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    Plenarprotokoll 10/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2823 A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 10/713 — 2823 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Gemeindefinanzen (GSVG) — Drucksache 10/537 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Fortsetzung der Gemeindefinanzreform — Drucksache 10/538 — Bernrath SPD 2823 D von Schmude CDU/CSU 2826 C Krizsan GRÜNE 2828 D Gattermann FDP 2830 D Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . 2833 C Dr. Struck SPD 2836 A Dr. Daniels CDU/CSU 2840 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 2841 D Poß SPD 2843 A Dr. Blank CDU/CSU 2843 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Tietjen, Bachmaier, Dr. Ehrenberg, Dr. Emmerlich, Ewen, Fischer (Osthofen), Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Oostergetelo, Polkehn, Schmidt (München), Schröder (Hannover), Stiegler, Dr. de With, Dr. Schwenk (Stade), Frau Terborg und der Fraktion der SPD Errichtung eines Dokumentations- und Informationszentrums auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Esterwegen — Drucksache 10/579 — Tietjen SPD 2845 B Seiters CDU/CSU 2846 D Dr. Jannsen GRÜNE 2848 D Dr. Hirsch FDP 2850 A Würzbach, Parl. Staatssekretär BMVg . 2850 C Beratung der Sammelübersicht 15 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/588 — Frau Nickels GRÜNE 2852 A Dr. Göhner CDU/CSU 2853 D Peter (Kassel) SPD 2855 D Neuhausen FDP 2857 A Frau Nickels GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2858 C Nächste Sitzung 2859 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2861*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2861* C Anlage 3 Kontrollen und gesetzliche Vorschriften bezüglich der Freisetzung genetisch manipulierter Bakterien; Förderung von Projekten der Sicherheitsforschung und der Technologiefolgenabschätzung für die Entwicklung und Anwendung gentechnischer Verfahren seit 1978 MdlAnfr 3, 4 25.11.83 Drs 10/683 Catenhusen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . 2862* A Anlage 4 Kenntnis des US-Senats von den Stationierungsorten der Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland; Informierung der deutschen Öffentlichkeit MdlAnfr 8, 9 25.11.83 Drs 10/683 Sielaff SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2862* C Anlage 5 Verbot der Verfütterung von aflatoxingefährdetem Erdnußschrot an Kühe; Festsetzung einer Höchstmenge für die Milch MdlAnfr 91 25.11.83 Drs 10/683 Frau Weyel SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 2863* A Anlage 6 Schlußfolgerungen aus der Registrierung der Waldschäden und den parlamentarischen Anhörungen zur Bekämpfung des Waldsterbens; Prüfung kurzfristig wirksamer Maßnahmen MdlAnfr 92, 93 25.11.83 Drs 10/683 Graf Stauffenberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 2863* C Anlage 7 Unterschiedliche Produktions- und Vermarktungskosten für Schweine in der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden; Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung durch das niederländische WIR-Programm MdlAnfr 94, 95 25.11.83 Drs 10/683 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 2864* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 2823 41. Sitzung Bonn, den 2. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 40, Sitzung, Seite 2820* D, Zeile 1: Statt „Dr. Probst" ist „Erhard" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 2. 12. Antretter * 2. 12. Böhm (Melsungen) * 2. 12. Büchner (Speyer) * 2. 12. Cronenberg (Arnsberg) 2. 12. Dr. Emmerlich 2. 12. Dr. Enders * 2. 12. Ertl 2. 12. Dr. Faltlhauser 2. 12. Francke (Hamburg) 2. 12. Frau Fuchs (Köln) 2. 12. Gansel * 2. 12. Frau Geiger 2. 12. Glombig 2. 12. Dr. Götz 2. 12. Günther 2. 12. Haase (Fürth) * 2. 12. Haase (Kassel) 2. 12. Dr. Hackel * 2. 12. Haehser 2. 12. Handlos 2. 12. Hartmann * 2. 12. Dr. Hauchler 2. 12. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 2. 12. Hoffmann (Saarbrücken) 2. 12. Dr. Holtz * 2. 12. Dr. Hornhues * 2. 12. Graf Huyn 2. 12. Ibrügger 2. 12. Immer (Altenkirchen) 2. 12. Jansen 2. 12. Kastning 2. 12. Kittelmann * 2. 12. Dr. Klein (Göttingen) 2. 12. Kolb 2. 12. Dr. Kreile 2. 12. Kroll-Schlüter 2. 12. Frau Krone-Appuhn ** 2. 12. Lenzer * 2. 12. Dr. h. c. Lorenz 2. 12. Dr. Müller * 2. 12. Offergeld 2. 12. Pauli 2. 12. Petersen 2. 12. Dr. Probst 2. 12. Rappe (Hildesheim) 2. 12. Rawe 2. 12. Reddemann * 2. 12. Dr. Rumpf * 2. 12. Sauer (Stuttgart) 2. 12. Schäfer (Mainz) 2. 12. Dr. Scheer * 2. 12. Schlaga 2. 12. Schmidt (München) * 2. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Hannover) 2. 12. Schulte (Unna) * 2. 12. Schwarz * 2. 12. Dr. Solms 2. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 2. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 2. 12. Stockleben 2. 12. Dr. Unland * 2. 12. Vogt (Kaiserslautern) * 2. 12. Frau Dr. Wex 2. 12. Windelen 2. 12. Dr. Wittmann 2. 12. Dr. Wulff * 2. 12. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 25. November 1983 beschlossen, dem Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern zuzustimmen. In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, zu dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof keinen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes zu stellen. Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) (Drucksache 10/618) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes"; hier: Rahmenplan 1984 bis 1987 (Drucksache 10/626) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Überplanmäßige Ausgabe; hier: Kap. 23 02 Tit. 836 02 - Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland am Kapital der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) (Drucksache 10/565) Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zum kleinen Grenzverkehr (Drucksache 9/2369) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 25. November 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: 2862* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 358/79 über die in der Gemeinschaft hergestellten Schaumweine der Nummer 13 des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr. 337/79 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure (Drucksache 10/92 Nr. 66) Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 1. Dezember 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über den passiven Veredelungsverkehr (Drucksache 10/376 Nr. 21) Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften — Finanzielle Integration — (Drucksache 10/133 Nr. 10) Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Genehmigung des Abschlusses des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Anwendung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung (Drucksache 10/92 Nr. 23) Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen des Abgeordneten Catenhusen (SPD) (Drucksache 10/683 Fragen 3 und 4): Welchen Kontrollen und gesetzlichen Vorschriften ist derjenige in der Bundesrepublik Deutschland unterworfen, der beabsichtigt, genetisch manipulierte Bakterien in die Umwelt freizusetzen? Welche Projekte der Sicherheitsforschung und der Technologiefolgenabschätzung für die Entwicklung und Anwendung gentechnischer Verfahren sind seit 1978 von der Bundesregierung gefördert worden? Zu Frage 3: Das Arbeiten mit Bakterien, die durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren genetisch manipuliert worden sind, unterliegt den Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren (Fassung vom 7. August 1981). Die vom Bundeskabinett am 15. Februar 1978 beschlossenen Richtlinien sind für alle unmittelbar und mittelbar vom Bund geförderten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten verbindlich. Nach Nummer 17 Abs. 2 e ist die Freisetzung von Organismen, die neukombinierte Nukleinsäuren enthalten, nicht erlaubt. Das Bundesgesundheitsamt kann auf Antrag und nach Anhörung der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit Ausnahmen zulassen (Nummer 17 Abs. 3). Der mit den Richtlinien verfolgte Zweck, Leben und Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze vor der Gefahr übertragbarer Krankheiten zu schützen, wird auch durch das Bundesseuchengesetz, das Viehseuchengesetz und das Pflanzenschutzgesetz verfolgt. Sind manipulierte Bakterien auf Grund ihrer Eigenschaft Krankheitserreger im Sinne des Bundesseuchengesetzes, Tierseuchenerreger im Sinne des Viehseuchengesetzes oder schädliche Mikroorganismen im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes, so sind die Vorschriften der untengenannten Gesetze anzuwenden. In Betracht kommen z. B. §§ 64, 64 Abs. 2 Nummern 1-3, § 70 BSeuchenG, § 74 Abs. 1 ViehSG und §§ 24, 25 Abs. 1 Nummer 1 PflSchG. Zu Frage 4: Von der Bundesregierung werden oder wurden folgende Projekte der Sicherheitsforschung und der Technologiefolgenabschätzung gefördert: Bundesgesundheitsamt Berlin: Erarbeitung von Kriterien für die Zulassung neuer biologischer Sicherheitsmaßnahmen und sicherheitstechnische Überprüfung von Forschungsvorhaben durch die Zentrale Kommission. Universität Bielefeld: In Zusammenarbeit mit der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler. Gesellschaftliche Folgen neuer Biotechniken: Potential und Probleme der Anwendung von Techniken der Neukonstruktion von Genen und der Fortpflanzungsbiologie. Universität Heidelberg: Infektiosität von klonierter Hepatitis B-Virus-DNA in Primaten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Sielaff (SPD) (Drucksache 10/683 Fragen 8 und 9): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die US-Regierung ihre Mitglieder im Senat über die Stationierungsorte von Pershing II und Cruise Missiles informiert und diese Standorte auch in den Protokollen festgehalten sind, und warum informiert die Bundesregierung dann weder die Abgeordneten des Deutschen Bundestages noch die Öffentlichkeit über die Stationierungsorte der Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland? Welchen Sinn hat nach Ansicht der Bundesregierung die Informationsverweigerung über die Standorte der Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland, wenn es möglich ist, sich über den Umweg über die USA diese Informationen zu beschaffen? Zu Frage 8: Es trifft zu, daß in Sitzungen eines Unterausschusses des amerikanischen Kongresses im März und April 1983 Standorte genannt worden sind. Durch einen Fehler im administrativen Bereich sind diese teilweise in die Protokolle übernommen worden. Es liegt — besonders durch diesen Vorgang — kein Grund für die Bundesregierung vor, von der bisher gültigen Praxis abzuweichen. Zu Frage 9: Auf Grund der geltenden Bestimmungen war es Praxis aller bisherigen Bundesregierungen, Anfragen und Behauptungen zu Lagerorten nuklearer Waffen weder zu bestätigen noch zu dementieren. An dieser Position hält auch unsere Bundesregierung fest. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 2863* Die Bundesregierung hat mehrfach betont, daß sie bereit wäre, einer Bekanntgabe der Standorte in Ost und West sofort zuzustimmen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Frage der Abgeordneten Frau Weyel (SPD) (Drucksache 10/683 Frage 91): Wird die Bundesregierung — wie in der Schweiz — die Verfütterung von Erdnußschrot, das als besonders aflatoxin-gefährdet gilt, an Kühe verbieten und eine Höchstmenge von 0,05 µg pro kg Rohmilch festsetzen, um vorsorglich den möglichen Gefahren einer Aflatoxin-Kontamination des Grundnahrungsmittels Milch zu begegnen? Höchstgehalte an Aflatoxin B1 in Futtermitteln sind in der Bundesrepublik erstmals 1973 festgelegt und zuletzt durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Futtermittelverordnung vom 2. Mai 1983 (BGBl. I S. 505) von 0,02 auf 0,01 mg/kg Ergänzungsfuttermittel für laktierende Rinder, laktierende Schafe und laktierende Ziegen verschärft worden. Die Verschärfung ist inzwischen bei der EG nachvollzogen worden. Die für die Milchproduktion relevanten Höchstgehalte betragen z. Zt. EG-einheitlich 0,05 mg/kg Einzelfuttermittel und 0,01 mg/kg Mischfuttermittel. Bei Einhaltung des auch für die Verfütterung geltenden Höchstgehaltes von 0,01 mg/kg Futter ist die Einhaltung der von Ihnen genannten Höchstmenge von 0,05 µg/kg Rohmilch sichergestellt. Es ist bekannt, daß von Erdnußprodukten in besonderem Maße eine Gefährdung durch Aflatoxine ausgeht, jedoch können auch andere, insbesondere tropische oder subtropische, Futtermittel in unterschiedlichem Maße mit Aflatoxin belastet sein. Im Vorgriff einer EG-einheitlichen Regelung ist daher mit der vorher erwähnten Verordnung ein absoluter Höchstgehalt von 0,2 mg/kg Futtermittel festgesetzt worden, was bedeutet, daß Futtermittel mit mehr als 0,2 mg/kg Aflatoxin in der Bundesrepublik nicht mehr verkehrsfähig sind und somit auch nicht mehr eingeführt werden dürfen. Darüberhinaus muß die Einfuhr von Erdnüssen und Baumwollsaaten (einschließlich daraus hergestellter Einzelfuttermittel) angezeigt werden, um die Einfuhr durch Aflatoxin besonders gefährdeter Einzelfuttermittel besser kontrollieren zu können. Auf Grund der getroffenen Regelungen bedarf es keines zusätzlichen Verbots der Verfütterung von Erdnußschrot an Milchkühe. Zur Frage der Festsetzung eines Höchstgehaltes für Aflatoxin in Rohmilch wird sich der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit in seiner Antwort zur Frage der Aflatoxinbelastung von Lebensmitteln äußern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Graf Stauffenberg CDU/ CSU (Drucksache 10/683 Fragen 92 und 93): Welche Schlußfolgerungen zur Begegnung des Waldsterbens zieht die Bundesregierung aus der bundesweiten Aufnahme der Waldschäden und den beiden parlamentarischen Anhörungen vor dem Innenausschuß und dem Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages? Welche kurzfristig wirksamen Maßnahmen einschließlich eventuell sofort wirksamer Übergangsregeln plant oder prüft die Bundesregierung? Zu Frage 92: Die Bundesregierung hat mit Besorgnis die neuen Zahlen über die erhebliche Zunahme der Waldschäden seit dem Sommer 1982 zur Kenntnis genommen. Hinsichtlich der Ursachen und der erforderlichen Maßnahmen sieht sich die Bundesregierung in ihren bisherigen Aussagen bestätigt. Bezüglich der Ursachen muß weiter davon ausgegangen werden, daß die Waldschäden in der Regel durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren verursacht werden. Dabei kommen sowohl Luftschadstoffe, insbesondere Schwefeldioxid, Stickoxide, Photooxidantien und Schwermetalle, als auch Faktoren wie Frost, Trockenheit, Schädlinge und waldbauliche Einflüsse in Frage. Die Schädigungsanteile der einzelnen Faktoren sind von Standort zu Standort verschieden. Trotz des noch fehlenden naturwissenschaftlichen Nachweises sprechen die Indizien dafür, daß Luftverunreinigungen und deren Umwandlungsprodukte eine wesentliche Ursache für die Waldschäden sind. Zu Frage 93: Die Bundesregierung wird daher ihr Aktionsprogramm „Rettet den Wald" konsequent durchführen. Im Mittelpunkt der Maßnahmen steht die weitere Emissionsbegrenzung für Luftschadstoffe auf nationaler, gemeinschaftlicher und internationaler Ebene. Das gilt für stationäre Anlagen ebenso wie für die Einführung bleifreien Benzins in Verbindung mit der Festlegung von Schadstoffgrenzwerten, die der Katalysatortechnik entsprechen. Besondere Aufmerksamkeit wendet die Bundesregierung der Einführung marktwirtschaftlich orientierter Instrumente zu. Sie hat daher die betroffenen Ressorts beauftragt zu prüfen, ob und inwieweit bestehende Instrumente der Luftreinhaltung durch zusätzliche marktwirtschaftlich orientierte Instrumente ergänzt werden können. Da trotz aller Anstrengungen eine ausreichende Verringerung der Immissionen in den Waldschadensgebieten nicht kurzfristig zu erreichen ist, zumal ein sehr großer Teil der Immissionen — z. B. beim Schwefeldioxid im Durchschnitt ca. 50 % — aus ausländischen Quellen stammen, müssen unverzüglich alle geeigneten forstlichen Maßnahmen ergriffen werden, um die Vitalität der betroffenen Wälder zu stärken und die Schäden so weit wie möglich zu beheben, bis die angestrebte Luftqualität erreicht worden ist. Zur Förderung dieser Maßnahmen sollen für 1984 20 Millionen DM Bun- 2864* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 desmittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" zur Verfügung gestellt werden, die zur Finanzierung von gezielten Düngungsmaßnahmen, dem Voran- und Unterbau in lückig gewordenen Beständen und für Wiederaufforstungen verwendet werden können. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 10/683 Fragen 94 und 95): Welche Unterschiede bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung in den Produktions- und Vermarktungskosten für Schweine zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, in Brüssel bei der Europäischen Gemeinschaft dafür Sorge zu tragen, daß die Wettbewerbsverzerrungen durch das WIR-Programm in den Niederlanden, das Investitionen auch in der Landwirtschaft erheblich bezuschußt, endlich beseitigt werden? Zu Frage 94: Die Produktions- und Vermarktungskosten in der Schweinehaltung sind von zahlreichen Faktoren abhängig, die einen statistischen Vergleich zwischen zwei Ländern in der Gemeinschaft nicht zulassen. Zu den wichtigsten Faktoren gehören die Bestandsgröße, das Tiermaterial, die Futterkosten, die Haltungstechnik und die Art der Vermarktung. Wie Ihnen bekannt ist, hat die Schweineproduktion in einigen Regionen der Niederlande, aber auch in bestimmten Gebieten Norddeutschlands eine vergleichsweise hohe Konzentration erreicht. Die Unterschiede in den Produktionskosten zwischen diesen Regionen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden sind sicherlich geringer als im Vergleich zu Gebieten mit einer anderen Produktions- und Vermarktungsstruktur im gleichen Lande. Die günstige Infrastruktur mit den nahegelegenen Seehäfen in den Niederlanden und in Norddeutschland wirken sich kostensenkend auf die Preise von Zukauf-Futtermitteln aus. Schließlich wurden in den Hauptproduktionsgebieten der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland Vermarktungseinrichtungen (Versandschlachtereien) errichtet, die durch hohe Kapazitätsauslastung wesentlich kostengünstiger arbeiten als weniger gut ausgelastete Schlachthöfe in strukturschwächeren Gebieten. Zu Frage 95: Bei der investiven Förderung von Unternehmen in den Niederlanden auf Grund des niederländischen WIR-Gesetzes handelt es sich um eine allgemeine Maßnahme im Rahmen der Steuergesetzgebung, die nicht speziell die Landwirtschaft betrifft. Die im Rahmen dieses Gesetzes gewährten allgemeinen Investitionsprämien sind daher keine Beihilfen im Sinne des Art. 92 des EWG-Vertrages. Sie fallen daher auch nicht unter die besonderen Beihilfeverbote und -beschränkungen der Gemeinschaftsrichtlinie über die Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe (72/159/EWG). Das WIR-Gesetz ist insoweit vergleichbar mit der — allerdings nur vorübergehend gewährten — 10%igen Investitionszulage nach dem deutschen Beschäftigungsförderungsgesetz. Was den Umfang der Investitionsförderung nach dem WIR-Gesetz anbelangt, so ist dieser in den vergangenen Jahren ganz erheblich eingeschränkt worden. So sind die Basisprämien für Investitionen in Neugebäude von früher 23 % auf heute 14 %, bei Investitionen in bestehende Gebäude von früher 15 % auf heute 8 % verringert worden. Schließlich ist auch die regionale Prämienzulage, die für Investitionen in bestimmten benachteiligten Regionen der Niederlande zusätzlich vorgesehen war, seit August 1982 für Betriebe der Landwirtschaft ganz aufgehoben worden. Die derzeit bestehende Regelung nach dem WIR-Gesetz ist, da sie mit dem EWG-Vertrag und dem sekundären Gemeinschaftsrecht in Einklang steht, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Beseitigung wäre nur langfristig im Rahmen einer Steuerharmonisierung auf Gemeinschaftsebene zu erreichen. Dabei müßten allerdings auch Regelungen des deutschen Steuerrechts berücksichtigt und möglicherweise zur Disposition gestellt werden, wie etwa die Steuererleichterungen bei Investitionen in der Landwirtschaft auf Grund der §§ 76 und 78 der Einkommenssteuerdurchführungsverordnung. Auch sonstige steuerliche Rahmenbedingungen wie etwa die vermögensteuerlichen Belastungen müßten bei einer Harmonisierung angeglichen werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Voss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung nimmt die vorliegenden Initiativen der SPD-Fraktion gern zum Anlaß, noch einmal die Unterschiede zwischen dem finanzpolitischen Kurs der SPD und den Zielsetzungen der Bundesregierung hervorzuheben.

    (Krizsan [GRÜNE]: Zu „prüfen"!)

    Der Gesetzentwurf der SPD stellt eine Kombination dar aus massiver Verschiebung von Steueranteilen des Bundes und der Länder zugunsten der kommunalen Ebene und einer massiven Erhöhung der Steuerbelastung der Wirtschaft. Die SPD verfolgt damit leider ihr altes Konzept,

    (Zuruf von der SPD: Sie haben kein Konzept!)

    zusätzliche finanzpolitische Spielräume auf Kosten anderer zu schaffen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: So ist es!)

    Die Bundesregierung verfolgt demgegenüber die Politik, neue finanzpolitische Spielräume für die Gebietskörperschaften durch Gesundung der öffentlichen Finanzen zu eröffnen, d. h. durch strikte Einhaltung der Sparziele und strenge Ausgabendisziplin bei Bund, Ländern und Gemeinden neue Spielräume zu schaffen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Sparen bei den Sozialausgaben!)

    Die finanzielle Entwicklung der öffentlichen Haushalte im ersten Halbjahr 1983 zeigt — das ist hier bereits erwähnt worden —, daß Städte, Ge-
    2834 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983
    Parl. Staatssekretär Dr. Voss
    meinden und Kreise bei der Ausgabenkonsolidierung die größten Fortschritte gemacht haben.

    (Krizsan [GRÜNE]: Auf wessen Kosten denn?)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Apel?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Voss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident, ich bin gebeten worden, mich in der Zeit sehr zu beschränken. Ich muß daher leider auf Zwischenfragen verzichten, Herr Präsident.

    (Krizsan [GRÜNE]: Wer bittet Sie denn?)

    Der im Finanzplanungsrat abgestimmte haushaltspolitische Kurs von Bund, Ländern und Gemeinden und die sich abzeichnende Wirtschaftsentwicklung und die darauf beruhende Einschätzung der öffentlichen Haushalte lassen erwarten, daß die Gemeinden 1983 ein Finanzierungsdefizit von höchstens 3 Milliarden DM aufweisen werden. Dieses Defizit wird sich im nächsten Jahr noch einmal deutlich reduzieren. Wer verantwortliche Finanzpolitik treiben will, muß in der Frage der Mittelverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auch die Finanzlage der anderen im Auge haben.
    Diese Finanzlage stellt sich folgendermaßen dar. Während der Anteil der kreditfinanzierten Ausgaben des Bundes in diesem Jahr rund 15 % beträgt — das ist hier bereits von Herrn Kollegen Gattermann erwähnt worden —, beläuft sich dieser Prozentsatz bei den Länderhaushalten auf rund 10 und bei den Gemeinden nur auf 2 %.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das ist die „Erblast"!)

    Der Sachverständigenrat — das ist eine Autorität, Herr Spöri, der Sie sich auch anschließen können müßten — bewertet in seinem Gutachten 1983/84 — ich zitiere —: „Bei den Gemeinden besteht dagegen nach dem weiteren Abbau der Defizite in diesem Jahr kein Konsolidierungsbedarf mehr." Auch wenn die Bundesregierung diese Einschätzung so nicht übernimmt, macht die Bewertung des Sachverständigenrates doch deutlich, daß eine Verlagerung von Steuermitteln des Staates finanzwirtschaftlich nicht begründbar ist. Vielmehr muß das Niveau der Finanzausstattung der Kommunen als ausreichend angesehen werden. Natürlich weiß die Bundesregierung — deshalb ist das Urteil des Sachverständigenrates zu differenzieren —, daß sich hinter der Gesamtzahl für alle bundesdeutschen Gemeinden erhebliche Schieflagen im Verhältnis der Finanzausstattung einzelner Gemeinden oder Gemeindegruppen zueinander verbergen.
    Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sollten nicht vergessen, was Sie als Bundesregierung hier mehrfach zu Protokoll gegeben haben, nämlich, daß mit globalen Maßnahmen die strukturellen Probleme innerhalb der Gemeinden nicht zu lösen sind, sondern daß es dabei um Korrekturen am finanzwirtschaftlichen Verteilungs- und Ausgleichsmechanismus auf der Kommunalebene selbst geht.

    (Krizsan [GRÜNE] [auf die leere Bundesratsbank zeigend]: Sie meinen wohl die Opposition?)

    Wie deutlich sich die Kommunalfinanzen insgesamt konsolidiert haben, geht aus einer längerfristigen Betrachtung hervor. Von 1970 bis 1982 lag das Finanzierungsdefizit der Kommunen jährlich bei durchschnittlich 6 Milliarden DM. Der Anteil des Finanzierungsdefizits an den Gesamtausgben betrug im Durchschnitt 6% gegenüber nur noch 2 % im Jahre 1983. Das heißt: sowohl die absolute Höhe des Finanzierungsdefizits als auch der Anteil an den Gesamtausgaben ist 1983 weit unter den langfristigen Durchschnitt gesunken.
    Zu Beginn der 70er Jahre betrug das Finanzierungsdefizit 5,9 Milliarden DM im Jahre 1970, 9,2 Milliarden DM im Jahre 1971 und 7,1 Milliarden DM im Jahre 1973. Da das Ausgabenniveau nur bei einem Drittel des heute erreichten lag, betrug der Anteil des Finanzierungsdefizits an den Gesamtausgaben in den drei genannten Jahren 10,4 %, 13,5% und 9,4 %.

    (Dr. Apel [SPD]: Das ist ja besser als Valium!)

    Daß damals unmittelbar nach der Finanzreform niemand von einer Krise der Kommunalfinanzen sprach, meine Damen und Herren, lag entscheidend daran, daß sich die Finanzausstattung der Kommunen zwischen den Gemeinden im Gleichgewicht befand. Es gab damals noch keine strukturellen Probleme, beispielsweise in den von Kohle- und Stahlkrise betroffenen Ruhrgebietsstädten oder in den von der Werftenkrise betroffenen Kommunen an der Küste. Dieser Vergleich unterstreicht nachdrücklich, daß wir strukturellen Problemen innerhalb der Gemeindeebene nicht mit globalen, bundespolitisch begründeten Maßnahmen begegnen können.
    Die SPD-Opposition kommt also auf Grund einer falschen Diagnose zu einer falschen Empfehlung, wie dieser Gesetzentwurf zeigt. Der Konsolidierungsfortschritt in den kommunalen Haushalten wäre ohne eine strenge Ausgabendisziplin der kommunalen Entscheidungsträger und ohne gewissenhafte Überprüfung der von den Kommunen selbst beeinflußbaren Ausgabenblöcke nicht möglich gewesen. Dies ist ein überzeugender Ausdruck dafür, meine Damen und Herren, daß kommunale Selbstverwaltung von den Kommunalpolitikern als haushaltswirtschaftliche Selbstverantwortung verstanden wird, die auch unpopulären Entscheidungen nicht ausweicht.
    Diese Entwicklung zeigt aber auch, daß die Bundesregierung mit ihrer Versicherung ernstgemacht hat, bei den Konsolidierungsbemühungen des Bundes die Finanzlage der Kommunen zu berücksichtigen und sich ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung stets bewußt zu sein.
    Das gilt — erstens — insbesondere in einem Kernbereich der kommunalen Aufgaben, nämlich
    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983 2835
    Pari. Staatssekretär Dr. Voss
    den Personalausgaben. Wir haben für 1983 und 1984 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die Beamtenbesoldung durch Gesetz vorab geregelt. Zwar gibt es über den Belastungsumfang eine kontroverse Expertendebatte; aber wie man auch rechnet, die finanziell entlastende Wirkung dieser Politik zeigt sich im stark gedrosselten Anstieg der kommunalen Personalausgaben mit nur noch + 2 % im ersten Halbjahr 1983.

    (Bernrath [SPD]: Nicht nur die Gründe, die Hintergründe muß man kennen!)

    Zweitens. Die Beschlüsse der Bundesregierung zur Sozialhilfe in den Haushaltsbegleitgesetzen 1983 und 1984 sind darauf gerichtet, mögliche Kostenverlagerungen infolge der notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen im Bereich der Sozialversicherungsträger auszugleichen. Diese kurzfristigen Schritte werden durch notwendige strukturelle Reformen ergänzt werden.
    Für diese wichtige Aufgabe ist von den Bundesressorts ein Ausschuß gebildet worden, der insbesondere die Reformvorschläge für die kostenintensiven Pflegebereiche prüft.
    Mit der Senkung der Gewerbesteuerumlage ist es der Bundesregierung gelungen, die notwendige gewerbesteuerliche Entlastung der Wirtschaft in Übereinstimmung zu bringen mit dem wichtigen kommunalpolitischen Anliegen, die Gewerbesteuer als eine zentrale Steuerquelle der Gemeinden weiterhin zu sichern. Die von der Bundesregierung gewählte Ausgleichslösung wahrt die kommunale Autonomie.
    Dieser Ausgleich muß auch im Zusammenhang gesehen werden mit der zwischen Bund und Ländern getroffenen Regelung über die Umsatzsteuerverteilung in den Jahren 1982 bis 1985. Der Bund verzichtete für 1982 nachträglich auf die Zahlung der sogenannten Kindergeldmilliarde. Für 1983 wurde zudem der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer um einen Punkt auf 33,5% erhöht. An dieser Finanzverschiebung zugunsten der Länderebene haben die Gemeinden über den kommunalen Finanzausgleich mittelbar Anteil. Zum Ausgleich der überproportionalen Steuerausfälle von Ländern und Gemeinden auf Grund des Steuerentlastungsgesetzes 1984 verzichtete der Bund zusätzlich auf einen Umsatzsteuerpunkt. Die Bundesregierung geht bei dieser Ausgleichsregelung davon aus, daß die Länder ihren Kommunen für Einnahmeausfälle in angemessener Weise Ersatz leisten.
    Mit diesen drei Ausgleichsregelungen ist die Bundesregierung bis an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten gegangen.
    Die mit dem Gesetzentwurf der SPD vorgeschlagenen steuerpolitischen Maßnahmen würden zu einer deutlichen Erhöhung der Steuerbelastung der Wirtschaft führen. Sie würden damit die Weiterführung des wirtschaftlichen Gesundungsprozesses gefährden, der mit den steuerpolitischen Beschlüssen der Bundesregierung und der darauf aufbauenden Belebung der privaten Investitionstätigkeit eingeleitet worden ist. Die Bundesregierung hat wiederholt deutlich gemacht, daß sie es als zentrale Aufgabe der Wirtschafts- und Finanzpolitik ansieht, das Vertrauen in die Stabilität staatlicher Entscheidungen zurückzugewinnen. Alle am wirtschaftlichen Prozeß Beteiligten müssen sich darauf verlassen können, daß getroffene Entscheidungen Bestand haben.
    Ich möchte nur noch zwei Hinweise machen.
    Erstens: Die Bundesregierung will den kommunalen Handlungsspielraum erhalten und weiter stärken. Sie hat klargemacht, daß in dieser Legislaturperiode weitere Eingriffe in die Gewerbesteuer nicht zur Diskussion stehen und daß ohne ein Konzept für die Neuordnung des Gemeindefinanzsystems auch später nicht ernsthaft darüber diskutiert werden kann. Der Bundesfinanzminister hat ferner den Länderfinanzministern und den Vertretern der Gemeinden vorgeschlagen, auf der Ebene des Finanzplanungsrates eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die insbesondere die Möglichkeiten einer stärkeren Entlastung der Kommunen durch die Überprüfung von Bundes- und Landesgesetzen erörtern soll. Über diesen Vorschlag wird der Finanzplanungsrat auf seiner Sitzung heute nachmittag befinden, und ich bin sicher, Herr Kollege Bernrath, daß er hier zu einem brauchbaren Ergebnis kommen wird.
    Zweitens. Die Landesfinanzministerkonferenz hat auf ihrer Sitzung am 10. November eine Arbeitsgruppe mit dem Auftrag eingesetzt, mit möglichst geringem Aufwand eine grundsätzliche Beurteilung der in der Diskussion befindlichen Modelle zur Neuordnung der Gemeindefinanzen vorzunehmen und darüber der Finanzministerkonferenz im Mai 1984 zu berichten. Über das weitere Verfahren soll dann beraten und entschieden werden.
    Ich hebe dies aus zwei Gründen hervor, insbesondere deshalb, weil die Mitarbeit der Landesfinanzverwaltungen, die allein über die benötigten Daten für derartige Untersuchungen verfügen, unerläßlich ist. Deshalb sollte das Ergebnis der Länderarbeitsgruppe und die anschließende Entscheidung der Landesfinanzminister abgewartet werden. Ich entnehme der Formulierung des SPD-Antrages, daß auch Sie, meine Damen und Herren, sich der zentralen Bedeutung des Ländervotums bewußt sind.
    Zum anderen möchte ich darauf verweisen, daß der Beschluß der Landesministerkonferenz sich auf alle in der Diskussion befindlichen Modelle erstreckt, während Ihr vorliegender Antrag diese Prüfung im wesentlichen auf die Wertschöpfungsteuer beschränkt. Die Bemessungsgrundlage allerdings bei der Wertschöpfungsteuer wäre — das ist bereits von Herrn Kollegen Gattermann hier erwähnt worden — zu 80 bis 90 % ertragsunabhängig. Allein auf die Lohnsumme entfielen 70 %. Sie wissen aber, meine Damen und Herren, daß die Steuerpolitik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode darauf ausgerichtet ist, die Ertragslage der Unternehmen zu verbessern, um damit ihre Investitions- und Innovationskraft zu stärken. Auch wenn wir auf diesem Wege bereits ein gut Stück vorangekommen sind, so bleibt dies doch weiterhin eine zentrale Aufgabe dieser Legislaturperiode.
    2836 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1983
    Parl. Staatssekretär Dr. Voss
    Daher, meine Damen und Herren, vermag die Bundesregierung den im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion enthaltenen Vorstellungen leider nicht zu folgen.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)