Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, im Gegensatz zum Haushalt des Herrn Justizministers wird beim Verkehrsminister durchaus über Geld, über viel Geld, gesprochen. Insofern hat der Kollege Hoffmann, der eben vor mir gesprochen hat, recht.
Dieser Verkehrshaushalt liegt mit seinen Eckdaten nach dem Kabinettsbeschluß vom 29. Juni 1983 und den Haushaltsberatungen eindeutig über den Werten der Finanzplanung der Regierung Schmidt.
Dasselbe gilt für den Finanzplanungszeitraum 1985 bis 1987, und das gilt auch und gerade für die Verkehrsinvestitionen. Das heißt, dieser Haushalt ist besser, als er wäre, wenn die SPD noch regierte.
Insofern hat der Kollege Hoffmann unrecht.
Meine Damen und Herren, ich will aus der Fülle der Kapitel einige Punkte herausgreifen und im Zuge dieser kleinen Rede dann auch auf das eingehen, was Sie, Herr Hoffmann, hier angesprochen haben.
Ich beginne mit dem Kapitel Schiffbau, Schifffahrt. Schon während der ersten Lesung dieses Haushalts vor zwei Monaten hat es eine Debatte über die Probleme von Schiffahrt und Schiffbau gegeben. Damals hatten meine Kollegen Echternach, Austermann und auch ich selber angekündigt, hier sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. In der Tat hat es im Zuge der Beratungen hier eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Entwurf gegeben, die an der Küste einhellig begrüßt worden ist. Ich meine den Beschluß des Haushaltsausschusses, Finanzbeiträge zur Förderung der Seeschifffahrt befristet wiedereinzuführen.
Auf Antrag der Koalition ist eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 80 Millionen DM eingesetzt worden; Herr Kollege Hoffmann hat darauf hingewiesen. Diese Finanzbeiträge sollen die Ausflaggung eindämmen, die anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der deutschen Reedereien abfedern und, was ganz wichtig ist, deren Investitionsfähigkeit dadurch verstärken, daß sie zusätzliche Liquidität bekommen. Damit, meine Damen und Herren, wird zugleich, wenn auch mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung, den deutschen Werften geholfen, die maßgeblich auf inländische Aufträge angewiesen sind.
Die deutsche Handelsflotte hat in den letzten Jahren durch Ausflaggung rund ein Drittel ihrer Tonnage verloren. Es ist richtig: Vor diesem Hintergrund sind weitere Maßnahmen notwendig. Sowohl das zunehmend aggressive Verhalten der Staatshandelsreedereien mit ihren Dumpingpreisen ebenso wie die niedrigeren Sicherheitsstandards bei anderen Wettbewerbern müssen noch einmal auf die Hörner genommen werden.
Die von der Bundesregierung eingesetzte interministerielle Arbeitsgruppe sollte in der Tat, Herr Minister, so schnell wie möglich ihre Vorschläge vorlegen, damit das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Handelsflotte zu verbessern und die Sicherung der Versorgung zu gewährleisten, möglichst bald erreicht wird.
Die Opposition hat — beinahe hätte ich gesagt: natürlich — mehr gefordert, als wir hier erreicht haben. Aber, Herr Hoffmann, Sie haben es sich hier in der Tat etwas zu leicht gemacht. Sie haben einfach Ihr altes Programm, das Sie 1981 ja selbst gestoppt haben, für 1984 wieder abgeschrieben, ohne Rücksicht auf das, was in der Zwischenzeit an Entwicklungen und Beschlüssen vorliegt.
Ich erinnere Sie an die Beschlüsse der norddeutschen Ministerpräsidenten und Bürgermeister vom 21. April dieses Jahres in Hamburg. Die norddeutschen Länder sowie die Gewerkschaften und die Verbände gehen seitdem von rund 3 Milliarden DM Jahresumsatz im deutschen Handelsschiffbau für
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die Jahre 1984 ff. aus, unterteilt in 2 Milliarden DM Inlandsaufträge und 1 Milliarde DM Auslandsaufträge.
Ich meine, wenn man jetzt Anträge stellt und Haushalte berät, sollte man die Anträge und die eigene Politik an diesen Zielvorgaben ausrichten und nicht das, was auch die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten unterschrieben haben, durch Anträge hier konterkarieren. Nur dann kommt einmal so etwas wie eine wirkliche Linie in die Schiffbau- und Schiffahrtspolitik, die dringend erforderlich ist, meine Damen und Herren.
Natürlich — erlauben Sie mir, daß ich das hinzufüge — bleiben in diesem Bereich Punkte, die uns Sorge machen: denn auch erreichte Umsatzzahlen sind keine Standortgarantie, können es auch nicht sein. Erlauben Sie mir, daß ich hier die beiden Standorte Bremen und Bremerhaven stellvertretend als besonders schwierige Werftenstandorte nenne.
Eine weitere große Sorge bedeutet — das an die Adresse des Wirtschaftsministers — das völlige Ausbleiben von Exportaufträgen aus Industrieländern.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort zu den Bundeswasserstraßen sagen, und zwar zunächst zum Main-Donau-Kanal. Ich bitte die Bundesregierung, alles zu tun, was ihre Rechtsauffassung stützt, daß es sich dabei um eine nationale Wasserstraße handelt, und alles zu unterlassen, was diese Rechtsauffassung konterkarieren könnte. Das fängt damit an, daß man beispielsweise von der Main-Donau-Wasserstraße und nicht von der Rhein-Main-Donau-Wasserstraße redet. Im übrigen bin ich der Überzeugung, daß den Unterhaltungsmaßnehmen in der Tat zukünftig hohe Priorität zukommen muß, damit im Bereich der Wasserstraßen der befürchtete Substanzverzehr nicht fortschreitet, sondern daß diesem Substanzverzehr, der in der Tat nicht gewollt sein kann, Einhalt geboten wird.
Ein Wort zur Privatisierung in der Naßbaggerei; Herr Hoffmann, Sie haben das hier angesprochen. Wir hatten uns im Haushaltsausschuß darauf geeinigt, daß wir den Bericht des Bundesverkehrsministers abwarten, daß wir dann diskutieren und anschließend entscheiden. Meine Damen und Herren, das scheint mir eine sinnvolle Reihenfolge zu sein. Wenn Sie sich aber als erstes hinstellen und sagen „Unsere Entscheidung steht schon fest!", dann frage ich mich natürlich: Wofür brauchen wir noch einen Bericht des Verkehrsministers? Ich meine also, wir sollten hier eine vernünftige Reihenfolge wiederherstellen.
Nun ein Wort zur Deutschen Bundesbahn. Ich will in Ihre Erinnerung zurückrufen, daß es unter der Verantwortung von SPD-Verkehrsministern in den letzten Jahren sechs Sanierungskonzepte gegeben hat, die nicht verhindern konnten, daß die Verluste der Bahn in den letzten 12 Jahren von rund 1,3 Milliarden DM auf 4,2 Milliarden DM und die Verschuldung von 13,5 Milliarden DM auf 35,5 Milliarden DM angestiegen sind,
obwohl gleichzeitig der jährliche Zuschuß des Bundes von 3,9 auf 13,3 Milliarden DM zugenommen hat.
Das ist die Ausgangssituation, die wir vorgefunden haben.
Ich wiederhole: ein Ergebnis bei sechs SPD-Sanierungskonzepten. Bei dieser Sachlage wäre ich an Ihrer Stelle in der Tat verhältnismäßig vorsichtig bei der Äußerung zu Konzepten, die nun einmal andere vorlegen.
Wir haben den Regierungsentwurf in Sachen Bundesbahn für 1984 unverändert übernommen. Angesichts der absoluten Priorität der Sanierung der Staatsfinanzen sind jetzt keine zusätzlichen Subventionen möglich gewesen. Im übrigen ist das neue Bahnkonzept der Bundesregierung ja erst am 30. November 1983, also vor wenigen Tagen, beschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt worden, d. h. haushaltspolitisch kann es erst in den Haushalten 1985 ff. eingeordnet und wirksam werden. Es war schon technisch gar nicht möglich, es in den Haushalt 1984 einfließen zu lassen.
— Es wäre sicher eher übergekommen wie auch vieles andere, wenn nicht zunächst soviel Schutt wegzuräumen gewesen wäre, den Sie hinterlassen haben.
Erlauben Sie mir ein Wort zu den Neubaustrekken. Die Neubaustrecken sind erforderlich. Wer sie nicht wollte, müßte erklären, wo er denn die Perspektive und die Zukunft der Bahn sieht. Aber erlauben Sie mir aus der Sicht des Haushälters, daß ich hinzufüge: Hinsichtlich der Kosten bin ich skeptisch. Ich kann mich auch nicht ganz des Eindrucks erwehren, daß sehr großzügig geplant worden ist bzw. geplant wird, wobei wohl bisweilen bei Widerständen — sei es bei Bürgerinitiativen, sei es bei anderen Widerständen — auch leicht der bequeme — und das heißt in diesem Falle leider: der teurere — Weg eingeschlagen wird.
Hier wird es nach meinem Eindruck im Einzelfall noch sorgfältiger Überlegungen und Überprüfungen bedürfen.
Erfreulich ist, daß die Bahn bereits in diesem Jahr Aufwand und Verschuldung deutlich günstiger hat gestalten können. Die im Konzept erstmals festgelegten — Herr Kollege Hoffmann, insofern stimmt Ihre Kritik nicht — klaren Abgrenzungen der Verantwortlichkeiten zwischen der Unterneh-
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mensleitung der Bahn und dem Eigentümer Bund ermöglichen es dem Vorstand, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und die selber gesetzten Ziele zu erreichen, nämlich deutlich gesteigerte Arbeitsproduktivität einerseits und deutliche Senkung der Personal- und Gesamtkosten andererseits.
— Ihr Zwischenruf erinnert mich an Zeiten, in denen Sie völlig ungeniert 100 000 Arbeitsplätze weniger bei der Bahn gefordert und angestrebt haben. Ich will das einmal hinzufügen.
— Im übrigen auch durchgesetzt haben. Völlig richtig.
Unser Ziel ist eine moderne, attraktive, schnelle, wettbewerbsfähige Bahn mit einem Marketing, mit dem sie ihre Leistung auch am Markt verkaufen kann. Dieses Ziel läßt sich nicht mit staatlichem Dirigismus oder planwirtschaftlichen Methoden erreichen, sondern nur nach den Regeln der Marktwirtschaft. Auch das hat uns die Vergangenheit wirklich gelehrt. Dazu gehört auch die Kooperation mit dem privaten Transportgewerbe sowie privaten Kapitalgebern. Sind diese zu einer Zusammenarbeit bereit, so ist das das allerbeste Zeichen dafür, daß die Bahn eine realistische Chance am Markt hat.
Den vielerorts befürchteten Kahlschlag wird es nicht geben. Das jetzt verabschiedete Bahnkonzept bedeutet keine Demontage bei der Bahn. Es geht weder von Entlassungen aus, noch sind Streckenstillegungen das Primäre. Die Bahn soll vielmehr wieder das werden, was sie jahrzehntelang in der deutschen Bahngeschichte gewesen ist: ein wichtiges, ein sicheres, ein begehrtes Verkehrsmittel in unserem Lande.
Lassen Sie mich ein letztes Wort zum Straßenbau sagen. Im europäischen Vergleich ist unser Straßennetz bekanntlich überdurchschnittlich hoch belastet. Dem hat die Bundesregierung trotz der angespannten Haushaltslage dadurch Rechnung getragen, daß sie 150 Millionen DM als Verpflichtungsermächtigung freigegeben hat. Damit wird aber kein rigoroser Ausbau des Straßennetzes betrieben werden, wie er von seiten der GRÜNEN und von seiten der SPD in der öffentlichen Debatte immer wieder behauptet wird. Die Tatsache, daß dazu, selbst wenn wir dies wollten, einfach die Mittel fehlten, sollte Ihnen zumindest bei dieser Behauptung zu denken geben. Das bedeutet also unter Berücksichtigung regionaler Ausgewogenheit die Konzentration auf baldige Fertigstellung beispielsweise der Schließung von Lücken im Straßennetz, von Ortsumgehungen und Beseitigung von Gefahrenpunkten. Der Rahmen für den zukünftigen Straßenausbau wird gegenwärtig durch den geltenden Bedarfsplan, den Sie einstimmig mit beschlossen haben — ich will noch einmal daran erinnern — bestimmt, der im
übrigen 1985 fortgeschrieben und der neuen Entwicklung angepaßt werden wird. Natürlich wird dabei der regionalen Erschließungsfunktion besondere Bedeutung beigemessen werden.
Herr Kollege Hoffmann, Sie haben Ihren Sammelantrag zum Verkehrshaushalt auf Drucksache 10/747 vorgelegt. Wir haben diese Anträge im Haushaltsausschuß beraten. Ein Teil dieser Anträge ist deswegen nicht zu verwirklichen, weil die Dekkungsvorschläge, die Sie anzubieten hatten, von uns nicht akzeptiert werden konnten. Wir müssen diese Anträge aus diesem Grund ablehnen. Dem Regierungsentwurf, der auch für die Verkehrspolitik bessere Zeiten signalisiert, stimmen wir zu.
Vielen Dank.