Rede von
Hans H.
Gattermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müntefering, wie sich die Bilder oder die akustischen Eindrücke gleichen! Viele Jahre habe ich hier an dieser Stelle von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, gehört, die Wohnungspolitik sei konzeptionslos gewesen.
Die Kontinuität wird fortgesetzt, Herr Müntefering: ich höre diese Klage von Ihnen jetzt wieder. Nur, lieber Herr Müntefering, es gab Ansätze einer Konzeption, und diese Konzeption ist jetzt wesentlich klarer und deutlicher geworden. Ich hoffe, daß sie in den nächsten Monaten, was die Mittel- und Langfristperspektive anbetrifft, noch deutlicher werden wird.
Herr Kollege Müntefering, Sie haben gesagt, daß wir noch vielzuviele Bauarbeiter ohne Arbeit und Brot haben. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2947
Gattermann
Aber ich frage Sie: Wie viele wären es denn wohl ohne die Sofortmaßnahmen der Bundesregierung?
— Entschuldigung, ich bin nicht unhöflich, aber ich kann bei der Kürze der Zeit keine Zwischenfragen zulassen.
— Das kann er j a nachher in einer persönlichen Erklärung oder sonstwie machen.
Etwas anderes: Bei der Müllverbrennungsanlage in Frankfurt könnten Bauarbeiter beschäftigt werden; aber es werden DDR-Bauarbeiter beschäftigt. Ich beklage das gar nicht, aus innerdeutschen Gründen; aber immerhin, das waren Maßnahmen, die die sozialliberale Regierung vereinbart hat und, ich sage das, zu Recht vereinbart hat.
Sie haben die Legende — so sage ich jetzt bewußt — von dem ach so sozialschädlichen Bauherrenmodell angesprochen. Wenn der „Spiegel" zitierfähig wäre — ist er aber nicht —, dann würde ich Sie auf den Artikel dieser Woche hinweisen, weil da nämlich ausnahmsweise über das Bauherrenmodell mal etwas Vernünftiges gesagt worden ist, was ich schon lange sage.
Die Risiken liegen bei denen, die sich dort Steuerersparnisse herausholen wollen, und das bittere Erwachen wird kommen, denn der ach so böse Markt ist sehr viel klüger, als wir Politiker es mit unseren Maßnahmen sind. Wir hinken nämlich immer hinterher.
Dennoch haben wir bestimmte Maßnahmen, die am Donnerstag besprochen werden, vorgesehen. Herr Kollege Müntefering, ich gebe Ihnen zu, der Gedanke könnte auftauchen, daß im Zusammenhang mit einem Überwechseln zum Erwerbermodell die Dinge noch nicht so zu Ende gehen könnten, wie wir das miteinander wünschen. Deshalb wird die Bundesregierung den Auftrag bekommen, bis Mitte nächsten Jahres diesen Gesamtkomplex noch einmal sorgfältig zu prüfen, insbesondere auch unter dem Aspekt Erwerbermodell.
Sie haben beklagt, daß das Vermögensbeteiligungsgesetz das Bausparen nicht einbezieht in den erhöhten begünstigten anlagefähigen Betrag von 312 DM.
Ich beklage dies nicht, denn die Zielsetzung dieses Gesetzes ging und geht nach dem erklärten Willen der Bundesregierung eindeutig dahin, den Arbeitnehmer für Risikokapital zu interessieren und zu mobilisieren. Bausparen ist ja eine sichere Kapitalanlage und keine Risikokapitalanlage.
Ich beklage aber mit Ihnen nachdrücklich, daß es nicht mehr möglich war, in diesem Gesetzgebungsverfahren die Festlegungsfrist zu reduzieren. Sie dürfen sicher sein, daß jedenfalls meine politischen Freunde alles tun werden, daß diese Maßnahme so schnell wie möglich nachgeholt wird.
Um zum Haushalt zu kommen: Die entscheidenden Weichenstellungen sind schon am Ende der 9. Legislaturperiode vorgenommen worden. Soweit das im Einzelplan 25 etatisiert ist, finden sich hier jetzt im Haushalt die zahlenmäßigen Fortschreibungen dieser Maßnahmen. Immerhin, ein Plafond von rund 5,3 Milliarden DM stellt eine Erhöhung von 10')/0 dar, was bei einer Gesamthaushaltssteigerung von 1,6% sehr nachdrücklich das unterstreicht, was in der Regierungserklärung vom 4. Mai gesagt ist, daß nämlich der Baukonjunktur eine Schlüsselrolle bei der Ankurbelung der Wirtschaft insgesamt zukommt.
Lassen Sie mich nur zwei Punkte aus dem Paket herausgreifen. Bei dem einen will ich den Kollegen Echternach ansprechen. Ihm ist es freundlicherweise gelungen, im Haushaltsausschuß die Mittel für die Städtebauförderung um 20 Millionen DM aufzustocken,
ohne daß korrespondierend die Mittel bei der anderen Direktförderung gekürzt worden sind.
— Sie sind nicht gekürzt worden.
— Nein, sie sind nicht gekürzt worden. Aber aus diesem Tatbestand ergibt sich eine Aufgabenstellung.
— Warten Sie es ab, dann erübrigt sich Ihre Frage.
Aus diesem Tatbestand ergibt sich die Aufgabenstellung für die Bundesregierung, in der Mittel- und der Langfristperspektive klar und präzise die Prioritäten zwischen der Bestandspflege durch Direktförderung und Neubau durch Direktförderung zu setzen.