Rede von
Dr.
Jürgen
Warnke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und meine Herren! Mit einer Steigerungsrate des Entwicklungshaushaltes von 2,5 % gegenüber diesem Jahr bekräftigt der Deutsche Bundestag auch in schwierigen Zeiten: Als wir selbst in Not waren, wurde uns 1947 durch den Marshall-Plan geholfen. Das haben wir nicht vergessen. Heute, da wir uns in der Spitzengruppe des Weltwohlstandes befinden,
erfüllen wir mit der Hilfe für die Dritte Welt eine humanitäre Pflicht ebenso wie das Gebot politischer und wirtschaftlicher Weitsicht.
Dafür danke ich dem Parlament und seinen Ausschüssen.
Im Zeichen einer akuten Verschuldungskrise und einer weltweiten wirtschaftlichen Rezession hatte die Bundesregierung zunächst dafür zu sorgen, daß die Rahmenbedingungen für die Aufnahmefähigkeit deutscher Entwicklungshilfe verbessert wurden. Ich nenne die Aufstockung unserer Quote beim Internationalen Währungsfonds um 67 %. Das sind etwa 6,2 Milliarden DM, die wir eingezahlt haben, meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN.
Ich bin dem Finanzminister dankbar, daß er bei einem solchen Instrument mitgezogen hat.
Die müssen wir zur Verfügung stellen. Auf unsere Bereitschaft,
im Bedarfsfall voll einzuzahlen, gründet sich die Ausleihefähigkeit des Internationalen Währungsfonds. Wenn es zum Schwur kornrot,
dann wird nicht das von Ihnen zitierte Tansania und dann wird nicht das von Ihnen zitierte Nicaragua,
sondern dann wird die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer Quote für die Entwicklungsländer haften müssen.
Kapitalerhöhung auch bei der Allgemeinen Kreditvereinbarung, die den Entwicklungsländern heute den Zugang zu jenen Krediten gibt, die früher den Industrieländern vorbehalten waren; beschlossen auch eine Kapitalerhöhung bei der Weltbank, mit unserer maßgeblichen Hilfe zur Findung des Kompromisses in der Größenordnung von 8 Milliarden DM, und zusätzlich gewaltige Leistungen des deutschen Kapitalmarktes für jene Anleihen, die die Entwicklungsländer über die Weltbank auf unserem deutschen Kapitalmarkt gesucht haben.
Das ist eine Leistung des deutschen Kapitalmarktes. Wir sollten sie nicht vergessen.
Die Mittel, die die Bundesregierung den Ländern der Dritten Welt, die des Kapitals bedürftig sind, zuführt — denn die Aufsicht über den Kapitalmarkt hat der Bundesminister der Finanzen —, rechnen wir legitim und mit Recht der deutschen Entwicklungshilfe zu. Wir sehen sie eben nicht nur als staatliche Hilfe, Herr Kollege Holtz, sondern wir nehmen die Leistungen des privaten Sektors ganz bewußt mit hinein.
2994 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
Bundesminister Dr. Warnke
Schließlich gehört zu den Rahmenbedingungen vor allem jene Hilfe für die ärmsten Entwicklungsländer, die über die Internationale Entwicklungsorganisation ausgegeben wird. Und, meine Damen und Herren, es war der Bundeskanzler, der die Notwendigkeit verstärkter Hilfe für die am wenigsten entwickelten Länder in das Kommuniqué des Weltwirtschaftsgipfels in Williamsburg hat hineinnehmen lassen.
Und es ist der Bundeskanzler gewesen, der in der vergangenen Woche an den amerikanischen Präsidenten Reagan einen Brief gerichtet und ihn gebeten hat, seine Autorität gegenüber dem amerikanischen Kongreß für eine angemessene Beteiligung der USA an der bevorstehenden siebten Wiederauffüllungsrunde der Internationalen Entwicklungsorganisation einzusetzen.
Meine Damen und Herren, das ist keine Marketing-Agentur der deutschen Wirtschaft,
das sind deutsche Haushaltsmittel in der Größenordnung von Hunderten von Millionen Dollar, die hier als verlorene Zuschüsse den ärmsten Entwicklungsländern zugute kommen.
— Das muß man natürlich wissen, Frau Kollegin Gottwald.
Eines ist klar: Die Bundesrepublik Deutschland wird ihren vollen Anteil bei der Einzahlung in die Internationale Entwicklungsorganisation leisten. Aber eines können wir nicht mehr: den Ausfall von anderen wettmachen und für die Kürzungen anderer Geberländer eine Kompensation geben.
Die Regierung Kohl, meine Damen und Herren, legt nunmehr den zweiten Bundeshaushalt mit einer massiven Zurückführung unserer Kreditaufnahme vor. Entwicklungspolitisch betrachtet heißt das: Im eigenen Hause schaffen wir Ordnung und leisten damit durch verringerte Kreditnachfrage den uns möglichen Beitrag zum Abbau der Hochzinshypothek aus den 70er Jahren, die verheerende Auswirkungen auf die Entwicklungsländer hatte und bis auf den heutigen Tag hat.
In diesem Rahmen wird der Ihnen vorliegende Haushalt wirksam werden. Und er wird, meine Damen und Herren von der SPD, mit gesteigerter Qualität und mit erhöhter Quantität wirksam werden.
Wer hier von Verschlechterung von Quantität und Qualität redet, Herr Kollege Brück, der redet wider besseres Wissen. Ihnen, Herr Kollege Hauchler, gebe ich mildernde Umstände, weil Sie es nicht besser wissen, als Sie es gesagt haben.
Der Haushalt ist 1983 — das war der erste unter der Regierung Kohl — im Volumen gesteigert worden.
Wir steigern 1984, und für den gesamten Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung werden die Entwicklungshilfeansätze erhöht.
Aber, meine Damen und Herren von der SPD, mit einer Hinterlassenschaft müssen auch wir fertig werden — —
— Jetzt hören Sie mal gut zu, insbesondere Sie, Herr Kollege Hauchler; denn das wird für Sie, wie ich meine, neu sein: Sie haben den Entwicklungsländern in den 70er Jahren auf der Grundlage einer jährlichen Steigerungsrate des Entwicklungshilfehaushalts von 12,5 % Zusagen gemacht und dann eine Finanzpolitik betrieben, die ins Finanzchaos geführt und die Einhaltung dieser Zusagen unmöglich gemacht hat.
Die Regierung Kohl wird auch — —
— Daß Sie das nicht gerne hören, ist mir schon klar. Die Wahrheit tut immer weh, wenn man so danebengewirtschaftet hat.