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ID1003622500

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    Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Wischnewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Eine Analyse der augenblicklichen Situation kann in dieser Frage durchaus zu dem Ergebnis führen, zu dem die Mehrheit meiner politischen Freunde sich bekennt. Betroffen bin ich nur über eines, was der Verlauf der heutigen und der gestrigen Auseinandersetzung gezeigt hat: ich bin betroffen von der Einstimmigkeit insbesondere bei Ihnen, den Christlichen Demokraten. Sie werden für die Zukunft nicht mehr behaupten können, daß Sie ein Spiegelbild der besonders christlich engagierten Gruppen in unserem Lande sind. Dies ist mit diesem Tag zu Ende.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Scheinmanöver! — Berger [CDU/CSU]: Wie kommen Sie zu der Behauptung? — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Sie sind an Ihrer Zerrissenheit zugrunde gegangen!)

    Ich möchte meine Haltung wie folgt begründen:
    Ich bin gegen die Stationierung bis zum 30. Juni 1984. Ich bin dafür, daß während dieser Zeit intensiv weiter verhandelt wird. Ich will auch sagen, warum. Gerade in den letzten Tagen hat es eine Vielzahl von Unklarheiten in Genf gegeben,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Warum denn?)

    auch solche, auf die dann ganz offensichtlich auch die Bundesregierung hereingefallen ist. Denn ich halte es für unverantwortlich, unabhängig davon, daß das geklärt werden kann, zu sagen: wir fangen jetzt an.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist unbestritten, daß die beiden Partner sich nähergekommen sind und daß die Zeit ausreichen könnte, bis zum 30. Juni ein Verhandlungsergebnis zu erreichen.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Dazu hat man vier Jahre Zeit gehabt!)

    Für mich ist es von entscheidender Bedeutung, daß die Verhandlungen in jedem Fall fortgesetzt werden. Ich befinde mich in dieser Frage in Übereinstimmung mit Senatoren und Abgeordneten des Parlaments der Vereinigten Staaten,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aber nicht mit der Mehrheit! — Und mit uns, wir brechen keine Verhandlungen ab!)

    insbesondere mit der Gruppe um den Senator Kennedy.
    Ich trete dafür ein, daß, wenn bis zum 30. Juni kein Verhandlungsergebnis erreicht ist, am 1. Juli 1984 mit der Stationierung von 10 % der vorgesehenen Systeme begonnen wird, mit dem entsprechenden Zeitplan, den Helmut Schmidt hier vorgetragen hat.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Wir haben dann dieselbe Diskussion wie heute!)

    — Ich habe keine Zeit, Fragen zu beantworten; es tut mit sehr leid.
    Wenn ich hier ganz klar und eindeutig sage, am 1. Juli, dann insbesondere deshalb, weil ich auch über die Haltung der Sowjetunion enttäuscht bin, die die Möglichkeit gehabt hätte, durch einen einseitigen Abbau einer bestimmten Anzahl von Systemen von SS 20 dafür Sorge zu tragen, daß in Europa eine neue Situation entstanden wäre, daß man über die Frage der Stationierung hätte nachdenken können und die Voraussetzungen für weitere Verhandlungen gegeben wären.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Warum wollen Sie jetzt den Zeitpunkt doch hinausschieben?)

    — Wer bei derart unklaren Verhältnissen, wie sie in den letzten Tagen gegeben waren — die Zeit reicht leider nicht aus, das Punkt für Punkt aufzuführen —, dennoch sagt, „daß ist mir völlig gleichgültig, jetzt wird stationiert", der handelt unverantwort-



    Wischnewski
    lich. Eine solche Haltung ist aus meiner Sicht unverantwortlich.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Das ist nur ein Vorwand, den Sie hier bringen! — Sie bestreiten aber nicht, daß wir verhandeln!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben in der Debatte von gestern und heute die Gelegenheit wahrgenommen, über das Bündnis und die Haltung meiner Partei und meiner politischen Freunde dazu zu sprechen. Deswegen muß ich dazu einige Bemerkungen machen. Der Parteitag der Sozialdemokratischen Partei hat zu dieser Frage einen einstimmigen Beschluß gefaßt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Einstimmig? Mit Lafontaine?)

    Der Text, der verabschiedet worden ist, lautet wie folgt:
    Die einzig wirksame Landesverteidigung für unser Land ist die Kriegsverhütung. Diesem Ziel hat die Bundeswehr und haben Politik und Strategie des Bündnisses zu dienen. Bündnis, NATO und Bundeswehr sind für die Erreichung dieses Zieles unverzichtbar. Den Soldaten der Bundeswehr gebührt für ihren Dienst Respekt und Dank.
    Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Im gemeinsamen Interesse und im Interesse unseres Landes sollten Sie diesen Absatz, der von dem Parteitag meiner Partei einstimmig verabschiedet worden ist, sehr ernst nehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    In den zukünftigen Verhandlungen innerhalb des Bündnisses wird es im Interesse unseres Landes sein, daß die Bundesrepublik Deutschland dort eine starke Position hat. Wenn Sie aber einen sehr großen Teil der Menschen in unserem Lande — und das sind nun einmal die sozialdemokratischen Wähler — in Zweifel ziehen wollen, dann mögen Sie damit parteitaktisch Vorteile erreichen können; unserem Land insgesamt erweisen Sie allerdings einen schweren Schaden. Ich möchte Sie herzlich darum bitten, das bei der zukünftigen Diskussion zu überdenken.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie für das Bündnis etwas tun wollen, dann habe ich die herzliche Bitte an Sie, in den Nordatlantikvertrag hineinzuschauen. Artikel 1 lautet:
    Die Parteien verpflichten sich, in Übereinstimmung mit der Satzung der Vereinten Nationen jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sind, auf friedlichem Wege zu regeln, daß der internationale Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden, und sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar ist.
    Der weitaus größte der westeuropäischen Staaten
    und Regierungen ist der Auffassung, daß die Politik
    der Vereinigten Staaten gegenüber Nicaragua mit
    Artikel 1 des NATO-Vertrages nicht in Übereinstimmung steht.

    (Beifall bei der SPD) In Artikel 2 lautet der letzte Satz: Sie

    - die Mitglieder der NATO —
    werden bestrebt sein, Gegensätze in ihrer internationalen Wirtschaftspolitik zu beseitigen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen einzelnen oder allen Parteien zu fördern.
    Nahezu alle europäischen Mitglieder unseres Bündnisses sind der Auffassung, daß die Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten mit Artikel 2 des Bündnisvertrages nicht in Einklang zu bringen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Artikel 4, meine sehr verehrten Damen und Herren, lautet:
    Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht sind.
    Die Bundesregierung hat hier vor dem Hohen Hause erklärt, daß im Falle Grenada weder eine Information, geschweige denn eine Konsultation erfolgt ist. Das ist die Aussage der Bundesregierung. Dieses ist mit Artikel 4 des Atlantikvertrages nicht in Übereinstimmung zu bringen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Was hat das denn mit unserem Thema zu tun, Herr Kollege? — Grenada liegt doch außerhalb des NATO-Gebiets! — Kittelmann [CDU/CSU]: Sie lenken doch ab, Herr Wischnewski!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist im Interesse des Bündnisses besser, sich darum zu bemühen, daß diese Dinge in Ordnung gebracht werden, anstatt Behauptungen aufzustellen, die mit der Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands nicht übereinstimmen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Kittelmann [CDU/ CSU]: Das ist sozialdemokratische Trickkiste zum Überleben!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ertl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Ertl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An die verehrte Fraktion der GRÜNEN möchte ich sagen: Erstens sollten Sie keine Bilder verteilen, die alle mit der gleichen Handschrift beschriftet sind. Das riecht nämlich nach Fälschung, das ist gar nicht grün bzw. redlich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Zweitens. Wenn Sie mir ein Bild geben, sollten Sie mir die Adresse draufschreiben. Dann setze ich mich mit den Leuten in Verbindung. Drittens. Die bestehenden SS 20 sind auf unsere Kinder gerich-



    Ertl
    tet, die noch nicht installierten Pershing schießen noch nicht.

    (Beifall bei der FDP und bei der CDU/ CSU)