestgehend von der oben genannten Sparmaßnahme verschont bleiben.
Ein Bereich der Sparsamkeit beim Personal, bei dem uns die Entscheidung — dies gebe ich offen zu
— besonders schwer gefallen ist, betrifft die Frage der Wehrsolderhöhung. Auf Antrag unserer Jugendorganisation der Jungen Liberalen, hat unser vergangener Bundesparteitag am 18. November in Karlsruhe beschlossen, eine Wehrsolderhöhung für 1984 zu fordern.
Zu diesem Zeitpunkt war aber der Beschluß des Haushaltsausschusses schon gefaßt,
eine solche Erhöhung im Etat 1984 nicht vorzusehen — eine Entscheidung, für die es, auch unter dem Aspekt der Null-Runde im öffentlichen Dienst, gute Gründe und gute Argumente gab, und eine Entscheidung, die uns tatsächlich nicht leicht gefallen ist. Ich habe dies schon ausgeführt. Diesen Beschluß haben wir aus Verfahrensgründen nicht noch einmal neu aufgerollt.
— Warum warten Sie nicht einfach ab, bis ich den Satz zu Ende gesprochen habe? Vielleicht können Sie dann begeistert zustimmen. Das wäre doch einmal etwas Neues.
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Ich habe Verständnis dafür, daß insbesondere unsere jungen, politisch engagierten Mitbürger solche Verfahrensfragen für nicht stichhaltig halten.
Ich sage für meine Fraktion, daß wir der schnellstmöglichen Anhebung im weiteren Verlauf nicht nur zustimmen werden, sondern daß von uns dahin gehende Initiativen erwartet werden können.
— Wenn Sie zugehört hätten, guter Freund, dann wüßten Sie, was ich gesagt habe.
Einsparungen betrafen auch den Beschaffungsbereich. Wir haben hier auf Grund des kurzfristigen Wegfalls einer Rate für die Beschaffung und Entwicklung des Waffensystems MRCA Tornado den Rotstift angesetzt.
Allerdings haben wir auch hier eine Ausnahme gegenüber dem gemacht, was wir in anderen Ministerien aus Konsolidierungsgründen getan hätten.
Meine Damen und Herren, wir hätten in anderen Ministerien in solcher Situation — dies ist in einer Reihe von Haushalten in den Ansätzen geschehen — alles eingespart. Dies haben wir hier nicht getan, sondern haben einen wesentlichen Teil der Summe zur Ausgabe für andere notwendige Maßnahmen — Frau Kollegin Traupe, ich habe von Ihnen keine Kürzungsvorschläge für diese notwendigen Maßnahmen gesehen — im Beschaffungsbereich des Verteidigungshaushalts belassen. Wir halten dies nach wie vor für notwendig.
Wir haben hierbei aber nicht allein an das Militär, sondern auch an die Bevölkerung gedacht. Ich sage dies als ein Abgeordneter, dessen Wahlkreis Neckar-Zaber durch Tieffluglärm besonders in letzter Zeit stark betroffen war. Unsere Bevölkerung nimmt, wenn auch manchmal sicher zähneknirschend, die Notwendigkeit des Fluglärms als gegeben hin.
Man weiß, daß es wichtig ist, daß die Piloten realistisch üben können. — Von seiten der GRÜNEN habe ich natürlich keine Zustimmung erwartet, weil man hier ganz andere Vorstellungen hat, und zwar ziemlich unsinnige. — Die Belastungen müssen sich aber im Rahmen der Vorschriften bewegen.
Hier tut insbesondere aus den Erfahrungen der jüngsten Zeit ein größeres Maß an Aufsicht not. Deshalb begrüßen wir ganz ausdrücklich die Beschaffung des Flugüberwachungssystems Skyguard und dessen Unterstellung direkt beim Inspekteur der Luftwaffe. Dies wird unnötige Belastungen von unserer Bevölkerung fernhalten helfen und damit einen Beitrag dazu leisten, daß unsere Bundeswehr nicht tabuisiert oder gar ins Abseits gestellt wird, wie das einige politische Kräfte in diesem Land gern hätten.
Sparsamkeit im Beschaffungsbereich ist eben nicht überall möglich. Hat nicht selbst der „grüne" Ex-General Bastian unter dem Aspekt defensiver Bewaffnung der Konzeption des Panzerabwehrhubschraubers 2 zugestimmt? Verstärkte Ausrüstung im konventionellen Bereich ist eben erforderlich, wenn man die Schwelle des atomaren Einsatzes erhöhen will. Und wir, die wir einen atomaren Einsatz auch im Verteidigungsfall verhindern wollen, stellen uns diesem Erfordernis. Wir Liberale wollen und werden Schwerpunkte bei defensiver Bewaffnung im konventionellen Bereich setzen.
Dies betrifft auch die NATO-Infrastruktur. Hier investieren die NATO-Partner gemeinsam zur Sicherheit des Bündnisses.
Unsere Aufforderung an den Verteidigungsminister geht dahin, im Rahmen der Ansätze der mittelfristigen Finanzplanung den notwendigen Beitrag der Bundesrepublik und seine Fortschreibung anzukündigen. Bei diesem Mittelansatz allerdings muß es bleiben. Wir müssen haushälterisch achtsam sein. Denn eine sich verselbständigende NATO-Bürokratie kann den Frohsinn eines Parlamentariers ebenso wenig herausfordern wie der nicht haushaltskonforme Zeitablauf der Mittelverwendung, auf den wir ja, wie Sie sicher alle wissen, keinen Einfluß haben.
Hier muß der politisch verantwortliche Minister, hier müssen Sie persönlich, Herr Wörner, Sorge dafür tragen, daß sich unangenehme finanzielle Überraschungen der Vergangenheit nicht wiederholen, die allerdings zu Zeiten einer anderen Regierung vorgekommen sind.
— Das ist immer gut, wenn die FDP beteiligt ist. In diesem Fall allerdings war sie nicht in der Verantwortung des Ressorts.
Ich bin sicher, diese Position wird im Gremium der NATO-Verteidigungsminister nicht leicht zu behaupten sein. Man weiß, daß hier von seiten der Verbündeten höhere Anforderungen im Raum stehen. Ich meine aber, unter Abwägung aller Gegebenheiten, Herr Minister Wörner, sollten Sie da hart bleiben und auch hart bleiben können.
Ich komme zum Schluß.
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Dr. Weng
— Ich habe an dieser Stelle nichts anderes von Ihnen erwartet. Sie überraschen einen sehr wenig, wenn man hier vorne steht. Das muß ich sagen.
Der Verteidigungsauftrag unserer Bundeswehr im Rahmen unsers Nato-Bündnisses ist für meine Fraktion schon deshalb ein Wert an sich, weil wir in diesem Bündnis gemeinsam mit den westlichen Demokratien Gegebenheiten verteidigen wollen, die zutiefst menschlich sind:
die Freiheit des einzelnen Menschen ebenso wie die Freiheit von Meinungen und die Freiheit des Meinungsflusses und — ich sage dies absichtlich heute — auch und gerade die Pressefreiheit. Dies alles sind liberale Anliegen, die den Freien Demokraten besonders am Herzen liegen. Für die Verteidigung dieser Werte auch mit den Mitteln einer konsequenten militärischen Verteidigungsbereitschaft stehen wir zu einem Zeitpunkt, zu dem sich in Teilen der Opposition der irrige Glaube breitmacht, ein Erfordernis militärischer Verteidigung sei nicht mehr gegeben.
Ich danke Ihnen.