Rede von
Friedrich
Neuhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die erste Adventwoche nähert sich ihrem Ende, und ich benutze die Gelegenheit, nach ausführlichem Studium der Unterlagen — denn ich war auch nicht bei dem Ortstermin, um das gleich zu bekennen — einer ganzen Reihe von Beteiligten zu danken, die an der Behandlung dieser Petitionen teilgenommen haben. Denn wenn man sich noch einmal sehr gründlich mit den ausführlichen Unterlagen beschäftigt, dann kann man feststellen, daß es eine ganze Reihe von Leuten gibt, denen man danken muß. Zu denen gehören natürlich in erster Linie auch die Petenten. Sie haben aus ihrer Sorge um die Erhaltung der Natur, um die Sicherung der Naherholung in der Nachbarschaft der Stadt Göttingen und um die Eindämmung einer befürchteten Lärmbelästigung für die Anwohner der nächstgelegenen Gemeinde immer wieder neue Fragen gestellt und immer wieder neue Anregungen gegeben. Ich finde, das ist ein Bürgerrecht.
Zu danken ist natürlich auch verschiedenen Abgeordneten dieses Hauses, die nicht unmittelbar zum Petitionsausschuß gehören, die sich — es wurde schon gesagt — wie mein Kollege Torsten Wolfgramm bereits im Februar 1981 in einer Anfrage oder mit sonstigen Initiativen um Klärung, um Prüfung und um eine angemessene Lösung bemüht haben. Aber vor allem ist natürlich den Berichterstattern des Ausschusses und der Frau Vorsitzenden — das ist schon geschehen — zu danken.
Zu danken ist aber auch den beteiligten Behörden. Das sieht man ganz deutlich, wenn man die Unterlagen studiert. Es ist geradezu beispielhaft, möchte ich sagen, für andere Fälle, wie hier doch im Gespräch um einen Kompromiß gerungen worden ist. Das geht aus den Unterlagen ganz eindeutig hervor. Das hat natürlich auch einen Bezug zur Zukunft. Denn das verpflichtet dazu, bei der Verwirklichung der Planung die in Aussicht gestellten Maßnahmen mit der größtmöglichen Schonung des Waldgeländes, mit Rekultivierung und unter Beachtung des Lärmschutzes tatsächlich in dieser entgegenkommenden Form mit aller Sorgfalt in Angriff zu nehmen.
Meine Damen und Herren, die Planung dieses Standortübungsplatzes geht — das wurde hier schon gesagt — in ihren Anfängen über ein Jahrzehnt zurück. Wenn von den Petenten — auch im Ausschuß — gesagt worden ist, daß sich in dieser Zeit j a nicht nur die Erkenntnisse über die Notwendigkeit des Umweltschutzes verstärkt haben und neue Entwicklungen eingetreten sind — das Stichwort „Waldsterben" wurde genannt —, die bei einem Eingriff in die Natur stärkere Beachtung als früher üblich finden sollten, sondern sich auch ganz allgemein die Sensibilität der Bevölkerung erhöht hat — Herr Peter hat das gesagt —, dann ist das ganz richtig und nur zu unterstreichen, und richtig ist auch, daß die Tatsache längerer Planung nicht von der Berücksichtigung neuer Gesichtspunkte entbinden kann und darf.
Aber, meine Damen und Herren, es gilt auch: Dann, wenn man diese Standpunkte absolut setzt, ist natürlich überhaupt keine Lösung mehr befriedigend, die in irgendeiner Weise zu Eingriffen führt. Das gilt nicht nur für diesen, sondern auch für viele andere Fälle, denen wir in unseren Wahlkreisen ständig begegnen. Da es sich bei Problemlösungen nicht um die Konfrontation einander ausschließender absoluter Standpunkte handeln kann, sondern um die realistische Abschätzung von Notwendigkeiten und Möglichkeiten handeln muß, kommt es — und kam es auch hier — darauf an, nach Kompromissen und nach einem Ausgleich zu suchen. Dies ist meines Erachtens das Bestreben aller Beteiligten gewesen.
Es wurde schon darauf hingewiesen, daß j a — das darf nicht vergessen werden — nicht erst jetzt, im Rahmen der Bearbeitung der vorliegenden Petition, sondern bereits früher in den Verhandlungen zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und der niedersächsischen Landesregierung die Prüfung der Umweltverträglichkeit und des Naturschutzes eine wichtige Rolle gespielt hat, daß auch entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden und daß das Problem der Erweiterung außerdem — auch das wurde bereits gesagt — schon Gegenstand von zwei Petitionen an den Niedersächsischen Landtag war und dort zuletzt noch im März dieses Jahres behandelt wurde.
Die Planung hatte also im Verlaufe dieser Prüfungen bereits Veränderungen erfahren. Das Land Niedersachsen hatte Auflagen wie z. B. die Beschränkung der Abholzung auf das geringstmögliche Maß oder den Zugang für die Bevölkerung in übungsfreien Zeiten erteilt.
2858 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983
Neuhausen
Aber, meine Damen und Herren, auch hier ergeben sich — das bitte ich einmal zu beachten — natürlich im Laufe der Entwicklungen Spannungsverhältnisse. Damals, als diese Auflagen erteilt wurden, galt der offene Zugang der Bevölkerung zu allen Waldflächen als ein erstrebenswertes Ziel. Heute ist das unter den Gesichtspunkten der Ökologie ganz anders zu betrachten, jedenfalls da und dort, und es ist gerade ein Verdienst der Bundeswehr, daß sie an bestimmten Stellen durch besondere Bemühungen Schutzräume für Fauna und Flora schafft, die zerstört würden, wenn das Gelände völlig offen wäre. Das will ich nicht auf den Platz, um den es jetzt geht, beziehen, aber ich möchte auch dadurch die in all den Jahren eingetretenen Veränderungen in den Anschauungen charakterisieren.
Meine Damen und Herren, wenn wir die Verteidigungsnotwendigkeit und -fähigkeit bejahen — und das tun wir —, werden Übungsmöglichkeiten benötigt. Die Frage nach der Unabweislichkeit dieser Erweiterung für eine ordnungsgemäße Durchführung der Übung und Ausbildung wurde j a bei der Ortsbesichtigung durch den Ausschuß noch einmal eingehend erörtert.
Meine Damen und Herren, mich hat etwas berührt, was in diesen Unterlagen zu lesen war. Ich war nicht dabei, kann das jetzt also nur etwas theoretisch nachempfinden, aber wenn in diesem Zusammenhang der Kommandeur des Panzergrenadierbataillons ausführt, ihn bedrücke das Bewußtsein, im Verteidigungsfall möglicherweise mit Soldaten ins Gefecht zu gehen, die nur deshalb ihr Leben lassen müssen, weil sie im Frieden nicht genug ausgebildet wurden,
so ist das natürlich ein Gesichtspunkt, der einen nicht unberührt lassen darf.
Dennoch sind in der Schlußphase der Behandlung der Petition noch einmal alle Bedenken zur Sprache gekommen. Die Frage nach alternativen Lösungen bis hin zur Prüfung der Kosten für die Inanspruchnahme ausländischer Übungsgelände ist erneut aufgeworfen worden. Ich finde, das ist ein reiches Maß an Überlegung und Erörterung. Es sind dann eben auch noch einmal — aber nicht erst jetzt zuletzt, sondern schon im Verlaufe der ganzen Behandlung der Petition — die Anregungen, die hier schon genannt worden sind, verstärkt worden, daß nämlich die Panzertrassen auch forstwirtschaftlich genutzt werden und daß deshalb die vorhandenen Waldwege weitgehend in den Trassenbau einbezogen werden könnten. Voraussetzung dafür ist natürlich — das ist das Ziel der Beschlußvorlage —, daß sich der Bundesminister der Verteidigung nachdrücklich mit den betroffenen Gebietskörperschaften ins Benehmen setzt, um die Nutzung der vorhandenen Wege beim Trassenbau zu ermöglichen. Insofern soll die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung überwiesen werden.
Ein anderes schließt sich an das an, was der Kollege Peter gesagt hat. Die Petition soll noch einmal dem Niedersächsischen Landtag zur Kenntnis gebracht werden — in der Hoffnung und auch mit dem Anspruch, daß beim Abschluß der Nutzungsverträge die Bestimmungen des niedersächsischen Landeswaldgesetzes mit dem Ziel der größtmöglichen Erhaltung des Waldes berücksichtigt werden.
Wir würden es bedauern, wenn die Petenten diese Beschlüsse als einen Mißerfolg ihrer Bemühungen ansähen. Im Gegenteil. Sie haben ihren Beitrag dazu geleistet, daß die vorliegende Planung Gegenstand einer, wie ich finde, beispielhaften, besonders gründlichen Prüfung und Erörterung wurde.
Vielen Dank.