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    Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie zuerst bitten, nicht zu lachen. Die Kette, die ich um den Hals habe, ist kein Karnevalsartikel, sondern wird in Hiroshima und Japan höher geachtet als das Bundesverdienstkreuz hier. Ich bitte Sie, der Kette die gebührende Achtung auch hier zu erweisen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    „Ruhet in Frieden, denn wir werden das Übel nicht wiederholen" — dieses Versprechen steht auf dem Denkmal für die Opfer der Atomkatastrophe im Friedenspark von Hiroshima.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Das Versprechen war der einzige Trost für die Überlebenden der Atomkatastrophe in ihrem sinnlosen Leiden. Diesen Trost haben wir den Überlebenden genommen, das Versprechen haben wir gebrochen. Wir haben das Versprechen sogar ins Gegenteil verkehrt;

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    denn wie anders soll man eine Situation, eine Welt beschreiben, in der es den Verantwortlichen anscheinend nicht ausreicht, die Erde 30mal in die Luft zu sprengen, sondern in der man darauf besteht, die Fähigkeit zu haben, sie auch 31mal in die Luft sprengen zu können?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie anders soll man einen Zustand erklären, bei dem die Nach-Nachrüstung der Nachrüstung schon fest eingeplant ist? Wie anders soll man einen Zustand beschreiben, wo Waffen zur Notwehr eingeplant werden, die im Notfall die Not ins Unermeßliche steigern werden und ihr nicht wehren?
    Herr Bundeskanzler, heute sind Sie dabei, ein ganz persönliches Versprechen zu brechen. Sie haben der Bevölkerung bei Ihrem Regierungsantritt ein Versprechen gegeben, das große Hoffnungen in der Bevölkerung geweckt hat. Sie haben versprochen, Frieden zu schaffen mit immer weniger Waffen.

    (Duve [SPD]: Hört! Hört!)

    Morgen werden wir hier in der Bundesrepublik Deutschland mehr Atomwaffen haben und nicht weniger Waffen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Dazu, Herr Bundeskanzler, wollen Sie sich heute das Einverständnis des Parlaments holen.
    Herr Bundeskanzler, ich bezweifle überhaupt nicht Ihre gute Absicht, den Vorsatz in die Tat umzusetzen. Ich bin davon überzeugt, daß Sie den sehr ernst meinen. Nur — und das muß hier mit dem gleichen Ernst gesagt werden — am Ende zählen nicht noble Absichten und Worte. Am Ende zählen immer nur die Taten und die Tatsachen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)




    Frau Nickels
    Aus vielen Briefen, die wir alle erhalten haben, aus vielen Mahnwachen im ganzen Bundesgebiet wissen wir, daß viele Bürger, die Mehrheit der Bevölkerung, mit großer Trauer, mit Sorge, Wut und Betroffenheit auf diese Entscheidung, die wir hier heute fällen sollen, reagieren. Diese Menschen können nicht verstehen, daß die Regierung den Mehrheitswillen der Bevölkerung mit dem Argument beiseite schiebt — ich zitiere jetzt, was ich hier gestern gehört habe —, daß der Bevölkerung die moralischen, sittlichen und materiellen Fähigkeiten fehlen, Entscheidungen von einer solchen Tragweite zu treffen.

    (Schily [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Die Bürger sind empört, wenn ein Bundesminister sich nicht entblödet, von einer geistigen Verwirrung im Volk zu sprechen, —

    (Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Abgeordnete Nikkels, ich rufe Sie zur Ordnung für den Ausdruck „entblödet".

(Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: „Entblöden" ist nichts Schlechtes! — Weitere lebhafte Zurufe von den GRÜNEN)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    — dem Volk geistige Verwirrung zu attestieren, wenn es um die Verteidigungsfähigkeit geht. Die Bürger fragen sich: Sind die da oben eigentlich blind und taub, wenn sie schon meinen, daß wir zu dumm sind, in Fragen unseres eigenen Überlebens mitzuentscheiden? Sind sie blind und taub, wenn sie die dringenden Warnungen Zehntausender Wissenschaftler und Ärzte, darunter zahlreiche Nobelpreisträger, ganz einfach in den Wind schlagen?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Herr Wörner, ich möchte sagen: Ich persönlich —und ich denke, daß ich mich da in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Bevölkerung befinde —, ich persönlich traue dem Urteil von fünf renommierten Physikern und Nobelpreisträgern viel mehr als Ihrem Urteil, was Computerfehler angeht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Diese Wissenschaftler und diese Ärzte sagen ganz klar: Die neuen Waffen gehen hin zu der Kriegsführung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was verstehen denn die Ärzte davon?)

    In einem Atomkrieg ist keine Hilfe möglich. Ein Atomkrieg kann zum Untergang der Welt führen. Und sie warnen uns dringend davor, weiter auf dem Weg fortzufahren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deswegen ist er j a nicht führbar! Wir wollen den Krieg vermeiden!)

    Die Bürger fragen sich: Was ist eigentlich mit unseren Parlamentariern los, daß sie wie Ludwig XIV. sich auf den Standpunkt stellen „Der Staat, das sind wir"? Gott sei Dank, möchte ich hier sagen, ist die Zeit des Absolutismus vorbei, und wir leben in einer Demokratie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Fragen, die die Bürger hier stellen, die sind sehr schwer. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich habe keine endgültige Antwort gefunden. Aber ein Teil der Antwort ist vielleicht darin zu finden, daß wir in der dünnen Luft der hohen Politik und abgesichert durch eine doppelte und dreifache soziale Hängematte und, wenn nötig, mit tausend Polizisten da draußen und NATO-Stacheldraht — daß wir in dieser Absicherung unseren gesunden Menschenverstand verloren haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum in diesem Hohen Haus sich so wenig Menschen wirklich dem stellen, was die Atombombe eigentlich bedeutet. Der Bundeskanzler war das letzte Beispiel dafür, daß man dieser Konfrontation mit dem, was die Bombe bedeutet, aus dem Weg geht. Ich habe gelesen, daß der Bundeskanzler in Japan war und nicht nach Hiroshima gefahren ist. Er ist 50 Kilometer vorher, eine Bahnstation davor, in Kioto, ausgestiegen. Er hat das damit begründet, er brauche nicht nach Hiroshima zu fahren, er wisse, was Krieg heißt. Er hat Dresden erlebt, er hat Hamburg erlebt, und er hat zahlreiche Verwandte im Krieg verloren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und Sie haben nur den Frieden erlebt!)

    Das gleiche haben sehr viele andere Mitglieder des Hohen Hauses gestern dargestellt. Ich glaube, daß sie die Hölle erlebt haben. Ich teile diese Meinung. Was sie aber anscheinend nicht begriffen haben — das, was neu ist in der Geschichte —: es gibt eine Steigerung der Hölle.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    An diese Steigerung der Hölle mahnt uns Hiroshima. Hiroshima vermittelt eine ganz schwache Ahnung davon, was uns in einem Atomkrieg bevorstehen könnte. Das sind nicht die Denkmäler, der Friedenspark, der Atomdom, die davon zeugen. Das sind die Menschen, die lebenden Menschen. In deren Haut, in deren Knochen, in deren Blut, in deren Keimzellen hat sich die Erinnerung an jenen Tag unauslöschlich eingebrannt.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Berger [CDU/CSU]: Deswegen muß der Atomkrieg verhindert werden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Atombombe in Hiroshima hat zum ersten Mal klar gezeigt, daß ein Atomkrieg nicht nur das Hier und Heute zerstört, sondern auch die Zukunft, daß die Atombombe auch das zerstört, was noch gar nicht geboren ist.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das wissen wir!)

    Herr Bundeskanzler, ich wäre sehr froh gewesen,
    wenn Sie gerade vor dieser Debatte heute die Gelegenheit genutzt hätten und da hingefahren wären,



    Frau Nickels
    wenn Sie, so wie ich das voriges Jahr gemacht habe, mit dem alten Professor Moritaki durch die Stadt gegangen wären und die Ereignisse von damals mit seinen Augen noch einmal gesehen hätten. Wenn Sie in das Atombombenkrankenhaus gegangen wären und mit den Überlebenden gesprochen hätten, dann hätten Sie vielleicht ein bißchen davon gespürt, was ich hier meine. Das alles aber haben Sie nicht getan.
    Wenn Sie dagewesen wären, dann hätten Sie — dessen bin ich sicher — auch so eine Kette bekommen, wie ich sie jetzt hier um den Hals trage. Diese Kette besteht aus tausend Kranichen. Der Kranich ist in Japan ein Nationalsymbol für Glück und Frieden. Es gibt einen alten Brauch, eine alte Legende: Wer tausend Kraniche faltet, dem werden Glück, Segen und ein langes Leben zuteil. Nachdem die Bombe gefallen war, haben sich viele Überlebende in ihrem Elend und ihrer Verzweiflung an dem Gedanken wieder aufgerichtet und versucht, tausend Kraniche zu falten, ehe sie den Strahlentod gestorben sind. Diese Tradition haben Kinder in Hiroshima aufgegriffen, und jedes Jahr, am 6. August, schmücken sie die Denkmäler mit solchen Ketten, schicken solche Ketten in die Krankenhäuser und beschenken damit auch Besucher sowie Menschen in der ganzen Welt, die für den Frieden kämpfen. Eine solche Kette haben Hibakshas, Überlebende von Hiroshima, vor einiger Zeit Bürgern eines kleinen osthessischen Dorfes in der Fulda-Senke geschenkt. Diese Bürger wissen seit Juni 1981, daß sie im Falle eines Krieges Opfer amerikanischer Atomraketen sein werden.

    (Berger [CDU/CSU]: Das ist dummes Zeug!)

    Die Überlebenden der Bombe von damals haben den zukünftigen Opfern diese Kette mit dem Wunsch für Glück, Segen und ein langes Leben geschenkt. Sie haben auch die Hoffnung geäußert, daß das auch zu erreichen wäre, wenn wir gegen die Bombe alle fest zusammenstehen und nicht immer noch mehr aufstellen.

    (Austermann [CDU/CSU]: Was sagen denn die Japaner zu den SS 20?)

    Die Kette, die ich hier jetzt um den Hals habe, habe ich von den Bürgern aus dem osthessischen Dorf mitgebracht; sie haben mir auch einen Auftrag mitgegeben:

    (Austermann [CDU/CSU]: Was sagen die Japaner zu den SS 20?)

    Herr Bundeskanzler, ich soll Ihnen von den Bürgern des osthessischen Dorfes ausrichten: Wenn Moses nicht zum Berg kommt, dann muß der Berg zu Moses gehen. Wir geben Ihnen die Kette hier zu treuen Händen. Wir bitten Sie: Denken Sie bei Ihrer Entscheidung an die Überlebenden von Hiroshima, denken Sie an die Bürger des osthessischen Dorfes und auch an deren Kinder!

    (Abg. Frau Nickels [GRÜNE] überreicht dem Bundeskanzler eine Papiergirlande — Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)