Rede von
Dr.
Christian
Schwarz-Schilling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, daß im Einzelplan 13 des Haushalts nur einige Positionen sind. Es ist sicherlich auch richtig, daß man die Zuständigkeiten des Postverwaltungsrates genauso beachten muß wie die dieses Parlaments. Dennoch bin ich der Auffassung, daß es gut ist, wenn in diesem deutschen Bundestag auch über Einzelheiten der Deutschen Bundespost, die eigentlich in den Postverwaltungsrat gehören, extensiv diskutiert wird; denn alle sind von der Politik, die die Bundespost treibt, mehr oder weniger, direkt oder indirekt betroffen. Insofern begrüße ich dies und stelle mich auch gerne diesen Fragen.
Ich möchte auch sagen, daß ich mich besonders gefreut habe, daß Herr Kollege Dr. Friedmann das eigentlich schon leidige Thema der Verkabelung nun nicht in den Mittelpunkt aller Diskussionsbeiträge stellt. Wenn Sie einmal sehen, wieviel wir im Investitionshaushalt für diesen einen Bereich ausgeben, und die Ausgaben für die anderen Bereiche damit vergleichen, so muß man sagen, daß auch diejenigen, die dem Wohl und Wehe der Bundespost nahestehen, diese Frage nur in der Proportion und im Gesamtzusammenhang mit den Fragen, die hier anstehen, sehen können.
Herr Dr. Friedmann hat ein Gesamtszenario der Bundespost ausgebreitet, das deutlich gemacht hat, welche Aufgaben heute von diesem Unternehmen, was j a in einem ganz wesentlichen Bereich in die Zukunft orientiert ist, bewältigt werden muß. Das
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Bundesminister Dr. Schwarz-Schilling
kann man nur dann tun, wenn man sich bemüht, in möglichst sachlicher Form die Zahlen, Fakten und Daten zur Kenntnis zu nehmen und so zu diskutieren, daß man auch zu einer gemeinsamen Möglichkeit der Entscheidung kommt.
Herr Kollege Paterna, Sie haben gleich mit der 35-Stunden-Woche begonnen. Das Entscheidende ist aber nicht die 35-Stunden-Woche, das Entscheidende ist, daß die Forderung der Deutschen Postgewerkschaft darauf aus ist: „bei vollem Lohnausgleich", und damit der Service und die Dienstleistungen der Deutschen Bundespost um einen ganz riesigen Betrag von den Kosten her erhöht wird. Und es stellt sich sofort die Frage, ob die Bundespost dann die Gebühren um den entsprechenden Betrag erhöhen soll und damit zu Lasten der ganzen übrigen Volkswirtschaft einen negativen Einfluß ausübt,
oder ob sie auf ihren Gewinn verzichten soll und damit nicht mehr die Möglichkeit der zukunftsträchtigen Investitionen hat. Das sind die Alternativen, die wir dabei haben.
Ich darf auch auf den Punkt eingehen, der hier mit der — wie Sie es genannt haben Personalreduzierung angesprochen wurde. Lieber Herr Paterna, Sie wissen es als ein Mitglied des Verwaltungsrates und sogar des Arbeitsausschusses doch sehr genau, daß diese Zahlen endlich dazu führen, daß wir Haushaltswirklichkeit und Haushaltswahrheit in die Planungen mit übernehmen und nicht Zahlen hineingeben, wo das Ist und das Soll um entsprechende riesige Zahlen differieren. Wir sind zum erstenmal dazu übergegangen, daß wir in den Planzahlen auch das Ist des vergangenen Jahres mit zur Grundlage gemacht haben. Und selbst dann — das wissen Sie ganz genau — hat die Deutsche Bundespost im Jahr 1984 die Möglichkeit, 3 000 Menschen mehr als im Jahre 1983 zu beschäftigen. Bauen Sie hier doch nicht solche Dinge auf, und bleiben Sie bei der Wahrheit.
Wenn wir bei den Ausbildungsplätzen eine gewisse Reduzierung vornehmen, dann aus einem ganz einfachen Grund. Wir können nur dort Ausbildungsplätze voll weiterfahren, wo wir junge Menschen ausbilden, die nachher am Markt eine Chance haben, währenddessen wir in den postspezifischen Diensten allein nach dem Bedarf vorgehen können, da wir für die dort Ausgebildeten anderweitig auf dem Arbeitsmarkt keine Tätigkeit finden können. Nur um diesen Bereich handelt es sich, wenn wir reduzieren. Dort, wo wir eine allgemeine Ausbildung machen, die auch am Arbeitsmarkt eine entsprechende Nachfrage findet, haben wir sie nicht reduziert.
Sie fragen nach dem Konzept der Deutschen Bundespost. Ich muß Ihnen sagen: Ich habe mit großem Fleiß die Konzepte meiner Vorgänger gelesen. Das, was Sie gefordert haben und was Sie laufend fordern, ist in den 13 Jahren Ihrer Regierungszeit auch nicht ein einziges Mal vorgelegt worden.
Auch das Konzept von Herrn Matthöfer sagt nichts weiter als Allgemeinheiten unverbindlicher Art, ohne daß daraus ein spezifisches Konzept der Deutschen Bundespost ableitbar wäre. Ich mache Ihnen gar keinen Vorwurf. Es ist sehr schwierig. Aber ich sage Ihnen — ich habe Ihnen das schon oft gesagt —, daß es ein Konzept gibt, Einzeldienst für Einzeldienst kostenmäßig zu untersuchen und dafür zu sorgen, daß Angebot und Nachfrage, Kosten und Preis in das richtige Verhältnis kommen, um die großen Defizite, die wir im gelben Bereich der Post haben, zumindest in der ersten Zielsetzung nicht weiter ausufern zu lassen. Sie werden bereits festgestellt haben, daß wir ohne Gebührenerhöhung für das Jahr 1984 auf diesem Gebiet keine weitere defizitäre Expansion haben, sondern auf Grund der Zahlen des Jahres 1983 diesen Betrag festgehalten haben, weil wir entsprechende Maßnahmen bereits getroffen haben, um die defizitäre Entwicklung in diesem Bereich nicht weiter voranzutreiben. Das ist, glaube ich, ein sehr gutes Konzept, und dieses Konzept werden wir auch weiter verfolgen.
Ich darf nun auf einige Redebeiträge eingehen. Herr Kollege Hoffie, es gab ein Mißverständnis Ihrerseits. Es ist nicht so, daß mit der Verkabelung nur etwa — diese Zahl nannten Sie, glaube ich —1 Million Haushalte in zehn Jahren in entsprechender Weise in der Lage wären, einen Anschluß zu bekommen. Die Zahl liegt vielmehr um fast das Zehnfache höher. Sie kommen auf etwa 10 Millionen Wohnungseinheiten in zehn Jahren, ohne daß wir dabei die entsprechenden Kooperationen mit der privaten Wirtschaft berücksichtigt hätten. In einem gebe ich Ihnen recht: Wir versuchen, einen Mittelweg zu gehen, weil wir nicht mehr als 1 bis 11/2 Milliarden DM — es kann auch einmal mehr sein, weil wir Kopfstationen bauen müssen — ausgeben, aber trotzdem schnell eine größere Zahl, die angeschlossen werden kann, brauchen. Deswegen wollen wir den Weg gehen, der von allen Seiten — gerade von der Sozialdemokratischen Partei — so sehr bekämpft worden ist, nämlich einen Mittelweg, der unsere Ausgaben nicht überdimensional steigert und dennoch das Bedürfnis befriedigt, die Nachfrage stillt.
Wenn hier gesagt wird, die Deutsche Bundespost würde alles verkabeln, muß ich Ihnen, Frau Reetz, sagen: Das größte Kabelnetz ist in der Bundesrepublik Deutschland wie in aller Welt das Telefonnetz. Wenn man sich so verhalten hätte, wie Sie es jetzt gesagt haben, hätte man vor 30 Jahren niemals ein Telefonnetz ausgebaut. Ich frage mich, ob die GRÜNEN vielleicht weniger als andere Menschen das Telefon benutzen
und ob sie in ihrer personalen Kommunikation deswegen psychologische Probleme bekommen haben,
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weil sie diesen Apparat benutzen. Ich nehme an, das ist bei Ihnen nicht der Fall!
Es ist weiter die Frage nach dem Europatarif gestellt worden. Auch da möchte ich sagen: Wir haben auf dem Telefonsektor bereits bei allen Anrainerstaaten in Europa die Inlandsgebühren, und es fehlen uns innerhalb der Europäischen Gemeinschaft noch ganze drei Länder. Ich bin der Überzeugung, daß wir auch dafür im nächsten Jahr eine Regelung finden werden, die wir dann auch rechtzeitig dem Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen und dem Verwaltungsrat vorlegen werden.
Es wurde die Frage gestellt, warum wir nicht längst schnurlose Telefone eingeführt haben, wie es in Amerika der Fall ist.
Meine Damen und Herren, erstens müssen wir uns auf diesem Kontinent Europa etwas mit unseren Nachbarländern abstimmen. Wir können solche Standardisierungen nicht ohne Abstimmung mit unseren Nachbarländern vornehmen, weil der Kontinent zu klein ist. Wir leben eben nicht in den Vereinigten Staaten, wo unter Umständen ein Bundesland allein so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland.
Zweitens haben wir außerordentlich viele Frequenzfragen zu klären. Wenn wir die Telefone, von denen hier gesprochen wurde, unmittelbar einsetzen würden, würden wir Störungen im Fernsehempfang, bei anderen Telefongesprächen, beim Polizeifunk, beim Notlagenfunk usw. bekommen. Das ganze Frequenzmanagement der Deutschen Bundespost, die zumindest darum besorgt ist, daß die Frequenzen auch tatsächlich genutzt werden und nicht nur dem Papier nach da sind, würde auf diese Weise durcheinandergeraten.
Trotzdem kann ich Ihnen sagen, daß wir bis Ende des Jahres 1984 das schnurlose Telefon auch in der Bundesrepublik Deutschland einführen wollen und einführen werden.
Diese Frage wird also geklärt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zum Autotelefon sagen. Man kann nicht von heute auf morgen in Fragen, die den Frequenzbereich berühren, neue Lösungen in die Realität umsetzen. Ich muß der alten Bundesregierung vorwerfen, daß sie vor mehreren Jahren eine völlige Fehleinschätzung der Nachfrage nach Autotelefonen vorgenommen und damit die Möglichkeit der Ausweitung mit ihrer Frequenzfestlegung in so geringem Maße vorgesehen hat, daß wir in die heutige Sackgasse geraten sind. Das ist die Lage!
— Ja, die Gebühren sind auch deswegen so hoch, weil wir keine Massenfabrikation haben können, weil die entsprechenden Geräte fast Einzelanfertigungen sind, weil auf diese Weise eine Kostendegression nicht möglich ist und weil für die Bundespost gar nicht die Möglichkeit gegeben ist, herunterzugehen, denn neuen Anträgen können wir gar nicht stattgeben, wenn nicht ein alter Autotelefonanschluß aufgegeben wird. Das heißt, hier gibt es keine Marktwirtschaft, sondern auf Grund dieser Fehleinschätzung, von der ich eben gesprochen habe, eine dirigistische Wirtschaft.
Wir sind aber natürlich nicht untätig geblieben. Wir werden erstens im nächsten Jahr hoffentlich, nachdem die Entwicklung länger gedauert hat, als uns die Industrie zugesagt hatte, das sogenannte C450-Netz einführen können, wodurch sich die Kapazität dann immerhin von 30 000 auf über 200 000 erweitern läßt.
Aber auch das ist nicht das letzte, das endgültige Netz, denn ich habe festgestellt, daß die Franzosen auf einem völlig anderen Dampfer waren und jetzt die letzte Möglichkeit bestanden hat, auf diesem Kontinent beim mobilen Funk wie dem Autotelefon wenigstens zwischen Deutschland und Frankreich ein eigenes, selbständiges und gemeinsames Standardisierungssystem einzuführen. Dies wäre sonst für alle Zeiten, wenigstens aber für die nächsten Jahrzehnte nicht möglich gewesen.
Aus diesem Grunde werden wir Ende der 80er Jahre ein weiteres Netz einführen, das S-900-Netz, und zwar gemeinsam mit den Franzosen. Im Moment bauen wir dafür die Standardisierungen aus. Noch im Laufe dieses Jahres werden wir in Deutschland und Frankreich eine Ausschreibung zu diesem Projekt in Gang setzen. Ich glaube, schneller konnte es wirklich nicht gehen, im Rahmen der entsprechenden Projektmöglichkeiten bei den deutsch-französischen Konsultationen zu einem positiven Ergebnis zu kommen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich hier für die Möglichkeit bedanken, auch über einiges andere und nicht nur über die Verkabelung zu sprechen, die ja im Investitionshaushalt der deutschen Bundespost noch nicht einmal 10% ausmacht. Ich bedanke mich bei den Kollegen, die hier gesprochen haben. Vor allen Dingen denjenigen, die gerade mit Bezug auf den Bereich der gelben Post Fragen gestellt haben, möchte ich hier folgendes sagen. Wir wissen sehr genau, welche Leistungen die Mitarbeiter dieses größten deutschen Unternehmens in der Bundesrepublik Deutschland erbringen, um trotz der Schwierigkeiten, vor denen wir stehen, über 500 000 Menschen zu beschäftigen, einen Gewinn zu erwirtschaften und in die Zukunft zu sehen, um eine Umstrukturierung in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. All jenen, die daran mitwirken, gebührt der herzlichste Dank des Postministers.
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Bundesminister Dr. Schwarz-Schilling Ich danke Ihnen.