Rede:
ID1003629600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Stratmann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Milan Horacek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Ich habe in den letzten Monaten bzw. Wochen einige Sachen erlebt,

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Ich auch!)

    die mich dazu bringen, zu erklären, warum ich gegen die Stationierung der Raketen bin.
    Auf der Moskau-Reise haben mir Leute in einem Gespräch über die Stationierung und über die damit verbundenen Probleme gesagt, daß das auch unter folgendem Aspekt zu einem Problem werden wird: Die Geschäfte zwischen Ost und West werden weitergehen; dabei werden auch weiter einige Sachen geliefert, die denen sehr zu schaffen machen. Der Westen liefert nach Osten

    (Repnik [CDU/CSU]: Weizen!)

    — nicht nur Weizen — auch hochwertige Medikamente für eine bestimmte Schicht, die Führungsschicht.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Das ist wieder keine persönliche Erklärung!)

    Er liefert aber auch hochwertige Psychopharmaka für die Dissidenten in psychiatrischen Kliniken.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Nicht der Westen, Firmen im Westen!)

    — Ja, Firmen. Das wird zugelassen, und das ist sehr schlimm für die Menschen; das ist das eine.
    Das andere ist, daß Menschen in Ost-Berlin uns gesagt haben — es wurden uns auch diese Fotos geschickt —: Wenn ihr im Westen die Stationierung jetzt zulaßt, wenn die abläuft, dann ist sie notwendigerweise auch gegen uns gerichtet, auch wenn man von der Meinung ausgehen sollte, daß sich die Stationierung sozusagen zum Positiven wendet. Dennoch bedroht sie das Leben der Menschen.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Auch die SS 20!)

    Warum? Weil wir z. B. bestimmte Computerfehler nicht ausschließen können.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das ist doch wieder eine Sachdebatte! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben nicht zugehört!)

    Drittens. In den letzten zwei Tagen habe ich erlebt, daß ein Kollege, der an einem Manöver teilge-



    Horacek
    nommen hat und dabei schwer verletzt wurde, begrüßt worden ist.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das ist keine persönliche Erklärung!)

    Das betrifft mich auch persönlich: Ich wünsche diesem Kollegen alles Gute für sein Leben. Ich wünsche für mich und für uns, daß wir nicht einem, wie ich gelesen habe, Zieloptikfehler, der dann irgendeine Granate zur Explosion bringt, keinem Computerfehler unterliegen mit der Folge, daß wir hier in Europa dann alle tot sind.
    Aus diesen Gründen stimme ich gegen die Stationierung weiterer Raketen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Hier lag wieder ein Mißbrauch des § 31 vor! — Pfeffermann [CDU/CSU]: Ich bin gespannt, wann der Präsident zur Geschäftsordnung zurückkehrt!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Stratmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckhard Stratmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Wehrpflichtige, Soldaten und ehemalige Soldaten der Bundeswehr! Als 18-/19jähriger habe ich 15 Monate Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet und bin seitdem Fahnenjunker der Reserve. Ich komme aus einem christlich-konservativen Elternhaus. Nach dem Abitur und zur Zeit meines Bundeswehrdienstes war es für mich selbstverständlich und es entsprach dem, was ich bis dahin gehört und erfahren hatte, daß ich innerhalb der Bundeswehr und mit der Bundeswehr einen Beitrag zum Frieden und einen Beitrag zur Freiheit des Westens leiste.
    Ich habe in den 15 Jahren seit dieser Zeit viel gelernt und auch einiges erkannt. Ich habe während meines Studiums erkannt, daß die NATO-Vormacht USA in Vietnam nicht die Freiheit des Westens und auch nicht die Freiheit des vietnamesischen Volkes verteidigt, sondern dort einen erbarmungslosen Völkermord praktizierte.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Und jetzt in Afghanistan? — Zuruf von der CDU/CSU: Das hat nichts mit einer persönlichen Erklärung zu tun!)

    — Sie brauchen mir nicht zu erzählen, daß die Sowjetunion in Afghanistan ebenfalls die Mehrheit der Bevölkerung massakriert.
    Ich habe erkannt, daß mit der Notstandsgesetzgebung in der Bundesrepublik die Möglichkeit besteht, die Bundeswehr als militärisches Instrument gegen die Mehrheit der Bevölkerung einzusetzen,

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Was hat das mit Pershing zu tun?)

    in Krisenzeiten gegen die Friedensbewegung einzusetzen,

    (Wissmann [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

    gegen die Ökologiebewegung und, wenn es sein muß, gegen streikende Arbeiter einzusetzen.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

    Ich habe miterlebt, daß die Staatsgewalt der Bundesrepublik zunehmend militarisiert worden ist,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Herr Präsident!)

    daß der Bundesgrenzschutz als paramilitärische Bundespolizei aufgerüstet worden ist

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das ist ein Mißbrauch der persönlichen Erklärung! — Pfeffermann [CDU/CSU]: Herr Präsident!)

    und daß diese paramilitärische Bundespolizei in diesen Tagen gegen friedliche Demonstranten hier in Bonn eingesetzt worden ist.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Das ist ein Mißbrauch der persönlichen Erklärung! — Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen ist alles recht in Ihrem Fanatismus!)

    Die Summe meiner Erfahrung ist, daß die NATO- ormacht USA nicht die Freiheit verteidigt, sondern zur Ausbeutung und Unterdrückung der Dritten Welt dient, bis heute,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Herr Präsident, ist das auch noch persönliche Erklärung?)

    und daß die NATO-Vormacht USA, unterstützt von ihren NATO-Partnern, die militärische und atomare Üerlegenheit über den Warschauer Pakt anstrebt, insbesondere mit der Raketenstationierung.
    Ich habe erkannt, daß die Bundesrepublik Erfüllungsgehilfe dieser NATO-Vormacht ist, wie sich am Beispiel der Haltung der Bundesregierung zu Grenada zeigt,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Das sind doch persönliche Wertungen!)

    wie sich an der Haltung der Bundesregierung gegenüber der Raketenstationierung zeigt. Ich habe in diesen Tagen plastisch vor Augen geführt bekommen, daß das Parlament funktionslos geworden ist gegenüber einer längst gefallenen Entscheidung der Bundesregierung gegen die Mehrheit der Bevölkerung.

    (Dr. Müller [CDU/CSU]: Das ist die gleiche Methode wie vor '33! Wie es die NSDAP im Parlament gemacht hat! Genau die gleiche Methode!)

    Das heißt für mich: Es ist für mich an der Zeit, nein zu sagen. Ich bin nicht mehr bereit, mich dem militärischen Apparat der Bundesregierung zur Verfügung zu halten. Ich werde noch in dieser Woche meinen Wehrdienst nachträglich verweigern.

    (Beifall bei den GRÜNEN sowie Beifall der Abgeordneten Haase [Kassel] [CDU/CSU] und Dr. Müller [CDU/CSU] — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Sie sind eine Schande für die Bundeswehr! — Dr. Müller [CDU/CSU]: Das freut mich für die Bundeswehr!)

    2578 Deutscher Bundestag — 10. ahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983
    Stratmann
    Ich sage betont: Ich werde noch in dieser Woche den Wehrdienst aus politischen Gründen verweigern.

    (Beifall bei den GRÜNEN)