Rede von
Michaela
Geiger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Trotzdem nicht. Danke schön.
Es kann nicht allein Aufgabe der Politik sein, für Aufklärung und Beruhigung der Menschen zu sorgen. In der Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland „Frieden wahren, fördern und erneuern" steht der Satz:
Die christliche Kirche hat die Aufgabe, die Hoffnung des Glaubens zu stärken, angesichts der Ängste, die in der heutigen weltpolitischen Lage überall aufbrechen.
Die ganz überwiegende Zahl der Geistlichen hält sich sicher an diese Maxime. Aber es gibt auch Pfarrer, zu viele, die wissentlich oder unwissentlich ihre Hauptaufgabe darin sehen, die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen.
Von Kind auf sind wir gewöhnt, mit unseren Kümmernissen, Ängsten und Nöten zur Kirche zu kommen und dort Trost zu finden. Sollte dies heute nicht mehr überall gelten?
Im Gegensatz zu vielem, was dazu gesagt wurde, lehnen sowohl die Evangelische als auch die katholische Kirche die Strategie der Abschreckung und den Schutz durch Atomwaffen nicht rundweg ab. Die Heidelberger Thesen sprechen davon, daß der Versuch, durch die Anwesenheit von Atomwaffen den Frieden in Freiheit zu sichern, heute noch als mögliche christliche Handlungsweise anerkannt werden muß. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß dies nur eine vorläufige und zeitlich begrenzte Strategie sein kann.
Auch Papst Johannes Paul II. hat vor der UNOKommission in New York gesagt:
Unter den gegenwärtigen Bedingungen kann eine auf dem Gleichgewicht beruhende Abschreckung natürlich nicht als ein Ziel an sich, sondern als ein Abschnitt auf dem Weg einer fortschreitenden Abrüstung noch für moralisch annehmbar gehalten werden.
Ich bejahe die Nachrüstung, weil ich fest davon überzeugt bin, daß die UdSSR erst bei einem ungefähren Gleichgewicht der Kräfte bereit sein wird, ernsthaft zu verhandeln, und daß es erst dann zu einer gleichmäßigen Verringerung der Rüstungspotentiale in Ost und West kommen kann.
Ich bin aber auch davon überzeugt, daß in unserem atomaren Zeitalter Waffen nur noch eine politische Funktion haben dürfen, und auch in dieser Funktion müssen sie an Bedeutung verlieren.
Johannes Paul II. hat es am 14. Juni 1983 in New York so ausgedrückt: Die Herstellung und der Besitz von Waffen sind die Folge einer ethischen Krise, die an der Gesellschaft in allen ihren Dimensionen — der politischen, der sozialen und der wirtschaftlichen — nagt.
Die echte Abrüstung, also die, die den dauernden Frieden in Freiheit zwischen den Völkern garantiert, wird nur durch die Lösung dieser vom Papst angesprochenen ethischen Krise zustande kommen. Solange auf dieser Erde die krassen Gegensätze zwischen armen und reichen Völkern weiterbestehen, solange es auf dieser Erde den unversöhnlichen ideologischen Gegensatz zwischen den westlichen Demokratien und den östlichen totalitären Systemen gibt, kann es immer wieder zu Konflikten kommen. Unsere wichtigste Aufgabe muß es daher sein, in unserem Bemühen nicht lockerzulassen, Abrüstung in Ost und West zu erreichen. Wir müssen uns aber auch weit stärker für die Lösung der Probleme der Dritten Welt engagieren. Wir müssen versuchen, Mißverständnisse abzubauen und um Vertrauen zu werben.
Es sollte auch möglich sein, daß zur Erreichung dieser Ziele wieder alle Gruppen in unserem Lande zusammenwirken, daß Befürworter und Gegner des NATO-Doppelbeschlusses Achtung vor den Argumenten der jeweils anderen Seite haben.
Auch heute noch sollten die Sätze der Spandauer Synode der EKD von 1958 gelten: „Die unter uns bestehenden Gegensätze in der Beurteilung der atomaren Waffen sind tief. Sie reichen von der Überzeugung, daß schon die Herstellung und Bereithaltung von Massenvernichtungsmitteln aller Art Sünde vor Gott sind, bis zu der Überzeugung, daß Situationen denkbar sind, in denen in der Pflicht zur Verteidigung der Widerstand mit gleichwertigen Waffen vor Gott verantwortet werden kann. Wir bleiben unter dem Evangelium zusammen und mühen uns um die Überwindung dieser Gegensätze."
Ich hoffe, daß es uns möglich sein wird, in diesem Hohen Hause und im ganzen Land auch unter dem Grundgesetz zusammenzubleiben, um uns um die Überwindung dieser Gegensätze zu bemühen.
Ich danke Ihnen.