Rede von
Heinrich
Windelen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir sind am Ende der Debatte des ersten Tages der Haushaltsberatungen. Ich möchte mich zunächst sehr herzlich bei Ihnen allen bedanken, die Sie zu dieser späten Stunde noch im Hause sind. Ich möchte meinen Dank auch dadurch ausdrücken, daß ich auf lange Ausführun-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 3007
Bundesminister Windelen
gen verzichten werde und mich auf wenige Bemerkungen beschränke.
Mein Dank gilt auch den Berichterstattern des Einzelplanes 27, dem Kollegen Nehm und der Frau Kollegin Berger, für die gründliche, die kritische, aber auch verständnisvolle Beratung des Haushaltes des innerdeutschen Ministeriums. Ich bedanke mich beim Haushaltsausschuß und beim Innerdeutschen Ausschuß dafür, daß sie die Vorschläge der Berichterstatter, die ich voll akzeptiere, mit großer Mehrheit angenommen haben. Ich muß es ertragen, wenn dennoch die Fraktion der SPD aus politischen Gründen zu einer Ablehnung meines Haushaltes kommt.
Ich war dankbar für die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen im Innerdeutschen Ausschuß und dem Haushaltsausschuß. Ich möchte diese Zusammenarbeit auch in Zukunft so fortsetzen wie bisher.
Frau Kollegin Berger, Sie sind in Ihrem Beitrag auf die politischen Schwerpunkte meines Haushalts eingegangen. Ich stimme Ihren Bewertungen ebenso zu wie Ihren Zielvorstellungen und Vorschlägen. Deswegen brauche ich das nicht zu wiederholen, was hier dazu schon gesagt worden ist. Herr Kollege Ronneburger, das gleiche gilt für Ihre grundsätzliche Positionsdarstellung, die ich ebenfalls teile, und für die ich mich ebenfalls bedanken möchte.
Ich will mich nun mit einigen Worten den Debattenbeiträgen zuwenden, wie sie abgegeben worden sind. Herr Kollege Heimann, Sie haben noch einmal nach den deutschlandpolitischen Positionen der Bundesregierung, des innerdeutschen Ministers und seines Parlamentarischen Staatssekretärs gefragt. Die deutschlandpolitischen Positionen dieser Regierung bestimmen sich nach dem Grundgesetz, seinem Auftrag, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Sie bestimmen sich nach den Verträgen, die wir und die Sie rechtsverbindlich abgeschlossen haben,
unter anderem auch der Deutschlandvertrag, die uns binden. Sie stützen sich auf den Brief zur deutschen Einheit, nach dem die Verträge nicht im Widerspruch zum Ziel stehen, einen Zustand des Friedens herbeizuführen, in dem auch das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiederfindet. Sie stützt sich auf die gemeinsame Erklärung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972, und sie stützt sich vor allem auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes von 1973 und 1975, deren tragende Grundsätze Gesetzeskraft haben. Ich hoffe, meine Damen und Herren, das gilt nicht nur für die Bundesregierung, sondern das gilt für uns alle. Wenn dies so wäre, brauchte dieses Thema kein Streitgegenstand zu sein.
Herr Kollege Stiegler, es ist legitimes Recht der Opposition und natürlich besonders eines Abgeordneten, der im Zonenrandgebiet lebt, uns auf unsere Pflichten aufmerksam zu machen. Es hätte dessen nicht bedurft. Wir haben die ständige Austrocknung der Zonenrandförderung beendet. Wir haben die ständige Kürzung der Mittel für den Zonenrand nicht fortgesetzt, sondern wir haben sie in einer schwierigen finanzpolitischen Situation aufgestockt, im Bereich der wirtschaftlichen Zonenrandförderung um 30 Millionen DM, also um 30%, in der kulturellen Zonenrandförderung um 15%. Ich stehe nicht an, mich beim Finanzminister ausdrücklich dafür zu bedanken. In einer Zeit, wo überall gekürzt werden mußte, ist hier aufgestockt worden, und darin kommt der Wille dieser Bundesregierung zum Ausdruck,
das Zonenrandgebiet in seiner schwierigen Situation, die noch durch die wirtschaftlichen und strukturellen Probleme erschwert wird, weiter zu fördern.
Herr Abgeordneter Schneider, Sie und die Fraktion der GRÜNEN halten das innerdeutsche Ministerium für überflüssig. Sie fordern die Abschaffung. Ich glaube deswegen, Sie werden Verständnis haben, wenn ich mir erspare, näher auf Ihre Ausführungen einzugehen.
Lassen Sie mich deswegen abschließend nur noch wenige Sätze über die aktuellen Perspektiven unserer innerdeutschen Politik anfügen. Die Führung der DDR hat in den letzten Wochen nach dem Beschluß vom 22. November 1983 ihr Interesse und ihren Wunsch deutlich gemacht, das in den innerdeutschen Beziehungen Erreichte nicht nur zu bewahren, sondern auch auszubauen. Sie hat öffentlich ihre Bereitschaft erklärt, Vorschläge der Bundesregierung sorgfältig zu prüfen, die geeignet sind — um es in den Worten von Generalsekretär Honecker zu sagen —, die Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten auf ein normales Gleis zu bringen.
Die Bundesregierung begrüßt diese Haltung der Führung der DDR. Wir wollen gute Nachbarschaft mit dem anderen Staat in Deutschland, mit allem, was dazugehört: gegenseitige Rücksichtnahme und Schadensvermeidung, Zusammenarbeit bei gemeinsamen Problemen, Austausch von Erfahrungen, Austausch von Informationen und von Besuchen. Dabei bleiben wir uns der tiefen Unterschiede in der Gesellschafts- und Staatsordnung beider Staaten selbstverständlich bewußt. Diese Unterschiede werden und dürfen auch in Zukunft nicht verwischt werden.
Das gehört im übrigen zu einer realistischen Deutschlandpolitik, die sich vor Wunschträumen und vor Illusionen hütet. Wir bedrohen die DDR und den freien Willen der dort lebenden Deutschen nicht, wenn wir aussprechen, daß die deutsche Frage weiterhin offen ist. Das deutsche Volk, die deutsche Nation ist nach wie vor eine Realität, und solange dies so ist, bleibt die deutsche Frage offen.
Bundesminister Windelen
Dagegen hilft kein Wegsehen, kein Verbieten, kein Dekretieren. Die Geschichte läßt sich den Mund nicht verbieten.
Um so größer ist die Verantwortung der Regierungen beider Staaten in Deutschland. Ich stimme deswegen auch den jüngsten Ausführungen von DDR-Außenminister Fischer zu. Schlechte oder gar feindselige Beziehungen zwischen den beiden Staaten müßten die internationalen Spannungen erhöhen. Das wäre kein verantwortlicher Beitrag zur Friedenssicherung für Europa.
Die Bundesregierung ist willens und entschlossen, danach zu handeln. Sie wird beharrlich und stetig ihre Anstrengungen fortsetzen, um zu Verhältnissen zu gelangen, die das Prädikat „normal" verdienen. Dabei werden wir unsere Grundsätze nicht verleugnen. Aus Erfahrung wissen wir im übrigen, daß auch von der DDR derartiges realistischerweise nicht zu erwarten ist.
Folglich, meine Damen und Herren, kommt es darauf an, daß beide Seiten den Willen zur pragmatischen Vorgehensweise und zu pragmatischen Lösungen aufbringen. Die Bundesregierung hat diesen Willen.
Anlage zum Stenographischen Bericht
Anlage
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Büchner * 7. 12.
Cronenberg 9. 12.
Dr: Emmerlich 6. 12.
Fischer 9. 12.
Gilges 9. 12.
Dr. Glotz 9. 12.
Haehser 9. 12.
Frau Dr. Hartenstein 9. 12.
Hartmann 6. 12.
Immer 9. 12.
Jaunich 7. 12.
Junghans 6. 12.
Lemmrich 8. 12.
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Ich meine, dies ist eine Politik, die die Unterstützung aller Gutwilligen verdient. Ich bitte Sie darum.