Rede von
Dr.
Friedrich
Zimmermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf einige Akzente eingehen, die meine Vorredner mir gewidmet haben.
Herr Kühbacher, da sind Sie der erste. Ihnen muß ich leider sagen: Beim Essensgeld waren die Länder führend im Kappen.
Da gibt es sehr viele sozialdemokratische Beispiele, auf die die Bundesregierung hier verweisen kann. Bitte messen wir mit der gleichen Elle Bund und Länder. Und vergießen wir hier nicht, wie Sie es getan haben, Krokodilstränen nur wegen der Zumutungen für die kleinen Beamten. Wir haben hier von Ihrer Seite Vorbilder.
Die Bundesregierung ist angetreten, indem sie als allererste Maßnahme die Bezüge ihrer Minister
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2899
Bundesminister Dr. Zimmermann
und Parlamentarischen Staatssekretäre um fünf Prozent gekürzt hat. Das ist ein Jahr her. Das darf man auch einmal sagen.
So haben wir begonnen. Vorbilder von Ihrer Seite gab es auf diesem Sektor allerdings nicht.
Die dritte Feststellung. Der Bundesinnenminister ist noch von keinem Parteitag der CSU nach Bonn oder umgekehrt mit einer Puma geflogen. Er braucht keine Pumas, um schneller zu Parteitagen zu kommen. Er hat das nie getan und wird es auch in Zukunft nie tun.
— Schauen Sie bitte einmal in Ihre eigenen Reihen, wie das vorher war!
Der Bundesminister des Innern beabsichtigt keine Remilitarisierung des Bundesgrenzschutzes. Sein Vorgänger, der Bundesinnenminister Baum, hat Sonderfahrzeuge in Auftrag gegeben. Dafür war ein Zehn-Jahres-Programm vorgesehen. Der Bundesminister des Innern Friedrich Zimmermann hat dieses Programm zeitlich auf die Hälfte zusammengedrückt. Das ist alles. Ein schon beschlossenes Programm wird schneller verwirklicht.
Herr Kühbacher, insgesamt möchte ich sagen: Das war eine Rede, die Ihrer eigentlich nicht ganz würdig war. Ihre Rede im Vorjahr war wesentlich besser.
Herr Kollege Schmude hat beklagt, daß ich kein Gesetz vorgelegt habe. Er muß doch dankbar sein, wenn ich einen solchen Beitrag zur Entbürokratisierung leiste.
Die anderen reden immer nur von Entbürokratisierung. Er hat hinzugefügt, er beklage, obwohl ich kein Gesetz vorgelegt hätte, hätte ich die Lage total verändert. Jetzt muß ich wirklich lateinisch antworten. Wissen Sie, woher das kommt, warum ich die Lage trotzdem verändert habe? — Durch den lateinischen Spruch: cogito ergo sum. So ist das.
Jetzt kommen die Gummiwurfgeschosse. Hier habe ich keine Ankündigungen vollzogen. Ich denke gar nicht daran, die Polizei des Bundes anders auszurüsten als die der Länder. Ich habe mir nur erlaubt vorzuschlagen, daß ich sie für Bund und Länder für richtig und notwendig halte. Die Innenministerkonferenz hat einen Prüfauftrag gegeben und wird im Januar auf ihrer nächsten Konferenz entscheiden, ob sie einen Entwicklungsauftrag geben wird, was ich annehme.
Von dem Pamphlet, von dem die Rede war, wurden 200 000 Stück gedruckt. Die waren so unglaublich schnell vergriffen, daß wir eigentlich hätten nachdrucken müssen. So verschieden kann man das betrachten.
Herr Kollege Jahn, wenn der Haushaltberichterstatter meiner Fraktion zu mir kommt, um mich etwas zu fragen, dann ist es absolut ungehörig, daß Sie das monieren und behaupten, ich würde mich mit irgend jemandem unterhalten, statt Ihrem Redner zuzuhören.
Sie wissen, daß das eine ganz billige, Ihrer unwürdige Polemik gewesen ist und sonst nichts.
Herr Kollege Baum, jetzt muß ich zu Ihnen noch etwas sagen. Ich bitte dringend, die Freizügigkeit des Art. 12 des Assoziierungsabkommens nicht so zu interpretieren, wie Sie das tun. Das ist eine absolut limitierte Freizügigkeit. Man muß die Art. 48 bis 50 des EWG-Vertrages dazulesen. Das Überwort lautet: die Regierungen sollen sich leiten lassen. Die Türkei weiß ganz genau, daß es eine unlimitierte Freizügigkeit ab Dezember 1986 in gar keinem Falle geben kann, gleich, worüber wir uns mit ihr einigen werden.
Meine Damen und Herren, ich beginne mit den Haushaltsbegleitgesetzen. Ich weiß, daß die Angehörigen des öffentlichen Dienstes schon einen erheblichen Beitrag geleistet haben und weiterhin leiten müssen.
Wir müssen einen Ausgleich zwischen dem Zwang zur Haushaltsentlastung und den Grundpositionen unserer Dienstrechtspolitik finden. Wir sind entschlossen, den Gleichklang zwischen Besoldungsund Tarifsystem des öffentlichen Dienstes zu wahren und Beamte und Angestellte so weit wie irgend möglich gleich zu behandeln. Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung muß Richtschnur der linearen und strukturellen Entscheidungen sein. Ich bin dankbar für die nachhaltige Unterstützung dieser Bemühungen durch die Bundesländer und den Innenausschuß des Deutschen Bundestages.
Bei den Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst zeigen sich — ich sagte es schon einmal — die Grenzen der Belastbarkeit. Deswegen wende ich mich dagegen, in Zukunft weitere strukturelle Eingriffe in das Bezahlungssystem in Erwägung zu ziehen. Ich weiß, daß der öffentliche Dienst in die allgemeine Risikogemeinschaft eingebettet ist und Anspruch auf faire und gerechte Behandlung hat.
Die Bundesregierung sagt ja zu den strukturellen Eingriffen, die Ihnen bekannt sind und zur Beschlußfassung vorliegen.
Sie dürfen aber nicht als Einstieg für weitergehende Einschnitte verstanden werden.
Der öffentliche Dienst wird, meine Damen und Herren, nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden. Der Beamtenschaft darf das besondere Treueverhältnis, das
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Bundesminister Dr. Zimmermann
Kampfmaßnahmen ausschließt, nicht zum Nachteil gereichen.
Ich wende mich deshalb entschieden gegen jene unsachliche Pauschalkritik am öffentlichen Dienst, die manchen allzu leicht über die Lippen geht oder aus der Feder fließt.
Meine Damen und Herren, auf allen Feldern der Umweltpolitik hat die Bundesregierung seit 1982 wichtige Initiativen ergriffen und außerordentliche Anstrengungen unternommen, vor allem bei der Luftreinhaltung. Die Großfeuerungsanlagen-Verordnung ist am 1. Juli 1983 in Kraft getreten. Alle neu zu genehmigenden Großfeuerungsanlagen, Kraft- und Fernheizwerke, Industriefeuerungen ab 100 MW müssen mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage ausgerüstet werden. Kleinere Anlagen dürfen nur schwefelarme Brennstoffe verwenden. Altanlagen, bei denen das Hauptemissionspotential liegt, sind innerhalb von Übergangsfristen umzurüsten oder stillzulegen. Ich muß das noch einmal ausführen, weil hier immer wieder soviel Falsches und Unzulängliches gesagt wird.
Wir sind auf einem schwierigen Weg ein gutes Stück weitergekommen. Nur, meine Damen und Herren, hektische Betriebsamkeit auf diesem Gebiet ist falsch.
Gerade für einen dauerhaften Umweltschutz ist es notwendig, daß die Industrie mit verläßlichen Daten planen kann. Wer jeden Tag mit einem neuen Notprogramm auf den Markt kommt, der mag zwar kurzfristig für Schlagzeilen sorgen, aber für die Praxis ist das alles eher hemmend.
Aus diesem Grunde ist diese Bundesregierung für Verläßlichkeit und Berechenbarkeit der Politik gerade auch im Umweltschutz.
Wir wissen, daß wir im europäischen Ausland weiterkommen müssen. Wir drängen in der EG auf einheitliche Emissionsgrenzwerte, und wir hoffen, daß im nächsten Jahr der Richtlinienvorschlag der EG-Kommission dem Rat zugeleitet wird.
Am 1. März ist die TA-Luft in Kraft getreten. Dadurch verbessern wir den Gesundheitsschutz für Pflanzen und Tiere erstmals. Der weitere Verbesserungsentwurf ist auf dem Weg. Er trifft die Stäube, die Schwermetalle, die Kohlenwasserstoffe. All das wird dem aktuellen Stand der Technik angepaßt.
Am 21. Juli 1983 hat die Bundesregierung beschlossen, die gesetzlichen Grundlagen zur Einführung bleifreien Benzins am 1. Januar 1986 zu schaffen. Die Schadstoffgrenzwerte haben wir fortgeschrieben, und zwar so, daß sie der heutigen Katalysatortechnologie entsprechen. Wir haben diesen Beschluß am 26. Oktober komplettiert und die in den Vereinigten Staaten geltenden Abgasgrenzwerte sowie die dortigen Testverfahren als Vorbild genommen.
Wir wissen, daß unser oberstes Ziel eine EG-einheitliche Lösung bleiben muß. Wir haben die Kommission gebeten, bis zum 15. April 1984 Vorschläge für eine gemeinschaftsweite Einführung bleifreien Benzins zum 1. Januar 1986 mit unseren Grenzwerten vorzulegen. Ich glaube sagen zu können, daß wir durch unseren Vorstoß Bewegung in die EG gebracht haben, aber ich gebe zu, daß wir uns einen rascheren Fortschritt wünschen würden. Die meisten Damen und Herren, die hier sitzen, wissen, daß es seine Zeit braucht in Europa, die verschiedenen Staaten unter einen Hut zu bringen. Aber wir glauben, daß unsere Verhandlungsposition gut ist.
Wir sind überzeugt, daß die Zukunft dem umweltfreundlichen Auto gehört. Wir wissen, daß wir für unser Vorgehen die breiteste Unterstützung hier in diesem Hause und bei der Bevölkerung haben. Und wir stehen in der Europäischen Gemeinschaft, in Europa, nicht allein. Ich bin sicher, daß wir uns durchsetzen werden.
Ich begrüße es außerordentlich — und ich weiß, was diese Entscheidung für die deutsche Automobilindustrie bedeutet; eine Jahrhundertentscheidung ist das —, daß die deutschen Hersteller schon vor 1986 umweltfreundliche Autos auf dem deutschen Markt anbieten werden, die bisher nur für den Export produziert worden sind.
Wir wissen, meine Damen und Herren, daß wir die Umweltprobleme Europas insgesamt nicht allein in unserem Land lösen können. Aus diesem Grunde haben wir unsere Bemühungen auf der internationalen Ebene ständig verstärkt. Dem Umweltrat liegt die Grundsatzrichtlinie Luftreinhaltung vor. Die Richtlinie ist während der deutschen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1983 mit Entschiedenheit vorangebracht worden, so daß eine baldige Verabschiedung jetzt möglich erscheint.
Im Rahmen der ECE, der UN-Wirtschaftskommission für Europa, haben sich die Mitgliedstaaten in Ost und West zu einer deutlichen Verminderung der Schwefeldioxidemissionen verpflichtet.