Rede:
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Metadaten
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  • date_rangeDatum: 22. November 1983

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    Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte Sie fragen, ob Sie meinen Eindruck teilen, daß Ihre Fraktion bei Reden der SPD die Mittagspause nimmt, daß hier also ein Austausch stattfindet?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Dieser Eindruck täuscht Sie in der Tat.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Fraktion war den ganzen Tag über hier präsent.
    Dieser grundlegend neue Rüstungskontrollansatz des Doppelbeschlusses bot der Sowjetunion zur Förderung der Abrüstung Verhandlungen an über Waffen, die noch gar nicht produziert waren, sondern nur auf dem Papier standen. Als logische Konsequenz dieses Ansatzes ergab sich damit für die Sowjetunion auch ein Höchstmaß an Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit unseres politischen und militärischen Verhaltens. Das gibt mir das Recht, diesen Beschluß in einen Zusammenhang zu stellen mit der KSZE-Schlußakte.
    Seit vier Jahren kennt die Sowjetunion den Grund dieses Beschlusses: die sowjetische SS-20-
    Hochrüstung. Seit vier Jahren kennt die Sowjetunion Art, Umfang und Ablauf des westlichen Modernisierungsprogramms. Sie konnte seitdem genau das Risiko vorausberechnen, das sie mit Westeuropa teilen muß, wenn sie nicht zu einer für beide Seiten akzeptablen Rüstungsvereinbarung bereit ist.
    Vier Jahre lang hatte die Sowjetunion Zeit, auf das Rüstungskontrollangebot aus dem NATO-Doppelbeschluß bzw. entsprechende Verhandlungsangebote des Westens einzugehen und damit die bevorstehende Stationierung zu vermeiden. Vier Jahre lang hatte die NATO auf die Stationierung eines entsprechenden Gegengewichts verzichtet, um ihre Abrüstungsbemühungen nicht zu behindern, während die Sowjetunion weiterhin Woche für Woche ihre Raketen aufgestellt hat. Seit vier Jahren weiß die Sowjetunion, daß dieser einseitige Stationierungsverzicht der NATO Ende des Jahres abläuft.
    Seit vier Jahren weiß die Sowjetunion auch, daß sich mit Stationierungsbeginn die Zahl der Sprengköpfe in Europa nicht erhöhen wird; denn für jeden neuen Sprengkopf wird entsprechend dem Modernisierungsplan des Doppelbeschlusses ein alter Sprengkopf abgezogen. Darüber hinaus hat die NATO 1980, ebenfalls vor vier Jahren, im Modernisierungsplan festgelegt, 1 000 Atomsprengköpfe aus Europa abzuziehen — dies ist bereits erfolgt — und, wie jüngst beschlossen, weitere 1 400 Sprengköpfe in Europa zu beseitigen.



    Rühe
    Und schließlich weiß die Sowjetunion auch seit vier Jahren, daß das Modernisierungsprogramm der NATO im ungünstigsten Fall auf maximal 108 Pershing II und 464 Cruise Missiles begrenzt ist und damit bei weitem nicht das heute schon vorhandene SS-20-Potential ausgleichen kann.
    Ein größeres Maß an militärisch bedeutsamer Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit sowie politisch verbindlicher Zurückhaltung hat es in der Geschichte der Rüstungskontrollpolitik bisher nicht gegeben. Das ist es, was diesen Rüstungskontrollansatz als revolutionär auszeichnet.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Wer das nicht versteht, Herr Ehmke, der möge sich doch einmal einen Moment vorstellen, was es für uns bedeutet hätte, wenn sich die Sowjetunion so verhalten hätte, wie wir das getan haben. Stellen Sie sich einmal vor, die Sowjetunion hätte 1975 erklärt, sie sei der Meinung, es bestehe ein Ungleichgewicht, und sie plane, in vier Jahren soundso viele Raketen in den und den Teilen der Sowjetunion mit den und den technischen Daten aufzustellen, aber bevor sie das mache, wolle sie mit uns darüber verhandeln, ob man das nicht überflüssig machen oder die Zahl begrenzen könne. Stellen Sie sich das einmal vor, und vergleichen Sie es mit der Realität. Und die kennen Sie ja als ehemaliger Verteidigungsminister, Herr Apel. Die Realität ist, daß wir sowjetische Raketen bisher immer nur gegen den Willen der Sowjets, durch Satellitenaufklärung, zur Kenntnis bekommen haben, als es sie bereits gab. Dieses ist der Unterschied zwischen westlicher und östlicher Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die heutige Debatte gibt uns die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zur Politik des NATO-Doppelbeschlusses zu ziehen. Eine Zwischenbilanz deshalb, weil vier Jahre hinter uns, und falls es sein muß, noch fünf Jahre vor uns liegen; erst dann können wir abschließend beurteilen, wie erfolgreich dieser Rüstungskontrollversuch war. Schon heute können wir feststellen:
    Erstens. Die rüstungskontrollpolitische Zielsetzung des Modernisierungsbeschlusses, Moskau an den Verhandlungstisch zu bringen, ist schon im Sommer 1980 erreicht worden, und ich stehe nicht an, zu sagen, daß das doch auch ein Erfolg Ihrer Politik gewesen ist. Aber damals standen Sie zu dem Doppelbeschluß. Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten schon damals Ihre heutige Meinung vertreten. Dann hätten Sie die Sowjetunion doch überhaupt nicht an den Verhandlungstisch bekommen. Das zeigt doch, wie tragisch Ihre jetzige Position ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bis dahin hatte sich die Sowjetunion ja bekanntlich hartnäckig geweigert, überhaupt zu verhandeln, solange die NATO nicht ihren Modernisierungsbeschluß aufhebt. Daß Moskau in Genf seine Bereitschaft erklärt hat, einen Teil seiner SS-20-Mittelstreckenraketen zu verschrotten, obwohl der Modernisierungsbeschluß der NATO nicht aufgehoben wurde, zeigt die Richtigkeit dieses Ansatzes.
    Zweitens. Indem Moskau in den Verhandlungen Reduzierungen seines Mittelstreckenpotentials auf zunächst 162, dann 140 und zuletzt offiziös auf 120 Raketen in Europa vorschlug, hat es zugleich seine Überlegenheit offen eingestanden. Auch das ist ein Ergebnis dieser Verhandlungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Gegner des Doppelbeschlusses einschließlich der heutigen SPD müssen sich fragen lassen, durch welche andere Politik diese beiden Dinge denn hätten erreicht werden können. Hierauf schulden sie bis zu dieser Stunde jede Antwort.

    (Dr. Scheer [SPD]: Unsinn! — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist eine Unterstellung!)

    — Unsinn ist keine Antwort.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie schulden uns die Antwort, durch welche andere Politik sie dieses hätten erreichen können und vor allen Dingen in der Zukunft erreichen wollen, daß es zu einem realen Abbau von bereits stationierten Mittelstreckenwaffen in der Sowjetunion kommt. Es zeigt sich eben: Der Doppelbeschluß ist weiterhin richtig; es gibt keine Alternative dazu.
    Es gibt brauchbare Ansätze für eine erfolgreiche Rüstungskontrolle. Aber wir haben bisher das Klassenziel noch nicht erreicht. Wir haben weder eine Zwischenlösung noch die beiderseitige Null-Lösung. Die Verhandlungen sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo von der Sowjetunion auch die Glaubwürdigkeit unseres Doppelbeschlusses in seinen beiden Teilen getestet wird. Wenn Moskau nicht bereit ist, ein amerikanisches Gegengewicht zu seinen SS 20 auf dem Verhandlungsweg zu akzeptieren, dann muß dieses Gegengewicht gegen seinen Willen stationiert werden, oder wir machen uns mit unserem eigenen Beschluß unglaubwürdig und gefährden Abrüstungschancen.
    Es ist notwendig, einmal klarzustellen, worüber wir eigentlich debattieren. Wir debattieren nicht über irgendwelche eigenständigen Rüstungsprogramme der NATO, sondern über die Konsequenzen aus der sowjetischen SS-20-Vorrüstung. Es ist also nicht der Westen, der mutwillig an der Rüstungsspirale dreht; denn die neue Rüstungsrunde wird nicht jetzt durch den Beginn der westlichen Nachrüstung eingeläutet. Deswegen muß man z. B. den GRÜNEN und auch Anhängern der Friedensbewegung sagen, daß sie eine verspätete Bewegung sind. Sie wären viel glaubwürdiger gewesen, wenn sie unmittlebar nach 1975 gegen die von Woche zu Woche in größerer Zahl sich auftuenden Raketenspitzen in der Sowjetunion protestiert hätten. Sie sind eine verspätete Bewegung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sind auch eine fehlgerichtete Bewegung; denn Ihre Kritik konzentrieren Sie im wesentlichen auf den Westen und verwechseln damit Ursache und Wirkung. Weder Westeuropa noch die USA haben die Aufstellung der SS-20-Raketen herausgefordert. Es gab und es gibt keine sicherheitspolitische Rechtfertigung dafür, diese gefährliche Waffe gegen Westeuropa in Stellung zu bringen, die allein



    Rühe
    Westeuropa bedroht, ohne zugleich auch die USA zu bedrohen.
    Wie man es auch dreht und wendet, man kommt nicht um die bedrückende Erkenntnis herum, daß es sich bei der SS 20 keineswegs um eine defensive Waffe, sondern um eine gegen Westeuropa gerichtete politische Offensivwaffe handelt. Ich glaube, die meisten Menschen sind sich über diese Tatsache durchaus im klaren, sei es bewußt oder unbewußt. Eben darum gibt es j a auch soviel Angst in unserem Lande. Es wäre töricht, dies zu leugnen. Es ist die Angst vor einem atomaren Holocaust, der eben nicht von amerikanischen, sondern von den auf unser Land gerichteten sowjetischen Atomraketen herbeigeführt werden könnte. Die sowjetische Propaganda hat auch nichts unversucht gelassen, um diese Angst kräftig zu schüren.
    Niemand wird bestreiten können, daß diese psychologische Kriegsführung Moskaus Wirkung zeigt. Die Friedensbewegung ist dafür ein unübersehbarer Beweis. Denn es ist die Angst, die ihr die Menschen zutreibt. In Wahrheit handelt es sich daher auch um eine Angstbewegung.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Denn: Wer in diesem Lande wäre nicht für den Frieden? Friedensbewegung, das sind alle Deutschen. Aber diejenigen, die in erster Linie auf der Straße demonstrieren und das Monopol für sich in Anspruch nehmen, bilden ganz stark eine Angstbewegung. Das werfe ich niemanden vor. Nur: Mit Angst alleine läßt sich der Frieden nicht organisieren. Mit Friedenssehnsucht alleine können wir den Frieden unter den schwierigen Bedingungen unserer Zeit nicht organisieren. Dafür erwarten wir Respekt und Unterstützung von Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich jedenfalls bin für den Frieden. Meine Partei ist es auch und die Bundesregierung nicht minder.

    (Dr. Scheer [SPD]: Das muß einmal gesagt werden!)

    Der Frieden, den wir meinen, ist allerdings anspruchsvoller als der, mit dem sich andere schon begnügen. Unser Kurs heißt Frieden in Freiheit. Beides ist nötig, und beides ist auch möglich. Wir lassen uns hier nicht vor eine schlimme Alternative stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mit unserem Kurs unterscheiden wir uns in der Tat von jenen, die Frieden um jeden Preis fordern — das hat man auch Haig vorgeworfen und unserer Broschüre —, selbst um den Preis der Selbstunterwerfung unter einen fremden Willen. Die vorsorgliche Unterwerfungshaltung ist genau das, was die Politiker im Kreml von uns wollen. Ihnen geht es darum, unseren Willen zur Selbstbehauptung zu brechen, unseren Willen ihren Interessen anzupassen. Früher hat man, um dies zu erreichen, Kriege geführt. Aber die sowjetischen Politiker wollen keinen Krieg in Europa führen, schon gar nicht einen Atomkrieg. Sie wissen so gut wie wir alle, daß ein Atomkrieg ein unkalkulierbar hohes Risiko bedeutete, weil der Sieger am Ende nicht festzustellen wäre.
    Nein, die sowjetischen Führer wissen sehr gut, daß ein Atomkrieg kein Mittel der Politik ist. Wohl aber haben sie herausgefunden, daß die Angst vor einem Atomkrieg ein äußerst wirksames politisches Instrument sein kann. Die katholischen Bischöfe Frankreichs haben es vor wenigen Wochen in einer Erklärung so ausgedrückt:
    Die Erpressung mit der Angst vor dem Atomtod ist nichts anderes als der Versuch, die Früchte eines Krieges zu ernten, den man gar nicht erst führen muß.
    So wird unsere Lage sehr nüchtern und sehr zutreffend beschrieben.
    Mit dem politischen Einsatz ihres Raketenmonopols kämpft die Sowjetunion um ihren Machtanspruch gegenüber Westeuropa. Die SS-20-Raketen sind ein Instrument der Einflußnahme auf unsere politischen Entscheidungen, und zwar zugunsten sowjetischer Interessen. Sie sind ein politisches Nötigungspotential. Das bedeutet natürlich nicht, daß Moskau bei jeder passenden Gelegenheit mit einem begrenzten Atomkrieg drohen würde. Eine solche Brechstangenpolitik wäre unglaubwürdig. Es genügt eben auch völlig, daß sich die Europäer dieser Möglichkeit ständig bewußt sind. Das Wissen um das atomare Drohpotential und um die militärische Überlegenheit der Sowjetunion soll unser Bewußtsein prägen und uns zu einem vorsorglichen Wohlverhalten veranlassen. Bildlich gesprochen: Westeuropa soll dazu gebracht werden, erst einmal in Richtung Moskau zu blicken, bevor es seine politischen Entscheidungen trifft. Dies ist die Bedrohung unserer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit, die von dem sowjetischen SS-20-Raketenpotential und von dem Monopol ausgeht. In dieser politischen Verwundbarkeit Westeuropas liegt — so hat Altbundeskanzler Schmidt mit Recht auf dem SPD- Parteitag gesagt — die eigentliche Gefahr.
    Wer meint, dies sei eine eingebildete Gefahr, der muß doch nur einmal zur Kenntnis nehmen, was sich schon jetzt in unserem Lande abspielt. Das Anschwellen der Friedens- oder Angstbewegung und der scharfe sicherheitspolitische Schwenk der SPD sind doch unübersehbare Beispiele für ein präventives Anpassungsverhalten unter dem Eindruck der sowjetischen Raketendrohung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)