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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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      Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
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      Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

      Herr Kollege, ich will das eigentlich nicht tun, ich möchte es nur mit einem Satz beantworten, weil jeder weiß, wo ich damals gestanden habe.

      (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist richtig!)

      Aber ich muß heute sagen — ich habe es hier auch schon einmal gesagt —: Wenn der damalige Bundeskanzler von seiner eigenen Partei im Stich gelassen worden ist, dann hätte diese Koalition späte-



      Frau Dr. Hamm-Brücher
      stens jetzt ein Ende gefunden, nicht? Das ist doch nun leider mal so.

      (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU]: Und ein schlimmeres Ende!)

      Ich wollte nun noch etwas zum äußeren Frieden sagen und, wenn es geht, auch noch ein paar Anmerkungen zu meinen ganz persönlichen Bedenken und Einwänden machen. Meine Damen und Herren, nun zu dem, was man die Strategie der Abschreckung nennt. Mir ist sehr wohl bewußt, daß die Strategie der Abschreckung mit Atomwaffen, mit Massenvernichtungsmitteln, den Krieg in Europa über viele Jahrzehnte zu unser aller Glück verhindert hat. Diese Strategie der Abschreckung hat aber nicht den irrsinnigen Rüstungswettlauf verhindert. Daher glaube ich, daß das Niveau für eine Friedenssicherung mittlerweile trotz Abschreckung so hoch geworden ist, daß wir wirklich alle Kräfte anstrengen müssen — hier können wir zusammen zu streiten anfangen —, um herunterzukommen, die Strategien weiterzuentwickeln, wie McNamara und wie auch General Altenburg das gesagt haben.

      (Zustimmung bei der SPD)

      Dies ist auch in unserem Beschluß zum Bundesparteitag ganz deutlich aufgeschrieben. Wenn wir unsere Zuverlässigkeit im Bündnis unter Beweis gestellt haben, wird die Position unseres Landes gestärkt sein, und wir können mit neuen Initiativen, die von Herrn Genscher, von Herrn Kohl, von uns allen ja vorgetragen worden sind, wirklich von dem Rüstungswahnsinn herunterkommen. Das ist doch unser aller gemeinsames Ziel.

      (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

      Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns vor 35 Jahren nach zwei Katastrophen unseres Vaterlandes endlich für die westliche Option entschieden, und wir sind doch gut dabei gefahren. Wenn man schon sonstige Vorbehalte hat, dann soll man dies doch wenigstens einmal zugeben.

      (Zustimmung bei der FDP)

      Wir stimmen — das muß ich auch dem Herrn Kollegen Brandt einmal sagen — gar nicht mehr über den NATO-Doppelbeschluß ab. Über den haben wir vor vier Jahren und 1981 abgestimmt.

      (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

      Darum kann man dieser Regierung nicht vorwerfen, daß sie gegen den Willen der Bevölkerung hier einen Beschluß erzwingt. Nein, mit großer Einmütigkeit, mit überwältigender Mehrheit haben wir diesen Beschluß gefaßt. Wir haben ihn bestätigt, und heute geht es eigentlich nur noch um den ersten und nicht um den zweiten Teil dieses Beschlusses. Wir sind gut damit gefahren, und wer von uns verlangt, daß wir jetzt unsere Zusage nicht einhalten, fordert uns zum Vertragsbruch auf oder zum Zusagenbruch, was genauso schlimm ist.

      (Kolb [CDU/CSU]: Das gilt bei manchen nicht mehr viel!)

      Schon in der ersten juristischen Vorlesung lernen wir alle den schönen Satz: pacta sunt servanda.

      (Schily [GRÜNE]: War das schon ein Vertrag? — Voigt [Frankfurt] [SPD]: Die Amerikaner haben ihre Zusage gebrochen, SALT II zu ratifizieren! Könnt ihr mir noch ein bißchen Zeit geben? Frau Kollegin, zwei Minuten sind Ihnen zusätzlich zugebilligt. Die SPD — mit vielen von Ihnen habe ich, wenn man das sagen darf, sozusagen schon im politischen Sandkasten gespielt — bekennt sich in ihrem Entschließungsantrag zum westlichen Bündnis. Aber, Herr Kollege Vogel — darum beneide ich Sie nicht —, in Ihren Reihen gibt es heute schon beachtliche Stimmen, die auch dies in Frage stellen. (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das war ein einstimmiger Beschluß!)


    Rede von Heinz Westphal
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    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
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      Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

      Ich bin ohne jede Einschränkung sehr in Sorge, wie Sie das bestehen werden. Aber selbst wenn Sie es bestehen: woher nehmen Sie eigentlich die Sicherheit, daß sich nun nach Ihrem Bekenntnis zur NATO unsere NATO-Partner ihrerseits zu einer Bundesrepublik bekennen, die sich in einem entscheidenden Augenblick als einzige aus der Solidarität dieses Bündnisses verabschiedet hat?

      (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kolb [CDU/CSU]: Das ist das Rätsel SPD!)

      Die Frage ist doch nicht, ob Sie sich dazu bekennen, sondern ob sich unsere Partner dann noch zu uns bekennen.

      (Kolb [CDU/CSU]: Der Vogel wird das richten!)

      Ich frage Sie weiter, Herr Kollege Vogel: Glauben Sie denn im Ernst, daß das amerikanische Volk bereit wäre, 300 000 seiner jungen Männer dann noch in die Bundesrepublik und nach Berlin zu schicken?

      (Dr. Vogel [SPD]: Ja!)

      Glauben Sie, daß in Europa die ohnehin politisch nicht gerade starke Europäische Gemeinschaft unter der Wortführung von Frankreich hier die Zuverlässigkeit der Bundesrepublik — —

      (Abg. Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

      — Ich kann es leider nicht zulassen, Frau Kollegin, ich bekomme hier dauernd das Geblinke, und das irritiert mich sowieso.

      (Heiterkeit)

      Glauben Sie nicht, daß die deutsch-französischen Beziehungen ein so hohes Gut sind — jedenfalls für mich —, daß ich schon deshalb nie etwas befürworten könnte, was nur einen leichten Schatten der Mißverständnisse oder eines neuen Argwohns in unserem Nachbarland wecken könnte?

      (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




      Frau Dr. Hamm-Brücher
      Wenn man dies alles gründlich durchdenkt — und wir werden darüber weiter nachdenken —, muß man doch zu dem Ergebnis kommen, daß wir mit einem Nein alles gefährden würden, was wir in über 35 Jahren aufgebaut und miteinander 13 Jahre lang in einer Ost- und Entspannungspolitik ergänzt haben. Es wäre ein wahnwitziger Irrtum, zu meinen, nach einem Nein würde die Ost- und Entspannungspolitik vorangetrieben. Denken Sie nur an die Sicherheit in Berlin!
      Bei allen Ungewißheiten, vor denen wir stehen, dürfen wir nicht auch noch neue Ungewißheiten schaffen, welche Folgen ein Nein im Bündnis, in der Europäischen Gemeinschaft zur Folge haben müßte. Kein Rückfall in den Kalten Krieg, das wollte ich noch einmal sagen. Viele Freunde und Weggenossen in Ihrer Fraktion, der SPD, sind wohl, glaube ich, mit mir einer Meinung, und sie möchte ich ermutigen.