Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mache heute abend eine neue, lustige Erfahrung, nämlich erstmals, und zwar durchaus als Haushaltsberichterstatter, aber nicht von der Opposition, sondern von der Regierungsfraktion aus, einem Kollegen der Sozialdemokraten antworten zu können.
Ich freue mich auf lange Jahre dieser Tätigkeit und nehme damit auf, was Herr Kollege Kittelmann gesagt hat.
Ich bin zweitens auch dankbar, daß wenigstens der Kollege Vogelsang bereit war, was seine Kollegen nicht so gerne machen, zuzugeben, daß wir in einer Zeit notwendiger Konsolidierungen sind, was j a nur heißen kann, daß Ihre Regierung vorher einen solchen Zustand verursacht hat.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns wegen der Konsolidierung auch Gedanken darüber machen, wie wir, egal, in welchem Haushalt, sei es im Einzelplan 31, sei es aber natürlich insgesamt, am besten sparen können.
— Lieber Kollege Kühbacher, wenn Sie bereits beim Einzelplan 40 angekommen sind, dann — —
— 14? Entschuldigung, dann habe ich falsch verstanden. Dann nehme ich das, was ich sagen wollte, wieder zurück.
Wir sind bei Einzelplan 31 zur spiegelbildlichen Entwicklung dessen gekommen, was Auftrag der Wähler im März dieses Jahres war, nämlich die Jugend dazu zu führen und unsere gesamte Bevölkerung dazu aufzufordern, mehr Eigeninitiative, mehr Eigenverantwortung zu entwickeln.
Wir müssen den Konsolidierungskurs und damit das verantwortliche Umgehen mit Steuergeldern immer wieder betonen.
Wir müssen damit auch die Zukunftsperspektiven in unserem Staat als einem hochentwickelten Industriestaat sehen und damit auch diese Form der Zukunftsgestaltung wieder mehr an alle heranführen, und wir müssen — das gehört gerade zum Einzelplan 31, Bildung und Wissenschaft — auch und ganz besonders die Zukunftschancen der jungen Generation, aber im Hinblick auf einen Staat, der uns wirklich Zukunft bietet, in unsere Überlegungen mit einbeziehen und damit den Haushalt des Einzelplans 31 auch so entwickeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von der sozialdemokratischen Seite, die Sie im Haushaltsausschuß gar nicht so böse sind, wie Sie jetzt dazwischenrufen: Sie haben viele Dinge mitgetragen, auch nicht bloß im Einzelplan 31, sondern Sie haben es insgesamt aus der Notwendigkeit und aus der Überlegung heraus mitgetragen, daß wir gemeinsam zu besseren Ergebnissen in der Zukunft kommen müssen.
Der Vorwurf, das wäre ein großer Kungelhaufen, kann überhaupt nicht stimmen, denn ich nehme nicht an, Herr Kollege Kuhlwein, daß Sie Ihre eigenen Kollegen als Kungelbrüder bezeichnen. Für uns sind sie im Haushaltsausschuß sehr angesehene Kollegen.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2969
Dr. Rose
Sie haben auch mitgearbeitet, um uns insgesamt zu einem guten Ergebnis für die Regierung zu verhelfen.
Beim Einzelplan 31 — ich darf den in wenigen Punkten streifen in Erwiderung auch auf das, was Kollege Vogelsang schon angeführt hat — waren wir in Konsequenz dessen, was wir als Wählerauftrag gesehen haben, besonders bemüht, das Steuergeld sinnvoll zu verwenden. Da sind halt diese 600 Millionen DM an Sparmaßnahmen herausgekommen. Das ist aber eine Entwicklung, die wir im letzten Jahr eingeleitet haben.
Es ist zweifellos mehr Freiraum für die kommenden Jahre vorhanden, wenn z. B. beim BAföG im Jahre 1984 bloß noch 1,55 Milliarden DM bezahlt werden müssen, nachdem wir früher eine ständige Hochentwicklung hatten und dabei auch viele, viele Schüler und Studierende waren, die nur deshalb zur Schule und Hochschule gegangen sind, weil sie BAföG beziehen konnten.
Der Kollege Vogelsang hat erwähnt, daß 1,2 Millionen Studenten an den Hochschulen seien und deshalb mehr BAföG gezahlt werden müsse. Wenn wir mehr BAföG bezahlen, hätten wir bald zwei Millionen, vielleicht sogar drei Millionen Studenten und vielleicht auch Leute, die noch mit 35 Jahren studieren. Das kann doch nicht die richtige Entwicklung sein.
Wir sind der Meinung, daß der Weg richtig eingeleitet ist, daß wir zwar auch Studenten an den Hochschulen, aber mehr noch den beruflichen Bildungsweg an die Spitze gestellt haben.
— Herr Kollege Kühbacher, Sie können mich gar nicht provozieren.
Das wird Ihnen heute abend nicht gelingen.
Vor allen Dingen wurden damit Entwicklungen eingeleitet, von denen wir in der Zukunft sagen können, daß es unserer modernen Industriegesellschaft wirklich gerecht wird.
Meine lieben Kollegen, dazu gehört z. B., daß bei den Modellversuchen — sehr zu Ihrem Unwillen, aber in konsequenter Fortführung unserer Politik der letzten Jahre — Kürzungen eingetreten sind, weil wir erstens als Verantwortlicher für das, was mit Steuergeldern zu tun hat — ich muß noch einmal darauf verweisen, daß auch der Bundesrechnungshof dieser Meinung war — Geld sparen mußten, was vorher entgegen den Bestimmungen der Bund-Länder-Vereinbarungen ausgegeben wurde, und weil wir zweitens keine pseudowissenschaftlichen Modellversuche mehr haben wollen. Damit sind mehr oder weniger nur irgendwelche Wissenschaftler unterstützt worden, damit sie selber etwas verdienen konnten, aber es ist nichts in die Zukunft unserer Jugend investiert worden.
Ich begrüße es daher sehr, daß z. B. bei den Modellversuchen im Rahmen der beruflichen Bildung in der Zukunft mehr die Blickrichtung auf die Einführung der Mikroelektronik und aller Folgetechnologien gerichtet wird. Wenn Sie vorher in den verschiedenen Aussprachen zu den anderen Einzelplänen darunter zu leiden begonnen haben, daß wir moderne Technologien haben, die Sie am liebsten wieder abschaffen möchten
— das klang vorhin ziemlich deutlich heraus —, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie aus lauter Angst vor der Zukunft und vor diesen neuen Technologien den Rückschritt wollen, werden Sie die Zukunft mit Sicherheit nicht meistern.
Wir brauchen dazu auch den Austausch von Fachkräften der beruflichen Bildung mit verschiedenen Ländern draußen. Wer vorhin die Nachrichten vom Scheitern des Gipfels auf europäischer Ebene gehört hat, weiß, daß diese Verbindung mit anderen Ländern notwendig ist. Wir wollen deshalb auch in dieser Richtung weiterarbeiten und sind sicher, daß wir dabei die Unterstützung der Öffentlichkeit haben.
Meine verehrten Damen und Herren, in der Vergangenheit haben die Bildungspolitiker unter Ihrer Verantwortung stolz mehr Abitur, mehr in die Hochschulen hinein und mehr in all das, was mit der allgemeinen Bildung zu tun hatte, gefordert. Und wir sind eben jetzt angetreten, um diesen fatalen Irrtum zu korrigieren.
Es ist in der Zukunft wieder mehr offenes Angebot an die junge Generation notwendig, entsprechend ihren Fähigkeiten. Es soll nicht jeder unbedingt auf die Hochschule gehen nach der berühmten Forderung „Wir brauchen mehr Abiturienten und mehr Hochschüler",
sondern das soll von den Fähigkeiten und auch den Chancen abhängen, die hinterher bestehen.
Es hat uns überhaupt nichts geholfen, eine Schwemme arbeitsloser Akademiker zu bekommen.
Wir sehen deshalb die Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung mit der allgemeinen Bildung. Die Überbetonung dessen, was früher unter Ihrer Verantwortung gegolten hat, muß endgültig zu Ende sein.
Trotzdem ist gerade der Hochschulsektor — Frau Minister Wilms wird sicher noch mehr darauf eingehen — ein wichtiger Pfeiler der Bildungspolitik
2970 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
Dr. Rose
der 80er und vor allem der 90er Jahre. Er wird dieser Pfeiler auch bleiben, gerade von den Haushaltszahlen her. Wir haben im Haushaltsausschuß die Vorschläge der Regierung dankbar aufgenommen, die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau schon 1983 um 230 Millionen gegenüber 1982 zu erhöhen. Und das der Finanzplan der neuen Bundesregierung bis 1987 höhere Mittel im Ausbau vorsieht, als es unter der alten SPD-Regierung der Fall war, sollte der Vollständigkeit halber ebenfalls gesagt werden. Wir sehen durchaus die Notwendigkeit des Ausbaus und vor allen Dingen einer vernünftigen Ausgestaltung des Hochschulwesens. Das heißt aber nicht, daß es zu immer größeren Massenuniversitäten kommen muß.
Wir sehen den Schwerpunkt im Haushalt weiterhin bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses — das Heisenberg-Programm wird ebenso fortgeführt —
wie in verschiedenen anderen Problembereichen. Nicht im Bereich der Graduiertenförderung! Das wollte ja Ihre Regierung, Herr Zander, auslaufen lassen. Sie haben es im Haushaltsausschuß ja auch bestätigt.
Wir denken an die Promotionsförderung und andere Maßnahmen, die besonders Stiftungen durchführen. Ich glaube, wir können uns auch hiermit durchaus sehen lassen. Unsere Schwerpunktaufgabe wird sein, die Ausbildungschancen für die jungen Menschen besonders in der beruflichen Bildung zu fördern.
Ich will hier nicht die alte Polemik, die Sie das ganze Jahr 1983 hindurch gemacht haben, aufwärmen; daß der Kanzler 30 000 Ausbildungsplätze mehr versprochen hat.
Er ist nämlich von den Tatsachen bestätigt worden, daß es zu einer großartigen Steigerung der Ausbildungsplatzzahlen gekommen ist. Es sind mehr Ausbildungsplätze, als es jemals vorher gegeben hat. Es sind auch 40 000 mehr als im Jahr 1982.
Und da möchte ich all denen danken, die nicht Polemik bevorzugt, sondern appelliert und selber dazu beigetragen haben, diese zusätzlichen Ausbildungsstellen zu bekommen.
Die SPD meint, in der nach ihrer Meinung bewährten Weise fortfahren und jetzt bereits ein neues Gespenst an die Wand malen zu müssen. Im Jahr 1983 hat Ihre Argumentation nichts gebracht. Jetzt kommen Sie mit dem Jahr 1984 daher und reden von den 740 000, die fehlen — ich sage das, damit ich nicht denselben Fehler wie Herr Vogelsang mache —, als stände damit schon wieder etwas Neues ins Haus,
was nicht bewältigt werden kann.
Liebe Kollegen — und ich sage das auch mit Blick auf die CDU/CSU und die FDP-Freunde —, wir nehmen alle diese gefährlichen Entwicklungen des Jahres 1984 auf dem Ausbildungsstellensektor sehr ernst. Natürlich kann man zusammenzählen. Aber man wird zu den 740 000, vielleicht sogar 750 000 Stellen kommen, die besetzt werden müssen.
Nur, wir müssen uns fragen, wer hier helfen kann. Da kann wiederum nicht die Opposition helfen,
indem sie nur dreinruft und Polemik betreibt. Sondern helfen können nur Industrie, Handel und Handwerk, also die Bereiche, die uns schon 1983 besonders zur Seite gesprungen sind. Daß sie in ihren Ressourcen fast schon erschöpft sind, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, ist klar.
Aber es gehört auch dazu, daß uns z. B. die Gewerkschaften unterstützen
und endlich einmal einsehen, daß die notwendige Aufgabe des Wegfalls verschiedener ausbildungshemmender Vorschriften nichts mit einem Rückfall in der Arbeitsschutzgesetzgebung bei den Jugendlichen zu tun hat,
sondern mit einer Öffnung für Ausbildungsplätze, die damit auch einer größeren Bevölkerungsschicht, unserer jungen Generation, helfen kann. Wenn Sie ein bißchen mehr von dieser Entwicklung verstünden, meine verehrten Kollegen der Sozialdemokratie,
dann würden Sie sehen, daß wir z. B. bei der Bäckerausbildung durchaus eine Allianz von Handwerk und Gewerkschaften haben. Sie bräuchten sich nur sachkundig machen, dann würden Sie sehen, daß das alles nur komische Aussagen von Ihnen sind, die von den Tatsachen nicht bestätigt werden.
Meine Damen und Herren, wir haben von der CDU/CSU-Fraktion all das, was die Bundesregierung vorgeschlagen hat, um weitere Ausbildungsplätze zu schaffen — sei es das Benachteiligtenprogramm, sei es aber auch das einmalige Sonderprogramm — mitgetragen, wohlbewußt, daß zwar die Haushaltsmittel nicht reichlich fließen, daß man aber im Interesse der jungen Generation Anstrengungen unternehmen muß. Wir haben all das getan, was notwendig war. Es wird im Jahre 1984 und in den Folgejahren in dieser verantwortungsvollen Weise sicher weitergearbeitet.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2971
Dr. Rose
Es ist deshalb nicht einzusehen, daß der SPD jetzt auf der Drucksache 10/750 eine neue Ansatzerhöhung beim Benachteiligtenprogramm von 100 Millionen DM einfällt. Da kann man nur sagen: Das fällt Ihnen reichlich spät ein. Herr Vogelsang, Sie haben zwar vorhin gemeint, wir hätten in die Regierung gedrängelt. Wir haben nicht gedrängelt, sondern es war wirklich höchste Zeit, daß Sie aus der Regierung entfernt wurden.
Meine Damen und Herren, wir sehen auch hier, daß mit dem Benachteiligtenprogramm und dem einmaligen Sonderprogramm speziell bei benachteiligten Regionen, strukturschwachen Regionen, wertvolle Hilfen gegeben werden können.
Ich möchte sagen, es bedarf weiterhin vieler Anstrengungen. Wir brauchen vor allem eine Wirtschaftsgesundung. Die Erfolgsmeldungen, die sich jetzt besonders beim Mittelstand, beim Handwerk, abzeichnen, zeigen, daß das Konjunkturbarometer nach oben geht. So können auch wieder neue Existenzen gegründet werden, und damit bestehen auch Möglichkeiten für zusätzliche Ausbildungsplätze. Die Regierung ist auch mit der Regelung der Vorruhestandsfragen auf dem richtigen Wege. Die freiwerdenden Arbeitsplätze werden auch wieder Jugendlichen zugute kommen.
Ich möchte deshalb für die CDU/CSU-Fraktion die Zustimmung zum Einzelplan 31 bekanntgeben und dabei den besonderen Dank an die mutige Frau Minister Dr. Wilms aussprechen,
die es verstanden hat, trotz einer ungünstigen finanziellen Entwicklung in ihrer Aufgabe voll zu bestehen und der jungen Generation auch in der Zukunft zu helfen.