Rede:
ID1003601700

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Herr: 1
    2. Bundesminister,: 1
    3. erlauben: 1
    4. Sie: 1
    5. eine: 1
    6. Zwischenfrage: 1
    7. des: 1
    8. Abgeordneten: 1
    9. Scheer?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 2460B, 2567 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Doppelbeschluß der NATO und Stand der Genfer INF-Verhandlungen in Verbindung mit Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN Doppelbeschluß der NATO und Stand der . Genfer INF-Verhandlungen — Drucksache 10/617 — in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 in seinen beiden Teilen — Drucksache 10/620 — in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD NATO-Doppelbeschluß und Stand der INF-Verhandlungen — Drucksache 10/621 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . . 2459 B Fischer (Frankfurt) GRÜNE (zur GO) . 2459C Porzner SPD (zur GO) 2459 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2460 B Horn SPD 2469 D Präsident Dr. Barzel 2585D, 2586 A Biehle CDU/CSU 2475 B Frau Nickels GRÜNE 2481 C Vizepräsident Stücklen 2482 A Schäfer (Mainz) FDP 2483 C Waltemathe SPD 2488 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 2492 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 2494 D Brandt SPD 2498 D Vizepräsident Wurbs 2503A, 2512 D Schily GRÜNE (zur GO) 2510 B Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2511 A Porzner SPD (zur GO) 2511 D Rühe CDU/CSU 2512 B Frau Kelly GRÜNE 2520 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2524 A Vizepräsident Westphal 2527 B, 2568 A Schröder (Hannover) SPD 2527 B Dr. Kronenberg CDU/CSU 2530A Dr. Apel SPD 2533 B Reents GRÜNE 2536 A Dr. Feldmann FDP 2539 D Klein (München) CDU/CSU 2541 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2547 B Horacek GRÜNE 2550 B Wischnewski SPD 2552 A Ertl FDP 2553 D Dr. Ehmke (Bonn) SPD 2556A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 2560 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 2563 B Reents GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 2566 D Burgmann GRÜNE (zur GO) 2567 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 GO Dr. Haack SPD 2568 C Dr. Hirsch FDP 2569 B Krizsan GRÜNE 2569 D Sauermilch GRÜNE 2570 B Reents GRÜNE 2571 A Schwenninger GRÜNE 2571C Frau Dr. Vollmer GRÜNE 2572 B Dr. Jannsen GRÜNE 2572 D Bastian GRÜNE 2573 B Drabiniok GRÜNE 2573 D Frau Reetz GRÜNE 2574 B Schneider (Berlin) GRÜNE 2574 D Burgmann GRÜNE 2575 D Horacek GRÜNE 2576 C Stratmann GRÜNE 2577 A Frau Potthast GRÜNE 2578A Frau Schoppe GRÜNE 2579 A Frau Dr. Bard GRÜNE 2579 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 2580 C Frau Kelly GRÜNE 2581 D Frau Dr. Hickel GRÜNE 2582 C Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2583A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 2584A Hoss GRÜNE 2584 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 2585A Schily GRÜNE 2585 C Namentliche Abstimmungen 2586 B, 2588 B, 2590 B Einspruch des Abg. Vogt (Kaiserslautern) gegen den am 21. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 A Einspruch des Abg. Schily gegen den am 22. November 1983 erteilten Ordnungsruf 2567 B Nächste Sitzung 2592 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2593* A Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abg. Dr. Dieter Haack . . . . 2593* A Anlage 3 Erklärung des Abg. Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2593* B Anlage 4 Erklärung der Abg. Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO . 2594* A Anlage 5 Erklärung des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO 2594* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2459 36. Sitzung Bonn, den 22. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 35. Sitzung, Seite 2448 B, 7. Zeile von unten: Statt „Allergie" ist „Allegorie" zu lesen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 2593* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Haehser 25. 11. Immer (Altenkirchen) 25. 11. Kastning 25. 11. Dr. h. c. Lorenz 25. 11. Offergeld 25. 11. Petersen 25. 11. Frau Dr. Wex 25. 11. Anlage 2 Unterschriften zur Erklärung nach § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung, vorgetragen von dem Abgeordneten Dr. Dieter Haack gez. Dr. Dieter Haack gez. Horst Grunenberg gez. Dr. Hans de With ) gez. Peter Würtz gez. Bruno Wiefel gez. Manfred Schulte (Unna) gez. Engelbert Sander gez. Horst Haase (Fürth) gez. Erwin Stahl gez. Dr. Axel Wernitz gez. Egon Franke (Hannover) gez. Lothar Löffler gez. Rudolf Purps gez. Kurt Vogelsang gez. Fritz Gerstl gez. Annemarie Renger gez. Dr. Müller-Emmert gez. Günter Herterich gez. Hans Matthöfer gez. Dr. Karl Ahrens gez. Erich Berschkeit Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Catenhusen (SPD) nach § 31 Abs. 1 Geschäftsordnung: Vor mehr als 20 Jahren formulierten die Heidelberger Thesen der Evangelischen Kirche: Das System der atomaren Abschreckung müsse für eine Anlagen zum Stenographischen Bericht gewisse Zeit hingenommen werden. Es verschaffe den politisch Verantwortlichen aber nur eine Gnadenfrist, um durch atomare Abrüstung das System der atomaren Abschreckung überwinden zu können. Diese Gnadenfrist ist in keiner Weise zu atomarer Abrüstung genutzt worden — im Gegenteil. Diese Gnadenfrist geht zu Ende. „Abschreckung" soll jetzt erreicht werden, indem man sich auf das lange Undenkbare — den Atomkrieg - vorbereitet, durch Strategien des Sieges im Atomkrieg ebenso wie durch die Entwicklung von Atomwaffen, die nicht mehr der politischen Abschreckung dienen, sondern zum Einsatz im Atomkrieg vorgesehen sind. Auch die Pershing-Il-Raketen dienen nicht mehr der politischen Abschreckung, sondern dem Einsatz im erwogenen Atomkrieg. Nicht nur ihr Einsatz, sondern schon ihre Produktion und ihre Stationierung sind für mich unverantwortbar. Wir haben kein Recht, die Vernichtung der Welt, der Schöpfung Gottes, planmäßig vorzubereiten. Ein Zweites bestärkt mich in meinem entschiedenen Nein zu weiterer atomarer Aufrüstung: Diplomatie, Rüstungskontrollverhandlungen sind für mich bislang letztendlich nur die Kulisse, hinter denen Entscheidungen über neue Rüstungstechnologien, neue Kernwaffensysteme getroffen werden. Dabei dominieren wirtschaftliche und militärische Interessen, politische Kontrolle findet weitgehend nicht statt. 15 Minuten, so berichtete Valentin Falin, habe das ZK der KPdSU dazu gebraucht, der Umwandlung einer geplanten neuen dreistufigen Langstreckenrakete in die zweistufige SS 20 zuzustimmen. Im Jahre 1978 erhielt die amerikanische Rüstungsfirma Marietta Martin den Auftrag, bis 1986 Pershing II herzustellen. Die Raketen sollten von vornherein in Europa stationiert werden. Eine politische Diskussion fand darüber weder in den USA noch in Europa statt. Der NATO-Doppelbeschluß beschleunigte lediglich den Fertigstellungstermin für die ersten Raketen um zwei Jahre. Mein Nein zur Raketenstationierung ist der Versuch, der Politik wenigstens die Chance zu geben, endlich auf den atomaren Aufrüstungsprozeß Einfluß nehmen zu können. Planspiele in Ost und West malen das Bild eines „fährbaren und gewinnbaren Atomkrieges". Uns wird versichert, kein vernünftiger Mensch könne jemals einen derartigen Versuch wagen. Aber wäre der Erste oder der Zweite Weltkrieg je zustande gekommen, wenn nicht auch deutsche Politiker und Militärs versucht hätten, das Unmögliche möglich zu machen? „Schlieffen-Plan" und „Blitzkriegstrategie" wollten doch das Unmögliche, einen Sieg Deutschlands über ganz Europa, möglich machen. Ich fürchte, daß erneut — auch im atomaren Zeitalter - Menschen der Versuchung erliegen könnten, das Undenkbare — den Sieg im Atomkrieg — denkbar und umsetzbar zu machen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen, mit der Aufstellung von Pershing II und Cruise Missiles auf deutschem Boden zu beginnen, und unterstütze das Nein meiner Fraktion. 2594* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1983 Anlage 4 Erklärung der Abgeordneten Sielaff, Immer (Altenkirchen), Frau Blunck, Oostergetelo und Heyenn (alle SPD) nach § 31 Abs. 1 GO: Die Vollversammlung des Ökumenischen Weltrates der Kirchen ist im Sommer dieses Jahres aus christlicher Überzeugung zu einer Erklärung gekommen, in der es u. a. heißt: Ein Atomkrieg ist unter keinen Umständen, in keiner Region und durch kein Gesellschaftssystem zu rechtfertigen oder als gerecht zu erklären, denn das Ausmaß der daraus folgenden Zerstörung steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, den man sich davon verspricht. Das Konzept der Abschreckung, dessen Glaubwürdigkeit von der Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen abhängt, ist aus moralischen Gründen abzulehnen und ungeeignet, Frieden und Sicherheit langfristig zu wahren. Die Herstellung und Stationierung von Kernwaffen sowie deren Einsatz sind ein Verbrechen gegen die Menschheit. Dieses sind keine Aussagen für das Leben in einem paradiesischen Jenseits, sondern für unser Handeln heute. Wir kommen als Christen zum gleichen Ergebnis und werden uns auch in unserem politischen Handeln danach richten. Der Antrag der SPD entspricht in den wichtigsten Passagen dieser Zielsetzung. Deshalb stimmen wir dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zu. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) nach § 31 Abs. 1 GO Zur Abstimmung über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik gebe ich folgende Erklärung ab: Bereits am 26. Mai 1981 habe ich zusammen mit vier weiteren sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten gegen eine Stationierung gestimmt. Die Vorgänge in den letzten zweieinhalb Jahren, insbesondere der mangelnde Verhandlungswille der beiden Supermächte in Genf, aber auch der deutliche Mehrheitswille unserer Bürger wie die Argumente der Friedensbewegung haben mich in meinem Abstimmungsverhalten noch bestärkt. Ich bin sehr froh, daß mein NEIN heute im Einklang mit dem NEIN meiner Partei, der SPD, und im Einklang mit dem Mehrheitswillen meiner Fraktion steht. Mein NEIN ist weder zeit- noch situationsbedingt, sondern ein kategorisches NEIN, weil ich die denkbaren, die möglichen und die wahrscheinlichen Folgen dieser Stationierung vor meinem Gewissen nicht verantworten kann. Die Gründe für mein NEIN fasse ich wie folgt zusammen: 1. Die neuen Nuklearwaffen sind, wie im übrigen auch die sowjetischen SS 20, geeignet, Millionen friedlicher Menschen auf Knopfdruck in wenigen Minuten auszurotten und weite Teile Europas auf Jahrtausende hinaus zu verwüsten. Kein wie immer gearteter Zweck kann ihren Einsatz rechtferigen. Wer diese Waffen annimmt, nimmt, auch wenn er ihn nicht will, den Völkermord billigend in Kauf. 2. Mit den neuen Nuklearwaffen soll erneuter Schrecken über die osteuropäischen Völker verbreitet werden. Damit läßt sich vielleicht vorübergehend Krieg abschrecken, aber niemals ein dauerhafter Friede zwischen den Völkern begründen. Der Friede wächst nicht auf Raketen, sondern nur auf Entspannung, Aussöhnung, Verständigung und Sicherheitspartnerschaft über alle unverwischbaren ideologischen Grenzen hinweg. 3. Die Sicherheit unseres Volkes ist vielfach gewährleistet. Sie bedarf dieser neuen Nuklearwaffen nicht. Diese Waffen machen unser Volk nicht mehr sicherer, sondern unermeßlich bedrohter, weil sie gegnerische Atomschläge letzten Endes nicht abschrecken, sondern im Konfliktfall auf sich ziehen. 4. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion nicht zur Abrüstung veranlassen. Der Versuch, mit mehr und immer mehr Waffen zu weniger Waffen auf der Welt zu kommen, ist ein durch die jüngere Geschichte längst widerlegter Wahnsinn. Die neuen Nuklearwaffen werden die Sowjetunion zu weiterer Aufrüstung mit Kurzstreckenraketen veranlassen. Diese wiederum wird den Grund oder Vorwand für erneute „Nach"rüstung im Westen abgeben. Auf diese Weise kommt es mit zwangsläufiger Sicherheit zu einer neuen mörderischen Dynamik im weltweiten Wettrüsten. Wie die Menschheitsgeschichte in Hunderten von Fällen lehrt, steht am Ende einer solchen Hochrüstung nicht der Friede, sondern der Krieg. Der nächste Krieg ist aber nicht irgendeiner, den man schlecht oder recht überleben könnte. Er kann in der Vernichtung der Menschheit enden. 5. Die Stationierung neuer Nuklearwaffen und die damit verbundene ausschließliche Einsatzgewalt des Präsidenten der Vereinigten Staaten, zerstört die sowieso schon eingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik im Wesensgehalt. Wie kann im übrigen die uns allen gemeinsame Lehre des 2. Weltkriegs beherzigt werden, wonach von deutschem Boden nie mehr wieder ein Krieg ausgehen darf, wenn in unserem Vaterland nukleare Vernichtungswaffen als Angriffswaffen stationiert werden und ein einziger Amerikaner über den Einsatz dieser Waffen entscheiden darf oder binnen weniger Minuten Warnzeit entscheiden muß?
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Wörner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die ganze Einseitigkeit nichts anderes ist als eine Tarnung für den Abschied und die Flucht aus der Verantwortung, die Sie inzwischen vollzogen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Tatsache ist: Die Amerikaner sind genauso vital wie wir Deutschen an einer Einigung in Genf interessiert. Sie haben ihre Kompromißbereitschaft mehrfach, und zwar durch konkrete Vorschläge, unter Beweis gestellt, und sie bleiben zum Kompromiß nicht nur fähig, sondern auch bereit. Darum bedaure ich es etwas, daß sich auch der frühere Bundeskanzler Schmidt diesen Vorwurf — allerdings, wie ich sagen muß, in wesentlich differenzierterer Form und sicher auch aus anderen Motiven — zu eigen gemacht hat; er müßte es eigentlich besser wissen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Hauff [SPD]: Das ist Selbstgerechtigkeit! — Dr. Klejdzinski [SPD]: Schulmeister! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ist es so abwegig, anzunehmen, daß dabei ein bißchen das Bedürfnis eine Rolle gespielt hat, wenigstens einen Bruchteil an Übereinstimmung mit seiner eigenen Partei festzuhalten?

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Aber wirklich nur einen Bruchteil! — Dr. Klejdzinski [SPD]: Das lassen Sie einmal unsere Sorge sein!)

    Sicher hat auch das Bedürfnis eine Rolle gespielt, seinen Nachfolger, Bundeskanzler Kohl am Zeug flicken zu können.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Wörners Märchen am frühen Morgen!)

    Mir tut das aus zwei Gründen leid: zum einen, weil ich Respekt vor der Haltung von Helmut Schmidt habe,

    (Dr. Hauff [SPD]: Das haben wir auch schon anders gehört! — Weiterer Zuruf von der SPD: Auf einmal!)

    zum anderen, weil er jeden Beweis für seine Behauptung schuldig blieb. Die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Aus Ihrem Mund!)

    Während unserer einjährigen Regierungszeit haben die Vereinigten Staaten nicht weniger als dreimal neue Vorschläge in Genf vorgelegt, während man zur Regierungszeit von Bundeskanzler Schmidt ausschließlich bei der sogenannten Null-Lösung blieb. Dreimal in unserer einjährigen Regierungszeit!

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Toll!)

    Denken Sie an die Bereitschaft der Amerikaner zu einer Zwischenlösung

    (Reents [GRÜNE]: Ein einmaliges Kostümfest!)

    zwischen 50 und 450 Sprengköpfen auf beiden Seiten; 50 als Untergrenze! Denken Sie an die amerikanische Bereitschaft, auch die Pershings angemessen zu reduzieren! Denken Sie an die Bereitschaft, Flugzeuge einzubeziehen, oder an die Bereitschaft der USA, nicht die gesamten weltweiten sowjetischen Mittelstreckenraketen innerhalb Europas auszugleichen! Das alles sind doch substantielle Konzessionen. Das ist doch wesentliches Entgegenkommen an die sowjetische Adresse. Das sind doch genau die Anstrengungen, die Sie fordern. Was hätten die USA eigentlich noch tun sollen?

    (Zuruf des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Die Waldspazierungsgangsformel? Helmut
    Schmidt weiß so gut wie wir, daß die Sowjets sie sofort vom Tisch gewischt haben und sie auch nachher noch mehrmals mit großem Nachdruck abgelehnt haben.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Und die Amerikaner auch!)

    Daran hätte auch er nichts ändern können.
    Ich sage dazu: Alle diese amerikanischen Vorschläge sind in engster Zusammenarbeit, in pausen-



    Bundesminister Dr. Wörner
    loser Fühlungnahme mit dem deutschen Bundeskanzler, mit Helmut Kohl, erarbeitet worden.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

    Sie sind zu einem großen Teil auf unsere Anregung, auf Anregung von Bundeskanzler Kohl zurückzuführen. Und da werfen Sie uns vor, wir hätten keine dringenden und drängenden, schon gar keine sichtbaren und hörbaren Anstrengungen unternommen!

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Tun wir!)

    Entscheidend ist nicht die spektakuläre Betriebsamkeit; was zählt, sind die Ergebnisse;

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Demonstrativer Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Das war ein Eigentor! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Beifall auf allen Seiten!)

    und die können sich sehen lassen.
    Und dann — da war ich etwas verblüfft— vermißt Helmut Schmidt Arbeitsbesuche in Washington und Moskau und die Einschaltung unserer europäischen Verbündeten.

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Da kann ich nur sagen: Wo war er eigentlich im verflossenen Jahr?

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/CSU]: Unterwegs! — Daweke [CDU/CSU]: Zum Beispiel in Singapur!)

    Genau das ist doch geschehen. Ich will jetzt nicht alles aufzählen. Das würde zu lange dauern. Aber der Bundeskanzler war allein dreimal zu intensiven Gesprächen mit dem amerikanischen Präsidenten in den Vereinigten Staaten. Ich rechne jetzt nicht die zahllosen Briefkontakte, die Telefongespräche, die Besuche von Shultz hier, die Besuche von Bush, die Gespräche, die es mit ihm gegeben hat. Immer standen die INF-Verhandlungen im Vordergrund.

    (Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Und was hat er da gesagt?)

    Wir haben uns mit den europäischen Verbündeten getroffen: mit Präsident Mitterrand, mit Premierministerin Thatcher.

    (Zurufe von der SPD)

    Mit dem Generalsekretär Andropow sind vom Bundeskanzler zweimal Vier-Augen-Gespräche geführt worden,

    (Zurufe von der SPD)

    mit Ministerpräsident Tichonow zwei Gespräche,

    (Dr. Vogel [SPD]: Und?)

    mit Ustinow, mit Gromyko. Der deutsche Außenminister hat erst vor kurzem neun Stunden in Wien mit Gromyko gesprochen.

    (Gansel [SPD]: Ergebnisse zählen!)

    Da kann ich nur sagen: Wir haben getan, was eine
    deutsche Bundesregierung auch nur tun konnte, um
    die Interessen des deutschen Volkes wahrzunehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihr Vorwurf, wir hätten — ich zitiere — Spielräume deutscher Politik vergeben, geht nun wirklich ins Leere. Das Gegenteil ist richtig. Wir haben Spielraum zurückgewonnen. Man weiß in Washington und in Moskau, daß mit der deutschen Bundesregierung wieder zu rechnen ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    weil sich Bundeskanzler Kohl auf eine stabile Mehrheit stützen kann und weil wir einen klaren und berechenbaren Kurs steuern. Auf uns ist wieder Verlaß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU]: Die haben keine Argumente, nur Belehrung!)

    Unsere Position in Washington und Moskau ist stärker geworden.
    Und jetzt möchte ich doch mal die Frage an Sie richten: Wie, glauben Sie wohl, sähe es mit der Stärke der deutschen Position und mit dem Spielraum der deutschen Politik unter einem Bundeskanzler aus, dem die eigene Partei in schnöder Weise in einer so existentiellen Frage der Außen- und Sicherheitspolitik die Gefolgschaft verweigert?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Völlig unverständlich ist mir Ihre Bemerkung, daß wir Deutschen zu Ihrer Regierungszeit, d. h. zu Zeiten von Bundeskanzler Schmidt und Bundeskanzler Brandt, in Moskau die wichtigsten Gesprächspartner waren, während wir heute nur noch wichtigstes Ziel für psychologischen und politischen Druck Moskaus seien.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das hat ein Politologe geschrieben!)

    Da können Sie wirklich nur Ihre eigene Partei, die SPD, meinen; die weicht doch spürbar und sichtbar vor diesem Druck zurück, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nein, Herr Kollege Schmidt, so überzeugend und aufrecht Ihre Haltung zum Doppelbeschluß ist, so untauglich ist Ihr Versuch, vom Versagen Ihrer eigenen Partei durch unbegründete Vorwürfe an die Adresse von Bundeskanzler Kohl abzulenken. Darum hat es sich gehandelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Tatsache ist: Die Verhandlungen haben bis jetzt nicht zu einem Ergebnis geführt, weil die Sowjetunion auf ihrem Monopolanspruch bestanden hat und noch besteht. Dieser Monopolanspruch ist unvereinbar mit der Sicherheit unseres Landes und seiner Bürger. Von den 360 Mittelstreckenraketen der Sowjets sind 240 auf unser Land gerichtet.

    (Zurufe von der SPD)




    Bundesminister Dr. Wörner
    — Auf unser Land, sie bedrohen unsere Bürger, sie bedrohen unsere Städte. Wir werden uns mit dieser Bedrohung nicht abfinden. Die sowjetischen Raketen müssen weg, oder wir müssen ein Gegengewicht schaffen, das ihren Einsatz gegen unser Land unmöglich macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das war und das bleibt der Zweck -des Doppelbeschlusses: Antwort zu geben auf eine sowjetische Bedrohung. Als er beschlossen wurde, gab es 140 sowjetische SS-20-Raketen, heute gibt es 360.

    (Reents [GRÜNE]: Ich denke, es gibt jede Woche anderthalb neue! Das ist doch ein Widerspruch, Herr Wörner! Korrigieren Sie sich doch einmal! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Jetzt frage ich Sie: Wo ist Ihre Antwort auf die mehr als verdoppelte Bedrohung?

    (Schily [GRÜNE]: Sehr komisch!)

    Sie wollen auf die Stationierung verzichten. Nicht nur der französische Staatspräsident fragt sich da: Wo bleibt hier auch nur die schlichte Logik?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Wo ist Adam Riese, Herr Wörner? — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

    Wo bleibt unser eigenes Sicherheitsinteresse? Wo bleibt der Schutz unserer Bürger? Sie müssen doch dem Bürger draußen die Frage beantworten, wie Sie mit diesen sowjetischen Raketen fertig werden wollen, wie Sie verhindern wollen, daß sie eingesetzt werden.

    (Zurufe von der SPD)

    Geben Sie doch eine Antwort darauf! Indem Sie sagen: Wir stationieren nicht, haben Sie doch mit dieser Bedrohung nichts angefangen. Sie sind ihr gewichen, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Waigel [CDU/CSU]: So ist es! Genauso ist es! — Abg. Reents [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Wir haben schon in der Opposition j a zum Doppelbeschluß gesagt, und wir bleiben dabei.

    (Schily [GRÜNE]: Erzählen Sie doch nicht solche Zahlen und verweigern eine Zwischenfrage, Herr Wörner!)

    Denn wir wollen auch in Zukunft sicher sein vor Krieg und Erpressung.

    (Schily [GRÜNE]: Jede Woche, haben Sie gesagt, wird eine neue Rakete aufgestellt, und dann kommen Sie mit solchen Zahlen! Täuschen Sie die Öffentlichkeit doch nicht!)

    Wer auf Gleichgewicht verzichtet, verzichtet auf eine wesentliche Voraussetzung der Kriegsverhinderung.
    Was hat uns der sechseinhalbjährige Verzicht auf die Nachrüstung gebracht?

    (Schily [GRÜNE]: Falschspieler! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Was ist das für ein Zwischenruf?)

    Haben die Sowjets auch nur auf die Aufstellung einer einzigen SS-20-Rakete verzichtet?

    (Zuruf von den GRÜNEN: Nein! Jede Woche werden anderthalb neue aufgestellt!)

    — Nein, die GRÜNEN geben die Antwort; dann muß es wirklich stimmen. —

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Haben sie eine einzige Rakete als Antwort auf den einseitigen Abzug von 1 000 Nuklearwaffen im Jahre 1981 abgezogen

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Die sogenannte Rede haben wir doch vorher schon einmal gehört!)

    oder als Antwort auf den neuen Beschluß der NATO, noch einmal 1 400 Nuklearwaffen einseitig abzubauen? — Nein.

    (Schily [GRÜNE]: Da scheinen wir vorgerüstet zu haben!)

    Haben alle unsere Vorleistungen, alle unsere einseitigen Verzichte auch nur einen Rüstungsstopp bei den Sowjets bewirkt, geschweige denn Abrüstung?

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Da steht im Manuskript auch wieder „nein"! Sagen Sie es schon!)

    Die Antwort darauf ist ein klares Nein.
    Wer angesichts dieses unbestreitbaren Sachverhalts auf die Verwirklichung der. Nachrüstung verzichtet, der weiß ganz genau, daß er damit weder Abrüstung noch einen Rüstungsstopp erreicht. Das einzige, was er erreichen wird: Er verschafft der sowjetischen Politik der Vorrüstung einen einmaligen Triumph. Er gibt all jenen Politikern und Militärs in der Sowjetunion recht, die auf Macht und Rüstung setzen, und er verschafft ihnen einen Freibrief, einseitig ohne jedes Risiko weiterzurüsten. Das ist die Tatsache, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Am Ende winkt dann für die Sowjetunion das Ziel ihrer militärischen Überrüstung, nicht der Krieg, sondern die Vorherrschaft über Westeuropa, gegründet auf überwältigende militärische Macht. Das aber wäre das Ende unserer Freiheit und unserer Unabhängigkeit. Andere mögen darauf verzichten, wir sind fest entschlossen, unsere Freiheit zu verteidigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sie bieten hier „Das tapfere Schneiderlein"! — Zurufe von der SPD)

    Wie eigentlich — das ist meine Frage an die SPD — stellen Sie sich vor, daß man die Sowjets zum



    Bundesminister Dr. Wörner
    Verzicht oder zur Verminderung ihrer Raketen bewegen sollte,

    (Zuruf von der SPD: Wie stellen Sie sich das denn vor?)

    wenn Sie das einzig mögliche Druckmittel aus der Hand gegeben haben,

    (Schily [GRÜNE]: Sie denken nur in Druckmitteln!)

    wenn Sie ihnen die Gewißheit geben, daß wir nicht stationieren, gleichgültig, ob die Sowjets nachgeben oder nicht, gleichgültig, ob sie weiter SS 20 aufstellen oder nicht? Ich frage mich: Warum sollten sie denn aufhören, nachdem sie die ganzen sechseinhalb Jahre nicht damit aufgehört haben? Warum sollten sie auch nur eine einzige Rakete abbauen? Was wollen Sie den Sowjets denn anbieten?

    (Dr. Vogel [SPD]: Wettrüsten?)

    Wenn man so wie Sie verfährt — das ist das Gefährliche —, haben weitere Verhandlungen keinen Sinn; denn wir stehen dann mit leeren Händen da.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD])

    — Es ist noch nicht so lange her, Herr Kollege Ehmke, da haben Sie diese Überzeugung geteilt. Ich darf Ihnen einmal vorlesen, Herr Kollege Ehmke, was Sie am 1. April 1981 hier im Deutschen Bundestag erklärt haben:

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das war der 1. April! — Zuruf von der CDU/CSU: Das glaubt er nicht mehr, wenn Sie ihm das vorlesen! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ehmke ist ein Opportunist ersten Grades!)

    Auch die Hoffnung, daß einseitige Rüstungsverzichte des Westens solche des Ostblocks nach sich ziehen werden, wird durch die geschichtliche Erfahrung nicht belegt; im Gegenteil.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Meine Meinung!)

    Der geschichtliche Ablauf zeigt, daß das Festhalten am NATO-Beschluß gegenüber dem Osten eine Voraussetzung dafür ist, daß man die Sowjetunion zu Verhandlungen und
    — jetzt kommt es —
    in den Verhandlungen zu für den Westen akzeptablen Ergebnissen bewegen kann.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Wie kommen Sie denn dazu, aus dem Doppelbeschluß auszusteigen? Das heißt doch nach Ihren eigenen Worten, daß dann Verhandlungen keine Erfolgschance mehr haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Wörner hat es immer noch nicht kapiert!)

    Wir bleiben am Fortgang dieser Verhandlungen existentiell interessiert. Jeder kann, jeder soll in unserem Volk wissen, daß nicht nur für jede der neu zu stationierenden Waffen eine andere abgezogen wird, sondern daß wir bereit sind, auch jede dieser neuen Waffen wieder abzuziehen oder zu verschrotten, wenn die Sowjetunion das gleiche mit ihren SS 20 macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Gegensatz zu den Staaten des Ostblocks sind wir als eine demokratische Nation dankbar für jede einzelne Waffe, die wir abziehen oder vernichten können.
    Ein Ausstieg aus dem Doppelbeschluß hätte verheerende Folgen für die Atlantische Allianz.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Morgen ist er ja zu Ende, weil wir stationieren!)

    Wer, ob Freund oder Feind, könnte sich dann auf unsere Entscheidungen noch verlassen?

    (Schily [GRÜNE]: Wer ist denn der Feind, Herr Wörner?)

    Wer würde uns noch ernst nehmen? Die Folgen in unseren Nachbarstaaten wären abzusehen. Sie glauben doch nicht, daß die Italiener, daß die Belgier, die Niederländer, die Dänen dann noch zum Doppelbeschluß stünden. Die Briten müßten sich im Stich gelassen fühlen, die Franzosen in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
    Und wie würden die USA reagieren? Sie würden sich langfristig von Europa abwenden, und diejenigen in den Vereinigten Staaten gewönnen die Oberhand, die einen Abzug der amerikanischen Truppen befürworten.

    (Beifall des Abg. Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE])

    — Lieber Kollege Vogt, wenn Sie für einen Abzug der amerikanischen Truppen sind, wir sind es nicht. Passen Sie auf: Wenn die Amerikaner aus Europa und aus unserem Land abgezogen würden, hätten Sie bald keine Freiheit mehr, Ihre Meinung vorzutragen, schon gar nicht in einem freien Parlament.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Wieso eigentlich nicht? — Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Herr Wörner, können Sie das mal genauer erklären, Ihre Atommechanik? — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sie glauben unerschütterlich an Mickymaus, Herr Wörner! Achten Sie auf Ihre Ohren! Die werden schon ganz rund!)

    Einer der bekanntesten amerikanischen Publizisten hat an die Adresse der Deutschen einen ganz beachtlichen Artikel geschrieben. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus diesem Artikel. Er schreibt dort:
    Aber Amerika hat nicht den Marshallplan für den Wiederaufbau Europas beschlossen oder 300 000 seiner Männer an Nordsee und Elbe geschickt, damit uns jetzt vorgehalten wird, daß sie nicht unsere gemeinsame Zivilisation verteidigen, sondern den Frieden bedrohen. Wenn die Amerikaner jemals gedacht hätten, daß dies die Überzeugung der Europäer sei, daß Eu-



    Bundesminister Dr. Wörner
    ropa zwar die amerikanischen Truppen wolle,
    aber nicht bereit sei, ihnen die Waffen zu ihrer
    eigenen und ihrer Alliierten Verteidigung zuzugestehen, dann würde es sicher nicht zustimmen, seine Truppen dort als Geiseln eines überlegenen sowjetischen Raketenpotentials zu lassen.
    Dem braucht man nichts hinzuzufügen. So ist die Stimmung in den Vereinigten Staaten. Und wenn dann jene Fernsehbilder gezeigt werden von Demonstrationen und von Blockaden amerikanischer Kasernen, dann wird sich der amerikanische Bürger fragen,

    (Schily [GRÜNE]: Reden Sie doch einmal über den Film „Der Tag danach"! Das ist mehr Diskussionsstoff!)

    ob es Sinn macht, ein solches Land zu schützen. Deswegen sagen wir unseren amerikanischen Verbündeten und deren Soldaten: Sie sind unsere Verbündeten, Sie sind bei uns willkommen; wir stehen gemeinsam für Frieden und Freiheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Wir stehen und wir fallen dafür, Herr Wörner!)

    Es genügt nicht, einfach die Kriegsgefahr zu beschwören und vom Frieden, den man erhalten will, zu reden oder zu predigen. Unsere Nachbarn im Westen, mit denen uns Freundschaft, Gemeinschaft und Bündnis verbinden, erwarten von uns mehr. Sie erwarten,

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Mehr Raketen!)

    daß wir uns in die Last der gemeinsamen Verteidigung und in die Verantwortung für die Sicherheit, die Unabhängigkeit und die Freiheit Europas teilen.

    (Duve [SPD]: Das tun wir seit 30 Jahren!)

    — Ich greife diesen Zwischenruf auf: Sie tun es seit 30 Jahren, aber Sie tun es mit Ihrer gegenwärtigen Entscheidung eben nicht mehr. Das ist ja der Grund zur Sorge.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Das ist doch gar nicht wahr! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Das sind alles Gesundbeter, die da schreien!)

    — Auch diesen Zwischenruf greife ich gern auf und sage Ihnen: Das formale Bekenntnis der SPD — oder sagen wir besser, um nicht vielen unrecht zu tun:

    (Duve [SPD]: Auch das ist eine Unterstellung!)

    einiger in der SPD, inzwischen allerdings schon einer Mehrheit, denke ich — zur NATO bleibt doch ebenso unglaubwürdig wie nutzlos, wenn Sie es ablehnen, die Entscheidungen der Allianz mitzuvollziehen, wenn Sie dieser Allianz die Mittel zu ihrem Schutz verweigern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: So was Dummes! Wie kann man so dumm sein! — Dr. Klejdzinski [SPD]: Sie sind ein Demagoge!)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Scheer?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Wörner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte schön.