Nein, es tut mir leid, Herr Klejdzinski, die Zeit reicht dafür nicht.
Der Bundesminister Dr. Wörner hat einen Pyrrhussieg erzielt.
Seinen Kampf um eine weitere B 11-Stelle für einen dritten beamteten Staatssekretär muß er teuer bezahlen.
Wird ein noch so qualifizierter neuer Mann es rechtfertigen, daß 50 andere Arbeitsplätze nicht mehr besetzt werden können?
Eine effizientere Organisation des öffentlichen Dienstes und damit auch des Bundeswehrbereichs würden wir schon unterstützen, aber Strafaktionen gegen die zivilen Bediensteten im Verteidigungsbereich verantworten Sie ohne die Stimme der Sozialdemokratie.
Übrigens haben Sie ja einen Bündnispartner, nämlich die GRÜNEN, die ja noch weitergehende Ein-
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Frau Traupe
sparungen auf dem Personalsektor vornehmen wollen.
Herr Bundesminister Dr. Wörner, wie ist das mit Anspruch und Wirklichkeit? Warum haben Sie dann, wenn Sie schon mit Ihrem Etat so massive Einsparungen bei den Personalausgaben erbringen, nicht den Mut, zu hohe Steigerungsraten bei militärischen Beschaffungen sowie bei Forschung und Entwicklung abzulehnen? Sollte der Verteidigungshaushalt 1984 nach den abgestimmten Vorstellungen des Finanzministers und des Verteidigungsministers um 2,8% steigen, so konnten sich die Haushaltsausschußkollegen der Koalition immerhin nicht der Tatsache verschließen, daß bei den Beschaffungsansätzen Kürzungen in Höhe von mehreren hundert Millionen DM möglich gewesen wären. Der Mut reichte freilich, Herr Kollege Dr. Weng, nur zu 181 Millionen DM,
obwohl das Bundesverteidigungsministerium selbst innerhalb nur weniger Wochen zugeben mußte, daß beim Tornado 385 Millionen DM und bei Alphajet 40 Millionen DM eingespart werden können.
— Wir wollen uns also, Herr Kollege, nicht über die Szene streiten, die wir zusammen auf der Hardthöhe erlebt haben.
Herr Bundesfinanzminister, warum haben Sie sich nicht noch stärker eines Ihrer Vorgänger erinnert? Ich meine den Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß,
der in der Großen Koalition mutig für Kürzungen im Verteidigungsetat kämpfte, um die Bundesfinanzen zu sanieren. Dr. Stoltenberg war j a selbst Mitglied dieses Kabinetts und Zeuge der Auseinandersetzungen zwischen dem Verteidigungsminister Schröder und dem Finanzminister Strauß.
Warum, Herr Dr. Stoltenberg, fiel Ihnen vor allem die Haushaltssanierung im sozialpolitischen Bereich ein? Lag es eventuell an Ihrem jetzigen Koalitionspartner, der auch einmal unserer war? Haben Sie und Ihre Beamten denn nicht gesehen, daß einige Beschaffungstitel von 1983 auf 1984 um 15%, um 20 %, um 30 % oder gar um 50 % steigen sollen, obwohl das Finanzministerium bei der Haushaltsführung 1983 auch im Rüstungsbereich zugegebenermaßen sparsam gewirtschaftet hat? Ich freue mich, daß es nun auch der Hardthöhe gelungen ist, endlich das zu bewahrheiten, was ich seit zwei Jahren gefordert habe. Damals waren freilich Herr Würzbach und auch Herr Dr. Wörner immer noch dagegen gewesen. Wie verantworten Sie es gegenüber der Öffentlichkeit, Herr Bundeskanzler — Dr. Kohl er ist gerade nicht da —, das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe zu kürzen, aber z. B. bei der Beschaffung von Fahrzeugen den Ansatz
1984 um mehr als 50 % gegenüber 1983 anzuheben? Meine Kolleginnen und Kollegen, von 480 Millionen DM sollen es 730 Millionen DM werden, also zusätzlich 250 Millionen DM.
Wir Sozialdemokraten befürworten ebenfalls die Beschaffung der neuen Fahrzeuggeneration sowie von Spezialfahrzeugen, doch wir meinen, eine Anhebung des Ansatzes um 120 Millionen DM oder 25 % auf 600 Millionen DM wäre schon sehr viel, würde außerdem den deutschen Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze garantieren und die Anhebung des Wehrsolds ab dem 1. Januar 1984 ermöglichen.
Meine Damen und Herren, nur die Zeit erlaubt es mir nicht, Ihnen noch mehr von unseren vorgeschlagenen Einsparungen zu erzählen. Sie dürfen uns aber abnehmen, daß wir sozialdemokratischen Haushaltsausschußmitglieder sorgfältig zugesehen haben, wo Einsparungen verantwortbar sind. Da sind wir halt noch mal bei einer Summe von über 600 Millionen DM angekommen. Ihre weitergehenden Vorschläge, Herr Kollege Kleinert, sind zwar originell, aber unrealistisch; sie würden unsere Verteidigungsfähigkeit zur Farce werden lassen. Es mag j a ganz lustig sein, wenn die Soldaten und die zivilen Bediensteten langsam ins Greisenalter kommen, aber das ist dann auch zu teuer.
Auf der anderen Seite wollen wir aber Mehrausgaben bei Titeln vornehmen, die den Menschen in der Bundeswehr zugute kommen.
Wir wollen erreichen, daß die Wehrsoldanhebung mit 120 Millionen DM bezahlt werden kann. Wir wollen erreichen, daß endlich die langjährige Forderung nach einer zweiten freien Heimfahrt für versetzte Berufs- und Zeitsoldaten erfüllt wird.
Wir hätten bei den 2,6 Millionen DM noch so viel Geld übrig, daß wir den Betrag für Nachhilfeunterricht für Schüler, die mit ihrem Vater den Wohnort wechseln mußten, anheben könnten.
Wir wollen erreichen, daß durch die Aufstockung der Bewachungskosten um 5 Millionen DM 1 600 zivile Wachmänner nicht entlassen und andererseits die Soldaten durch zusätzliche Wachzeiten nicht noch mehr belastet werden.
— Das war der Koalitionspartner. Ich weiß das sehr wohl. Das war ein Hobby von Herrn Dr. Zumpfort. — Wir wollen die Aufstockung der Bauinvestitionen um 100 Millionen DM für 1984, um die erforderlichen Unterbringungsmaßnahmen schneller durchzuführen und den regionalen Bausektor besser auslasten zu können.
Zuletzt möchte ich ein Wort zur Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte und zu dem zur Verfügung stehenden Geld generell sagen. Meine Damen und Herren, nicht allein die ständig wachsenden Mili-
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tärausgaben haben zur Krise der öffentlichen Haushalte in Ost und West geführt, aber sie haben dabei entscheidend mitgeholfen. Die Glaubwürdigkeit der demokratischen Systeme wird auch von unserem nachweisbaren Bemühen um Ausgabenbegrenzung im militärischen Sektor bestimmt. Tatsächlich aber werden 1984 die NATO-Staaten und Frankreich zusammen die Rekordsumme von mehr als 1 Billion DM für diesen Sektor ausgeben. Doch schon hören wir aus Brüssel, das nächste NATOInfrastrukturprogramm müßte eigentlich fünfmal, aber wenigstens dreimal so hoch ausfallen wie das für die Jahre 1980 bis 1984 geltende. Ernsthaft kann die Weltmacht USA doch nicht erwarten, daß die anderen NATO-Partner einen so hohen Anteil am Bruttosozialprodukt für die Verteidigung ausgeben und damit auch ihre Haushaltsdefizite noch mehr in die Höhe treiben. In den Vereinigten Staaten befürchten Wirtschafts- und Finanzfachleute für 1988, wie Sie Ihrer Hauszeitung „Die Welt" entnehmen konnten, eine Bundesschuld in Höhe von 2,6 Billionen Dollar, d. h. mehr als 7 Billionen DM.
Sie hätte sich dann seit Beginn der Reagan-Präsidentschaft, Herr Kollege Dr. Friedmann, von 1981 bis 1988 verdreifacht.
Um dies zu verhindern, empfiehlt Herrn Reagans
jetziger Wirtschaftsberater Feldstein die Einfüh) rung einer Notsteuer und massive Haushaltskürzungen auch im Wehretat. Manchmal versuche ich, mich in die Sorgen amerikanischer Haushaltskollegen hineinzudenken. Was alles müssen sie hinnehmen, um 1984 249,5 Milliarden Dollar oder mehr als 670 Milliarden DM für den militärischen Bereich aufzubringen?!
Die Nordamerikaner wie die Westeuropäer könnten — im Gegenteil — Geld sparen, wenn sie in der militärischen Forschung und Beschaffung zu einer besseren Kooperation gelangten.
Für den Bedarf aller NATO-Partner, einschließlich Frankreich, haben wir nämlich sowohl in den USA als auch in Westeuropa viel zu große Rüstungskapazitäten. Welchen Sinn macht es eigentlich, daß wir vier verschiedene moderne Kampfpanzer konkurrierend in der NATO bauen und noch an Drittländer — unter Preis — verkaufen?
Man denke nur an das Beispiel Schweiz. Warum schaffen wir es nicht, uns die Aufgaben im Luftwaffenbereich zu teilen? Wenn wir nun eine neue Hubschraubergeneration und ein neues Kampfflugzeug bauen müssen: Warum kann das nicht partner-
schaftlich und geldsparend auch mit den USA geschehen?
Wer das Bündnis stärken will, muß sich um eine sorgfältige, kostensparende Zusammenarbeit bemühen und darf nicht immer mehr Geld für den militärischen Bereich ausgeben wollen.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit hier überhaupt kein falscher Eindruck entsteht: Die Schulden des Bundes wachsen auch unter dieser CDU/CSU/FDP-Regierung. Sie sind am Ende dieses Jahres auf 340 Milliarden DM gestiegen. Sie werden auch 1984 um mehr als 30 Milliarden DM anwachsen. Wachsende Rüstungsausgaben passen da nicht in die Landschaft. Deshalb lehnt die SPD den vorliegenden Verteidigungsetat ab.