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Führung ist auch persönliches Beispiel, zeigt sich u. a. auch darin, welche Orte man auf Reisen besucht und welche Orte nicht. Sie waren in Kiew, aber Sie waren nicht in Babij Jar; Sie waren in Tokio und Kyoto, aber Sie waren nicht in Hiroshima. Es wäre besser, sie wären auch dort gewesen, in diesen Orten, die ich nannte.
Drittens. Führung zeigt sich auch in der Bereitschaft und Fähigkeit, Fehler zu korrigieren. Wir wissen heute: Herr Strauß hat sich bei Herrn Honecker entschuldigt, weil er nach dem Tode des Transitreisenden Burkert den Behörden der DDR Mord vorgeworfen hat. Herr Kollege Benno Erhard — das ist ihm hoch anzurechnen — hat sich von diesem Pult aus bei der Fraktion DIE GRÜNEN entschuldigt, weil er sie im Zorn mit den Nazis in Zusammenhang gebracht hat, ein Vorgang, der uns alle beeindruckt hat.
Sie lassen die Verleumdung, die SPD sei die fünfte Kolonne Münchens, — die fünfte Kolonne Moskaus — —
— Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Freude gönne ich Ihnen von Herzen. Ich tue das, was ich gerade von anderen verlangt habe: Ich gestehe einen Fehler ein.
Ich habe mich versprochen. Ich bekenne mich zu diesem Fehler. Und alle Zuhörer werden verstehen, daß hier an diesem Pult nicht Maschinen, sondern Menschen reden, die sich auch versprechen können, die auch einen Fehler machen.
Ich komme auf den Satz zurück: Sie, Herr Bundeskanzler, lassen die Verleumdung, die SPD sei die fünfte Kolonne Moskaus, ohne Entschuldigung im Raum stehen. Ist das Führung, ist das geistige Führung?
Es war nicht meine Absicht, Sie, Herr Bundeskanzler, zu kränken. Meine Absicht und meine Pflicht war es, Ihre Amtsführung und Ihre Politik kritisch zu würdigen. Das habe ich engagiert getan. Andere sind da in der Wortwahl schärfer, insbesondere solche, die Ihnen politisch viel näher stehen, die Sie am 6. März 1983 gewählt haben. Drei Beispiele mögen dafür genügen.
Da sagt die konservative „Deutsche Tagespost" vor kurzem wörtlich:
Zank und Streit prägen das äußere Erscheinungsbild des Regierungsbündnisses, Ironie, Spott und Hohn über die Regierenden breiten sich aus, immer weniger Wähler trauen dieser Regierung zu, die Probleme der Gegenwart und Zukunft lösen zu können.
Dieses tief konservative Blatt, das jeder sozialdemokratischen Regung völlig unverdächtig ist, fährt fort:
Der Grund wird zunehmend offen in allen drei Bonner Regierungslagern in einem unverständlichen Verhalten des Kanzlers gesehen, das bissige Kritiker mit Führungsschwäche und mit Zögerlichkeit umschreiben.
Da schreibt Herr Rummel im „Rheinischen Merkur" — weiß Gott auch kein Sozialdemokrat —:
Dr. Vogel
Der Wille zur Wende braucht mehr Kanzlerpräsenz. Sie muß verbalisiert werden, was voraussetzt, daß ein einleuchtendes Langzeitprogramm tatsächlich auch vorhanden ist. Die Zweifel werden größer.
Und er fügt hinzu:
Zu wenig Politik. Viel zuviel Küchenkabinett.
Die „Quick" macht es noch kürzer. Bei ihr lautet die Überschrift:
Helmut Kohl versprach, unsere Probleme tatkräftig anzupacken. Dieses Versprechen blieb er schuldig.
So reden und schreiben Ihre Freunde schon nach einem Jahr.
Wir haben nicht das Vertrauen, Herr Bundeskanzler, daß Sie sich aufraffen, daß Sie künftig eine Politik entwickeln und durchsetzen, der wir insgesamt zustimmen, die wir mittragen könnten. Deshalb lehnen wir Ihren Haushalt, deshalb lehnen wir den Einzelplan 04 ab.
Ihre Politik hat nicht unser Vertrauen.