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    Plenarprotokoll 10/34 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 34. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Inhalt: Beratung des Berichts zum Stand der Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1983 — Drucksache 10/216 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen — Rechtsgrundlage — Drucksachen 10/142, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomeinsatz — Vetorecht — Drucksachen 10/143, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen-„Pakete" gegen die Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 10/175, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Reents und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen- Einsatzverhinderung — Drucksachen 10/179, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Reents und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen- Einsatzfolgen — Drucksachen 10/180, 10/487 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Bard, Bastian, Frau Beck-Oberdorf, Burgmann, Drabiniok, Dr. Ehmke (Ettlingen), Fischer (Frankfurt), Frau Gottwald, Frau Dr. Hickel, Horacek, Hoss, Dr. Jannsen, Frau Kelly, Kleinert (Marburg), Krizsan, Frau Nickels, Frau Potthast, Reents, Frau Reetz, Sauermilch, Schily, Schneider (Berlin), Frau Schoppe, Schwenninger, Stratmann, Verheyen (Bielefeld), Vogt (Kaiserslautern), Frau Dr. Vollmer eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer konsultativen Volksbefragung zur Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen (Pershing II, Cruise Missile) in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 10/519 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2269 D Porzner SPD (zur GO) 2270 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE (zur GO) 2271A Wolfgramm (Göttingen) FDP (zur GO) 2272 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Möllemann, Staatsminister AA 2272 C Frau Kelly GRÜNE 2278A Berger CDU/CSU 2281 C Voigt (Frankfurt) SPD 2283 D Ronneburger FDP 2287 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2290 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2293 C Dr. Scheer SPD 2294 C Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 2298 B Verheugen SPD 2300 A Helmrich CDU/CSU 2303 B Fischer (Osthofen) SPD 2305 B Wimmer (Neuss) CDU/CSU 2307 A Jansen SPD 2309 A Nächste Sitzung 2312 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2313*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2313* B Anlage 3 Errichtung einer Kunsthalle im Bonner Regierungsviertel MdlAnfr 5, 6 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Feldmann FDP SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 2313* D Anlage 4 Benutzung der Transitwege durch die DDR für Radfahrer MdlAnfr 29, 30 04.11.83 Drs 10/568 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Hennig BMB . . 2314* B Anlage 5 Konsequenzen aus der Studie zur nachträglichen Schalldämpfung bei Kampfflugzeugen MdlAnfr 37 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2314* C Anlage 6 Zahl der Versuchstiere im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe und im Schiff-fahrtmedizinischen Institut der Marine seit 1980; Umsetzung der Erkenntnisse aus den Tierversuchen MdlAnfr 38, 39 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2314* B Anlage 7 Wiederzulassung von Spikes-Reifen MdlAnfr 43 04.11.83 Drs 10/568 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 2315*A Anlage 8 Teilprivatisierung des Bahnbusverkehrs MdlAnfr 46, 47 04.11.83 Drs 10/568 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 2315* B Anlage 9 Geldforderungen sogenannter Vermittler an auswanderungswillige Rumäniendeutsche sowie Angebote an bundesdeutsche Unternehmer zur Begleichung rumänischer Schulden MdlAnfr 50, 51 04.11.83 Drs 10/568 Fischer (Osthofen) SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2315* C Anlage 10 Unterstützung der Aktion „Rettet Sacharow" durch die Bundesregierung MdlAnfr 52 04.11.83 Drs 10/568 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2316* C Anlage 11 Parallelen zwischen den Invasionen in Grenada und Afghanistan; Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles MdlAnfr 53 04.11.83 Drs 10/568 Schreiner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2316 D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 III Anlage 12 Wiedergabe des Rechtsstandpunktes der Bundesrepublik Deutschland zur Teilung Deutschlands in den deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen MdlAnfr 67, 68 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2317*A Anlage 13 Sonderurlaub für ehrenamtlich tätige Bundesbeamte zur Fortbildung als Schiedsmänner, Schöffen und Geschworene MdlAnfr 69, 70 04.11.83 Drs 10/568 Pfuhl SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2317* C Anlage 14 Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Begrenzung der Nebentätigkeiten von Beamten MdlAnfr 71 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Wernitz SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2317* D Anlage 15 Ermittlungen gegen neonazistische Fußball-Fan-Clubs MdlAnfr 72, 73 04.11.83 Drs 10/568 Gilges SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2318*A Anlage 16 Fingierte Schreiben mit dem Briefkopf „Bundesbeauftragter für Zivilversorgung im Verteidigungsfall" zwecks Erfassung der zur Inanspruchnahme einer Schutzeinrichtung berechtigten Personen MdlAnfr 75, 76 04.11.83 Drs 10/568 Schemken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2318* C Anlage 17 Studie der Bundesregierung über linksextremistische Bestrebungen in der Jugendpresse; Funktion und Erfahrungen des interministeriellen „Gesprächskreises Personalfachleute" MdlAnfr 77, 78 04.11.83 Drs 10/568 Becker (Nienberge) SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2319*A Anlage 18 Einspruchsrecht gegen Kernenergieanlagen; Absprachen mit der DDR über die bei Dragahn geplante Wiederaufbereitungsanlage MdlAnfr 79 04.11.83 Drs 10/568 Krizsan GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2319*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2269 34. Sitzung Bonn, den 11. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 33. Sitzung, Seite 2260 D, Zeile 4: Statt 1 600 ist 5 600 zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 11. 11. Dr. Enders * 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gallus 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Haehser 11. 11. Handlos 11. 11. Frau Huber 11. 11. Ibrügger 11. 11. Immer (Altenkirchen) 11. 11. Jäger (Wangen) * 11. 11. Kastning 11. 11. Kiechle 11. 11. Dr. Kreile 11. 11. Dr. Lenz (Bergstraße) 11. 11. Liedtke 11. 11. Dr. h. c. Lorenz 11. 11. Frau Dr. Martiny-Glotz 11. 11. Matthöfer 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Dr. Müller * 11. 11. Frau Odendahl 11. 11. Offergeld 11. 11. Petersen 11. 11. Regenspurger 11. 11. Reuschenbach 11. 11. Frau Roitzsch (Quickborn) 11. 11. Schmidt (Hamburg) 11. 11. Schröder (Hannover) 11. 11. Schröer (Mülheim) 11. 11. Schulze (Berlin) 11. 11. Dr. Solms 11. 11. Stockleben 11. 11. Dr. Stoltenberg 11. 11. Vogt (Düren) 11. 11. Frau Dr. Wex 11. 11. Wischnewski 11. 11. Frau Dr. Wisniewski 11. 11. Dr. Wittmann 11. 11. Zander 11. 11. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. Oktober 1983 beschlossen, zum Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß die nachstehende Vorlage überwiesen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Überplanmäßige Ausgabe; hier: Kap. 23 02 Tit. 836 02 - Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland am Kapital der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) (Drucksache 10/565) Die in Drucksache 10/546 unter Nummer 16 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über eine Abgabe auf bestimmte Fette ist als Drucksache 10/550 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Änderung der durch die Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 371/82 und Nr. 372/82 vom 15. Februar 1982 festgelegten Grundgehälter und zur Angleichung der in verschiedenen Ländern der dienstlichen Verwendung geltenden Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge ab 1. 4. 1980 (Drucksache 10/358 Nr. 23) Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften - Bericht 1982 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur jährlichen Überprüfung des Besoldungsniveaus der Beamten und sonstigen Bediensteten Vorschlag für eine Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (Drucksache 10/358 Nr. 27) Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten, die in Italien auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 10/376 Nr. 85) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 9. November 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag der Kommission an den Rat zur Festlegung des Schemas der allgemeinen Zollpräferenzen der Gemeinschaft für 1984 (Drucksache 10/376 Nr. 33) Die Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluß des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Schweden betreffend ein europäisches Forschungs- und Entwicklungsprogramm auf dem Gebiet des Holzes als erneuerbarer Rohstoff (Drucksache 10/358 Nr. 103) Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Feldmann (FDP) (Drucksache 10/568 Fragen 5 und 6): Hält die Bundesregierung nach wie vor - entsprechend dem Beschluß des Gemeinsamen Ausschusses Bundeshauptstadt Bonn - die im Parlaments- und Regierungsviertel (Gelände an der Walter-Flex-Straße) als geistig-kulturelles Zentrum zu errichtende Kunsthalle für einen wichtigen Beitrag zu einem überzeugenden Hauptstadt-Konzept? Ist diese Planung nach Auffassung der Bundesregierung auf Grund weiterer Bauvorhaben (Haus der Deutschen Geschichte, Mahnmal mit Aufmarschzone u. a.) gefährdet? 2314* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Zu Frage 5: Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß auch in der Hauptstadt eines föderativ organisierten Staates etwas von dem zu sehen und zu spüren sein muß, was das Land geistig bewegt und hervorbringt. Nach der Überzeugung der Bundesregierung sollte daher der weitere Ausbau der Bundeshauptstadt Bonn auch Institutionen umfasen, die das geistig-kulturelle Gesicht der Bundesrepublik Deutschland verdeutlichen. Die Errichtung von Räumlichkeiten, die es ermöglichen, national wie international bedeutsame Ausstellungen aus dem Bereich von Kunst und Kultur, aber auch aus dem Bereich von Geschichte, Wissenschaft und Technik in der Bundeshauptstadt zu zeigen, ist unverändertes Ziel der Bundesregierung. Zu Frage 6: Die Antwort lautet nein. Endgültige Standortentscheidungen für das in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers angekündigte Vorhaben einer Sammlung zur Deutschen Geschichte seit 1945 in Bonn sowie für das seit langem geplante Ehrenmal liegen bisher nicht vor. Für diese Vorhaben wie für die Kunsthalle stehen geeignete Grundstücke zur Verfügung. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hennig auf die Fragen des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 29 und 30): Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu den Forderungen verschiedener Verbände ein, mit dem Fahrrad in die DDR fahren zu dürfen? Beabsichtigt die Bundesregierung, diese Frage in Verhandlungen mit der Regierung der DDR zur Sprache zu bringen? Zu Frage 29: Anfang der 70er Jahre, als die Regelungen des Berliner Reise- und Besucherverkehrs und des Verkehrsvertrages getroffen wurden, kam dem Fahrrad als Verkehrsmittel noch keine so große Bedeutung zu. Trotzdem ist, wenn auch leider erfolglos, versucht worden, den Fahrradverkehr in die Vereinbarungen einzubeziehen. Inzwischen ist das Fahrrad wieder zu einem modernen Verkehrsmittel geworden. Die Bundesregierung steht deshalb ebenso wie der Senat von Berlin allen Bemühungen positiv gegenüber, die bestehenden Regelungen mit der DDR weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Zu Frage 30: Die Bundesregierung wie der Senat von Berlin haben das Thema Fahrradverkehr wiederholt der DDR gegenüber zur Sprache gebracht, ohne auf positive Reaktionen zu treffen. Sie werden ihre Bemühungen fortsetzen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 37): Welche Ergebnisse hat die Durchführbarkeitsstudie zur nachträglichen Schalldämpfung bei Kampfflugzeugen für den Übungseinsatz des Bundesministeriums der Verteidigung erbracht, und welche Konsequenzen will die Bundesregierung daraus ziehen? Die Studie wurde am Flugzeug Alpha Jet durchgeführt. Sie bezog sich auf die Auskleidung des Lufteinlaufkanals mit schallabsorbierendem Material. Das Ergebnis war eine Dämpfung des FAN-Lärms (Niederdruckverdichterlärms) von 18-20 dB. Infolge des hohen Anteils von Strahl- und Turbinenlärm, der von den Absorbersystemen nicht erfaßt wird, wirkt sich die Minderung des FAN-Lärms auf den Gesamtlärm des Tiebwerks nur mit ca. 2,5-3,5 dB aus. Diese Reduktion ist so gering, daß sie hörmäßig kaum wahrgenommen wird. Aus diesem Grunde und in Anbetracht einer Minderung der Triebwerksleistung um bis zu 1 % sowie der für diese Maßnahme aufzuwendenden Kosten in Höhe von ca. 40 000 DM pro Flugzeug (Alpha Jet-Flotte 7 Millionen DM) ist eine Auskleidung der Lufteinläufe mit schallabsorbierendem Material nicht vertretbar. Es muß darauf hingewiesen werden, daß im Gegensatz zu Zivilflugzeugen bei Kampfflugzeugen Triebwerke mit hoher Leistungsdichte, d. h. sehr hoher Strahlaustrittsgeschwindigkeit erforderlich sind. Der Strahllärm wächst mit der 5. Potenz der Strahlgeschwindigkeit. Eine Reduzierung des Strahllärms ist daher physikalisch nicht möglich, da sie der Forderung nach hoher Leistungsdichte zuwiderläuft. Damit liegen die Möglichkeiten des Lärmschutzes ausschließlich auf der operationellen Seite. Hier ist die Bundeswehr durch entsprechende Verfahren, die wiederholt aufgezeigt wurden, bemüht, die Lärmbelästigung soweit wie möglich zu reduzieren. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klejdzinski (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 38 und 39): Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch die Anzahl der Versuchstiere bei Tierversuchen der Bundeswehr im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck und im Schiffahrtmedizinischen Institut der Marine in KielKronshagen ist, und wenn ja, welchen prozentualen Anteil stellen die Versuchstiere aus diesen Instituten bezogen auf die Gesamtzahl der Versuchstiere in der Bundesrepublik Deutschland von 1980 bis 1982? Ist der Bundesregierung bekannt, welche Forschungsergebnisse die Tierversuche aus den o. a. Instituten ergeben haben, und wenn ja, auf welche Weise sind diese Ergebnisse in Lehre, Erlasse und Dienstvorschriften eingegangen? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2315* 1. Die Anzahl der im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe und im Schiffahrtsmedizinischen Institut der Marine zu Tierversuchen herangezogenen Versuchstiere beträgt insgesamt 831 Tiere, davon 282 Schnecken. Der prozentuale Anteil an den in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt verwendeten Versuchstieren kann nicht ermittelt werden, da eine Gesamtzahl für alle Forschungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland dem zuständigen Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht vorliegt. 2. Die Ergebnisse der Forschung in den genannten Instituten tragen zur Verbesserung der Therapie insbesondere bei Taucherunfällen und im Zusammenhang mit Infektionen durch Gasbranderreger bei. Sie haben bereits jetzt Niederschlag in Behandlungsrichtlinien bei Taucherunfällen in der Bundeswehr gefunden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Frage 43): Ist beabsichtigt, aus Gründen der Verkehrssicherheit im Winter Spikes-Reifen wieder zuzulassen, und wie begründet die Bundesregierung ihre Entscheidung? Es ist nicht beabsichtigt, Spikes-Reifen wieder zuzulassen. Alle bisher bekannten Spikes-Reifen wirken immer noch so aggressiv, daß sie die Fahrbahndecken erheblich beschädigten. Die durch sie verursachten Reparaturkosten würden jährlich Hunderte von Millionen Deutsche Mark betragen, da die nach dem Auslaufen der Spikes-Zulassung im Interesse der Verkehrssicherheit geänderten Bauvorschriften zu Straßenbelägen geführt haben, die einer Beanspruchung durch Spikes geringeren Widerstand entgegensetzen als frühere Beläge. Diese Kosten wären nicht zu verantworten, zumal Spikes das Unfallgeschehen in seiner Gesamtheit keineswegs positiv beeinflussen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 46 und 47): Ist die Deutsche Bundesbahn bereit, im Bahnbusverkehr in Einzelfällen Linienkonzessionen an das private Omnibusgewerbe zurückzugeben, wenn ja, aus welchen Gründen? Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn ihren Verkehrsbesitz im Bahnbusverkehr ausbauen und verbessern will, wenn ja, ist damit eine weitere Reduzierung von Linienkonzessionen für das private Omnibusgewerbe vorgesehen? Zu Frage 46: Der Postreisedienst wird zur Zeit auf die Deutsche Bundesbahn übergeleitet. Ob und inwieweit es nach vollzogenem Aufbau aus verkehrlichen oder betriebswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist, mit anderen Verkehrsträgern zu kooperieren und in diesem Zusammenhang ggf. Linienkonzession abzugeben bedarf in jedem Fall einer Einzelprüfung der zuständigen Stellen (Deutsche Bundesbahn, Genehmigungsbehörden). Zu Frage 47: Die Deutsche Bundesbahn ist stets bemüht, ihr Leistungsangebot im Bahnbusverkehr zu verbessern. Dies gilt insbesondere im Zuge der gegenwärtigen Überleitung des Postreisedienstes auf die Deutsche Bundesbahn. Dabei ist keine Reduzierung von Linienkonzessionen für das private Omnibusgewerbe vorgesehen. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Fischer (Osthofen) (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 50 und 51): Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach wie vor auswanderungswillige Rumäniendeutsche über dubiose „Vermittler" zur Zahlung erheblicher Geldbeträge angehalten werden, die in ihrer Höhe in etwa den seinerzeit erhobenen Rückerstattungssummen für Ausbildungskosten entsprechen, und was gedenkt die Bundesregierung im Zusammenhang mit den von Bundesaußenminister Genscher gegebenen Zusagen gegen Mißbräuche in diesem Bereich zu tun? Ist der Bundesregierung bekannt, daß mittelständische Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, die unbeglichene Forderungen an Rumänien haben, von „Vermittlern" berichten, die erklären, für zehn oder auch mehr Prozent der Forderungen in Devisen in der Lage zu sein, die rasche Überweisung der Schuld zu veranlassen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen derartige Methoden zu unternehmen? Zu Frage 50: Das im Juli 1983 durch Medienberichte bekanntgewordene Schmiergeldunwesen wurde im August von Bundesminister Genscher bei seinem Besuch in Rumänien nachdrücklich angesprochen. Er ersuchte die rumänische Regierung, die entsprechenden Praktiken im Interesse guter bilateraler Beziehungen zu unterbinden. Gleichzeitig und später wurden „Geldkassierer" benannt. Die rumänische Seite teilte inzwischen mit, daß man den Hinweisen nachgegangen sei; es habe Verhaftungen und Verurteilungen gegeben. Schmiergelder in Höhe von DM 5 000,— bis 10 000,— pro Person wurden und werden in der Regel von Verwandten im Bundesgebiet an „Vermittler" in Rumänien oder im Bundesgebiet in der Annahme gezahlt, hierdurch Ausreisegenehmigungen früher zu erhalten. Die Bundesregierung meint, daß es — schon aus Gründen der Solidarität — Aufgabe jedes einzelnen sein sollte, derartige Machenschaften zu unterbinden, indem man nicht zahlt. 2316* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Die Landsmannschaften der Banater Schwaben aus Rumänien und der Siebenbürger Sachsen teilen diese Meinung und veröffentlichen seit Juli entsprechende Aufrufe in ihren Zeitungen. Ausreisewilligen wird empfohlen, sich bei der Ablehnung von Zahlungen auf die „getroffene Vereinbarung" zu berufen, auf die in dem „Gemeinsamen Kommuniqué" beider Außenminister hingewiesen wird, das am 3. Juni 1983 in der deutschsprachigen rumänischen Zeitung „Neuer Weg" veröffentlicht wurde. Diese Vereinbarung beinhaltet u. a. die Zusicherung, daß die rumänische Seite von Auswanderern deutscher Volkszugehörigkeit weitere Zahlungen nicht fordern wird. Bekanntwerdende „Geldkassierer" wird das Auswärtige Amt weiterhin dem rumänischen Außenministerium benennen, „Vermittler" im Bundesgebiet den inneren Behörden, damit in jedem Einzelfall geprüft werden kann, ob ein strafbarer Tatbestand erfüllt wurde. Zu Frage 51: Der Bundesregierung ist bekannt, daß mittelständische deutsche Exportfirmen zur Eintreibung fälliger Außenstände in Rumänien in Einzelfällen die Dienste von Inkassovermittlern in Anspruch nehmen, die ihnen gegen Zahlung einer Provision (10 % oder mehr der Forderung) die rasche Begleichung ihrer Forderung in Aussicht stellen. Der Grund für dieses Vorgehen liegt in der noch immer schleppenden Bezahlung unverbürgter Forderungen in Rumänien, deren Regelung nicht Gegenstand der inzwischen erfolgten Umschuldungsvereinbarungen der beiden Regierungen über staatlich verbürgte Forderungen sein konnte. Die Gesamtsumme dieser Zahlungsrückstände betrug Anfang September 1983 rd. 21 Millionen DM. Die rumänische Seite bemüht sich seither, diesen Rückstand insbesondere bei Forderungen im Werte von unter 50 000 Dollar abzubauen, bei darüber hinausgehenden Beträgen aber ist der Eingang nach wie vor unbefriedigend. In derartigen Fällen versuchen die rumänischen Schuldner häufig, individuelle Umschuldungsvereinbarungen analog den Regierungsabkommen zu erreichen. Angesichts dieser Lage suchen einige deutsche Gläubigerfirmen in der Einschaltung von Inkassovermittlern einen letzten Ausweg, um kurzfristig zu ihrem Geld zu kommen. Als Vermittler dieser Art ist insbesondere eine Firma mit Sitz in Panama hervorgetreten, die ein Büro in Bukarest unterhält. Sie läßt sich in der Regel die Forderung gegen 6-Monats-Wechsel abtreten. Die Abwicklung ist, da die Wechsel von westlichen Banken nicht bestätigt werden, nicht ohne finanzielle Risiken. Andererseits wird von einer Reihe erfolgreicher Transaktionen dieser Art berichtet. Im übrigen kaufen auch deutsche Handelshäuser im Wege üblicher Factoring-Geschäfte Forderungen dieser Art auf bzw. gleichen sie durch Dreiecksgeschäfte aus. Die Bundesregierung verfolgt die geschilderte Entwicklung aufmerksam. Sie ist fortlaufend bemüht, die rumänische Seite zur beschleunigten Begleichung auch der unverbürgten Schulden zu bewegen. Sie wird dieses Thema bei der Anfang Dezember d. J. anstehenden Sitzung der Gemischten Wirtschaftskommission in Bukarest erneut anschneiden und dabei auch die Praxis der InkassoVermittler ansprechen. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Frage 52): Wird die Bundesregierung die bevorstehende europaweite Kampagne „Rettet Sacharow" unterstützen, und wenn ja, an welche konkreten Maßnahmen denkt die Bundesregierung dabei? Die Bundesregierung setzt sich bei sämtlichen Treffen mit der sowjetischen Führung, aber auch im Rahmen schriftlicher Kontakte, für das Akademiemitglied Sacharow ein. Während des Besuches im Juli 1983 in Moskau hat Bundeskanzler Kohl den Fall Sacharow gegenüber Generalsekretär Andropow angesprochen. Zuletzt ist Bundesminister Genscher bei den Gesprächen in Wien gegenüber Außenminister Gromyko für Sacharow eingetreten. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dies für sie der zweckmäßige Einsatz für die berechtigten Anliegen Sacharows ist. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 53): Inwieweit sieht die Bundesregierung Parallelen der Invasion Grenadas durch die USA und die Afghanistans durch die UdSSR hinsichtlich der Vorgehensweise und der Rechtfertigung für die Verletzung des Völkerrechts, und steht zu befürchten, daß sich die Bundesregierung für einen Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles einsetzt? Der Unterschied zwischen Afghanistan und Grenada ist offensichtlich. In Afghanistan ist die Sowjetunion vier Jahre nach ihrem Einmarsch nicht bereit, ihre Truppen zurückzuziehen und das Selbstbestimmungsrecht des afghanischen Volkes wiederherzustellen. Der Widerstand des Volkes gegen die sowjetischen Truppen und das von Moskau eingesetzte Regime dauert bis heute unvermindert an, Vier Millionen Flüchtlinge sind ein Beweis für die Ablehnung der sowjetischen Herrschaft durch das afghanische Volk. Zu Grenada haben die USA verbindlich erklärt, daß das Volk der Insel in Kürze Gelegenheit erhalten wird, in freier Selbstbestimmung über seine Zukunft zu entscheiden, und daß die amerikanischen Truppen so bald wie möglich abgezogen werden. Ihre Befürchtungen über einen Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles durch uns sind unbegründet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2317* Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 67 und 68): Ist der Begriff „Verkleinerung Deutschlands", wie er in den deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen gebraucht wird, und der mit „territorial losses" übersetzt worden ist, eine zutreffende Wiedergabe des Rechtsstandpunktes der Bundesrepublik Deutschland, und wie erklärt sich der Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes? Wird die Bundesregierung als Mitglied des Kuratoriums des Georg-Eckert-Institutes für internationale Schulbuchforschung dafür Sorge tragen können, daß nicht nur durch einen deutsch-sprachigen Hinweis auf den Deutschlandvertrag und das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 31. Juli 1973 die zweisprachig veröffentlichten deutschamerikanischen Schulbuchempfehlungen erläutert werden, sondern daß die falsche Darstellung „Anerkennung der Westgrenze Polens durch die Bundesrepublik Deutschland" sowohl im deutschen Text als auch in der englischen Übersetzung zurückgenommen und die eindeutige Rechtsposition in den Text eingearbeitet wird? Zu Frage 67: Die Haltung der Bundesregierung ergibt sich aus Artikel 7 des Deutschlandvertrages, wonach die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung für ganz Deutschland aufgeschoben werden muß. Im Zusammenhang mit Ihrer Frage darf ich darauf hinweisen, daß der deutsche Herausgeber der gemeinsamen deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen, der Direktor des Georg-Eckert-Instituts, in seinem Nachwort zur 3. Auflage der Empfehlungen zur Verdeutlichung der rechtspolitischen Situation genau auf diesen Wortlaut des Deutschlandvertrages hingewiesen hat. Zu Frage 68: Wie die Bundesregierung zu Ihrer Frage Nr. 79 zur Fragestunde des Deutschen Bundestages am 26./27. Oktober 1983 schon festgestellt hat, ist nach Mitteilung des Georg-Eckert-Instituts die amerikanische Seite gebeten worden, bei der von ihr vorgenommenen Veröffentlichung des Empfehlungstextes in den USA ein gleichartiges Nachwort aufzunehmen. Das Ergebnis dieser Bemühungen bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung geht im übrigen davon aus, daß der von Ihnen genannte Wortlaut „Anerkennung der Westgrenze Polens durch die Bundesrepublik Deutschland" nicht als Empfehlungstext von den deutschen und amerikanischen Wissenschaftlern zu verstehen ist, sondern daß es sich dabei um eine Problemstellung handelt, die mit den Schülern im Unterricht erörtert werden soll. Die Bundesregierung möchte in diesem Zusammemhang nochmals darauf hinweisen, daß die von amerikanischen und deutschen Wissenschaftlern gemeinsam erarbeiteten Texte für den Schulgebrauch selbstverständlich in der ausschließlichen Verantwortung der Wissenschaftler stehen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Pfuhl (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 69 und 70): Ist dem Bundesinnenministerium bekannt, daß Bundesbeamten, die als Schiedsmänner, Schöffen und Geschworene ehrenamtlich tätig sind, Sonderurlaub für Einführungs- und Fortbildungslehrgänge nicht als förderungswürdig anerkannt und deshalb nicht genehmigt wird? Ist die Bundesregierung deshalb bereit, diese ungleiche Behandlung gegenüber anderen Beamten abzuschaffen? Zu Frage 69: Nach der seit 1965 geltenden Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst wird Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung für die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines öffentlichen Ehrenamtes gewährt. Öffentliche Ehrenämter in diesem Sinne üben unter anderem Schiedsmänner und ehrenamtliche Richter aus. Für die Teilnahme dieser Amtsinhaber an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen sieht die Sonderurlaubsverordnung jedoch keinen bezahlten Urlaub vor, ihnen kann daher nur unbezahlter Urlaub gewährt werden. Die Praxis in den Ländern ist, soweit sich dies in der kurzen Zeit feststellen ließ, uneinheitlich. Zu Frage 70: Wenn auch die Teilnahme an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen für Schiedsmänner und ehrenamtliche Richter nützlich ist, besteht doch keine Notwendigkeit, ihnen dafür bezahlten Urlaub zu gewähren, unbezahlter Urlaub genügt für diesen Zweck. Wie alle Bürger erhalten auch Beamte, wenn sie an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen für ehrenamtliche Richter teilnehmen, nach § 8 Buchst. a des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter eine Verdienstausfallentschädigung. Nach den Schiedsmannsordnungen und Schiedsmannsgesetzen der Länder sollen die Gemeinden Schiedsmännern während der Teilnahme an Schiedsmannsseminaren den Verdienstausfall erstatten. Ich halte ein solches Ergebnis, das die Beamten so stellt wie alle anderen Bürger, für sachgerecht. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 71): Wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Nebentätigkeiten von Beamten vorlegen, und wann ist gegebenenfalls damit zu rechnen? Nach Auffassung der Bundesregierung sollten die Genehmigungstatbestände bei Nebentätigkeiten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes sachbezogen eingeengt werden. Die Überlegungen zur Neueinbringung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch eine Parlamentsinitiative sind noch nicht abgeschlossen. Sollten diese Bemühun- 2318* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 gen ohne Erfolg bleiben, wird die Bundesregierung selbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Gilges (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 72 und 73): In welchen Städten sind dem Verfassungsschutz neonazistische Gruppierungen bekannt, die in der Öffentlichkeit als Fan-Clubs von Fußballvereinen der Bundesliga auftreten? In wie vielen Fällen ermitteln Staatsanwaltschaften gegen Mitglieder rechtsradikaler Fußball-Fan-Clubs? Neonazistische Gruppierungen, die in der Öffentlichkeit als Fanclubs von Fußballvereinen auftreten, sind den Sicherheitsbehörden nicht bekannt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sind allerdings seit etwa Herbst 1982 zunehmend Kontakte zwischen rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Organisationen und verschiedenen Fußballfanclubs sowie namentlich nicht erfaßbaren Fangruppen festzustellen, die durch teilweise latente Gewaltbereitschaft, eine aggressive Haltung gegenüber Ausländern sowie ein provokantes, wenn auch überwiegend nicht politisch motiviertes Verwenden von NS-Kennzeichen und -parolen auffallen. Diese rechtsextremistischen Gruppen versuchen über Verbindungsleute Fanclubs und -gruppen, die an sich nicht als rechtsextremistisch einzustufen sind, für spektakuläre Aktionen, insbesondere für die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern zu gewinnen. Bei ihren Einflußnahmeversuchen hatten diese Rechtsextremisten wiederholt Erfolg. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden konnte eine rechtsextremistische Beeinflussung der vorerwähnten Art in folgenden Städten festgestellt werden: Berlin, Bremen, Dortmund, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Koblenz, München, Nürnberg, Stuttgart und Wattenscheid. Meist konzentrierten sie sich auf die in den Fanclubs aktiven sog. Skinheads. Zu Ihrer Frage nach der Zahl der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und der Art der Straftatbestände hat mir der BMJ folgende Antwort übermittelt: Bei den Landesjustizverwaltungen sind bzw. waren insgesamt etwa 150 Verfahren gegen ein oder mehrere Einzelpersonen wegen Ausschreitungen im Zusammenhang mit Fußballspielen anhängig. Diese haben im wesentlichen folgende Straftaten zum Gegenstand: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Körperverletzungsdelikte, Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Eine Aufschlüsselung der Verfahren nach Taten mit rechtsextremistischem Charakter einerseits sowie mit unpolitischem Charakter andererseits ist nicht stets zuverlässig möglich. Das gleiche gilt insbesondere auch für die Frage, inwieweit die Taten von Angehörigen rechtsextremistischer Vereinigungen begangen wurden bzw. auf deren Einfluß zurückzuführen sind. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Schemken (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 75 und 76): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Landesteilen von Nordrhein-Westfalen Briefe mit fingiertem Kopf „Bundesbeauftragter für Zivilversorgung im Verteidigungsfall" an Bundesbürger verteilt wurden mit folgenden Formulierungen (auszugsweise): „Es muß bedauerlicherweise festgestellt werden, daß der Bau von Zivilschutzeinrichtungen in der Vergangenheit sehr vernachlässigt wurde ... In Anbetracht dieser Lage ist es oberstes Gebot, tumultartige Auseinandersetzungen vor eventuell überfüllten Bunkern zu vermeiden, die im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung entstehen könnten. Nach § 128, Abs. 3 BZG in der Fassung vom 23. Juli 1969 werden die Mitglieder eines jeden Haushalts hiermit gebeten, diejenige Person zu benennen, die Anrecht auf Inanspruchnahme einer Schutzeinrichtung haben soll"? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um gegen diese Aktion vorzugehen, damit der erheblichen Unruhe in der Bevölkerung begegnet werden kann, und die örtlichen Verwaltungen entsprechende Hinweise erhalten? Zu Frage 75: Ja. Der Bundesregierung liegen Meldungen vor, wonach Schreiben dieser Art mit vorgetäuschtem amtlichen Charakter im Monat Oktober 1983 in mehreren Städten des Landes Nordrhein-Westfalen aufgetaucht sind. Zu Frage 76: Den Behörden vor Ort ist bekannt, daß es sich hierbei um gezielte Störaktionen handelt. Sie haben die Bevölkerung darüber aufgeklärt. Seitens der Polizeibehörden sind Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Es wird sorgfältig zu beobachten sein, ob sich solche Vorfälle wiederholen. Die Bundesregierung bewertet diese Aktion als Teil einer Kampagne, die im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion um die Sicherheitspolitik gewollt auf die Verunsicherung der Bevölkerung abzielt. Die Bundesregierung sieht in dieser Handlungsweise einen Anschlag auf die demokratischen und fairen Grundregeln des Zusammenlebens der Bürger in unserem Gemeinwesen und verurteilt sie aufs schärfste. Die Bundesregierung hat in dem jetzt herausgegebenen Weißbuch zur Verteidigungspolitik klar zum Ausdruck gebracht, daß militärische wie auch Maßnahmen der zivilen Verteidigung untrennbare Elemente der Gesamtverteidigung und für eine glaubwürdige und wirksame Verteidigungsfähigkeit unseres Landes unabdingbar sind. Sie wird diese Position gegenüber den Bürgern künftig weiterhin mit allem Nachdruck verdeutlichen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2319* Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Becker (Nienberge) (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 77 und 78): Hat die Bundesregierung eine Studie über linksextremistische Bestrebungen in der Deutschen Jugendpresse erstellen lassen (s. Deutschland-Magazin 7/83, S. 27)? Kann die Bundesregierung Auskunft über die Funktion des interministeriellen „Gesprächskreises Personalfachleute" geben, und welche Erfahrungen konnten für die Bundesregierung bisher nutzbar gemacht werden (s. Spiegel Nr. 43, S. 14)? Zu Frage 77: Nein. Zu Frage 78: Der Bundesregierung ist ein solcher Gesprächskreis nicht bekannt. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Krizsan (GRÜNE) (Drucksache 10/568 Frage 79): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß jeder Deutsche — und damit gemäß Artikel 116 GG auch die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik — ein Einspruchsrecht gegen Atomkraftwerke und Wiederaufarbeitungsanlagen hat, und welche Absprachen gibt es zwischen der Bundesregierung und der Regierung der DDR wegen der bei Dragahn geplanten Wiederaufarbeitungsanlage? Für die Einwendungsbefugnis im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung ist die Eigenschaft als Deutscher nicht entscheidend. Für diese Befugnis kommt es, wie auch sonst im Verwaltungsverfahren, vielmehr darauf an, daß eine Beeinträchtigung von Belangen geltend gemacht wird, die im räumlichen Geltungsbereich der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung gelegen sind. Das bedeutet: Bürger der DDR sind nur dann ein-wendungsbefugt, wenn sie im Geltungsbereich der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung gelegene Belange geltend machen können. Absprachen mit der DDR über Stellungnahmen von Bürgern der einen Seite zu kerntechnischen Vorhaben im Gebiet der anderen Seite gibt es wegen der bei Dragahn beantragten Wiederaufarbeitungsanlage nicht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zum Volksbefragungsgesetz zu Wort gemeldet, einem entlarvenden Gesetz, wie ich meine. Die GRÜNEN bringen dieses Gesetz ein, wortwörtlich gleichlautend mit zwei Petitionen von außerparlamentarischen Gruppen. Diese Petitionen sind zwischenzeitlich als verfassungswidrig abgewiesen worden. Jetzt haben wir sie hier wieder auf dem Tisch. Nichts anderes haben Sie gemacht mit einem großen Teil der Fragen, die in Ihren Großen Anfragen enthalten sind und

    (Berger [CDU/CSU]: Die machen das immer so!)

    die in der Fragestunde bereits gestellt und beantwortet waren. Es geht Ihnen in erster Linie gar nicht um die Antworten, sondern es geht Ihnen um Aktionen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    wie auch heute der Auszug wieder zeigt, wie das Fernsehteam zeigt, mit dem Sie heute morgen herumgelaufen sind.

    (Berger [CDU/CSU]: Die spielen immer mit! — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie sitzen im Herrenruheraum!)

    Ihnen geht es um Blockadekampagnen, Auszug aus dem Parlament, Aktionen zivilen Ungehorsams, Unterschriftenaktionen, Mitreißen, in Bewegung bringe, eine Volksbewegung sein, nicht eine Partei.

    (Bindig [SPD]: Ihnen kommt das alles doch gerade recht!)

    Das Nachdenken, die Debatte, das Argumentieren, die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, das Zuhören können kommen dabei zu kurz. Recht hat nur, wer sich mitbewegt. Das emotionale Abgeschlepptwerden herrscht vor. Das ist der Charakter politischer Bewegungen.

    (Berger [CDU/CSU]: Wir haben genug Volksbewegung bei uns!)

    In diesem Aktionismus, den die GRÜNEN betreiben, ist das Volksbefragungsgesetz auch nur ein Teil einer Kampagne. Am 14. Juli 1983 hat die Geschäftsführung des Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung in Bonn die „Kampagne Volksbefragung" gestartet.

    (Berger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Das ist übrigens ein mißliches Datum: nicht nur der Sturm auf die Bastille, sondern genau vor 50 Jahren, am 14. Juli 1933 kurz nach der Machtergreifung, haben die Nationalsozialisten ihr Gesetz über Volksabstimmung beschlossen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eine andere Bewegung!)

    Das ist übrigens kein unbekanntes Datum in der Parteien- und Parlamentsgeschichte. Denn am gleichen Tage wurde die Monopolstellung der NSDAP durch Gesetz festgeschrieben;

    (Bindig [SPD]: Das ist ein Schnickschnack, den Sie vortragen!)

    alle anderen Parteien wurden verboten und die damalige SPD wurde enteignet. Sie können das nachlesen. Ich nenne dieses Datum nur deshalb, weil in der ganzen Begründung des Gesetzentwurfs sich eine bodenlose geschichtslose Denkweise zeigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und von der CDU/CSU)

    Zur verfassungsrechtlichen Begründung, weshalb wir das ablehnen, hat der Innenminister heute



    Helmrich
    schon Ausführungen gemacht. Lassen Sie mich noch einiges zu den verfassungspolitischen Gründen sagen. Die Väter des Grundgesetzes vor 35 Jahren und die Mitglieder der Verfassungsreformkommission vor sieben Jahen haben sich gegen Volksbefragungen entschieden. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile kamen sie zu dem Ergebnis, daß die Nachteile die Vorteile überwiegen. Die Reformkommission meint, daß nach aller Erfahrung den Demagogen ein zu weiter Spielraum eingeräumt würde. Theodor Heuss nannte die Volksinitiative in großräumigen Demokratien gar eine Prämie für jeden Demagogen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das Hauptproblem liegt in der Schwierigkeit der Fragestellung. Die GRÜNEN wollen fragen, ob jemand dafür oder dagegen ist, daß auf dem Gebiet der Bundesrepublik neue atomare Mittelstreckenraketen der Typen Pershing II und Cruise Missiles stationiert werden? Stellen Sie die Frage einmal anders, etwa so:
    Sind Sie dafür oder dagegen, daß aus der Bundesrepublik alte Atomraketen abgezogen und als Gegengewicht gegen die modernen SS 20 der Sowjets neue Pershing II und Cruise Missiles stationiert werden?
    Sie werden völlig andere Antworten bekommen.
    Oder machen Sie es noch anders. Lassen Sie Differenzierungen bei den Antworten zu. Etwa so: schildern Sie den Sachverhalt und geben Sie vier verschiedene Antworten vor:
    1. Ich bin auf jeden Fall dafür.
    2. Ich bin nur dafür, wenn die Sowjets immer weiter neue SS 20 stationieren.
    3. Ich bin nur dafür, wenn die Sowjets ihre SS 20 nicht verschrotten.
    4. Ich bin auf jeden Fall dagegen.
    Hier werden Sie durch die unterschiedliche Möglichkeit, Kreuze zu machen, sehr unterschiedliche Antworten erhalten. Hans Schneider hat einmal geschrieben, die Gefahr solcher Volksbefragungen liege in der Plumpheit der Fragestellung und der Unmöglichkeit, differenziert zu antworten.
    Ich muß Sie noch mit ein paar Fragestellungen konfrontieren, über die in Deutschland abgestimmt worden ist. Die erste Volksabstimmung unter Hitler besiegelte den Austritt aus dem Völkerbund. Die zweite Abstimmung erfolgte noch dem Tode des Reichspräsidenten Hindenburg über die Vereinigung des Amtes des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers und die Wahrnehmung beider Ämter durch Hitler. Die Frage lautete:
    Stimmst du, deutscher Mann, und du, deutsche Frau, der in diesem Gesetz getroffenen Regelung zu?
    Die dritte Abstimmung — 1938 — erfolgte über folgende Frage:
    Bist du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs ist dem Deutschen Reich einverstanden, und stimmst du für die Liste unseres Führers Adolf Hitlers?
    Kurz vor dem Einmarsch in Österreich hatte die österreichische Regierung Schuschnigg direkt für diesen 13. März 1938 eine Volksabstimmung vorbereitet, wo durch Ja und Nein zu folgender Parole Stellung genommen werden sollte — ich zitiere —:
    Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich, für Friede und Arbeit und die Gleichberechtigung aller, die sich für Volk und Vaterland bekennen.
    Die Abstimmung hierüber in Österreich wurde dann in letzter Minute abgeblasen. Aber weil es noch kein Fernsehen und wenig Radio gab, wurde die Volksbefragung am Tage des Einmarsches in einigen entlegenen Dörfern doch durchgeführt — mit einem positiven Ergebnis für Schuschnigg. In den gleichen Dörfern wurde vier Wochen später die Abstimmung über die Hitler-Frage betreffend den Anschluß Österreichs an Hitler-Deutschland mit dem gleich hohen Stimmenergebnis durchgeführt.

    (Dr. Todenhöfer [CDU/CSU]: Sehr interessant! — Berger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Ich glaube, das macht sehr nachdenklich.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Aber nur die, die nachdenken wollen!)

    Ich will nicht nur über Volksbefragungen von früher sprechen. Meine Damen und Herren, wie schnell können wir auch heute noch Volksbefragungen haben! Wenn wir glauben, plebiszitäre Elemente in unsere Verfassung einführen zu sollen, können wir Volksbefragungen über die Todesstrafe, ja oder nein, haben. Wir können Volksbefragungen über Minderheitenprobleme

    (Zuruf von der CDU/CSU: Über Steuern!)

    — über Steuern —, über Probleme von Homosexuellen haben.
    Aber wir können Volksbefragungen nicht nur über Fragen haben, die ich mir jetzt ausgedacht habe. Meine Damen und Herren, wir hatten uns mit dieser Thematik just in diesem Sommer in Nordrhein-Westfalen betreffend das Ausländerproblem zu beschäftigen. Mit dem Begehren, eine Volksbefragung durchzuführen, wurden emotionale Verhetzung und Ausländerfeindlichkeit angestrebt. Und, meine Damen und Herren: Die Regierung in Nordrhein-Westfalen hatte große Mühe, diese Volksbefragung abzulehnen; alle gesetzlichen Voraussetzungen waren schon erfüllt. Nur über eine Bestimmung in einem Vertrag mit der UNESCO war es der Regierung Rau möglich, diese Volksbefragung abzulehnen.

    (Werner [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    In diesem Zusammenhang darf ich aus der „Deutschen National-Zeitung" vom 3. Juni 1983 zitieren. In ihr wird zur Durchführung eines Volksbegehrens



    Helmrich
    — genauso wie der Wunsch nach Durchführung einer Volksbefragung von den GRÜNEN — aufgerufen. Ich weiß nicht, ob das den Deutschen Bundestag jemals erreicht hat, aber es wurde vorgeschlagen, eine Petition an den Bundestag zu richten, wonach über ein Volksbegehren die Errichtung einer zentralen nationalen Ehrenstätte für deutsche Soldaten erreicht werden sollte; dieser Vorschlag wurde vom Ehrenbund des Nationalhelden Rudel eingebracht. Ich kann nur sagen: Mich machen diese Dinge sehr nachdenklich.
    Ich wiederhole: Die größte Schwierigkeit liegt in der Plumpheit der Frage und in der Unmöglichkeit, differenzierende Antworten zuzulassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Fragen, die ich hier genannt habe, sind alles Fragen, in denen wir in der Politik immer versuchen die Emotionen herunterzuspielen und sie nicht aufzuputschen, wie Sie es jetzt mit Ängsten in der Bevölkerung wegen der Raketenstationierung tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hier schließt sich der Kreis zu dem, was ich über Bewegungen gesagt habe: Aktionismus statt Politik; aufgeputschte Gefühle statt Vernunft; Konfliktstrategie statt Bemühung um Einigkeit; Destabilisierung statt Integration. Nach der Presseerklärung der GRÜNEN vom 8. Oktober 1983 sollen diese Aktionen — ich zitiere wörtlich — „den Prozeß einer massenhaften Aufkündigung der Staatsloyalität einleiten".

    (Berger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Damit gerät die Aktion „Volksbefragung" in den üblen Geruch eines nackten Propagandainstruments gegen diesen Staat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Manipulation!)

    Diese Form der Propaganda ist der Demokratie abträglich. Die Volksabstimmung, die doch nur im Rahmen eines freiheitlichen Staatswesens ein sinnvolles Mittel zur Entscheidung von Grundfragen sein kann, wendet sich gegen ihre eigene Lebensbasis. Die Konsequenz bringt ihre Prämisse um.
    Das ist der tiefere Sinn, weshalb Theodor Heuss und die Verfassungsreformkommission von dem zu großen Spielraum für Demagogen sprachen, weshalb wir derartige Volksbefragungen für mehr schädlich als nützlich halten und weshalb wir sie ablehnen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fischer (Osthofen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gernot Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zu dem Teil der Antwort der Bundesregierung auf die Großen Anfragen der GRÜNEN reden, die sich mit dem Themenkreis Atomwaffen — Rechtsgrundlage befaßt. Hier bestätigt sich das, was schon bei der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zum Thema Kriegsvölkerrecht festzustellen war. Die Regierung versucht, die rechtliche Dimension der Nachrüstung herunterzuspielen, weil dies die politische Durchsetzbarkeit ihrer Ziele erleichtern könnte. Deshalb bleiben auch dieses Mal ihre Antworten ungenau und ausweichend oder sie fehlen gänzlich. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen bei den Beratungen im Rechtsausschuß eine Klärung der nicht einfachen Rechtsfragen mit ihrer Mehrheit verhindert.
    Natürlich bin auch ich der Meinung, daß politische Fragen einer politischen Antwort bedürfen; denn in der Vergangenheit ist manchmal zu Recht der Versuch konservativer Juristen beklagt worden, den politischen Entscheidungsspielraum dadurch einzuengen, daß sie politische Fragen ausschließlich zu Rechtsfragen erklärt haben, um demokratisch zustande gekommene Entscheidungen zu torpedieren. Auf der anderen Seite muß aber auch klar sein, daß Politik nicht im rechtsfreien Raum stattfindet. Hier werden vom Recht, insbesondere von der Verfassung, Grenzen gesetzt, und deshalb ist es notwendig, diese Grenzen exakt zu definieren.
    Frau Kollegin Kelly hat heute morgen gemeint, die beabsichtigte Stationierung von Raketen sei verfassungswidrig. Ich würde mich nicht so erheben. Nach unserer staatlichen Ordnung hat allein das Bundesverfassungsgericht die Kompetenz, festzustellen, ob ein hoheitlicher Akt der Verfassung entspricht oder nicht. Aber es ist das Recht eines jeden einzelnen Bürgers, und es ist die Pflicht jedes einzelnen Abgeordneten, sich nicht nur über die politische, sondern auch über die rechtliche Tragweite Klarheit zu verschaffen, deren Entscheidung demnächst bevorsteht. Bundesregierung und Koalitionsparteien müssen sich das traurige Verdienst auf ihre Fahnen schreiben lassen, daß sie zu dieser Klarheit nicht beigetragen haben.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Wir sind nicht so fahnenbesessen!)

    Wir Sozialdemokraten halten dies für verhängnisvoll. In der parlamentarischen Demokratie ist die Mehrheit legitimiert, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Diesem Recht der parlamentarischen Mehrheit entspricht aber auch die besondere Pflicht, bei der Durchsetzung ihrer Vorstellungen penibel Recht und Gesetz zu beachten und alles zu tun, damit in dieser Hinsicht keine Zweifel aufkommen. Nichts von alledem findet sich bei dieser Regierung.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Na, na, na!)

    Die Auskünfte, Herr Kollege Erhard, der Bundesregierung auf unsere Fragen im Rechtsausschuß waren so dürftig, daß sie selbst bei Abgeordneten der Koalitionsfraktionen Kopfschütteln hervorgerufen haben.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Sie brauchen deswegen nicht falsch gewesen sein!)




    Fischer (Osthofen)

    — Sie waren aber dürftig.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Na j a!)

    Unser Antrag, Sachverständige zu diesen Fragen zu hören, wurde ohne Diskussion abgelehnt. Dies war vor allem auch deshalb eine kaum zu überbietende Brüskierung der Opposition und ein Indiz, wie ich meine, für ein höchst unterentwickeltes Demokratieverständnis, weil diese Anhörung zu keinerlei Terminschwierigkeiten geführt hätte. In diesem Hearing hätten wichtige verfassungsrechtliche Fragen einer Klärung zugeführt oder ihr zumindest nähergebracht werden können.
    Ich denke insbesondere an die Frage, ob es zur Stationierung eines förmlichen Gesetzes als Grundlage bedarf. Hier handelt es sich nicht um eine Formfrage. Aus dem Demokratiegebot des Grundgesetzes ergibt sich, daß wesentliche Fragen vom Parlament und nicht von der Regierung zu entscheiden sind. Das Bundesverfassungsgericht hat dies mehrfach erklärt. Ich meine, wenn schon bei der Einführung des Sexualkundeunterrichts in Schulen der Gesetzgeber tätig werden muß, dann wohl erst recht bei Fragen, die von existentieller Bedeutung für unser Volk sind!

    (Beifall bei der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Soll das heißen, daß nach Ihrer Meinung ein Gesetz nötig wäre?)

    Und wie steht es mit der Grundrechtsrelevanz der beabsichtigten Stationierung? Es ist doch unbestreitbar, daß im Krisenfalle landgestützte Raketen den Gegner zu einem Präventivschlag reizen könnten, um sie vorzeitig auszuschalten. Müßte nicht zumindest die Frage ernsthaft diskutiert werden, ob dies nicht eine das Grundrecht auf Leben tangierende Gefährdung ist, die allenfalls auf einer gesetzlichen Grundlage erfolgen darf?

    (Werner [CDU/CSU]: Dieser Gefährdung wollen wir gerade vorbeugen!)

    Ungeklärt ist auch die Frage, ob das Alleinentscheidungsrecht des amerikanischen Präsidenten hinsichtlich des Einsatzes der im Falle einer Nachrüstung zu stationierenden Waffensysteme mit Nuklearsprengköpfen die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland berührt.
    Nun sagt die Bundesregierung in ihrer Antwort, es gebe eine ausreichende gesetzliche Grundlage, denn der Deutsche Bundestag habe durch Gesetz dem Generalvertrag und dem Aufenthaltsvertrag im Jahre 1954 zugestimmt; der Aufenthaltsvertrag sehe aber vor, daß eine Erhöhung der Effektivstärke der ausländischen Truppen mit Zustimmung der Bundesregierung erfolgen könne, und damit sei die Bundesregierung durch Gesetz legitimiert, der Stationierung ohne weitere förmliche Einschaltung des Parlaments zuzustimmen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Das war auch die Meinung der Regierung Schmidt!)

    Ich frage: Will die Bundesregierung damit etwa allen Ernstes behaupten, das Parlament habe mit dem Zustimmungsgesetz aus dem Jahre 1954 bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag eine Blankovollmacht für jede Erhöhung der Effektivstärke ohne Rücksicht auf die Qualität der Waffen erteilt?

    (Zustimmung bei der SPD — Werner [CDU/CSU]: Das ist die Frage der Uni Bremen!)

    Heißt das etwa, daß Neutronenbomben eingeführt werden könnten, ohne daß das Parlament vorher gefragt werden muß? Soll etwa der Bundestag gehindert sein, festzulegen, nach Maßgabe welcher Kriterien die Bundesregierung die Zustimmung nach den Bestimmungen des Aufenthaltsvertrages erteilen oder nicht erteilen darf?