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    Plenarprotokoll 10/38 Deutscher Stenographischer Bericht 38. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. November 1983 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde für die Sitzungswoche ab 5. Dezember 1983 2627 A Absetzung der Punkte 15 und 16a von der Tagesordnung 2627 B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Europaabgeordnetengesetzes — Drucksache 10/470 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung — Drucksache 10/615 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/662 — Haase (Kassel) CDU/CSU 2627 C Burgmann GRÜNE 2630 C Becker (Nienberge) SPD 2632 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 2634 A Handlos fraktionslos 2635 C Erste Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Osthofen), Bachmaier, Dr. Emmerlich, Klein (Dieburg), Dr. Kübler, Lambinus, Schmidt (München), Schröder (Hannover), Dr. Schwenk (Stade), Stiegler, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/213 — Fischer (Osthofen) SPD 2637 B Bohl CDU/CSU 2639 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 2642 D Frau Reetz GRÜNE 2643 D Kleinert (Hannover) FDP 2645A Erste Beratung des von den Abgeordneten Doss, Dr.-Ing. Kansy, Hauser (Krefeld), Dr. Faltlhauser, Dr. Kunz (Weiden), Pohlmann, Kraus, Dr.-Ing. Oldenstädt, Müller (Wesseling), Sauer (Stuttgart), Dr. Czaja, Gattermann, Grünbeck, Cronenberg (Arnsberg), Dr. Haussmann, Dr.-Ing. Laermann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen — Drucksache 10/543 (neu) — Doss CDU/CSU 2648 B Conradi SPD 2650 A Sauermilch GRÜNE 2651 C Gattermann FDP 2652 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Wahlprüfungsausschusses zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 10. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen — Drucksache 10/557 — Buschbom CDU/CSU 2654 B Dr. Kübler SPD 2655 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung II Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Vorhaben — Drucksachen 10/358 Nr. 14, 10/613, 10/628 — Gerlach (Obernau) CDU/CSU 2656 A Frau Dr. Hartenstein SPD 2657 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2659 A Baum FDP 2660 D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . 2662 C Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes — Drucksache 10/267 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 10/624 — 2663 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau — Drucksache 10/460 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 10/598 — 2664 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Dezember 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 10/555 — 2664 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Feuerschutz-Steuergesetzes — Drucksache 10/556 — 2664 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 26. November 1976 zum Abkommen vom 22. November 1950 über die Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters — Drucksache 10/554 — 2664 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Seelotswesen — Drucksache 10/572 — 2664 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Luftverkehrsabkommen vom 27. Dezember 1977 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerrat der Sozialistischen Republik Birmanische Union — Drucksache 10/573 — 2665A Beratung der Sammelübersicht 16 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/592 — 2665 B Beratung der Übersicht 3 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 10/591 — 2665 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament betreffend eine bessere Nutzung der Ergebnisse Gemeinschaftsgeförderter FuE-Aktivitäten — Drucksachen 10/222, 10/549 — . . . . 2665 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3164/76 über das Gemeinschaftskontingent für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 10/376 Nr. 75, 10/602 — . 2665 C Nächste Sitzung 2665 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2667* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2667* C Anlage 3 Unterschiedliche Einschätzung der Flugzeugsysteme Tornado und F 16 im Rüstungskontroll- und Abrüstungsbericht der Bundesregierung und im Weißbuch 1983 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 III MdlAnfr 38 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2667* D Anlage 4 Rüstungszusammenarbeit mit Indien MdlAnfr 64 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Feldmann FDP SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2668* A Anlage 5 Menschenrechtsverletzungen gegen die tamilische Bevölkerung Sri Lankas MdlAnfr 65 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Hauchler SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2668* B Anlage 6 Interpretation der Äußerung des Bundeskanzlers: „Alle Indikatoren weisen darauf • hin, daß das Leben weitergeht" MdlAnfr 66 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Diederich (Berlin) SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2668* C Anlage 7 Entnationalisierungspolitik Polens gegenüber den Deutschen MdlAnfr 67 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2669* A Anlage 8 Rechtswidrige Behandlung deutscher Fernfahrer in Jugoslawien MdlAnfr 68, 69 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Althammer CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2669* C Anlage 9 Ablehnung der Anträge deutscher Staatsangehöriger auf Unterricht in deutscher Sprache im Bezirk Oppeln MdlAnfr 70 18.11.83 Drs 10/616 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2669* D Anlage 10 Verhaftung von Bischof Abel Muzorewa auf Anordnung des Premierministers von Simbabwe, Robert Mugabe MdlAnfr 71 18.11.83 Drs 10/616 Hedrich CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2670* A Anlage 11 Juristische Bedeutung des Einsatzvorbehalts bei der Unterzeichnung des Genfer Giftgasprotokolls von 1925 MdlAnfr 72 18.11.83 Drs 10/616 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2670* B Anlage 12 Information der Bundesregierung über eine geplante militärische Intervention der USA in Nicaragua MdlAnfr 73, 74 18.11.83 Drs 10/616 Egert SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2670* C Anlage 13 Vernichtung der in der Bundesrepublik Deutschland gelagerten amerikanischen chemischen Kampfstoffe; Abschluß eines Abkommens über die Ächtung von Atomwaffen ähnlich dem Genfer Giftgas-Protokoll MdlAnfr 75, 76 18.11.83 Drs 10/616 Sielaff SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2671*A Anlage 14 Verletzung der Menschenrechte der in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien lebenden Kurden MdlAnfr 77, 78 18.11.83 Drs 10/616 Frau Potthast GRÜNE SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2672*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 2627 38. Sitzung Bonn, den 25. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 25. 11. Dr. Ahrens* 25. 11. Bahr 25. 11. Dr. von Bülow 25. 11. Dr. Bugl 25. 11. Cronenberg (Arnsberg) 25. 11. Frau Dr. Czempiel 25. 11. Dr. Faltlhauser 25. 11. Frau Fuchs (Köln) 25. 11. Grunenberg 25. 11. Dr. Haack 25. 11. Haehser 25. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 25. 11. Dr. Hauff 25. 11. Heimann 25. 11. Höffkes 25. 11. Ibrügger 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Jung (Düsseldorf) 25. 11. Kastning 25. 11. Kroll-Schlüter 25. 11. Dr. Kreile 25. 11. Lemmrich 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Dr. Müller * 25. 11. Neumann (Bramsche) 25. 11. Niegel 25. 11. Offergeld 25. 11. Pesch 25. 11. Petersen 25. 11. Dr. Probst 25. 11. Reimann 25. 11. Reuschenbach 25. 11. Reuter 25. 11. Roth 25. 11. Schmidt (Hamburg) 25. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 25. 11. Schröder (Hannover) 25. 11. Dr. Solms 25. 11. Spilker 25. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 11. Dr. Warnke 25. 11. Weisskirchen (Wiesloch) 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Windelen 25. 11. Wischnewski 25. 11. Dr. Wittmann 25. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments über die Europäische Stiftung (Drucksache 10/610) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 1502 Tit. 652 11 des Haushaltsjahres 1983 (Beihilfen an junge Zuwanderer für ihre Schul- und Berufsausbildung) (Drucksache 10/623) zuständig: Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Flugüberwachungszentrale von EUROCONTROL in Maastricht (Drucksache 10/38) Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verbesserung des europäischen Flugsicherungssystems (Drucksachen 9/1834, 10/358 Nr. 86) Die in Drucksache 10/546 unter Nummer 10 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates mit Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 auf Milch und Milcherzeugnisse Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates mit Grundregeln für die Anwendung der Abschöpfung gemäß Artikel 5 d der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 auf Milch und Milcherzeugnisse wird als Drucksache 10/630 verteilt. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Klejdzsinki (SPD) (Drucksache 10/616 Frage 38): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Drucksache 10/216 vom 29. Juni 1983 „Bericht zum Stand der Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie der Veränderung im militärischen Kräfteverhältnis 1983" einerseits unter „Intermediate Range Nuclear Forces" (INF, Seite 5) die Modernisierung der Luftstreitkräfte durch Beginn der Zuführung des Tornado und der F 16 aufgeführt wird und daß andererseits im Weißbuch 1983 (Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. Oktober 1983, Seite 80) unter dem Aspekt der Entwicklung bei nuklearfähigen Flugzeugen der NATO jeglicher Hinweis auf Tornado fehlt, und wenn ja, was hat die Bundesregierung veranlaßt, in zwei wichtigen, von ihr zu vertretenen Dokumenten zu solch einer unterschiedlichen Einschätzung zu kommen? 2668* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 Im Bericht 1983 der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis wurde ausschließlich auf Entwicklungstendenzen bei den Potentialen von NATO und Warschauer Pakt hingewiesen, die sich erst in Zukunft auswirken werden. Demgegenüber enthält das Weißbuch umfassende Daten und Fakten zum Kräfteverhältnis NATO/Warschauer Pakt. Die Tabelle auf Seite 80 (INF-Flugzeuge NATO/Warschauer Pakt) basiert auf dem NATO-Streitkräftevergleich 1982. Ein Hinweis auf den Tornado ist im Weißbuch 1983 nicht erfolgt, da in der angeführten Tabelle ausdrücklich vermerkt ist, daß nur Flugzeuge bewertet werden, die zur Zeit die von Ihnen genannten Voraussetzungen erfüllen. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Feldmann (FDP) (Drucksache 10/616 Frage 64): Treffen Informationen der Süddeutschen Zeitung vom 9. November 1983 zu, daß Indien an einer Rahmenvereinbarung über Rüstungszusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland interessiert ist, und daß diese Frage bereits mit Vertretern des Auswärtigen Amtes erörtert worden ist? Der indische Wunsch nach einer Rahmenvereinbarung über Rüstungszusammenarbeit mit der Bundesrepublik ist der Bundesregierung seit kurzem bekannt. Die Prüfung der indischen Vorstellungen dazu durch die zuständigen Ressorts ist noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grund wurde das Thema bei den Gesprächen anläßlich des Besuchs von Bundeskanzler Dr. Kohl Anfang November in New Delhi nicht vertieft. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hauchler (SPD) (Drucksache 10/616 Frage 65): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über menschenrechtsverletzende Verfolgungen und Übergriffe gegen die tamilische Bevölkerung Sri Lankas durch staatliche Sicherheitskräfte bzw. durch andere, staatlich unterstützte oder geduldete Kräfte? Gesicherte Erkenntnisse über eine Beteiligung staatlicher Sicherheitskräfte bzw. anderer staatlich unterstützter oder geduldeter Kräfte an Ausschreitungen gegen die tamilische Minderheit in jüngster Zeit, insbesondere bei den blutigen Ausschreitungen im Juli/August 1983, liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Regierung von Sri Lankas hat eine Aufklärung entsprechender Vorwürfe zugesagt. Von der Regierung Sri Lanka angeordnete Untersuchungen nach den Ausschreitungen gegen Ta-milen in Jaffna im Sommer 1981 veranlaßten die Regierung in Colombo, Entschädigungsleistungen in Höhe von 22,6 Millionen Rupien zuzusagen. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Diederich (Berlin) (SPD) (Drucksache 10/616 Frage 66): Auf welche Indikatoren im einzelnen stützte sich der Herr Bundeskanzler, als er vor der Bonner Presse feststellte: „Alle Indikatoren weisen darauf hin, daß das Leben weitergeht"? Sie zitieren einen Halbsatz aus der Pressekonferenz des Herrn Bundeskanzlers vom 7. November 1983. Der vollständige Satz lautet aber: „Alle Indikatoren, die ich kennen kann, die ich übrigens auch jetzt auf meiner Reise z. T. beobachten konnte, deuten darauf hin, daß das Leben natürlich weitergeht und daß es weder einen heißen Krieg noch einen kalten Krieg geben wird, um das mal drastisch und deutlich auszudrücken, daß beispielsweise die Vorbereitungen für die Konferenz in Stockholm weiterlaufen." Der Herr Bundeskanzler hat damit schon selbst einen Indikator genannt. In der Tat ist das Vorbereitungstreffen für die Konferenz über vertrauensund sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa in Helsinki am 11. November 1983 in sachlicher Atmosphäre mit der Verabschiedung des prozeduralen Rahmens für die Stockholmer Hauptkonferenz beendet worden. Dieses kann planmäßig am 17. Januar 1984 eröffnet werden. Ost und West haben ein Interesse daran, den Dialog über Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle fortzuführen. Lassen Sie mich noch einige weitere Beispiele nennen: Am 9. September 1983 konnte in Madrid das zweite KSZE-Folgetreffen abgeschlossen werden, nachdem ein substantielles und ausgewogenes Abschließendes Dokument am 6. September angenommen worden ist. Es handelte sich dabei seit langem um die erste Einigung im Ost-West-Verhältnis von politischem Rang. Sie enthält ein mittelfristiges Programm der Zusammenarbeit. Schon bei seiner Verabschiedung war klar, daß das westliche Verteidigungsbündnis den Nachrüstungsteil seines Doppelbeschlusses verwirklichen würde, falls es in Genf nicht zu einem Verhandlungsergebnis kommt. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 2669* Am 15./16. Oktober traf Bundesaußenminister Genscher seinen sowjetischen Kollegen Gromyko in Wien. Beide Minister haben in diesen Gesprächen die Stabilität der deutsch-sowjetischen Beziehungen gewürdigt und ihre Weiterführung beschlossen. Am 28. Oktober haben wir mit der DDR in Bonn über Fragen der Rüstungskontrolle und Abrüstung gesprochen. Konsultationen über diesen Themenbereich finden auch mit anderen Ländern des Warschauer Pakts statt, und zwar mit Polen am 24./25. November in Warschau, mit Rumänien am 2. Dezember in Bukarest und mit der Sowjetunion am 6. Dezember in Bonn. Vom 11.-16. November 1983 hat auch wie geplant die Tagung der deutsch-sowjetischen Wirtschaftskommission in Moskau stattgefunden, bei der der Bundesminister für Wirtschaft die deutsche Delegation geleitet hat. Die sowjetische Führung hat dabei ihr Interesse an der Aufrechterhaltung und Fortentwicklung langfristig angelegter, stabiler, für beide Seiten vorteilhafter Wirtschaftsbeziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland bekundet. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/616 Frage 67): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die von der Volksrepublik Polen seit 1945 betriebene Entnationalisierungspolitik gegenüber den Deutschen auch weiterhin anhält, und inwieweit ist sie bereit, entsprechend ihrer Obhutspflicht und unter Berufung auf die UN-Menschenrechtspakte und die KSZE-Schlußakte tätig zu werden? Die Bundesregierung hat immer wieder deutlich gemacht, daß sie als eine ihrer wesentlichen Aufgaben betrachtet, für Menschenrechte und Grundfreiheiten der Deutschen, wo immer sie leben, einzutreten. Demgemäß setzt sich die Bundesregierung in Wahrung ihrer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht nachdrücklich für die Achtung der Rechte der Deutschen generell in den internationalen Gremien und bilateral gegenüber der polnischen Regierung ein. Sie macht dieser stets erneut deutlich, welche Bedeutung dieses Problem für die bilateralen Beziehungen hat. Dabei stützt sich die Bundesregierung auf das geltende Völkerrecht, das im Menschenrechtsprinzip der KSZE-Schlußakte von Helsinki und in den VN-Menschrechtspakten — auch von der Volksrepublik Polen — feierlich bekräftigt wurde. Die Bundesregierung wird weiterhin im Rahmen des Möglichen dieses Problem zur Sprache bringen und versuchen, eine Lösung zu finden. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Althammer (CDU/CSU) (Drucksache 10/616 Fragen 68 und 69): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Polizei in Jugoslawien von deutschen Fernfahrern rechtswidrig Bußgelder wegen einer wahrheitswidrig behaupteten Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in beachtlicher Höhe verlangt und im Falle der Zahlungsweigerung Polizeibeamte Fernfahrer schwer mißhandeln, den Paß einziehen und sie einkerkern? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Verhinderung solcher Vorfälle ergriffen bzw. gedenkt sie zu ergreifen, und welche Verhaltensweisen kann die Bundesregierung den Fernfahrern zum Schutz vor oder bei Mißhandlungen anraten? Zu Frage 68: Dem Auswärtigen Amt ist kürzlich ein Fall bekanntgeworden, in dem von einem deutschen Fernfahrer ein Sachverhalt wie oben dargelegt geschildert wurde. Weitere Fälle dieser Art sind nicht bekanntgeworden. Zu Frage 69: Die Bundesregierung wird den ihr bekanntgewordenen Einzelfall zum Anlaß von Erörterungen mit der jugoslawischen Regierung nehmen. Fernfahrer, die in Jugoslawien Schutz vor Maßnahmen jugoslawischer Behörden suchen, sollten sich an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad oder das Generalkonsulat Zagreb wenden. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 10/616 Frage 70): Hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Schutzpflicht für die Grund- und Menschenrechte Deutscher auf dem Wege über die deutsche Botschaft in Warschau erkunden oder prüfen lassen, ob es zutrifft, daß Anträge deutscher Staatsangehöriger im Bezirk Oppeln auf Unterricht in der deutschen Muttersprache — trotz Finanzierung durch die Deutschen selbst — abgelehnt wurden (Die Welt vom 11. November 1983), und wenn ja, wird sie vom polnischen Vertragspartner mit Nachdruck die Einhaltung der Rechtsverpflichtungen nach Artikel 27 des Politischen Menschenrechtspaktes der UN gegenüber Deutschen einfordern? Der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Warschau sind bisher weder im Rahmen der Gespräche mit Antragstellern für eine Familienzusammenführung noch bei Gesprächen mit Deutschen im Oppelner Bereich noch in direkter Form durch Bitten um Unterstützung in dieser Angelegenheit Fälle bekanntgeworden, daß Anträge auf Erteilung des Schulunterrichts in deutscher Spra- 2670* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 che gestellt wurden oder daß die Erteilung von deutschem Sprachunterricht verweigert wurde. Die Botschaft Warschau wird aber der Frage weiter nachgehen. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Hedrich (CDU/CSU) (Drucksache 10/616 Frage 71): Wie beurteilt die Bundesregierung die Verhaftung des Vorsitzenden des Vereinigten Afrikanischen Nationalrates Simbabwes, Bischof Abel Muzorewa, auf Anordnung des Premierministers Robert Mugabe? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen ist Bischof Muzorewa am 1. November 1983 auf Grund der aus der Zeit der Regierung Smith stammenden Notstandsgesetze in Internierungshaft genommen worden. Simbabwische Parlamentarier genießen keine Immunität, sondern nur Indemnität für Äußerungen und Handlungen im Parlament. Bischof Muzorewa wurde vorgeworfen, daß er im Ausland die Regierung seines Landes kritisiert habe, subversive Beziehungen zu Südafrika unterhalte und sich für Zusammenarbeit mit Israel ausgesprochen habe. Gegen Bischof Muzorewa ist bisher weder eine Anklage erhoben noch ein Gerichtsverfahren eröffnet worden. Weitere Einzelheiten sind der Bundesregierung nicht bekannt. Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich bei der Verhaftung Bischof Muzorewas um eine innere Angelegenheit Simbabwes. Mit dieser Bewertung befinden wir uns im Einklang mit unseren europäischen Partnern. Gleichwohl bedauert die Bundesregierung, daß ein Parlamentsmitglied und Führer einer Partei von der Verhaftung betroffen ist. Die Bundesregierung bedauert auch, daß durch die Inhaftierung der Anschein erzeugt worden ist, als solle politischer Druck auf Bischof Muzorewa ausgeübt werden. Die Bundesregierung erwartet, daß Premierminister Mugabe an seiner Politik der nationalen Versöhnung, die er seit Unabhängigkeit konsequent und zum Wohle Simbabwes befolgt hat, weiterhin festhalten wird. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 10/616 Frage 72): Welche unterschiedlichen juristischen Wirkungen bestehen für Staaten, die das Genfer Protokoll von 1925 mit einem Einsatzvorbehalt ratifiziert haben, und für die, die diesen Vorbehalt nicht eingelegt haben? Zahlreiche Staaten haben anläßlich ihrer Bindung an das Genfer Protokoll von 1925 erklärt, daß ihre Bindung gegenüber jedem Gegner endet, dessen Streitkräfte das Verbot des Einsatzes von C-Waffen mißachten. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit im Völkerrecht bewirkt jedoch, daß auch Staaten, die einen derartigen Vorbehalt nicht eingelegt haben, rechtlich hinsichtlich eines Zweiteinsatzes chemischer Waffen gegenüber Staaten, die einen völkerrechtswidrigen Angriff mit chemischen Waffen führen, unterstützen oder mitplanen, von den Bindungen des Protokolls frei würden. Die Bundesregierung hat dies in ihrer Antwort auf die Großen Anfragen der Fraktion DIE GRÜNEN — Bundestagsdrucksache 10/444 — bereits dargelegt. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 10/616 Fragen 73 und 74): Würde die Aussage der Bundesregierung, daß sie bei vorheriger Konsultation durch die Regierung der USA einer Invasion auf Grenada nicht zugestimmt hätte, auch für eine mögliche Invasion nach oder einen bewaffneten Angriff auf Nicaragua zutreffen, und erwartet die Bundesregierung, daß unser Bündnispartner USA sie gegebenenfalls vorher konsultieren oder informieren wird? Wie beurteilt die Bundesregierung die zunehmende Konzentration guatemaltekischer und honduranischer Militärverbände an den Grenzen zu El Salvador, und wie würde sich ihrer Meinung nach bei einem möglichen Einmarsch dieser Truppen nach El Salvador die damit erfolgte Internationalisierung des El-Salvador-Konfliktes auf die Befriedungsaussichten für den Krisenherd Zentralamerika auswirken? Zu Frage 73: Es handelt sich um eine hypothetische Frage. Die Bundesregierung pflegt solche hypothetischen Fragen nicht zu beantworten. Zu Frage 74: Die Bundesregierung ist nicht über zunehmende Konzentration guatemaltekischer und honduranischer Militärverbände an den Grenzen zu El Salvador unterrichtet. Entsprechende Meldungen der salvadorianischen Guerilla sind von den Regierungen Guatemalas und Honduras dementiert worden. Auch in diesem Fall sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, sich zu einer hypothetischen Frage zu äußern. Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 2671* Anlage 13 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Sielaff (SPD) (Drucksache 10/616 Fragen 75 und 76): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den USA derzeit chemische Kampfstoffe vernichtet werden, und wird die Bundesregierung darauf drängen, daß dies auch bei den auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland lagernden chemischen Kampfstoffen geschieht? Warum kam das Genfer Protokoll von 1925 über die Ächtung von chemischen Waffen zustande, und sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, ähnliche Abkommen für Atomwaffen herbeizuführen? 1. Ich gehe davon aus, daß Ihre Frage durch Meldungen in Presse und Fernsehen über einen in der amerikanischen Anlage zur Vernichtung überalteter chemischer Waffen in Tooele (Bundesstaat Utah) am 17./18. November 1983 veranstalteten Workshop angeregt wurde. Dieses Seminar war ein weiterer praktischer Beitrag im Rahmen der westlichen Bemühungen um konkrete Fortschritte bei den Genfer CW-Verhandlungen. An dieser Veranstaltung, die der Demonstration der Verifikationsmöglichkeiten bei der Vernichtung chemischer Waffen diente, haben Vertreter von 28 Mitgliedstaaten des Genfer Abrüstungsausschusses, darunter auch der deutsche Delegationsleiter, teilgenommen. Der Abrüstungsausschuß in Genf verhandelt über ein weltweites und verläßlich verifizierbares Abkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung chemischer Waffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen und ihrer Produktionsstätten. Kernproblem dieser Verhandlungen ist die Verifikationsfrage. Die USA haben mit ihrer Veranstaltung in Tooele einen wichtigen Beitrag gerade zu dieser Frage geleistet. 2. Die Bundesregierung hat ihre Haltung zur Lagerung chemischer Waffen auf unserem Territorium in ihrer Antwort auf die Großen Anfragen der Fraktion der „GRÜNEN" — Bundestagsdrucksache 10/444 — dargelegt. 3. Mit dem Abschluß des von uns angestrebten CW-Verbotsabkommen wäre der Weg frei für die Vernichtung aller chemischen Waffen, also auch der auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland lagernden chemischen Kampfstoffe der USA. Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck für ein solches Übereinkommen ein und hat die Verhandlungen in Genf mit eigenen substantiellen und praktischen Beiträgen immer wieder gefördert und -wird dies auch künftig tun. Das Genfer Protokoll von 1925, das den Einsatz von chemischen und bakteriologischen (biologischen) Waffen im Kriege verbietet, kam zustande, weil die Staatengemeinschaft nach den Erfahrungen mit dem Einsatz von Giftgas im 1. Weltkrieg den Einsatz dieser Waffenkategorie im Kriege endgültig verbieten wollte. Das Protokoll ist das Ergebnis einer vom Völkerbund einberufenen internationalen Konferenz. Das Deutsche Reich hat das Genfer Protokoll 1929 vorbehaltlos ratifiziert. Die Staatengemeinschaft betrachtet das Verbot der Verwendung von chemischen und biologischen Waffen im Kriege heute als Gewohnheitsrecht. Der Umfang dieses Verbots ist allerdings dadurch beschränkt, daß zahlreiche Staaten anläßlich ihrer Bindung an das Genfer Protokoll erklärt haben, daß diese Bindung gegenüber jedem Gegner endet, dessen Streitkräfte das Einsatzverbot mißachten. Das Genfer Protokoll enthält allerdings nur ein Verbot des Einsatzes chemischer und biologischer Waffen im Kriege. Die Bundesregierung setzt sich daher im Genfer Abrüstungsausschuß mit Nachdruck für die Erarbeitung eines weltweiten und verläßlich verifizierbaren Abkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung chemischer Waffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen und ihrer Produktionsstätten ein. Sie hat mit eigenen substantiellen Beiträgen die Beratungen in diesem Gremium gefördert und wird dies weiterhin tun. Was den zweiten Teil Ihrer Frage angeht, gehe ich wegen der Bezugnahme auf das Genfer Protokoll von 1925 davon aus, daß Sie seitens der Bundesregierung eine Beurteilung der Möglichkeit für ein Abkommen wünschen, das den Einsatz nuklearer Waffen verbietet. Die Bundesregierung sieht in Übereinstimmung mit ihren Verbündeten ein solches Abkommen gegenwärtig nicht als realistisch an. Ein Abkommen, das den Einsatz nuklearer Waffen verbietet, würde darauf hinauslaufen, daß einem Staat bzw. einem Bündnis das Recht genommen würde, vor einem mit überlegenen konventionellen Streitkräften geführten Angriff abzuschrekken oder im Falle eines Angriffs die Abschreckung notfalls auch mit Kernwaffen wiederherzustellen. Dadurch würde das in der Charta der VN vereinbarte Recht auf Selbstverteidigung in seinem Inhalt wesentlich eingeschränkt. Es stünde außerdem zu befürchten, daß die durch das Bündnis gewährleistete Abschreckung, die den Frieden in Europa seit dem 2. Weltkrieg gewährleistet, nach einem solchen Verbot ihre friedenswahrende Funktion nicht mehr erfüllen könnte. Die Bundesregierung setzt sich zusammen mit ihren Verbündeten vielmehr dafür ein, daß die nuklearen Rüstungen durch ausgewogene und verifizierbare Rüstungskontrollabkommen auf ein möglichst niedriges Niveau gesenkt werden. Bei den sowjetisch-amerikanischen START-Verhandlungen unterstützt sie die Vorschläge der USA, die darauf gerichtet sind, durch einschneidende Reduzierungen der Arsenale beider Seiten eine Erhöhung der strategischen Stabilität zu erreichen. Bei den Genfer INF-Verhandlungen setzt sie sich zusammen mit ihren Verbündeten für einen Verzicht der SU und der USA auf die Kategorie der landgestützten weitreichenden Mittelstreckenflugkörper oder, 2672* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 wenn dieses Ziel gegenwärtig nicht erreichbar ist, für ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis möglichst nahe bei Null ein. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen der Abgeordneten Frau Potthast (GRÜNE) (Drucksache 10/616 Fragen 77 und 78): Teilt die Bundesregierung die Meinung verschiedener Menschenrechtsorganisationen, daß die Menschenrechte des kurdischen Volkes in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien durch die Aufteilung der kurdischen Siedlungsgebiete an diese Staaten, durch eine Politik der Zwangsumsiedlung, durch das Verbot des Gebrauchs der kurdischen Sprache, durch Mißhandlungen, politische Haft, Folter und Ermordung tausender Kurdinnen und Kurden kontinuierlich bis heute verletzt werden? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Amnestien für irakische Kurden vom Auswärtigen Amt in der Vergangenheit wiederholt als Indiz für ein Ende der Verfolgungsmaßnahmen angeführt wurden, während nach den Feststellungen von Menschenrechtsorganisationen auch nach der letzten Amnestie vom 16. Juli 1982 im Irak noch Kurden (Mitglieder von kurdischen Organisationen im Irak) verhaftet, gefoltert, von Militärgerichten (z. B. in Kirkuk) abgeurteilt und hingerichtet wurden, und wie erklärt sich die Bundesregierung derartige Widersprüche zwischen deutschen amtlichen Stellungnahmen zur Kurdenfrage und dem Gutachten namhafter Menschenrechtsorganisationen — wie z. B. amnesty international —, welche in Asylverfahren oft Grundlage für die Entscheidung über politische Verfolgung von Angehörigen des kurdischen Volkes bilden? Mit der Lage der Kurden haben wir uns im Bundestag bereits mehrfach und ausführlich befaßt. Zuletzt hat die Bundesregierung am 28. Oktober 1983 dem Auswärtigen Ausschuß einen Bericht über die Lage des kurdischen Volkes erstattet. Die neuere Geschichte kennt keinen kurdischen Nationalstaat. Vielmehr lebten die Kurden zuerst unter osmanischer und persischer Herrschaft, heute vor allem in der Türkei, in Iran und in Irak, aber auch in Syrien, in der Sowjetunion und im Libanon. Die Lage der Kurden war stets wechselvoll und ist in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich. Ich muß daher in meiner Antwort auf die in Ihrer Frage genannten Länder einzeln eingehen: 1. Zur Lage der Kurden in der Türkei hat der damalige Staatsminister Corterier vor dem Deutschen Bundestag in der Fragestunde vom 24. Juni 1982 ausführlich Stellung genommen. Die damalige Beschreibung der Lage der Kurden in der Türkei ist auch heute noch zutreffend. Es wäre nach Auffassung der Bundesregierung falsch, von einer Verfolgung der Kurden allein wegen ihrer bloßen Volkszugehörigkeit zu sprechen. Der private Gebrauch der kurdischen Sprache wird nicht geahndet. Die Kurden besitzen allerdings auch keine besonderen Rechte als Minderheit. Manche Kurden wünschen allerdings darüber hinaus einen eigenen kurdischen Nationalstaat und kämpfen für dieses Ziel. Die Bundesregierung kann und will aber keine separatistischen Bestrebungen unterstützen in Staaten, mit denen sie diplomatische Beziehungen unterhält. 2. In Irak wird den Kurden seit 1974 eine begrenzte kulturelle und administrative Autonomie gewährt. Die irakische Verfassung anerkennt eine kurdische Volksgemeinschaft. Die kurdische Sprache ist zugelassen. Ein kurdischer Legislativrat, der von den in der „Autonomen Region Kurdistan" lebenden Kurden gewählt wird, befaßt sich mit lokalen Angelegenheiten im Rahmen des Autonomie-Statuts. Da die Kurden in Irak fast 1/3 der Bevölkerung bilden und die wichtige Erdölregion um Mossul auf kurdischem Gebiet liegt, empfindet jede irakische Regierung weitergehende kurdische Autonomiebestrebungen als gefährliche Bedrohung für die Existenz des erst nach dem 2. Weltkrieg unabhängig gewordenen Staates. Neben der Gewährung einer beschränkten Autonomie hat sie daher diese Bestrebungen auch, soweit sie ihr gefährlich erschienen, von Anfang an hart bekämpft. Infolge des irakisch-iranischen Krieges haben auch die Guerilla-Aktivitäten der kurdischen oppositionellen Bewegungen zugenommen. Dies führte zu rigorosen Gegenmaßnahmen der irakischen Regierung, aber auch zu Versuchen, den inneren Frieden wiederherzustellen, wie Befreiung vom Militärdienst und begrenzte Amnestie. Die Lage der Kurden in Irak entspricht gewiß nicht unseren Idealvorstellungen eines Minderheitenstatuts. Dennoch ist in Irak die Zugehörigkeit zur kurdischen Nationalität allein heute nicht mit unmittelbaren Nachteilen oder Verfolgung verbunden. 3. In Iran ist nach den Vorstellungen von einem religiös ausgerichteten Staat kein Platz für ein nationales Eigenleben von Minderheiten. Kurdische Widerstandskämpfer, die stärkere Autonomie oder Unabhängigkeit anstreben, werden daher von der iranischen Regierung rigoros bekämpft. Auch in Iran ist jedoch die Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe allein kein Grund für eine Benachteiligung. Begrenzte autonome Rechte, allerdings unter strenger Aufsicht der Zentralregierung, werden zugestanden. Der irakisch-iranische Krieg hat die Lage der Kurden erschwert, ihnen aber auch vermeintliche Chancen eingeräumt, da beide Konfliktparteien versuchen, diese Volksgruppe für ihre Zwecke im jeweils anderen Land einzusetzen. Dies hat zu weiteren Gegensätzen unter den kurdischen Gruppen geführt und die Bildung einer überzeugenden kurdischen Bewegung verhindert. 4. In Syrien ist eine offizielle kurdische Minderheit nicht anerkannt. Kurden mit syrischer Staatsangehörigkeit haben unterschiedlos alle Rechte und Pflichten eines syrischen Staatsbürgers. Unterricht und Publikation in kurdischer Sprache sind zwar verboten; ihr privater Gebrauch ist jedoch zugelassen. Auf eine ursprünglich geplante Zwangsumsiedlung im Rahmen einer Arabisierungspolitik der nördlichen Grenzgebiete hat die syrische Regierung inzwischen verzichtet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983 2673* Das Auswärtige Amt erteilt Auskünfte in Asylverfahren — jährlich ca. 1 500 — im Rahmen seiner Amtshilfe nur nach sorgfältigen Recherchen und nach bestem Wissen und Gewissen. Im Falle irakischer Kurden vertritt das Auswärtige Amt die Auffassung, daß diese nicht als solche verfolgt, sondern von Maßnahmen irakischer Behörden und Gerichte wie alle Bevölkerungsteile des Irak nur in dem Maße betroffen werden, in dem sie sich in Gegensatz zur Regierung bringen. Ob Amnestien für irakische Kurden vom Auswärtigen Amt in der Vergangenheit wiederholt als Indiz für ein Ende von Verfolgungsmaßnahmen angeführt wurden, wird zur Zeit geprüft. Sofern Sie konkrete Angaben über derartige Stellungnahmen machen können, wäre das hilfreich.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gernot Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir vor wenigen Wochen die Frage diskutierten, ob Entscheidungen des Volksgerichtshofs oder der nationalsozialistischen Sondergerichte rechtsgültig sind, spielte auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1968 eine Rolle. Damals wurde das Mitglied des Volksgerichtshofs Rehse mit der von mir jetzt verkürzt wiedergegebenen Begründung freigesprochen: Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.
    Am 25. Februar 1980 entschied das Landgericht Frankfurt, daß die von einer Gruppe von 25 geistig Schwerbehinderten ausgehenden Störungen für einen empfindsamen Menschen eine Beeinträchtigung des Urlaubsgenusses darstellen, und in den Urteilsgründen hieß es wörtlich:
    Daß es Leid auf der Welt gibt, ist nicht zu ändern. Aber es kann der Klägerin nicht verwehrt werden, wenn sie es jedenfalls während des Urlaubs nicht sehen will.
    Eine solche ein überspitztes positivistisches Denken offenbarende und jeder Mitmenschlichkeit bare Rechtsprechung hat nicht nur, aber gewiß auch in der Ausbildung der Richter ihren Grund.
    Diese beiden Beispiele, die beliebig ergänzt werden könnten, machen deutlich, wie nötig es ist, die überkommene Ausbildung der Juristen zu überdenken, neu zu ordnen, problembewußter zu gestalten. Diese beiden Beispiele zeigen aber auch, wie nötig es ist, das rechsstaatliche Bewußtsein unserer Juristen zu stärken, sie mit gesellschaftlichen Zusammenhängen vertraut zu machen und ihnen die Kenntnis der sozialen Wirklichkeit zu vermitteln.
    Nach zehn Jahren des Experimentierens besteht heute die Gefahr, daß bei Auslaufen dieser Phase am 15. September 1984 alles beim alten bleibt, daß wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen versiegen. In sieben Bundesländern wurden Modellversuche durchgeführt, erfolgreiche Modellversuche — eine Auffassung, die nicht nur bei sozialdemokratischen Justizverwaltungen und sozialdemokratischen Landesregierungen vertreten wird. Auch eine Vielzahl von Verbänden und Standesorganisationen sieht in der stärkeren Verflechtung von theoretischer und praktischer Ausbildung und in der Aufteilung in ein Grundstudium und ein Schwerpunktstudium die richtige Lösung. Ich nenne nur den Deutschen Richterbund und den Deutschen Anwaltverein oder auch den Deutschen Gewerkschaftsbund.
    Diese positiven Erfahrungen mit der einphasigen Ausbildung und die breite Zustimmung der juristischen Praxis haben uns veranlaßt, den noch von Bundesj ustizminister Dr. Schmude erarbeiteten Gesetzentwurf in leicht veränderter Form erneut einzubringen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Leicht?)

    Durch dieses Gesetz soll die Juristenausbildung in der Bundesrepublik Deutschland verbessert und vereinheitlicht werden. Unter Beibehaltung des Ausbildungsziels vom sogenannten Einheitsjuristen soll die Ausbildung gestrafft, wissenschaftlich vertieft und wirklichkeitsnah gestaltet werden.
    Wir wollen dieses Ziel erreichen erstens durch enge Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung, weil, wie die Einstufenmodelle ergeben haben, gerade durch den Wechsel zwischen



    Fischer (Osthofen)

    theoretischer Ausbildung und praktischer Tätigkeit Verständnis und Motivation der Studenten gesteigert werden konnten und weil die Studenten frühzeitiger als bei der herkömmlichen Zweistufigkeit Nutzen und Verwertbarkeit theoretischen und dogmatischen Wissens erkennen.
    Wir wollen dieses Ziel zweitens erreichen durch die Gliederung in eine Grundausbildung und eine Schwerpunktausbildung, durch eine Verkürzung der Ausbildungszeit auf 6 1/2 Jahre und, was uns wichtig erscheint, durch die Einbeziehung von Nachbarwissenschaften in diese Ausbildung, weil gerade die Sozialwissenschaften für das Verständnis der Hintergründe und Auswirkungen rechtlicher Entscheidungen unverzichtbar sind

    (Beifall des Abg. Schily [GRÜNE])

    und damit wichtige Hilfen zur Gewinnung größerer Wirklichkeitsnähe juristischer Arbeit bieten. Wir wollen dies aber auch erreichen durch die Berücksichtigung solcher juristischer Disziplinen, die seither etwas zu kurz gekommen sind, z. B. das Sozialrecht, z. B. das Arbeitsrecht.
    Und wir wollen dieses Ziel erreichen durch die Einführung einer Zwischenprüfung nach drei Jahren. Gerade in dieser zeitlich fixierten Zwischenprüfung sehen wir ein wichtiges Instrument zur Verkürzung der Ausbildungszeit. Vor allem aber kann denen, die für den juristischen Beruf nicht geeignet sind, dies frühzeitig gesagt werden. Es erscheint uns sozialpolitisch nicht vertretbar, daß wie heute erst fünf Jahre nach Beginn der Ausbildung oder später erstmals festgestellt wird, inwieweit ein Auszubildender geeignet ist und ob er nicht gegebenenfalls einen anderen Beruf ergreifen muß.
    Bei CDU und CSU möchte man wieder einmal alles beim alten belassen. Die positiven Erkenntnisse aus den Modellversuchen, übrigens auch in CDU- und CSU-regierten Ländern, werden in den Wind geschlagen. Fortschrittliche Lösungen sind dort offenbar nicht gefragt. Ich räume ein, daß es auch negative Erfahrungen gibt wie z. B. in Trier. Doch nach meinen Beobachtungen liegt dies weniger an dem Modellversuch als an der Halbherzigkeit, mit der die politische Führung des Landes Rheinland-Pfalz dieses Projekt betrieben hat.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Seien Sie mal vorsichtig, was Rheinland-Pfalz betrifft! — Bohl [CDU/CSU]: Sie sind wohl aus Rheinland-Pfalz?)

    — In der Tat, Herr Bohl, aus Rheinland-Pfalz. Ich habe dies beobachten können.
    Auffällig ist auch hier, daß die CSU in dieser Frage den Ton angibt. Solange ist es nämlich noch nicht her, daß die CDU-Fraktionsvorsitzenden in den Länderparlamenten sich einstimmig für das mit unserem Gesetzentwurf fast identische Richterbundmodell ausgesprochen haben. Doch die plötzliche Anpassung überrascht nicht. Auch hier spielt die Musik in München.
    Was allerdings überrascht, meine Damen und Herren, ist, daß der Herr Bundesjustizminister, wie seit Mittwoch dieser Woche zur Gewißheit feststeht, voll im CSU-Wind mitsegelt. Mancher mag sagen: Dies haben wir seit dem 6. März öfter erlebt. Dies ist richtig. Verblüffend ist jedoch in diesem Fall das Tempo und die Kaltschnäuzigkeit, mit der diese Wende vollzogen wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will dies auch belegen. Am 27. August 1982 brachte die damalige sozialliberale Bundesregierung den sogenannten Schmude-Entwurf ein. In der Freien Demokratischen Korrespondenz vom 20. Dezember 1982, also nach der Wende, sprach sich unser früherer Kollege im Rechtsausschuß, Wolfgang Bergerowski, FDP, für eine Regelung auf der Grundlage eines vom Deutschen Richterbund und vom Deutschen Anwaltverein gemeinsam vertretenen Vorschlags aus und forderte gleichzeitig die Unionsparteien auf, ihr starres Festhalten an der bisherigen Juristenausbildung aufzugeben. Bergerowski sagte damals, die CDU/CSU sollte endlich einsehen, daß dann, wenn sie bereit ist, auf die von der FDP unterstützten Vorschläge der Richter und Anwälte einzuschwenken, eine Reform möglich wird, die von den betroffenen gesellschaftlichen Gruppen mitgetragen wird.
    Noch im Juni 1983 sprach sich Bundesjustizminister Engelhard für eine enge Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung in einem einstufigen Modell aus. In der „Frankfurter Rundschau" vom 19. Juli 1983 schrieb Karl-Heinz Krumm:
    Er
    — Engelhard —
    schlägt vor, bereits nach sechs Semestern Studium und anschließender Referendarprüfung eineinhalb Jahre Praxis in der Justiz, bei Anwälten und in der Verwaltung einzuschieben. Danach soll der angehende Jurist erneut für ein Jahr zu einer einjährigen Vertiefungsphase an die Universität zurückkehren. Letzte Phase der insgesamt auf sechseinhalb Jahre kalkulierten Ausbildung wird dann ein weiteres Jahr Praxis sein.
    Nach diesem 19. Juli, meine Damen und Herren, ging es mit dem Herr Bundesjustizminister steil bergab. Schon bei der Konferenz mit den CDU/ CSU-Justizministern am 10. August 1983 in München schwenkte der Herr Bundesjustizminister voll ins konservative Lager über, obwohl noch tags zuvor, am 9. August 1983, der Sprecher des Bundesjustizministeriums eine gemeinsame Erklärung des Deutschen Richterbundes und des Deutschen Anwaltvereins, durch die laut „Generalanzeiger" vom 9. August 1983 dem Bundesjustizminister der Rükken gestärkt werden sollte, ausdrücklich begrüßte.
    Das traurige Ende dieses Läuterungsprozesses des Herrn Bundesjustizministers erlebten wir dann am Mittwoch, dem 23. November 1983, also vorgestern. Das Kabinett entschied, daß es, wie von CDU und CSU gewünscht und wie im Referentenentwurf schon festgeklopft, bei der klassischen Ausbildung bleiben müsse, einem Ausbildungsmodell, meine Damen und Herren, das der Hauptgeschäftsführer



    Fischer (Osthofen)

    des Deutschen Anwaltvereins, Peter Winters, im „Generalanzeiger" vom 9. August 1983 als eine Juristenausbildung à la Bismarck bezeichnete.
    Wie bei der Verwaltungsprozeßordnung und beim Entlastungsgesetz wurden auch hier liberale rechtspolitische Vorstellungen auf dem Altar der neuen Koalition geopfert. In der „Frankfurter Rundschau" vom 21. Oktober 1983 heißt es dazu:
    ... der Bundesjustizminister hat versagt. Er hat sich, obwohl schon zur Zeit der „Wende in Bonn" alle Erkenntnisse und Vorschläge auf dem Tisch lagen, selbst in einen unverantwortlichen Zeitdruck gesetzt, um dann sehr rasch und ohne für die eigenen Überzeugungen zu kämpfen, dem Verlangen der CDU/CSU nachzugeben.
    Was übrigbleibt, sind kleine Retuschen des Herkömmlichen, Etikettenschwindel, der auch bei großzügiger Interpretation die Bezeichnung „Reform" nicht verdient.
    Karl-Heinz Krumm fährt dann fort:
    Zeit und Geld und viel Engagement wurden sinnlos verpulvert. Man wollte in diesem Bereich die Zukunft gewinnen und hat die Vergangenheit zementiert.
    Wie wahr! kann man da nur sagen.
    Was wird nun an Argumenten gegen die einstufige Ausbildung vorgebracht? Da wird zunächst gesagt: Das kostet zuviel. Doch dieser Einwand wird auch durch ständige Wiederholungen nicht richtig. Die Kosten sind nicht höher als bei der zweistufigen Juristenausbildung, wie übrigens auch im Abschlußbericht des Ausschusses der Justizministerkonferenz zur Reform der Juristenausbildung festgehalten wird. Im Gegenteil, durch die Zwischenprüfung, vor allem aber durch die kürzere Gesamtausbildung wird die Ausbildung nach dem einphasigen Modell mittelfristig sogar kostengünstiger, wie Professor Dr. Fleischmann in einer Kosten-Nutzen-Analyse der ein- und der zweistufigen Juristenausbildung in der Bundesrepublik Deutschland vom August 1981 nachgewiesen hat.
    Zweitens wird eingewandt, die vorhandenen Ausbildungskapazitäten reichten nicht aus. Doch auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Dies sagen und begründen nicht nur die erfahrenen Praktiker im Abschlußbericht, sondern auch die Bundesregierung hat den Einwand in Beantwortung einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion vom 1. März 1982 ausdrücklich bestritten. Zu diesem Ergebnis gelangt auch der frühere bayerische Justizminister Dr. Hillermeier, der in der Bayerischen Staatszeitung vom 8. September 1978 im Zusammenhang mit dem Augsburger Einstufenmodell feststellte:
    Ein höherer Betreuungsaufwand in der Praxis ist trotz früheren Praxisbeginns nicht nötig.
    Zu dieser Erkenntnis, meine Damen und Herren, kann man aber auch selber gelangen; denn schließlich müssen alle Studenten theoretisch und praktisch ausgebildet werden, ob in diesem oder jenem System. Das Problem liegt in der großen Zahl, nicht im einphasigen Ausbildungsmodell.
    Wen wundert es, daß angesichts dieser Situation die öffentliche Kritik immer lauter wird. Der Deutsche Anwaltverein sagt in seiner Stellungnahme vom 17. Oktober 1983 zu dem jetzt Kabinettsentwurf gewordenen Referentenentwurf: Der Entwurf läßt viele Wünsche offen. Der Deutsche Richterbund lehnt den Entwurf in seiner Presseerklärung vom 6. Oktober 1983 rundweg ab und bemerkt dazu:
    Mit dem Entwurf werden die Hoffnungen all derer begraben, die sich in den verschiedenen Reformfakultäten mit großem Engagement für eine Verbesserung der allseits als reformbedürftig anerkannten Juristenausbildung eingesetzt haben.
    Ich will nicht leugnen, daß es auch Anhänger der alten neuen Linie gibt. So heißt es in der „Frankfurter Allgemeinen" vom 11. November 1983 unter der Überschrift „Eine Wiedervereinigung zu niemandes Begeisterung" und unter dem bezeichnenden Untertitel „Nach zwölf Reformjahren kehrt die Juristenausbildung zu ihren Anfängen zurück", von einer Einbeziehung der Gesellschaftswissenschaften werde mit Recht nicht mehr geredet — das sagt Karl-Friedrich Fromme —; denn Kenntnisse in wissenschaftlicher Soziologie trügen wenig zu einer lebensnahen richterlichen Verhaltensweise bei; gesunder Menschenverstand sei ein besseres Hilfsmittel. So kann man es wohl auch sehen.
    Ich sage ganz offen: Meine Hoffnung, daß eine gründliche Diskussion dieser Probleme im Rechtsausschuß noch möglich ist und die positiven Erkenntnisse und Erfahrungen aus den Modellversuchen berücksichtigt werden können, ist angesichts des Zeitdrucks nicht allzu groß. Die Koalition ist offenbar auch in diesem Fall entschlossen, ein Problem, über das mehr als zehn Jahre gebrütet worden ist, im Hauruck-Verfahren zu lösen. Sollte dies tatsächlich beabsichtigt sein, so meine ich, man sollte dem Vorschlag von Dr. Robert Herr, dem Vizepräsidenten des Landgerichts Mosbach und dem Vorsitzenden der Ausbildungskommission des Deutschen Richterbundes, folgen, der in der „Frankfurter Allgemeinen" vom 29. September 1983 in einem Leserbrief geschrieben hat: „lieber gar keine Reform als diese".
    Meine Damen und Herren, namens der SPD-Fraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfes an die zuständigen Ausschüsse.

    (Beifall bei der SPD — Zustimmung des Abg. Schily [GRÜNE])



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bohl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Bohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da die Experimentierphase in der Juristenausbildung mit den Modellversuchen, die schon erwähnt wurden, am 15. September 1984 ausläuft, ist eine gesetzliche Neuregelung auch nach Auffassung der CDU/CSU dringend geboten. Käme es nicht zu einer solchen Änderung, so würde mit dem Auslaufen der Experimentierphase bundeseinheitlich zur herkömmlichen Juristenaus-
    2640 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. November 1983
    Bohl
    bildung zurückgekehrt werden müssen. Damit würde in der Tat die Chance vertan, die bei den Modellversuchen gewonnenen Erfahrungen und auch die in den letzten Jahren bei der Fachdiskussion gewonnenen Erkenntnisse für die Juristenausbildung nutzbar zu machen.
    Auch wenn ich der oft pauschal vorgetragenen, undifferenziert artikulierten Kritik gegenüber der herkömmlichen Ausbildung in dieser unsachlichen Form nicht zustimmen kann, Herr Kollege Fischer, ist dennoch klar, daß die CDU/CSU für die mögliche Alternative, nämlich dem Auslaufen der Experimentierphase ohne Änderung der herkömmlichen Ausbildung, nicht die Hand reichen wird. Auch wir als CDU/CSU bekennen uns ganz eindeutig dazu, die juristische Ausbildung neu und besser zu regeln.
    Wir begrüßen es daher sehr, daß die Bundesregierung am vergangenen Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Änderung des Richtergesetzes verabschiedet hat, der diese Materie neu regelt. Wir halten es auch für gut und richtig, daß die Bundesregierung dabei an der zweistufigen Ausbildung festhält, diese jedoch durch eine inhaltliche Abstimmung und Verzahnung von Studium und Praxis den Erfordernissen einer modernen Berufsvorbereitung anpaßt.
    Die Modellversuche haben — das möchte ich ganz deutlich sagen, Herr Kollege Fischer — jedenfalls nicht bewiesen, daß sie unter den gegeben tatsächlichen Umständen eine weit bessere Ausbildung der Juristen garantieren. Ich verweise hier insbesondere auf den Abschlußbericht von Professor Rolinski, der j a einen Vergleich der Ausbildung an den Universitäten Augsburg und Regensburg vorgenommen hat. Ich empfehle sehr die Lektüre dieses Berichts.
    Lassen Sie mich noch einmal sagen, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung unserer Auffassung nach angesichts der überfüllten Universitäten sowie der leeren öffentlichen Kassen eine richtige Weiterentwicklung ist. Hier wird nicht, wie einmal Herr Kollege Emmerlich in irgendeiner Presseerklärung meinte, Restauration praktiziert, sondern sachgerechte Politik betrieben, statt daß blind irgendwelchen ideologischen Vorgaben nachgeeifert würde.
    Sie, meine Damen und Herren von der SPD, wollen mit Ihrem Gesetzentwurf die herkömmliche Zweiteilung der Juristenausbildung in Theorie und Praxis aufgeben und ein Intervallmodell einführen. Sie orientieren sich dabei — das haben Sie eben auch ausgeführt — weitgehend an dem sogenannten Schmude-Entwurf vom August 1982, der von der damaligen sozialliberalen Bundesregierung im Bundesrat eingebracht wurde.
    Wir als CDU/CSU müssen diesen Entwurf eindeutig zugunsten des Entwurfs der Bundesregierung ablehnen. Der Schmude-Entwurf läuft unseren Vorstellungen in der Sache weitgehend zuwider, kann die Einheitlichkeit der Juristenausbildung in der Bundesrepublik nur schwer gewährleisten und entspricht angesichts der leeren öffentlichen Kassen nicht den Notwendigkeiten einer zeitgerechten Ausbildung..
    Lassen Sie mich darauf hinweisen, daß Sie ganz offensichtlich einen der schwerwiegendsten Mängel des Schmude-Entwurfs ja selbst gesehen haben. Der alte Entwurf überließ nämlich ganz wichtige Teilbereiche der landesgesetzlichen Regelung und gefährdete damit die Einheitlichkeit der Juristenausbildung im Bundesgebiet. Die jetzige Experimentierphase wäre unbegrenzt fortgeschrieben worden und hätte alle derzeit praktizierten Formen der Juristenausbildung weiter gesetzlich ermöglicht. Was Sie jetzt vorlegen, ist nicht viel besser. Denn obwohl Sie gemäß der Begründung zu Ihrem Entwurf der Kritik Rechnung tragen wollen, ist die Nachbesserung wirklich nur ganz unzureichend gelungen.
    Wenn ich mir diese Regelungen anschaue, so muß ich sagen, ist meine Sorge nicht behoben, daß wir zu einer weiteren Ausbildungszersplitterung kämen. Dies gilt insbesondere — ich greife nur wenige Punkte auf; in einer ersten Lesung kann man das ja nicht abschließend tun — z. B. für die nach Landesrecht mögliche vermehrte Zahl von Intervallphasen, die ihre noch darzustellende Problematik haben. Das gilt auch angesichts des gesetzlichen Offenhaltens eines integrierten sozialwissenschaftlichen Eingangsstudiums bremischer Prägung, das wir in der Tat strikt ablehnen.
    Auch die Prüfungsregelungen sind unter dem Gesichtspunkt der Ausbildungszersplitterung zu kritisieren. So besteht nach der Grundausbildung die Gefahr der länderweisen unterschiedlichen Fächerabschichtung. Es besteht die Gefahr, daß die juristischen Prüfungen länderweise unvergleichbar werden, wenn Sie nur die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß Teilprüfungen länderweise vorgeschaltet werden dürfen. Mit einem Wort: Es gäbe ein einziges Prüfungschaos, das wir als CDU/CSU nicht mitmachen wollen.
    Sie wollen es ja auch — lassen Sie mich das sagen — bei der unbenoteten Zwischenprüfung à la Schmude-Entwurf belassen. Drei Jahre nach Beginn der Ausbildung, nach Beendigung der theoretischen Ausbildung in der Grundausbildung, soll eine solche unbenotete Zwischenprüfung eingeführt werden. Wir lehnen sie ab, weil davon, Herr Kollege Fischer, weder eine Signalwirkung für den Schwächeren noch Motivation für den Tüchtigen ausgehen wird, und zwar rechtzeitig. Angesichts der übervollen Hörsäle ist das nun wirklich dringend geboten.
    Lassen Sie mich ganz deutlich sagen, daß wir als CDU/CSU weder eine Erschwerung des Wechsels der Universitätsorte für die Studenten wollen, noch die Vergleichbarkeit der Ausbildung in den Ländern aufgehoben sehen wollen. Das ist eine berechtigte Sorge, die bei dieser Sache von uns artikuliert werden muß.
    Herr Kollege Fischer, ich komme deshalb nicht umhin, Ihre Ausbildungszielbeschreibung, nämlich



    Bohl
    den Einheitsjuristen, als reines Lippenbekenntnis zu bezeichnen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ihre gesetzlichen Regelungen laufen nämlich in eine ganz andere Richtung: Sie halten zwar formal noch am Einheitsjuristen fest, ermöglichen aber, daß alle Experimente, insbesondere in den SPD-geführten Ländern fortgeführt werden können.
    Kritisiert werden muß der Gesetzentwurf aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt: Nicht nur, daß länderweise eine Ausbildungszersplitterung eintritt, sondern auch ansonsten wird deutlich, daß bei Ihnen weiter die Tendenz zum Spezialistenum gefördert wird. Als Ergebnis werden wir damit nicht mehr den vielseitig verwendbaren Einheitsjuristen haben. So lehnen Sie ja ausdrücklich eine flächendeckende Prüfung nach der Schwerpunktausbildung ab.
    Auch wenn Sie in Ihrem Gesetzentwurf schreiben, Sie wollten festgestellt wissen, ob der Auszubildende nach der Grundausbildung das für einen Einheitsjuristen unerläßliche Grundlagenwissen hat, so kann kein Zweifel sein, Herr Kollege Fischer, daß das ein anderer Einheitsjurist ist, als wir ihn wollen. Allein die Gewichtung der Noten mit jeweils 50 % für beide Ausbildungsteile macht j a schon überdeutlich, daß beim Grundstudium auftretende erhebliche Lerndefizite in wichtigen juristischen Disziplinen ohne schwerwiegende Folgen in der Abschlußprüfung sein können. Das kann doch nicht ohne Folgen für die Qualifikation als Einheitsjurist sein.
    Wir meinen deshalb, daß wirklich allergrößte Vorsicht geboten ist. Lassen Sie mich so sagen: Wir als CDU/CSU wollen einen Einheitsjuristen, der befähigt ist, grundsätzlich ohne weitere Ausbildung alle volljuristischen Berufe auszuüben. Wir sind daher gegen eine zu weitgehende Spezialisierung im Rahmen der Ausbildung und damit auch gegen eine zeitlich weit ausgedehnte und abgesetzte Schwerpunktausbildung von eineinhalb Jahren.
    Auch wir wollen die Fähigkeit des jungen Juristen zu selbständiger und vertiefter wissenschaftlicher Arbeit entwickelt sehen. Das muß aber richtig gewichtet sein und mit dem Anliegen einer fundierten Grundausbildung inhaltlich und zeitlich ins rechte Verhältnis gebracht werden. Wir meinen, daß dies mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung durchaus geschieht und eine sachgerechte Vertiefung in Theorie und Praxis möglich wird.
    Ich will noch einmal darauf zurückkommen: Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Fischer, daß wir in diesem Hause mit der SPD bezüglich des Ausbildungsziels Einheitsjurist nur noch einen rein verbalen, aber keinen inhaltlichen Konsens mehr haben. Wir wollen eine breite, umfassende Ausbildung mit einer entsprechenden Abschlußqualifikation, die Chancengleichheit ermöglicht, Freizügigkeit gewährleistet und deshalb gleichwertig sein muß.
    Kritisiert werden muß aber, glaube ich, auch, daß Sie das Universitätsstudium eindeutig entwerten, was allein durch die Tatsache einer unbenoteten Zwischenprüfung deutlich wird. Gerade hat der Fakultätentag eindrucksvoll darauf hingewiesen, daß eine wissenschaftliche Qualifikation, die Sicherung der Wissenschaftlichkeit der Juristenausbildung, dringend geboten sei. Gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit einer vielfältigen Verwendbarkeit des Einheitsjuristen bei der doch schwieriger werdenden Arbeitsmarktlage ist die Gefahr eines Verlustes an wissenschaftlicher Orientierung unserer Meinung nach nicht zu verantworten.
    Schließlich muß auch gesagt werden, daß weitere Bedenken bezüglich der praktischen Realisierung Ihrer Vorstellungen bestehen. Lassen Sie mich zunächst darauf hinweisen, daß die Fakultäten, die einstufige Ausbildungsgänge erproben, bekanntlich unter anderen Bedingungen arbeiten. Zugang und Studium sind stark reglementiert. Die Ausstattung mit Lehrpersonal ist relativ großzügig. Dieser ständige Wechsel von Theorie und Praxis bei einer solchen einphasigen Ausbildung läßt sich insbesondere in den Flächenstaaten nur schwer verwirklichen.
    Es kommen auch die finanziellen Gründe hinzu. Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Fischer, in Ihren Berechnungen nicht zu. Ich möchte hier auf ein Gutachten des Bundesjustizministeriums aus dem Jahre 1979 verweisen, das mir sehr interessant zu sein scheint. Danach kostet die universitäre Ausbildung eines Jurastudenten in der herkömmlichen Form rund 25 000 DM, eine Ausbildung nach dem Intervallmodell jedoch fast das Doppelte, nämlich 49 000 DM.
    Bedenken Sie doch bitte auch, daß auf Grund der Prognosen für die Studenten- und Referendarzahlen nach KMK-Beschluß vom 11. Juni 1981 bis Ende dieses Jahrzehnts von über 15 000 Studienanfängern pro Jahr ausgegangen werden muß und die Zahl noch bis Mitte der 90er Jahre bei ca. 12 000 liegen wird. Angesichts dieses Sachverhalts kann es doch wirklich nicht verantwortet werden, Ihrem Gesetzentwurf zuzustimmen.
    Und kommen Sie bitte nicht mit dem Argument, wir wollten hier — Herr Emmerlich hat das in einer Presseerklärung im Juli dieses Jahres, glaube ich, formuliert — untätig sein und sozusagen als Prämie für die Untätigkeit noch den Rückfall in die herkömmliche alte Juristenausbildung kassieren. Diese Behauptung ist schlicht und einfach falsch. Sie arbeitet mit Unterstellungen. Ich habe das vorhin schon gesagt und möchte Sie wirklich bitten, das nicht zu wiederholen.
    Wir, Herr Justizminister — ich möchte auch das hier deutlich sagen —, sind Ihnen und der Bundesregierung sehr dankbar, daß Sie sich erfolgreich um eine Lösung bemüht haben, die auch im Vorfeld die Zustimmung der Mehrheit der Länder gefunden hat. Der Dank gilt Ihnen insbesondere deshalb, weil Sie diejenigen Ihrer persönlichen Vorstellungen, die Sie nicht verwirklichen konnten, im Interesse einer Einigung mit den Ländern zurückgestellt und sich damit sehr wohltuend von Bundesjustizminister a. D. Schmude abgehoben haben, der zu einem solchen Kompromiß mit den Ländern, die die Juri-



    Bohl
    stenausbildung durchführen, gar nicht bereit und fähig war.
    Nehmen Sie also, meine Damen und Herren von der SPD, zur Kenntnis, daß die neue Bundesregierung nicht untätig war, sondern sich intensiv und erfolgreich um eine politische Lösung dieser schwierigen Frage bemüht hat, die um so schwieriger war, weil von der SPD für eine Kompromißlösung keinerlei Vorarbeiten geleistet worden waren. Sie von der SPD wollten sozusagen im Wolkenkukkucksheim Ihre theoretischen Reformvorstellungen, deren Überlegenheit gar nicht bewiesen ist und an denen Sie ohne Rücksicht auf die organisatorischen und finanziellen Probleme festhalten, sozusagen in Reinkultur verwirklichen.
    Wir hingegen lassen uns von der Erwägung leiten, wie trotz überfüllter Universitäten und ausgeschöpfter Kapazitäten im Vorbereitungsdienst eine sachgerechte und inhaltliche Verbesserung der juristischen Ausbildung jetzt konkret erreicht werden kann. Dies geschieht, so meinen wir, mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, den wir ja noch zu beraten haben werden. Er führt zum Einheitsjuristen bundeseinheitlich zurück und bringt unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Modellversuche eine gute Abstimmung und Verzahnung von Theorie und Praxis. Wir meinen, er sei eine gute Beratungsgrundlage für uns hier im Bundestag. Er trägt den entscheidenden Forderungen der CDU/CSU, wie sie sich im Modell des BACJ, des Bundesarbeitskreises christlich-demokratischer Juristen, wiederfinden, Rechnung.
    Das sind folgende Punkte. Erstens. Festhalten an der Ausbildung zum Einheitsjuristen. Zweitens. Ausreichende Ausbildung in Universität und Praxis in jeweils einem zusammenhängenden Block. Drittens. Einbindung der Nachbarwissenschaften, soweit es für das Verständnis und die Anwendung von Recht erforderlich ist. Viertens. Zeitgerechte und machbare Verbindung von Theorie und Praxis in den beiden großen Ausbildungsblöcken. Fünftens. Keine abgesetzte, isolierte und zeitlich ausgedehnte Schwerpunktphase, sondern Integration der Vertiefung während der gesamten Ausbildung. Sechstens. Flächendeckende Abschlußprüfungen nach den beiden Ausbildungsblöcken. Siebtens. Einführung einer Zwischenprüfung im Verlauf des Studiums.
    Diese neugeordnete Juristenausbildung muß insoweit sind wir uns sicherlich mit der Bundesregierung einig — unmittelbar nach dem Ende der Experimentierphase am 15. September 1984 an allen Juristischen Fakultäten eingeführt werden. Sie kann auch ohne besondere Schwierigkeiten zum Wintersemester 1984/1985 in den derzeit einstufig ausbildenden Fakultäten in Kraft gesetzt werden.
    Lassen Sie mich abschließend — Sie haben es ja auch getan, Herr Kollege Fischer — die Erklärung des Deutschen Anwaltvereins vom 17. Oktober 1983 — der Anwaltverein stand ja durchaus kritisch zu den Vorstellungen der CDU/CSU — dankbar zum Anlaß nehmen, für uns hier eindeutig zu erklären, daß wir nicht nur bald zur Verabschiedung kommen wollen, sondern durchaus für weitere Verbesserungen in Abstimmung mit allen an der Ausbildung
    Beteiligten offen sind. Nur wenn alle Beteiligten an einer neugeordneten Juristenausbildung engagiert mitwirken, wird sie letztlich Erfolg haben können.
    Die Stellungnahme des Anwaltvereins könnte aber auch eine Einladung an die Opposition sein, bei den parlamentarischen Beratungen über die Neuordnung der Juristenausbildung konstruktiv mitzuwirken. In der vorgenannten Erklärung heißt es nämlich — Zitat —:
    Jedoch sollte der Meinungsstreit, der die vergangenen Jahre beherrscht hat, beendet und versucht werden, auf der Grundlage des Entwurf s
    — gemeint ist der Entwurf der Bundesregierung —
    zu einer Lösung zu gelangen. Dabei ist, worauf der DAV erneut und eindringlich hinweist, insbesondere zu bedenken, daß das Problem der Berufschancen des jungen Juristen eine Bedeutung erlangt hat, die keiner der heute für die Ausbildung Verantwortlichen persönlich erfahren mußte.
    Ich meine, das ist eine eindrucksvolle Mahnung an unser aller Verpflichtung. Wir als CDU/CSU können dem nur zustimmen und unsere Bereitschaft zu einer verantwortlichen Neuregelung der Juristenausbildung hier und heute fest versprechen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)