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    Plenarprotokoll 10/34 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 34. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Inhalt: Beratung des Berichts zum Stand der Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1983 — Drucksache 10/216 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen — Rechtsgrundlage — Drucksachen 10/142, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomeinsatz — Vetorecht — Drucksachen 10/143, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen-„Pakete" gegen die Bundesrepublik Deutschland — Drucksachen 10/175, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Reents und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen- Einsatzverhinderung — Drucksachen 10/179, 10/487 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage des Abgeordneten Reents und der Fraktion DIE GRÜNEN Atomwaffen- Einsatzfolgen — Drucksachen 10/180, 10/487 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Bard, Bastian, Frau Beck-Oberdorf, Burgmann, Drabiniok, Dr. Ehmke (Ettlingen), Fischer (Frankfurt), Frau Gottwald, Frau Dr. Hickel, Horacek, Hoss, Dr. Jannsen, Frau Kelly, Kleinert (Marburg), Krizsan, Frau Nickels, Frau Potthast, Reents, Frau Reetz, Sauermilch, Schily, Schneider (Berlin), Frau Schoppe, Schwenninger, Stratmann, Verheyen (Bielefeld), Vogt (Kaiserslautern), Frau Dr. Vollmer eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer konsultativen Volksbefragung zur Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen (Pershing II, Cruise Missile) in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 10/519 — Dr. Schäuble CDU/CSU (zur GO) . . . 2269 D Porzner SPD (zur GO) 2270 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE (zur GO) 2271A Wolfgramm (Göttingen) FDP (zur GO) 2272 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Möllemann, Staatsminister AA 2272 C Frau Kelly GRÜNE 2278A Berger CDU/CSU 2281 C Voigt (Frankfurt) SPD 2283 D Ronneburger FDP 2287 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2290 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2293 C Dr. Scheer SPD 2294 C Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 2298 B Verheugen SPD 2300 A Helmrich CDU/CSU 2303 B Fischer (Osthofen) SPD 2305 B Wimmer (Neuss) CDU/CSU 2307 A Jansen SPD 2309 A Nächste Sitzung 2312 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2313*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2313* B Anlage 3 Errichtung einer Kunsthalle im Bonner Regierungsviertel MdlAnfr 5, 6 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Feldmann FDP SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 2313* D Anlage 4 Benutzung der Transitwege durch die DDR für Radfahrer MdlAnfr 29, 30 04.11.83 Drs 10/568 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Hennig BMB . . 2314* B Anlage 5 Konsequenzen aus der Studie zur nachträglichen Schalldämpfung bei Kampfflugzeugen MdlAnfr 37 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2314* C Anlage 6 Zahl der Versuchstiere im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe und im Schiff-fahrtmedizinischen Institut der Marine seit 1980; Umsetzung der Erkenntnisse aus den Tierversuchen MdlAnfr 38, 39 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . 2314* B Anlage 7 Wiederzulassung von Spikes-Reifen MdlAnfr 43 04.11.83 Drs 10/568 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 2315*A Anlage 8 Teilprivatisierung des Bahnbusverkehrs MdlAnfr 46, 47 04.11.83 Drs 10/568 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . 2315* B Anlage 9 Geldforderungen sogenannter Vermittler an auswanderungswillige Rumäniendeutsche sowie Angebote an bundesdeutsche Unternehmer zur Begleichung rumänischer Schulden MdlAnfr 50, 51 04.11.83 Drs 10/568 Fischer (Osthofen) SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2315* C Anlage 10 Unterstützung der Aktion „Rettet Sacharow" durch die Bundesregierung MdlAnfr 52 04.11.83 Drs 10/568 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2316* C Anlage 11 Parallelen zwischen den Invasionen in Grenada und Afghanistan; Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles MdlAnfr 53 04.11.83 Drs 10/568 Schreiner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2316 D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 III Anlage 12 Wiedergabe des Rechtsstandpunktes der Bundesrepublik Deutschland zur Teilung Deutschlands in den deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen MdlAnfr 67, 68 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 2317*A Anlage 13 Sonderurlaub für ehrenamtlich tätige Bundesbeamte zur Fortbildung als Schiedsmänner, Schöffen und Geschworene MdlAnfr 69, 70 04.11.83 Drs 10/568 Pfuhl SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2317* C Anlage 14 Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Begrenzung der Nebentätigkeiten von Beamten MdlAnfr 71 04.11.83 Drs 10/568 Dr. Wernitz SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2317* D Anlage 15 Ermittlungen gegen neonazistische Fußball-Fan-Clubs MdlAnfr 72, 73 04.11.83 Drs 10/568 Gilges SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2318*A Anlage 16 Fingierte Schreiben mit dem Briefkopf „Bundesbeauftragter für Zivilversorgung im Verteidigungsfall" zwecks Erfassung der zur Inanspruchnahme einer Schutzeinrichtung berechtigten Personen MdlAnfr 75, 76 04.11.83 Drs 10/568 Schemken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2318* C Anlage 17 Studie der Bundesregierung über linksextremistische Bestrebungen in der Jugendpresse; Funktion und Erfahrungen des interministeriellen „Gesprächskreises Personalfachleute" MdlAnfr 77, 78 04.11.83 Drs 10/568 Becker (Nienberge) SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2319*A Anlage 18 Einspruchsrecht gegen Kernenergieanlagen; Absprachen mit der DDR über die bei Dragahn geplante Wiederaufbereitungsanlage MdlAnfr 79 04.11.83 Drs 10/568 Krizsan GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 2319*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2269 34. Sitzung Bonn, den 11. November 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 33. Sitzung, Seite 2260 D, Zeile 4: Statt 1 600 ist 5 600 zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 11. 11. Dr. Enders * 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gallus 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Haehser 11. 11. Handlos 11. 11. Frau Huber 11. 11. Ibrügger 11. 11. Immer (Altenkirchen) 11. 11. Jäger (Wangen) * 11. 11. Kastning 11. 11. Kiechle 11. 11. Dr. Kreile 11. 11. Dr. Lenz (Bergstraße) 11. 11. Liedtke 11. 11. Dr. h. c. Lorenz 11. 11. Frau Dr. Martiny-Glotz 11. 11. Matthöfer 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Dr. Müller * 11. 11. Frau Odendahl 11. 11. Offergeld 11. 11. Petersen 11. 11. Regenspurger 11. 11. Reuschenbach 11. 11. Frau Roitzsch (Quickborn) 11. 11. Schmidt (Hamburg) 11. 11. Schröder (Hannover) 11. 11. Schröer (Mülheim) 11. 11. Schulze (Berlin) 11. 11. Dr. Solms 11. 11. Stockleben 11. 11. Dr. Stoltenberg 11. 11. Vogt (Düren) 11. 11. Frau Dr. Wex 11. 11. Wischnewski 11. 11. Frau Dr. Wisniewski 11. 11. Dr. Wittmann 11. 11. Zander 11. 11. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. Oktober 1983 beschlossen, zum Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß die nachstehende Vorlage überwiesen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Überplanmäßige Ausgabe; hier: Kap. 23 02 Tit. 836 02 - Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland am Kapital der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) (Drucksache 10/565) Die in Drucksache 10/546 unter Nummer 16 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über eine Abgabe auf bestimmte Fette ist als Drucksache 10/550 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Änderung der durch die Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 371/82 und Nr. 372/82 vom 15. Februar 1982 festgelegten Grundgehälter und zur Angleichung der in verschiedenen Ländern der dienstlichen Verwendung geltenden Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge ab 1. 4. 1980 (Drucksache 10/358 Nr. 23) Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften - Bericht 1982 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur jährlichen Überprüfung des Besoldungsniveaus der Beamten und sonstigen Bediensteten Vorschlag für eine Verordnung (EURATOM, EGKS, EWG) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind (Drucksache 10/358 Nr. 27) Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten, die in Italien auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind (Drucksache 10/376 Nr. 85) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 9. November 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag der Kommission an den Rat zur Festlegung des Schemas der allgemeinen Zollpräferenzen der Gemeinschaft für 1984 (Drucksache 10/376 Nr. 33) Die Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluß des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Schweden betreffend ein europäisches Forschungs- und Entwicklungsprogramm auf dem Gebiet des Holzes als erneuerbarer Rohstoff (Drucksache 10/358 Nr. 103) Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Feldmann (FDP) (Drucksache 10/568 Fragen 5 und 6): Hält die Bundesregierung nach wie vor - entsprechend dem Beschluß des Gemeinsamen Ausschusses Bundeshauptstadt Bonn - die im Parlaments- und Regierungsviertel (Gelände an der Walter-Flex-Straße) als geistig-kulturelles Zentrum zu errichtende Kunsthalle für einen wichtigen Beitrag zu einem überzeugenden Hauptstadt-Konzept? Ist diese Planung nach Auffassung der Bundesregierung auf Grund weiterer Bauvorhaben (Haus der Deutschen Geschichte, Mahnmal mit Aufmarschzone u. a.) gefährdet? 2314* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Zu Frage 5: Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß auch in der Hauptstadt eines föderativ organisierten Staates etwas von dem zu sehen und zu spüren sein muß, was das Land geistig bewegt und hervorbringt. Nach der Überzeugung der Bundesregierung sollte daher der weitere Ausbau der Bundeshauptstadt Bonn auch Institutionen umfasen, die das geistig-kulturelle Gesicht der Bundesrepublik Deutschland verdeutlichen. Die Errichtung von Räumlichkeiten, die es ermöglichen, national wie international bedeutsame Ausstellungen aus dem Bereich von Kunst und Kultur, aber auch aus dem Bereich von Geschichte, Wissenschaft und Technik in der Bundeshauptstadt zu zeigen, ist unverändertes Ziel der Bundesregierung. Zu Frage 6: Die Antwort lautet nein. Endgültige Standortentscheidungen für das in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers angekündigte Vorhaben einer Sammlung zur Deutschen Geschichte seit 1945 in Bonn sowie für das seit langem geplante Ehrenmal liegen bisher nicht vor. Für diese Vorhaben wie für die Kunsthalle stehen geeignete Grundstücke zur Verfügung. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hennig auf die Fragen des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 29 und 30): Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu den Forderungen verschiedener Verbände ein, mit dem Fahrrad in die DDR fahren zu dürfen? Beabsichtigt die Bundesregierung, diese Frage in Verhandlungen mit der Regierung der DDR zur Sprache zu bringen? Zu Frage 29: Anfang der 70er Jahre, als die Regelungen des Berliner Reise- und Besucherverkehrs und des Verkehrsvertrages getroffen wurden, kam dem Fahrrad als Verkehrsmittel noch keine so große Bedeutung zu. Trotzdem ist, wenn auch leider erfolglos, versucht worden, den Fahrradverkehr in die Vereinbarungen einzubeziehen. Inzwischen ist das Fahrrad wieder zu einem modernen Verkehrsmittel geworden. Die Bundesregierung steht deshalb ebenso wie der Senat von Berlin allen Bemühungen positiv gegenüber, die bestehenden Regelungen mit der DDR weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Zu Frage 30: Die Bundesregierung wie der Senat von Berlin haben das Thema Fahrradverkehr wiederholt der DDR gegenüber zur Sprache gebracht, ohne auf positive Reaktionen zu treffen. Sie werden ihre Bemühungen fortsetzen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 37): Welche Ergebnisse hat die Durchführbarkeitsstudie zur nachträglichen Schalldämpfung bei Kampfflugzeugen für den Übungseinsatz des Bundesministeriums der Verteidigung erbracht, und welche Konsequenzen will die Bundesregierung daraus ziehen? Die Studie wurde am Flugzeug Alpha Jet durchgeführt. Sie bezog sich auf die Auskleidung des Lufteinlaufkanals mit schallabsorbierendem Material. Das Ergebnis war eine Dämpfung des FAN-Lärms (Niederdruckverdichterlärms) von 18-20 dB. Infolge des hohen Anteils von Strahl- und Turbinenlärm, der von den Absorbersystemen nicht erfaßt wird, wirkt sich die Minderung des FAN-Lärms auf den Gesamtlärm des Tiebwerks nur mit ca. 2,5-3,5 dB aus. Diese Reduktion ist so gering, daß sie hörmäßig kaum wahrgenommen wird. Aus diesem Grunde und in Anbetracht einer Minderung der Triebwerksleistung um bis zu 1 % sowie der für diese Maßnahme aufzuwendenden Kosten in Höhe von ca. 40 000 DM pro Flugzeug (Alpha Jet-Flotte 7 Millionen DM) ist eine Auskleidung der Lufteinläufe mit schallabsorbierendem Material nicht vertretbar. Es muß darauf hingewiesen werden, daß im Gegensatz zu Zivilflugzeugen bei Kampfflugzeugen Triebwerke mit hoher Leistungsdichte, d. h. sehr hoher Strahlaustrittsgeschwindigkeit erforderlich sind. Der Strahllärm wächst mit der 5. Potenz der Strahlgeschwindigkeit. Eine Reduzierung des Strahllärms ist daher physikalisch nicht möglich, da sie der Forderung nach hoher Leistungsdichte zuwiderläuft. Damit liegen die Möglichkeiten des Lärmschutzes ausschließlich auf der operationellen Seite. Hier ist die Bundeswehr durch entsprechende Verfahren, die wiederholt aufgezeigt wurden, bemüht, die Lärmbelästigung soweit wie möglich zu reduzieren. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klejdzinski (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 38 und 39): Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch die Anzahl der Versuchstiere bei Tierversuchen der Bundeswehr im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck und im Schiffahrtmedizinischen Institut der Marine in KielKronshagen ist, und wenn ja, welchen prozentualen Anteil stellen die Versuchstiere aus diesen Instituten bezogen auf die Gesamtzahl der Versuchstiere in der Bundesrepublik Deutschland von 1980 bis 1982? Ist der Bundesregierung bekannt, welche Forschungsergebnisse die Tierversuche aus den o. a. Instituten ergeben haben, und wenn ja, auf welche Weise sind diese Ergebnisse in Lehre, Erlasse und Dienstvorschriften eingegangen? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2315* 1. Die Anzahl der im Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe und im Schiffahrtsmedizinischen Institut der Marine zu Tierversuchen herangezogenen Versuchstiere beträgt insgesamt 831 Tiere, davon 282 Schnecken. Der prozentuale Anteil an den in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt verwendeten Versuchstieren kann nicht ermittelt werden, da eine Gesamtzahl für alle Forschungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland dem zuständigen Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nicht vorliegt. 2. Die Ergebnisse der Forschung in den genannten Instituten tragen zur Verbesserung der Therapie insbesondere bei Taucherunfällen und im Zusammenhang mit Infektionen durch Gasbranderreger bei. Sie haben bereits jetzt Niederschlag in Behandlungsrichtlinien bei Taucherunfällen in der Bundeswehr gefunden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Frage 43): Ist beabsichtigt, aus Gründen der Verkehrssicherheit im Winter Spikes-Reifen wieder zuzulassen, und wie begründet die Bundesregierung ihre Entscheidung? Es ist nicht beabsichtigt, Spikes-Reifen wieder zuzulassen. Alle bisher bekannten Spikes-Reifen wirken immer noch so aggressiv, daß sie die Fahrbahndecken erheblich beschädigten. Die durch sie verursachten Reparaturkosten würden jährlich Hunderte von Millionen Deutsche Mark betragen, da die nach dem Auslaufen der Spikes-Zulassung im Interesse der Verkehrssicherheit geänderten Bauvorschriften zu Straßenbelägen geführt haben, die einer Beanspruchung durch Spikes geringeren Widerstand entgegensetzen als frühere Beläge. Diese Kosten wären nicht zu verantworten, zumal Spikes das Unfallgeschehen in seiner Gesamtheit keineswegs positiv beeinflussen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 46 und 47): Ist die Deutsche Bundesbahn bereit, im Bahnbusverkehr in Einzelfällen Linienkonzessionen an das private Omnibusgewerbe zurückzugeben, wenn ja, aus welchen Gründen? Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn ihren Verkehrsbesitz im Bahnbusverkehr ausbauen und verbessern will, wenn ja, ist damit eine weitere Reduzierung von Linienkonzessionen für das private Omnibusgewerbe vorgesehen? Zu Frage 46: Der Postreisedienst wird zur Zeit auf die Deutsche Bundesbahn übergeleitet. Ob und inwieweit es nach vollzogenem Aufbau aus verkehrlichen oder betriebswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist, mit anderen Verkehrsträgern zu kooperieren und in diesem Zusammenhang ggf. Linienkonzession abzugeben bedarf in jedem Fall einer Einzelprüfung der zuständigen Stellen (Deutsche Bundesbahn, Genehmigungsbehörden). Zu Frage 47: Die Deutsche Bundesbahn ist stets bemüht, ihr Leistungsangebot im Bahnbusverkehr zu verbessern. Dies gilt insbesondere im Zuge der gegenwärtigen Überleitung des Postreisedienstes auf die Deutsche Bundesbahn. Dabei ist keine Reduzierung von Linienkonzessionen für das private Omnibusgewerbe vorgesehen. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Fischer (Osthofen) (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 50 und 51): Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach wie vor auswanderungswillige Rumäniendeutsche über dubiose „Vermittler" zur Zahlung erheblicher Geldbeträge angehalten werden, die in ihrer Höhe in etwa den seinerzeit erhobenen Rückerstattungssummen für Ausbildungskosten entsprechen, und was gedenkt die Bundesregierung im Zusammenhang mit den von Bundesaußenminister Genscher gegebenen Zusagen gegen Mißbräuche in diesem Bereich zu tun? Ist der Bundesregierung bekannt, daß mittelständische Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, die unbeglichene Forderungen an Rumänien haben, von „Vermittlern" berichten, die erklären, für zehn oder auch mehr Prozent der Forderungen in Devisen in der Lage zu sein, die rasche Überweisung der Schuld zu veranlassen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen derartige Methoden zu unternehmen? Zu Frage 50: Das im Juli 1983 durch Medienberichte bekanntgewordene Schmiergeldunwesen wurde im August von Bundesminister Genscher bei seinem Besuch in Rumänien nachdrücklich angesprochen. Er ersuchte die rumänische Regierung, die entsprechenden Praktiken im Interesse guter bilateraler Beziehungen zu unterbinden. Gleichzeitig und später wurden „Geldkassierer" benannt. Die rumänische Seite teilte inzwischen mit, daß man den Hinweisen nachgegangen sei; es habe Verhaftungen und Verurteilungen gegeben. Schmiergelder in Höhe von DM 5 000,— bis 10 000,— pro Person wurden und werden in der Regel von Verwandten im Bundesgebiet an „Vermittler" in Rumänien oder im Bundesgebiet in der Annahme gezahlt, hierdurch Ausreisegenehmigungen früher zu erhalten. Die Bundesregierung meint, daß es — schon aus Gründen der Solidarität — Aufgabe jedes einzelnen sein sollte, derartige Machenschaften zu unterbinden, indem man nicht zahlt. 2316* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 Die Landsmannschaften der Banater Schwaben aus Rumänien und der Siebenbürger Sachsen teilen diese Meinung und veröffentlichen seit Juli entsprechende Aufrufe in ihren Zeitungen. Ausreisewilligen wird empfohlen, sich bei der Ablehnung von Zahlungen auf die „getroffene Vereinbarung" zu berufen, auf die in dem „Gemeinsamen Kommuniqué" beider Außenminister hingewiesen wird, das am 3. Juni 1983 in der deutschsprachigen rumänischen Zeitung „Neuer Weg" veröffentlicht wurde. Diese Vereinbarung beinhaltet u. a. die Zusicherung, daß die rumänische Seite von Auswanderern deutscher Volkszugehörigkeit weitere Zahlungen nicht fordern wird. Bekanntwerdende „Geldkassierer" wird das Auswärtige Amt weiterhin dem rumänischen Außenministerium benennen, „Vermittler" im Bundesgebiet den inneren Behörden, damit in jedem Einzelfall geprüft werden kann, ob ein strafbarer Tatbestand erfüllt wurde. Zu Frage 51: Der Bundesregierung ist bekannt, daß mittelständische deutsche Exportfirmen zur Eintreibung fälliger Außenstände in Rumänien in Einzelfällen die Dienste von Inkassovermittlern in Anspruch nehmen, die ihnen gegen Zahlung einer Provision (10 % oder mehr der Forderung) die rasche Begleichung ihrer Forderung in Aussicht stellen. Der Grund für dieses Vorgehen liegt in der noch immer schleppenden Bezahlung unverbürgter Forderungen in Rumänien, deren Regelung nicht Gegenstand der inzwischen erfolgten Umschuldungsvereinbarungen der beiden Regierungen über staatlich verbürgte Forderungen sein konnte. Die Gesamtsumme dieser Zahlungsrückstände betrug Anfang September 1983 rd. 21 Millionen DM. Die rumänische Seite bemüht sich seither, diesen Rückstand insbesondere bei Forderungen im Werte von unter 50 000 Dollar abzubauen, bei darüber hinausgehenden Beträgen aber ist der Eingang nach wie vor unbefriedigend. In derartigen Fällen versuchen die rumänischen Schuldner häufig, individuelle Umschuldungsvereinbarungen analog den Regierungsabkommen zu erreichen. Angesichts dieser Lage suchen einige deutsche Gläubigerfirmen in der Einschaltung von Inkassovermittlern einen letzten Ausweg, um kurzfristig zu ihrem Geld zu kommen. Als Vermittler dieser Art ist insbesondere eine Firma mit Sitz in Panama hervorgetreten, die ein Büro in Bukarest unterhält. Sie läßt sich in der Regel die Forderung gegen 6-Monats-Wechsel abtreten. Die Abwicklung ist, da die Wechsel von westlichen Banken nicht bestätigt werden, nicht ohne finanzielle Risiken. Andererseits wird von einer Reihe erfolgreicher Transaktionen dieser Art berichtet. Im übrigen kaufen auch deutsche Handelshäuser im Wege üblicher Factoring-Geschäfte Forderungen dieser Art auf bzw. gleichen sie durch Dreiecksgeschäfte aus. Die Bundesregierung verfolgt die geschilderte Entwicklung aufmerksam. Sie ist fortlaufend bemüht, die rumänische Seite zur beschleunigten Begleichung auch der unverbürgten Schulden zu bewegen. Sie wird dieses Thema bei der Anfang Dezember d. J. anstehenden Sitzung der Gemischten Wirtschaftskommission in Bukarest erneut anschneiden und dabei auch die Praxis der InkassoVermittler ansprechen. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Frage 52): Wird die Bundesregierung die bevorstehende europaweite Kampagne „Rettet Sacharow" unterstützen, und wenn ja, an welche konkreten Maßnahmen denkt die Bundesregierung dabei? Die Bundesregierung setzt sich bei sämtlichen Treffen mit der sowjetischen Führung, aber auch im Rahmen schriftlicher Kontakte, für das Akademiemitglied Sacharow ein. Während des Besuches im Juli 1983 in Moskau hat Bundeskanzler Kohl den Fall Sacharow gegenüber Generalsekretär Andropow angesprochen. Zuletzt ist Bundesminister Genscher bei den Gesprächen in Wien gegenüber Außenminister Gromyko für Sacharow eingetreten. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dies für sie der zweckmäßige Einsatz für die berechtigten Anliegen Sacharows ist. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 53): Inwieweit sieht die Bundesregierung Parallelen der Invasion Grenadas durch die USA und die Afghanistans durch die UdSSR hinsichtlich der Vorgehensweise und der Rechtfertigung für die Verletzung des Völkerrechts, und steht zu befürchten, daß sich die Bundesregierung für einen Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles einsetzt? Der Unterschied zwischen Afghanistan und Grenada ist offensichtlich. In Afghanistan ist die Sowjetunion vier Jahre nach ihrem Einmarsch nicht bereit, ihre Truppen zurückzuziehen und das Selbstbestimmungsrecht des afghanischen Volkes wiederherzustellen. Der Widerstand des Volkes gegen die sowjetischen Truppen und das von Moskau eingesetzte Regime dauert bis heute unvermindert an, Vier Millionen Flüchtlinge sind ein Beweis für die Ablehnung der sowjetischen Herrschaft durch das afghanische Volk. Zu Grenada haben die USA verbindlich erklärt, daß das Volk der Insel in Kürze Gelegenheit erhalten wird, in freier Selbstbestimmung über seine Zukunft zu entscheiden, und daß die amerikanischen Truppen so bald wie möglich abgezogen werden. Ihre Befürchtungen über einen Boykott der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles durch uns sind unbegründet. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2317* Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 67 und 68): Ist der Begriff „Verkleinerung Deutschlands", wie er in den deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen gebraucht wird, und der mit „territorial losses" übersetzt worden ist, eine zutreffende Wiedergabe des Rechtsstandpunktes der Bundesrepublik Deutschland, und wie erklärt sich der Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes? Wird die Bundesregierung als Mitglied des Kuratoriums des Georg-Eckert-Institutes für internationale Schulbuchforschung dafür Sorge tragen können, daß nicht nur durch einen deutsch-sprachigen Hinweis auf den Deutschlandvertrag und das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 31. Juli 1973 die zweisprachig veröffentlichten deutschamerikanischen Schulbuchempfehlungen erläutert werden, sondern daß die falsche Darstellung „Anerkennung der Westgrenze Polens durch die Bundesrepublik Deutschland" sowohl im deutschen Text als auch in der englischen Übersetzung zurückgenommen und die eindeutige Rechtsposition in den Text eingearbeitet wird? Zu Frage 67: Die Haltung der Bundesregierung ergibt sich aus Artikel 7 des Deutschlandvertrages, wonach die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung für ganz Deutschland aufgeschoben werden muß. Im Zusammenhang mit Ihrer Frage darf ich darauf hinweisen, daß der deutsche Herausgeber der gemeinsamen deutsch-amerikanischen Schulbuchempfehlungen, der Direktor des Georg-Eckert-Instituts, in seinem Nachwort zur 3. Auflage der Empfehlungen zur Verdeutlichung der rechtspolitischen Situation genau auf diesen Wortlaut des Deutschlandvertrages hingewiesen hat. Zu Frage 68: Wie die Bundesregierung zu Ihrer Frage Nr. 79 zur Fragestunde des Deutschen Bundestages am 26./27. Oktober 1983 schon festgestellt hat, ist nach Mitteilung des Georg-Eckert-Instituts die amerikanische Seite gebeten worden, bei der von ihr vorgenommenen Veröffentlichung des Empfehlungstextes in den USA ein gleichartiges Nachwort aufzunehmen. Das Ergebnis dieser Bemühungen bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung geht im übrigen davon aus, daß der von Ihnen genannte Wortlaut „Anerkennung der Westgrenze Polens durch die Bundesrepublik Deutschland" nicht als Empfehlungstext von den deutschen und amerikanischen Wissenschaftlern zu verstehen ist, sondern daß es sich dabei um eine Problemstellung handelt, die mit den Schülern im Unterricht erörtert werden soll. Die Bundesregierung möchte in diesem Zusammemhang nochmals darauf hinweisen, daß die von amerikanischen und deutschen Wissenschaftlern gemeinsam erarbeiteten Texte für den Schulgebrauch selbstverständlich in der ausschließlichen Verantwortung der Wissenschaftler stehen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Pfuhl (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 69 und 70): Ist dem Bundesinnenministerium bekannt, daß Bundesbeamten, die als Schiedsmänner, Schöffen und Geschworene ehrenamtlich tätig sind, Sonderurlaub für Einführungs- und Fortbildungslehrgänge nicht als förderungswürdig anerkannt und deshalb nicht genehmigt wird? Ist die Bundesregierung deshalb bereit, diese ungleiche Behandlung gegenüber anderen Beamten abzuschaffen? Zu Frage 69: Nach der seit 1965 geltenden Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst wird Sonderurlaub unter Fortzahlung der Besoldung für die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines öffentlichen Ehrenamtes gewährt. Öffentliche Ehrenämter in diesem Sinne üben unter anderem Schiedsmänner und ehrenamtliche Richter aus. Für die Teilnahme dieser Amtsinhaber an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen sieht die Sonderurlaubsverordnung jedoch keinen bezahlten Urlaub vor, ihnen kann daher nur unbezahlter Urlaub gewährt werden. Die Praxis in den Ländern ist, soweit sich dies in der kurzen Zeit feststellen ließ, uneinheitlich. Zu Frage 70: Wenn auch die Teilnahme an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen für Schiedsmänner und ehrenamtliche Richter nützlich ist, besteht doch keine Notwendigkeit, ihnen dafür bezahlten Urlaub zu gewähren, unbezahlter Urlaub genügt für diesen Zweck. Wie alle Bürger erhalten auch Beamte, wenn sie an Einführungs- und Fortbildungslehrgängen für ehrenamtliche Richter teilnehmen, nach § 8 Buchst. a des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter eine Verdienstausfallentschädigung. Nach den Schiedsmannsordnungen und Schiedsmannsgesetzen der Länder sollen die Gemeinden Schiedsmännern während der Teilnahme an Schiedsmannsseminaren den Verdienstausfall erstatten. Ich halte ein solches Ergebnis, das die Beamten so stellt wie alle anderen Bürger, für sachgerecht. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 71): Wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Begrenzung der Nebentätigkeiten von Beamten vorlegen, und wann ist gegebenenfalls damit zu rechnen? Nach Auffassung der Bundesregierung sollten die Genehmigungstatbestände bei Nebentätigkeiten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes sachbezogen eingeengt werden. Die Überlegungen zur Neueinbringung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch eine Parlamentsinitiative sind noch nicht abgeschlossen. Sollten diese Bemühun- 2318* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 gen ohne Erfolg bleiben, wird die Bundesregierung selbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Gilges (SPD) (Drucksache 10/568 Fragen 72 und 73): In welchen Städten sind dem Verfassungsschutz neonazistische Gruppierungen bekannt, die in der Öffentlichkeit als Fan-Clubs von Fußballvereinen der Bundesliga auftreten? In wie vielen Fällen ermitteln Staatsanwaltschaften gegen Mitglieder rechtsradikaler Fußball-Fan-Clubs? Neonazistische Gruppierungen, die in der Öffentlichkeit als Fanclubs von Fußballvereinen auftreten, sind den Sicherheitsbehörden nicht bekannt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sind allerdings seit etwa Herbst 1982 zunehmend Kontakte zwischen rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Organisationen und verschiedenen Fußballfanclubs sowie namentlich nicht erfaßbaren Fangruppen festzustellen, die durch teilweise latente Gewaltbereitschaft, eine aggressive Haltung gegenüber Ausländern sowie ein provokantes, wenn auch überwiegend nicht politisch motiviertes Verwenden von NS-Kennzeichen und -parolen auffallen. Diese rechtsextremistischen Gruppen versuchen über Verbindungsleute Fanclubs und -gruppen, die an sich nicht als rechtsextremistisch einzustufen sind, für spektakuläre Aktionen, insbesondere für die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern zu gewinnen. Bei ihren Einflußnahmeversuchen hatten diese Rechtsextremisten wiederholt Erfolg. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden konnte eine rechtsextremistische Beeinflussung der vorerwähnten Art in folgenden Städten festgestellt werden: Berlin, Bremen, Dortmund, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Koblenz, München, Nürnberg, Stuttgart und Wattenscheid. Meist konzentrierten sie sich auf die in den Fanclubs aktiven sog. Skinheads. Zu Ihrer Frage nach der Zahl der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und der Art der Straftatbestände hat mir der BMJ folgende Antwort übermittelt: Bei den Landesjustizverwaltungen sind bzw. waren insgesamt etwa 150 Verfahren gegen ein oder mehrere Einzelpersonen wegen Ausschreitungen im Zusammenhang mit Fußballspielen anhängig. Diese haben im wesentlichen folgende Straftaten zum Gegenstand: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Körperverletzungsdelikte, Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Eine Aufschlüsselung der Verfahren nach Taten mit rechtsextremistischem Charakter einerseits sowie mit unpolitischem Charakter andererseits ist nicht stets zuverlässig möglich. Das gleiche gilt insbesondere auch für die Frage, inwieweit die Taten von Angehörigen rechtsextremistischer Vereinigungen begangen wurden bzw. auf deren Einfluß zurückzuführen sind. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Schemken (CDU/CSU) (Drucksache 10/568 Fragen 75 und 76): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Landesteilen von Nordrhein-Westfalen Briefe mit fingiertem Kopf „Bundesbeauftragter für Zivilversorgung im Verteidigungsfall" an Bundesbürger verteilt wurden mit folgenden Formulierungen (auszugsweise): „Es muß bedauerlicherweise festgestellt werden, daß der Bau von Zivilschutzeinrichtungen in der Vergangenheit sehr vernachlässigt wurde ... In Anbetracht dieser Lage ist es oberstes Gebot, tumultartige Auseinandersetzungen vor eventuell überfüllten Bunkern zu vermeiden, die im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung entstehen könnten. Nach § 128, Abs. 3 BZG in der Fassung vom 23. Juli 1969 werden die Mitglieder eines jeden Haushalts hiermit gebeten, diejenige Person zu benennen, die Anrecht auf Inanspruchnahme einer Schutzeinrichtung haben soll"? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um gegen diese Aktion vorzugehen, damit der erheblichen Unruhe in der Bevölkerung begegnet werden kann, und die örtlichen Verwaltungen entsprechende Hinweise erhalten? Zu Frage 75: Ja. Der Bundesregierung liegen Meldungen vor, wonach Schreiben dieser Art mit vorgetäuschtem amtlichen Charakter im Monat Oktober 1983 in mehreren Städten des Landes Nordrhein-Westfalen aufgetaucht sind. Zu Frage 76: Den Behörden vor Ort ist bekannt, daß es sich hierbei um gezielte Störaktionen handelt. Sie haben die Bevölkerung darüber aufgeklärt. Seitens der Polizeibehörden sind Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Es wird sorgfältig zu beobachten sein, ob sich solche Vorfälle wiederholen. Die Bundesregierung bewertet diese Aktion als Teil einer Kampagne, die im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion um die Sicherheitspolitik gewollt auf die Verunsicherung der Bevölkerung abzielt. Die Bundesregierung sieht in dieser Handlungsweise einen Anschlag auf die demokratischen und fairen Grundregeln des Zusammenlebens der Bürger in unserem Gemeinwesen und verurteilt sie aufs schärfste. Die Bundesregierung hat in dem jetzt herausgegebenen Weißbuch zur Verteidigungspolitik klar zum Ausdruck gebracht, daß militärische wie auch Maßnahmen der zivilen Verteidigung untrennbare Elemente der Gesamtverteidigung und für eine glaubwürdige und wirksame Verteidigungsfähigkeit unseres Landes unabdingbar sind. Sie wird diese Position gegenüber den Bürgern künftig weiterhin mit allem Nachdruck verdeutlichen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 34. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1983 2319* Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Becker (Nienberge) (SPD) (Drucksache 10/568 Frage 77 und 78): Hat die Bundesregierung eine Studie über linksextremistische Bestrebungen in der Deutschen Jugendpresse erstellen lassen (s. Deutschland-Magazin 7/83, S. 27)? Kann die Bundesregierung Auskunft über die Funktion des interministeriellen „Gesprächskreises Personalfachleute" geben, und welche Erfahrungen konnten für die Bundesregierung bisher nutzbar gemacht werden (s. Spiegel Nr. 43, S. 14)? Zu Frage 77: Nein. Zu Frage 78: Der Bundesregierung ist ein solcher Gesprächskreis nicht bekannt. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Krizsan (GRÜNE) (Drucksache 10/568 Frage 79): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß jeder Deutsche — und damit gemäß Artikel 116 GG auch die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik — ein Einspruchsrecht gegen Atomkraftwerke und Wiederaufarbeitungsanlagen hat, und welche Absprachen gibt es zwischen der Bundesregierung und der Regierung der DDR wegen der bei Dragahn geplanten Wiederaufarbeitungsanlage? Für die Einwendungsbefugnis im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung ist die Eigenschaft als Deutscher nicht entscheidend. Für diese Befugnis kommt es, wie auch sonst im Verwaltungsverfahren, vielmehr darauf an, daß eine Beeinträchtigung von Belangen geltend gemacht wird, die im räumlichen Geltungsbereich der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung gelegen sind. Das bedeutet: Bürger der DDR sind nur dann ein-wendungsbefugt, wenn sie im Geltungsbereich der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung gelegene Belange geltend machen können. Absprachen mit der DDR über Stellungnahmen von Bürgern der einen Seite zu kerntechnischen Vorhaben im Gebiet der anderen Seite gibt es wegen der bei Dragahn beantragten Wiederaufarbeitungsanlage nicht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht zum Stand der Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis 1983 dient der Unterrichtung des Parlaments. Mit ihm legt die Bundesregierung aber auch gegenüber der gesamten Bevölkerung Rechenschaft über ihre und die Bemühungen des westlichen Bündnisses ab, echte Fortschritte im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle zu erzielen. Diese Form der Bilanzierung erscheint gerade in einer Zeit notwendig, in der Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle in breiten Teilen unseres Volkes mit besonderem Nachdruck und Leidenschaft diskutiert werden. Die Bundesregierung hat den Bericht daher wie im vergangenen Jahr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
    Der diesjährige Bericht stellt zunächst die Grundlagen unserer Sicherheitspolitik dar, die sich aus den integralen Bestandteilen der Verteidigungsfähigkeit und der Abschreckung sowie Abrüstung und Rüstungskontrolle zusammensetzt. Mit der Beschreibung der natürlichen Einfügung der Rüstungskontrolle in die Sicherheitspolitik des westlichen Bündnisses wird die ganze Breite der für die Bundesregierung maßgeblichen sicherheitspolitischen Entscheidungsgrundlagen deutlich gemacht.
    Diesem engen Zusammenhang der Elemente unserer Sicherheitspolitik entspricht auch die Darstellung der Veränderungen im militärischen Kräfteverhältnis, die Teil des parlamentarischen Berichtsauftrags ist. Von der Entwicklung militärischer Bedrohung kann sich eine an der Sicherheit unseres Landes orientierte Rüstungskontrollpolitik nicht lösen. Ihre Gestaltung wird daher wesentlich von den militärischen Potentialen beeinflußt, die unsere Sicherheit und politische Unabhängigkeit in Frage stellen können.
    Der Bericht macht aber immer wieder deutlich, daß Sicherheitspolitik für die Bundesregierung auch heißt: Herstellung eines Kräftegleichgewichts auf möglichst niedrigem Niveau, um, darauf gestützt, Frieden und Freiheit zu sichern.
    Es ist ein besonderes Anliegen des Berichts, nicht nur den West-Ost-Zusammenhang der Rüstungskontrollpolitik darzustellen. Vielmehr war es wichtig, in der aktuellen sicherheitspolitischen Diskussion die Dringlichkeit rüstungskontrollpolitischer Einbindung gerade auch der Dritten Welt nicht aus den Augen zu verlieren. Der multilaterale Abrüstungsprozeß, wie er sich im Rahmen der Vereinten Nationen und der Verhandlungen über weltweite Rüstungskontrollvereinbarungen im Genfer Abrüstungsausschuß ausdrückt, kommt daher in diesem Bericht ausführlich zum Tragen. Der Jahresabrüstungsbericht 1983 stellt die Verhandlungsprobleme



    Staatsminister Möllemann
    im einzelnen, aber auch die grundsätzlichen Schwierigkeiten, denen sich die Rüstungskontrollbemühungen stellen müssen, objektiv und ausführlich dar.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gutes Kompendium!)

    Gegenüber der hier praktizierten Offenheit und Transparenz muß die wohl unvermeidliche sowjetische Kritik an dem Bericht in diesem Jahr besonders hilflos ausfallen. Von einem vergeblichen Versuch abgesehen, unserer Darstellung der sowjetischen INF-Aufrüstung einen Widerspruch nachzuweisen, fand der Osten keinen Ansatzpunkt zu substantieller Kritik. Es ist in diesem Zusammenhang, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, zu bedauern, daß die Sowjetunion und die anderen Staaten des Warschauer Pakts, also Staaten mit geschlossenen Gesellschaften und einem anderen Transparenzverständnis, keine dem Jahresabrüstungsbericht vergleichbare objektive Rechenschaftslegung vorstellen können.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Da der Jahresabrüstungsbericht den Zeitraum bis Mitte Juni 1983 erfaßt und seither fünf Monate vergangen sind, halte ich es für notwendig, die seither eingetretene Entwicklung im Bereich der Rüstungskontrolle hier darzulegen. Lassen Sie mich zunächst zu der weiteren Entwicklung der Genfer Verhandlungen über die landgestützten weitreichenden Mittelstreckenraketen, die INF-Verhandlungen, in diesem Jahr kommen.
    Im Anschluß an die Einbringung des Vorschlags für ein Zwischenergebnis schlug der US-Botschafter Nitze, der Verhandlungsführer der westlichen Seite, am Verhandlungstisch eine ganze Reihe konkreter Obergrenzen unterhalb des vorgesehenen Stationierungsumfangs vor. Jeder dieser Vorschläge wurde von der Sowjetunion rundweg zurückgewiesen. Nach eingehender Analyse der sich hieraus ergebenden Verhandlungslage einigte sich das westliche Bündnis zu Beginn der sechsten Verhandlungsrunde im September dieses Jahres auf eine Fortentwicklung der westlichen Position. Der am 22. September von Botschafter Nitze in Genf eingeführte dritte Verhandlungsschritt des Bündnisses kommt wesentlichen Forderungen der Sowjetunion entgegen. Mit ihm erklären sich die USA bereit, bei Vereinbarung einer globalen Obergrenze nicht das gesamte sowjetische Mittelstreckenpotential durch Stationierung in Europa auszugleichen. Die USA erklären sich zu Parallelverhandlungen über INF-Flugzeuge bereit, und sie sichern zu, daß sich vereinbarte Reduzierungen anteilig sowohl auf Marschflugkörper wie auf Pershing II auswirken werden.
    Mit diesem umfassenden Kompromißvorschlag liegen nun alle Elemente für eine faire und ausgewogene Kompromißlösung auf dem Tisch. Dennoch hat es die Sowjetunion nicht für notwendig befunden, alle Aspekte dieses weitgehenden und bewußt flexibel gehaltenen Kompromißangebots der USA am Verhandlungstisch zu sondieren. Im Gegensatz zum Bündnis, das durch seinen neuen Schritt substantiell auf sowjetische Anliegen einging, hält die Sowjetunion bis jetzt an ihrer Weigerung fest, den USA das Recht auf Gleichheit zuzubilligen. Ihr Ziel ist unverändert die Verhinderung der Stationierung neuer amerikanischer Systeme bei westlicher Zustimmung zu einem sowjetischen Monopol bei landgestützten Mittelstreckenraketen, also die Abkoppelung unserer Sicherheit von einer durchgängigen und plausiblen amerikanischen Nukleargarantie.
    Positiv zu vermerken ist, daß die Sowjetunion jetzt bereit ist, die in Europa zu reduzierenden Raketen zu verschrotten und nicht lediglich in den Ostteil ihres Landes zu verlegen. Generalsekretär Andropow hat ferner erklärt, bereit zu sein, die Zahl der in Europa stationierten SS 20 auf ca. 140 zu senken und im Falle eines entsprechenden Abkommens die im Ostteil der Sowjetunion stationierten SS 20 einzufrieren. In der Flugzeugfrage deutete Generalsekretär Andropow in allerdings vager Form eine gewisse Flexibilität an, die am Verhandlungstisch noch zu sondieren sein wird. Auch in dieser Form ist die sowjetische Position für das Bündnis jedoch nicht annehmbar. Die Sowjetunion behielte danach insgesamt 248 SS 20 mit 744 Gefechtsköpfen, davon über 400 auf Europa gerichtet. Der Westen müßte dagegen voll auf die Nachrüstung verzichten. Damit würde der Zustand der einseitigen Bedrohung und Instabilität fortbestehen, der den Anlaß zum Doppelbeschluß gegeben hat.
    Meine Damen und Herren, das Bündnis wird jeden Tag nutzen, um vor Beginn der Stationierung ein konkretes und ausgewogenes Ergebnis zu erreichen. Sollte dies jedoch nicht möglich sein, wird das NATO-Bündnis, wie vorgesehen, mit der Stationierung beginnen.
    Der 22. November ist jedoch kein Enddatum für die Verhandlungen. Die USA werden den Verhandlungstisch nicht verlassen. Sie bleiben weiter verhandlungsbereit, unabhängig davon, ob die Sowjetunion ihre Drohung mit einem Verhandlungsabbruch wahrmacht. Das Bündnis ist bereit, jedes System, das in den nächsten fünf Jahren stationiert wird, wieder zu entfernen, sobald eine Vereinbarung dies ermöglicht.
    Die Bundesregierung appelliert an dieser Stelle an die Sowjetunion, den Dialog in diesem überaus wichtigen Bereich nicht mutwillig abzubrechen, sondern die nach wie vor gegebene Chance für eine vereinbarte Begrenzung und Verminderung der Nuklearrüstung in Europa wahrzunehmen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das Bündnis hat auf dem Ministertreffen der Nuklearen Planungsgruppe in Montebello am 28. Oktober seinen ernsthaften Willen zu einem solchen Abbau durch die Entscheidung belegt, 1 400 atomare Gefechtsköpfe taktischer Waffen einseitig und als Vorleistung aus Europa abzuziehen. Berücksichtigt man noch die Tatsache, daß bereits im Jahre 1980 1 000 atomare Gefechtsköpfe einseitig abgezogen wurden, so kann es keinen Zweifel an der Bereitschaft des Bündnisses geben, zu einer erheblichen Verringerung seines nuklearen Potentials in Europa beizutragen. Zu berücksichtigen ist



    Staatsminister Möllemann
    hier außerdem, daß die eventuell neu zu stationierenden Systeme im Verhältnis 1 zu 1 ausgetauscht würden, d. h. die Sprengkopfzahl würde auch im Fall der Neustationierung nicht erhöht. Mit anderen Worten: Durch die gegebenenfalls notwendig werdende Nachrüstung würde sich am Umfang der beschlossenen einseitigen Reduzierung nichts ändern.
    Alle diejenigen, die heute den Doppelbeschluß und seine Umsetzung kritisieren, vor allem jene, die bis vor kurzem noch diesen von der früheren Regierung Schmidt/Genscher wesentlich geprägten Beschluß mitgetragen haben, müssen dreierlei beachten. Erstens. Seit dem Datum des Beschlusses — Dezember 1979 — hat der Westen verhandelt, aber nicht eine einzige neue Mittelstreckenwaffe neu aufgestellt. In der gleichen Zeit hat die Sowjetunion gehandelt. Parallel zu einer gigantischen Propagandakampagne gegen die Absicht des Westens, das schon 1979 bestehende Ungleichgewicht ab Ende 1983 auszugleichen — wenn es nicht auf dem Verhandlungswege beseitigt werden kann —, hat die Sowjetunion selbst dieses Ungleichgewicht vergrößert, indem sie Woche für Woche weiter aufrüstete und SS-20-Raketen aufgestellt hat. Heute sind 360 Abschußvorrichtungen mit je drei Sprengköpfen aufgestellt, also gut 1 080 Sprengköpfe, die unsere Sicherheit heute zahlenmäßig und politisch noch stärker bedrohen, als das schon 1979 der Fall war. Zusätzliche Probleme schafft dabei die Nachladefähigkeit der SS 20, also die Tatsache, daß an jeder dieser Abschußvorrichtungen eine zweite Rakete zum Nachladen bereitgehalten wird oder bereitgehalten werden kann.
    Ich glaube, daß dieses Faktum der seit 1979 eingetretenen zusätzlichen negativen Veränderungen des Kräfteverhältnisses sicherlich einer der Gründe gewesen ist, warum gestern in Singapur Helmut Schmidt eindeutig und nachdrücklich erklärt hat, daß die Nachrüstung erfolgen müsse. Ich hoffe sehr, meine geschätzten Kollegen von der SPD, daß Sie sich an das Wort Ihres stellvertretenden Parteivorsitzenden halten werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Herr Voigt, zu Ihnen komme ich später.
    Ich möchte aber auf das Phänomen, das wir hier beobachten können, noch einmal eingehen. Ich halte es für in der Geschichte der Rüstungskontrolle und Abrüstung beispiellos, daß eine Großmacht es schafft — und auch bei uns es schafft —, gleichzeitig zu einer wirklich gigantischen Aufrüstungskampagne eine gigantische Abrüstungspropaganda aufrechtzuerhalten, und daß dieses bei uns nicht hinreichend deutlich gemacht wird. Das ist, wie wollte sich einer von uns in Bonn auf den Marktplatz stellen und irgendeinen zufällig daher kommenden Passanten rechts und links ohrfeigen und dabei unablässig rufen, man könne doch diese Gewaltanwendung nicht leiden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Jeder würde sagen: Welche Logik steckt eigentlich
    dahinter? Das müßten wir in diesem Fall auch tun.
    Die zweite Bemerkung: Kein Land, meine Kolleginnen und Kollegen, ist in seiner Außenpolitik so sehr auf Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit angewiesen wie wir an der Nahtstelle zwischen Ost und West.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Jeder besonnene Analytiker der internationalen Politik wird bestätigen, daß unsere tatsächlichen Wirkungsmöglichkeiten und unser Einfluß auf die Staaten Osteuropas, aber auch unsere Möglichkeit, unsere Interessen im westlichen Bündnis gebührend zur Geltung zu bringen und die Solidarität unserer Partner zu erhalten, schweren Schaden nehmen würden, wenn wir uns jetzt in letzter Minute gegen eine Politik stellen wollten, die wir selbst entscheidend mitgeprägt haben. Die Sowjetunion müßte versucht sein, auch künftige Entscheidungen über unsere Sicherheit durch Drohungen und andere Formen der Einflußnahme zu beeinflussen. Unsere westlichen Partner — und da unterscheidet sich der republikanische Präsident der USA überhaupt nicht von seinen sozialistischen Kollegen in Frankreich, Italien und Portugal — würden Zweifel an unserer Zuverlässigkeit bekommen. Was heute noch vorsichtige Spekulationen über einen möglichen deutschen Neutralismus sind, würde dann nicht nur durch leichtfertige Sprüche von GRÜNEN und Sozialdemokraten genährt, sondern erhielte eine reale Grundlage.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Sie sind doch der größte Sprücheklopfer, Herr Möllemann!)

    — Ich glaube, Herr Klejdzinski, Sie und Ihre Kollegen im Verteidigungsausschuß wissen doch sehr genau, daß Ihre jetzt veränderte Position zum Doppelbeschluß innerparteilich-taktisch längst eine Auffangposition gegen Tendenzen im Blick auf den möglichen Neutralismus geworden ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Dritte Bemerkung: Ein Teil der Kritik am Doppelbeschluß richtet sich nicht eigentlich gegen diesen Beschluß, sondern gegen unsere Strategie der Kriegsverhinderung durch atomare Abschreckung vom Krieg überhaupt. Hier liegt der eigentliche Kern der Auseinandersetzungen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist richtig!)

    Diese Kritik ist allerdings so lange nicht ehrlich, wie man die Argumente nur auf Mittelstreckenraketen, nicht aber gleichzeitig auf alle anderen Atomwaffen anwendet. Ich erwähne dies, weil CDU/CSU, FDP und SPD ja wohl bis heute darin übereingestimmt haben, daß jede Art von Krieg u. a. dadurch verhindert werden soll, daß man auch durch die Androhung von Atomwaffeneinsätzen jedem Angreifer deutlich macht, daß ein Angriff für ihn mehr Schaden als Nutzen brächte. Diese gültige Strategie der NATO ist von Männern wie Helmut Schmidt, Georg Leber und Hans Apel mitbeeinflußt worden. Es wäre interessant, zu erfahren, ob die SPD sie so noch mitträgt.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Die Antwort kommt nachher! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Staatsminister Möllemann Interessant wäre die Frage: Was hat sich geändert?)




    Die grundsätzliche Kritik an dieser Strategie richtet sich gegen die Einbeziehung von Atomwaffen überhaupt. Das Argument ist, diese Waffen seien in ihrer Schrecklichkeit so inhuman, daß sie weltweit geächtet und abgeschafft werden müßten. Diese auf den ersten Blick ja sympathische Forderung,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Für mich ist sie auch auf den zweiten Blick sympathisch!)

    die im übrigen in allen Parteien diskutiert worden ist und diskutiert wird, hat für mich am intelligentesten seinerzeit Kurt Biedenkopf in seinem Aufsatz in der „Zeit" formuliert, als er sagte, die Menschheit werde dauerhaft ein Verteidigungskonzept nicht tragen, das — im negativsten Fall zu Ende gedacht
    — die Existenz eben dieser Menschheit aufs Spiel setzen könne.

    (Zustimmung bei der SPD)

    — Ja, ich möchte mich ja damit auseinandersetzen.
    — Diese Forderung, die auf den ersten Blick sympathisch erscheint,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD] und weitere Abgeordnete der SPD: Auch auf den zweiten Blick!)

    ist aber bei näherem Überlegen, meine ich, nicht unproblematisch. Sie ist ja bei näherem Überlegen bisher auch von Ihrer Fraktion, der Union und uns abgelehnt worden, weil wir die gültige NATO-Strategie gemeinsam getragen haben.

    (Zurufe von der SPD)

    — Lassen Sie mich diesen Gedanken bitte vortragen. — Ich fürchte, meine Kolleginnen und Kollegen, daß die Abschaffung der Atomwaffen bei NATO und Warschauer Pakt bei gleichzeitigem Fortbestand konventionell gerüsteter Armeen den Krieg als mit begrenztem Risiko wieder führbar erscheinen lassen würde

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    und damit in Wahrheit die Rückkehr zur Kriegsführungsstrategie wäre.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    Meine Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir diese persönliche Bemerkung. Ich bin 1945 nach Kriegsende geboren. Ich kenne die Schrecken des Zweiten Weltkrieges nur aus den Erzählungen meiner Eltern, meiner Verwandten und aus den Berichten und Dokumenten; aber ich weiß, daß für unser Land auch ein konventioneller Krieg absolut unerträglich wäre.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Deswegen geht unser ganzes Denken dahin, zu überlegen, wie wir neben den Anstrengungen im Bereich der Politik, der Diplomatie der Rüstungskontrolle, der Abrüstung, im Bereich der Verteidigung unser Potential und unsere Konzeption so gestalten können, daß auf Dauer die Abschreckung vom Krieg mindestens so lange funktioniert, wie
    wir ein anderes Konzept, das den Krieg im militärischen Bereich auch verhindern kann, nicht entwikkelt haben.

    (Catenhusen [SPD]: Aber Sie suchen nicht nach dem anderen Konzept!)

    Ist es nicht legitim, darauf hinzuweisen, daß nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen ganzen Schrekken weltweit, wiewohl man hätte annehmen können, der Schrecken dieses Krieges hätte alle anderen demnächst vom Krieg abgehalten, mehr als 120 Kriege konventioneller Art mit mehr als 30 Millionen Toten geführt worden sind? Unsere Besorgnis, meine Kolleginnen und Kollegen, geht dahin, daß der schlichte Verzicht auf Atomwaffen in Ost und West in den Köpfen der Planer hier wie dort den Krieg als Mittel der Politik wieder erträglich, weil mit begrenztem Risiko führbar, erscheinen lassen könnte, und das darf nicht eintreten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Voigt [Frankfurt] [SPD]: Warum machen Sie denn dann Vorschläge für atomwaffenfreie Zonen? Das ist doch dann Heuchelei! Das ist doch dann nicht seriös! Typischer Möllemann!)

    Wir werden nach unserer Überzeugung also auf absehbare Zeit ein allerdings begrenztes Potential an Atomwaffen brauchen.

    (Catenhusen [SPD]: Warum nicht in USA und Rußland?)

    Über die Begrenzungen sprechen wir ja im Rahmen der Diskussion über den Bericht zur Rüstungskontrolle und Abrüstung. Diese Begrenzungen sollen in den hier diskutierten Verhandlungen erreicht werden. Zu den INF-Verhandlungen habe ich einiges gesagt.
    Nun komme ich zu den START-Verhandlungen, den Verhandlungen über die Reduzierung der strategischen Rüstung.

    (Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Das hat Herr Genscher alles schon in der Giftgasdebatte gesagt, unter Mißbrauch dieser Debatte!)

    Auch bei diesen Verhandlungen über die Reduzierung der strategischen Rüstung haben die USA einen weiteren Vorstoß unternommen. Zentrales Element der amerikanischen Initiative vom 4. Oktober 1983 ist der Vorschlag eines „build down", eines Abbaus der strategischen Potentiale beider Staaten. Dieses Konzept sieht vor, die strategischen Rüstungen bei Modernisierung durch überproportionalen Abbau alter Systeme effektiv zu reduzieren. Auf diese Weise könnte erstmals eine verbindliche Grundlage für den kontinuierlichen Abbau der strategischen Waffen beider Seiten geschaffen werden.
    Ferner haben sich die USA zu weiteren Begrenzungen von luftgestützten Marschflugkörpern und zum Ausgleich sowjetischer Vorteile bei Raketen durch amerikanische Vorteile bei strategischen Bombern bereit erklärt. Ziel der USA in den START-Verhandlungen ist nach wie vor die Erhöhung der strategischen Stabilität durch einschneidende Reduzierungen der strategischen Potentiale.



    Staatsminister Möllemann
    Dabei soll die Zahl der Systeme und Gefechtskörper sowie die Gesamtzerstörungskraft der Raketen substantiell vermindert werden. Wir müssen feststellen, daß sich die Sowjetunion, von gewissen Korrekturen ihrer Verhandlungsposition in der vierten Runde vielleicht abgesehen, bisher kaum bewegt und damit keinen wirklichen Beitrag zum Fortschritt der Verhandlungen geleistet hat.
    Die gegenwärtige sicherheitspolitische Debatte in der Öffentlichkeit konzentriert sich nahezu ausschließlich auf nukleare Waffensysteme. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sicherheit und Stabilität in Europa ganz entscheidend vom Kräfteverhältnis der konventionellen Streitkräfte abhängen. Die bestehende konventionelle Überlegenheit des Warschauer Paktes wirkt destabilisierend. Es bedarf deshalb verstärkter politischer Anstrengungen auch im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle, um den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Sicherheit Europas wirksam zu begegnen.
    Die Bundesregierung mißt daher den MBFRVerhandlungen in Wien, dem derzeit immer noch einzigen Forum für konventionelle Rüstungskontrolle, weiterhin große Bedeutung bei. MBFR hat sich als institutionalisierter Dialog zwischen den beiden Bündnissystemen bewährt.
    In Wien liegen jetzt ein Vertragsentwurf des Westens vom Juli 1982, Vorschläge des Ostens vom Februar 1983 und ein neuer Vertragsentwurf vom Juni 1983 vor. Das zeigt, daß beide Seiten diese Verhandlungen beharrlich fortführen wollen.
    Der westliche Entwurf bringt erstmals eine Verknüpfung aller Reduzierungsverpflichtungen in einem einzigen Abkommen und bietet damit eine Lösung für ein wichtiges Anliegen des Ostens. Die neuen Vorschläge des Ostens gehen von den bisherigen Überlegungen ab und sehen überhaupt keine Klärung der Ausgangsdaten vor. Die Regelung des Reduzierungsprozesses ist — vor allem was die Verifikation, die Überprüfbarkeit, betrifft, aber auch unter anderen Aspekten — unzureichend. Die Verifikationsvorschläge für die Reststärken sind nicht ausreichend, um Gewißheit über die Einhaltung der Vereinbarungen zu schaffen. Allerdings hat sich die östliche Position — gerade bezüglich der Verifikationsmaßnahmen — entwickelt.
    Meine Damen und Herren, nach unserer Einschätzung ist deshalb in Wien Spielraum für Bewegung in den Verhandlungen gegeben. Die Sachprobleme sind hinreichend definiert. Fortschritte sind möglich, wenn sich die östliche Seite in den noch offenen Kernfragen — in den Fragenkomplexen „Ausgangsdaten" und „Verifikation" — kompromißbereiter zeigt.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Helsinki, wo vor acht Jahren die Schlußakte der KSZE unterzeichnet wurde, nimmt in diesen Tagen eine neue und bedeutsame Etappe des damals eingeleiteten Prozesses des Dialogs und der Zusammenarbeit ihren operativen Anfang. Seit dem 25. Oktober tagt das Vorbereitungstreffen für die Konferenz über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa.
    Die Einberufung dieser Konferenz ist eines der wichtigsten Ergebnisse des am 9. September erfolgreich abgeschlossenen KSZE-Folgetreffens von Madrid. Dieses Ergebnis zeigt, daß alle 35 Teilnehmerstaaten auch in einer schwierigen Phase der West-Ost-Beziehungen ein Interesse daran haben — und dieses Interesse offenbar auch behalten —, den Dialog über Sicherheit und Abrüstung in Europa fortzusetzen und zu intensivieren.
    In Helsinki beraten derzeit Abordnungen aller Teilnehmerstaaten über Tagesordnung, Zeitplan und organisatorische Modalitäten der Hauptkonferenz. Der Beginn dieser Hauptkonferenz ist in Madrid — und dies, wie ich betone, im Wissen um den Zeitplan bei den INF-Verhandlungen — auf den 17. Januar 1984 in Stockholm festgelegt worden.
    Nach dem vereinbarten Mandat wird es die Aufgabe einer ersten Konferenzphase sein, vertrauensund sicherheitsbildende Maßnahmen zu erarbeiten, die militärisch bedeutsam, politisch verbindlich, angemessen nachprüfbar sein und in ganz Europa, vom Atlantik bis zum Ural, Anwendung finden sollen. Diese Maßnahmen sollen ein höheres Maß an militärischer Transparenz und Berechenbarkeit schaffen und insbesondere die Gefahr von Überraschungsangriffen vermeiden.
    Ein Ergebnis der ersten Konferenzphase wäre damit in sich ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der militärischen Lage in Europa. Gleichzeitig würde ein rational begründetes Klima gemeinsamen Vertrauens geschaffen, das unabdingbare Voraussetzung für konkrete Abrüstungsschritte ist. Ziel muß es sein, die Risiken rücksichtsloser Gewaltanwendung durch einen vereinbarten Kodex für den Umgang mit militärischer Macht aufzufangen sowie den Verzicht auf Gewalt und Androhung von Gewalt als Mittel der Politik nachprüfbar und damit glaubhaft zu machen.
    In dieser Perspektive sehen wir die europäische Abrüstungskonferenz als wichtigen Schritt in Richtung auf eine auf Zusammenarbeit und Vertrauen gegründete Sicherheitsordnung für ganz Europa. Die Bundesregierung hat den ursprünglich französischen Vorschlag einer europäischen Abrüstungskonferenz von Anfang an nachdrücklich unterstützt und in Madrid wesentliche Beiträge zu ihrem Zustandekommen geleistet. Wie jetzt in Helsinki so auch in Stockholm wird sie alles in ihren Kräften Stehende tun, um möglichst bald konkrete Verhandlungsergebnisse zu erzielen.
    Bei den Vorbereitungsarbeiten im Bündnis und im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit haben wir bereits eine aktive politische Rolle übernommen. Daneben ist die Vorbereitung auf Stockholm wichtiger Gegenstand der Konsultationen, die der Abrüstungsbeauftragte der Bundesregierung in diesen Wochen mit seinen Gesprächspartnern aus der DDR, der Sowjetunion, Polen und Rumänien führt.
    Meine Kolleginnen und Kollegen, der für Rüstungskontrolle und Abrüstung zuständige Erste



    Staatsminister Möllemann
    Ausschuß der Vollversammlung der Vereinten Nationen sollte ein Dialogforum für die weltweite Sicherheitsdiskussion sein. Er droht aber, zu einem Forum der Ost-West-Auseinandersetzung zu degenerieren. Charakteristisch für die Entwicklung ist eine Reihe von propagandistischen Resolutionsentwürfen östlicher Staaten, die in der Substanz jedoch weit hinter den Zielen zurückbleiben, die wir anstreben und die in Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen verfolgt werden. Als Beispiele dafür nehme ich zwei Dringlichkeitsanträge der Sowjetunion, und zwar zur Verhinderung eines Nuklearkrieges und zur Verurteilung des Nuklearkrieges, die mit ihrer selektiven Heraushebung einer Waffenkategorie geeignet sind, das umfassende Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen abzuschwächen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wir dagegen treten in den Vereinten Nationen für die Verurteilung jedes Krieges, nuklear wie konventionell, ein. Wir sind bemüht, solchen Tendenzen entgegenzuwirken und eine einseitige Politisierung des Ersten Ausschusses zu verhindern.
    In diesem Zusammenhang treten wir für eine Konzentration der Diskussion auf konkrete, machbare Projekte im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle ein. Dementsprechend legen wir auch in dieser Generalversammlung das Schwergewicht unserer Arbeit weiterhin auf die Bereiche Vertrauensbildung, Überprüfung, Offenheit und Ausgewogenheit. Unser im Jahresbericht 1983 vorgelegtes Konzept zu vertrauensbildenden Maßnahmen werden wir auch in der 38. Generalversammlung weiterverfolgen und dazu eine Entschließung einbringen.
    Transparenz und Offenheit betrachten wir als unentbehrliches Element der Vertrauensbildung. Wir unterstützen deshalb die Resolution Österreichs zur Offenlegung militärischer Kapazitäten ebenso, wie wir seit Jahren die Bemühungen Schwedens um die Vergleichbarmachung von Verteidigungsausgaben in den Vereinten Nationen unterstützen. Wir bedauern es ganz besonders, daß sich der Osten in diesem Bereich, in dem konkrete Maßnahmen Fortschritte bei vielen Abrüstungsverhandlungen fördern könnten, ständig verweigert und seine Ablehnung sogar noch verstärkt.
    Die Überprüfbarkeit abgeschlossener Verträge durch Verifikationsmaßnahmen — durch Maßnahmen der konkreten Überprüfung — trägt erheblich zur Bildung von Vertrauen bei. Neben unseren eigenen Beiträgen, z. B. der Entwicklung eines Überprüfungskonzepts im Bereich der chemischen Waffen, unterstützen wir deshalb in den Resolutionen der Vereinten Nationen alle diejenigen Positionen, die eine Verbesserung von Überprüfungsmaßnahmen erreichen wollen. Dies gilt auch für die Forderung eines Mechanismus für das B-Waffen-Übereinkommen, durch das sichergestellt werden soll, daß die Einhaltung des B-Waffen-Übereinkommens überprüfbar wird, dem die Bundesrepublik Deutschland j a im April 1983 beigetreten ist.
    Die Ausgewogenheit von Verhandlungsergebnissen, meine Damen und Herren, bleibt der Maßstab auch für unsere Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik in den Vereinten Nationen. Ziel muß es sein, die Sicherheit aller Beteiligten auf einem möglichst niedrigen Niveau der Militärpotentiale zu verbessern. Niemand darf dabei einseitige Vorteile erlangen. Wir unterstützen deshalb die Bemühungen um konventionelle — nicht nur nukleare — Abrüstung und arbeiten aktiv in einer Expertengruppe über konventionelle Abrüstung mit.
    Ich komme zum Schluß. Meine Kolleginnen und Kollegen, es liegt mir daran, hier die seit Vorlage des Jahresabrüstungsberichts eingetretenen Entwicklungen im Rüstungskontrollbereich etwas ausführlicher darzulegen, um erneut deutlich zu machen, daß praktisch alle Elemente der sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen Ost und West jetzt durch Verhandlungen erfaßt sind. Dies ist eine wichtige Grundlage für die Stabilisierung der politischen Gesamtbeziehungen. Mit diesem dichten Verhandlungsnetz müssen Ergebnisse über konkrete und nachprüfbare Vereinbarungen und damit mehr Sicherheit mit immer weniger Waffen erzielt werden. Auf dieses Ziel hin

    (Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Abrüstung schaffen mit immer weniger Worten, Herr Kollege Möllemann!)

    wird die Bundesregierung alle ihre Anstrengungen konzentrieren. — Und da Sie, Herr Vogt, sich nun erneut zu Wort melden, muß ich doch folgendes sagen: Uns beindruckt doch sehr, wie ausgerechnet die Gruppe in diesem Parlament, die durch ihre erste Sprecherin bei der Debatte über die Regierungserklärung die Friedlichkeit nicht nur als Ziel, sondern auch als Mittel ihrer eigenen Politik propagiert hat,

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Euch tut doch niemand was!)

    mit einer Sprache und einem Ton in diesem Parlament auftritt,

    (Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE]: Frieden heißt doch nicht, sich alles gefallen zu lassen!)

    die den Gedanken an Friedlichkeit vermissen lassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Und ich möchte sagen: Solange Sie friedliche Politik von dieser Bundesregierung, von den Fraktionen in diesem Parlament verlangen, aber gleichzeitig Entschließungen herausgeben wie die sogenannte Kölner Erklärung, in der es wörtlich heißt — ich zitiere jetzt —:
    Der Hauptfeind steht im eigenen Land.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Ein schönes Feindbild! — Eigen [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Unser politischer Gegner, das sind die in Bonn herrschenden politischen Kräfte.
    — und so geht es weiter —, solange jemand so redet, wie Sie es da mit dem „Hauptfeind" tun, soll er uns nicht kommen und Friedensliebe predigen.



    Staatsminister Möllemann
    Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Vogt [Kaiserslautern] [GRÜNE])



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Kelly.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Petra Karin Kelly


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Liebe Freunde und Freundinnen! Herr Möllemann, dieses Zitat stammt nicht von den GRÜNEN. Ich würde Sie bitten, hier ehrlich vorzutragen, von wem dieses Zitat stammt.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Marx [CDU/CSU]: Wollen Sie das korrigieren?)

    Ich möchte ganz kurz mit einem Zitat aus dem „Stern" beginnen. Leider ist Herr Kohl nicht da. Ich hätte es ihm gern vorgetragen:
    Nach Hiroshima reist der Bundeskanzler nicht. Er braucht keine solche Demonstration, sagt er. Er habe das Grauen als Kind erlebt, Fliegeralarm im Keller überlebt und gesehen, wie man Verschüttete tot geborgen hat! Und wenn er dann noch an seinen toten Bruder denke! Also er wisse, was Krieg ist.
    Welch ein Irrtum! Hiroshima ist nicht Krieg. Hiroshima ist das Ende. Und so verpaßt er denn den Kniefall, von dem nicht nur die Seele satt geworden wäre: den Kniefall für den Frieden.
    Vier Monate benötigte die Bundesregierung, um die Großen Anfragen der GRÜNEN zu Atomwaffen und Giftgas in der Bundesrepublik zu beantworten. Fast ausnahmslos unbefriedigende, dennoch beklemmende Antworten, alle im Interesse der verbündeten Atommächte geäußert und gegen unsere Lebensinteressen! Es wird immer wieder betont, daß die Vollversammlung des Bundestages drei Grundrechte hat: Gesetzgebung, Kontrolle und Haushaltsrecht. Die Großen Anfragen sind dazu gedacht, Grundsatzfragen der Politik aufzugreifen. Außer der Prüfung und Änderung der Gesetzentwürfe verfügt das Parlament in bezug auf die Kontrolle der Regierung besonders über das Mittel der Großen Anfrage, der Fragestunde und der Aktuellen Stunde, bei denen die Regierung im Plenum Rede und Antwort stehen muß. Im Bundestagsplenum sollten auch die politischen Vorgänge und die Kräfteverhältnisse durchsichtiger werden. Die Rolle des Bundestages als höchstes demokratisches Organ soll sich am deutlichsten im Plenum widerspiegeln.
    Doch wie ist es um die parlamentarische Demokratie bestellt? Unsere Redezeit zu fünf Großen Anfragen, die wir an die Bundesregierung gestellt haben, sowie die Redezeit in bezug auf den Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung einer konsultativen Volksbefragung sollen drastisch eingeschränkt werden. Unsere Großen Anfragen

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sind doch beantwortet!)

    waren zum Thema Atomwaffen — Rechtsgrundlage, Herr Möllemann, Atomeinsatz — Vetorecht,
    Atomwaffen — „Pakete" gegen die Bundesrepublik,
    Atomwaffen-Einsatzverhinderung und Atomwaffen-Einsatzfolgen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Möllemann hat zur Abrüstungspolitik gesprochen! Sprechen Sie einmal zum Abrüstungsbericht!)

    Ich möchte an dieser Stelle den französischen Admiral Sanguinetti zitieren, weil er uns alle nachdenklich machen muß:
    Wenn man an einer Atomexplosion teilgenommen hat, dann stellt man keine Fragen mehr. Man ändert schlagartig seine Denkgewohnheiten. Unabhängig davon, in welchem Lager man sich befindet: Man wird niemals wieder in der gleichen Weise argumentieren wie vorher.
    Er sagt, er habe an sechs Atombombenexplosionen seines Landes teilgenommen. Doch anders denken, das durfte nicht sein. Als sich Admiral Sanguinetti so äußerte, wurde er postwendend entlassen.
    Wie schon in vorausgegangenen Antworten leugnet die Bundesregierung den grundlegenden Unterschied zwischen Atomwaffen und konventionellen Waffen. Atomwaffen als bessere Artillerie! Die Bundesregierung ignoriert, daß Atomwaffen keine Kriegswaffen im Sinne des Völkerrechtes, sondern illegale, blinde Waffenvernichtungswaffen sind. Art. 25 des Grundgesetzes erklärt die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes zum Bestandteil unserer Verfassung. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes gehen den Gesetzen vor und erzeugen unmittelbar Rechte und Pflichten für die Bevölkerung und für die Bewohner des Bundesgebietes. Solche Prinzipien wie die Ächtung des Angriffskrieges und die Ächtung von Erstschlagswaffen werden also von der Verfassung ausdrücklich mit übernommen. Völkerrechtsprinzipien sind als Rechtsgut in jedem Fall höhenwertig als eine Straßenverkehrsordnung, so meinen wir.
    Da die Stationierung der neuen amerikanischen Mittelstreckenraketen in unserem Lande den Atomkrieg wahrscheinlicher macht und da ihr die Doktrin vom atomaren Erstschlag zugrunde liegt, ist diese Stationierung verfassungswidrig. Diese Auffassung wird von vielen prominenten Staats- und Verfassungsrechtlern, z. B. von dem ehemaligen Verfassungsrichter Martin Hirsch, geteilt.
    Aus den Antworten lassen sich Standpunkte der Bundesregierung entnehmen. Herr Möllemann, zu einem haben Sie kein Wort gesagt: Die Bundesregierung räumt in diesen Antworten erstmals ein, es könne im Kriegsfall dazu kommen, daß NATOAtomwaffen gegen Ziele in der Bundesrepublik eingesetzt werden können. In Ihrem Bericht, Herr Möllemann, findet sich kein Wort davon, daß die Bundesregierung keine Maßnahmen vorgesehen hat, solche Einsätze zu verhindern. Sie beabsichtigt auch nicht, solche Maßnahmen vorzusehen. Die Bundesregierung ist auch der Auffassung, daß Atomwaffeneinsätze gegen militärische Ziele in der Bundesrepublik nicht notwendigerweise auch zivile Ziele verwüsten. Die Bundesregierung verzichtet auf deutsche Kontrollen der ausländischen Militärstützpunkte, Waffen- und Giftgaslager auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik.



    Frau Kelly
    In den Antworten der Bundesregierung wird immer wieder von dem angestrebten Ziel der NATO gesprochen, Herr Wörner, von der Verhinderung eines Krieges durch glaubwürdige Abschreckung. Die unaufhörliche Aufrüstung ist jedoch längst über den perversen Abschreckungsauftrag hinausgegangen. Wenn die Bundesregierung über die Strategie der NATO Auskunft gibt, so vergißt sie die kleinen militärischen Feinheiten. So stellt die amerikanische Fachzeitschrift „Military Review" z. B. in einem Artikel fest — ich zitiere —, daß die Dienstvorschrift FM 100/5 nicht nur den Ersteinsatz, sondern auch die Möglichkeit eines Erstschlages vorsieht. Haben der Bundeskanzler, Herr Kohl, und der Verteidigungsminister, Herr Wörner, nicht mitbekommen, daß sich in der NATO-Strategie seit 1967 Grundsätzliches verändert hat? Die der Denkfigur der Abschreckung inhärenten Widersprüche zeigen sich auch in der NATO-Strategie der angemessenen Erwiderung. Atomwaffen sollen abschrecken, werden aber um der Glaubwürdigkeit willen zu Kriegführungswaffen weiterentwickelt. Militärische Einsatzplanung soll den Einsatz verhindern, muß ihn aber vorbereiten. Die Androhung eines umfassenden Atomkrieges soll Kriegsausbruch verhüten, doch die militärischen Planungen sehen um der Glaubwürdigkeit willen Begrenzungen der Atomkriege vor.
    In Krisensituationen ist das vorrangige politische Ziel angeblich die Deeskalation der Spannungen, um Krieg zu vermeiden. Zu diesem Zweck wird aber das Mittel der Eskalation bereitgehalten. Das wissen Sie auch, Herr Wörner. Die Veränderung der Atomwaffen zu Gefechtsfeldwaffen mit begrenzter Schadenswirkung und ihr Einbau in die militärische Strategie der Kriegführung drohen diesen Waffen schon längst ihre abschreckende Wirkung zu nehmen.
    Die Antworten der Bundesregierung sind zynisch und voller Widersprüche. Die Bundesregierung schreibt z. B., daß Planung und Einsatz der NATO in bezug auf die Atomwaffen auf Wiederherstellung des Status quo ante zielen, wobei dem Grundsatz der Schadensbegrenzung eine besondere Bedeutung zukommt. Dies ist eine Feststellung, Herr Wörner und Herr Möllemann, die an Unwissenheit und Ignoranz nicht mehr zu überbieten ist. Wie die Bundesregierung beim Einsatz von Atomwaffen in der dichtbesiedelten Bundesrepublik die Einhaltung des Grundsatzes von Schadensbegrenzung sicherstellen will, bleibt ihr Geheimnis. Es dürfte jedermann klar sein, daß nach dem ersten Einsatz einer nur einzigen Atomwaffe nichts mehr so sein wird, wie es vorher war. Aber auch dazu wurde von Ihnen, Herr Möllemann, kein Wort gesagt.
    Ich kann an dieser Stelle aus Zeitnot nur auf zwei begrenzte Aspekte eingehen, und zwar im Sinne von exemplarischen Beispielen zum Thema des Vetoeinsatzes und des Vetorechts. Die Bundesregierung meint, daß die bestehenden Konsultationsverfahren den Interessen der Nichtnuklearmächte Rechnung tragen. Die Bundesregierung betont: Die Bundesrepublik sieht, insbesondere im Hinblick auf eine wirksame Abschreckung, keine Veranlassung, ein nationales Vetorecht anzustreben. Doch war es nicht der CSU-Chef Franz Josef Strauß, der im August 1983, diesmal wieder als Verteidigungspolitiker, neue Unruhe in die Koalition gebracht hat? Er forderte für die Europäer ein Vetorecht bei der Entscheidung über den Einsatz nuklearer Waffen. Und Strauß hat die alte Diskussion der 60er Jahre wiederbelebt, den NATO-Europäern einen zweiten Schlüssel zu geben, ohne den keine einzige stationierte US-Rakete abgefeuert werden kann. Peter Kurt Würzbach, Staatssekretär, erklärte damals, der Vorstoß von Strauß sei kein Thema. Wir wissen zur Zeit, daß Großbritannien ein Wort mitreden kann, und Frau Thatcher hat angekündigt, sie wolle dieses praktische Zwei-Schlüssel-System auch auf ihre Cruise Missiles ausdehnen. Wir wissen, daß die anderen Verbündeten kaum eine Mitsprache haben. Doch genau vor der Mitsprache warnen wir. Denn Mitsprache, Vetorecht, Zwei-Schlüssel-System, das kann ebensoschnell heißen: den deutschen Finger am Atomdrücker.
    Wir, die GRÜNEN, wollen kein Mitspracherecht in bezug auf die Entscheidungen über den Einsatz von Atomwaffen. Das ist zugleich ein Mitspracherecht in bezug auf ein Votum über Leben und Tod von Millionen von Bürgern. Wenn man die brisante Diskussion in den anderen Ländern verfolgt — Großbritannien, Italien —, so scheint es, als sei die Behauptung, man gehöre zum Kreis privilegierter Mitspracheländer, eher zur Beruhigung der Bevölkerung gedacht. Stände den Italienern tatsächlich ein Vetorecht zu, würde die Rechtfertigung für die erweiterte britische Mitsprache als die einer Nuklearmacht in sich zusammenfallen. Außerdem ständen Länder wie die Niederlande und Belgien, in denen das Nein der Bevölkerung unüberhörbar ist, längst bei den Amerikanern auf der Matte, um ebenfalls Sonderrechte zu verlangen.
    Die BRD

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wer bitte? — Wer ist das?)

    als größtes Stationierungsland und Hauptgefechtsfeld eines nuklearen Infernos ist sowieso Satellitenstaat und steht als drittklassiger Partner da — als drittklassiger Partner!
    Wir wollen kein Vetorecht, das praktisch auf eine Mitbestimmung beim Atomwaffeneinsatz auf deutschem Boden hinausläuft. Wir wollen ein Vetorecht, welches die Stationierung aller atomaren, biologischen und chemischen Waffen von vornherein verhindert. Das einzige zulässige Veto ist ein rechtzeitiges Veto von seiten der Bevölkerung. Vielleicht kann sich eine Regierung in Schwierigkeiten auch einmal vom Volk beraten lassen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Klein [München] [CDU/CSU]: Frau Kelly als Volk!)

    Die deutsche Bundesregierung hat nach Auffassung der GRÜNEN die verfassungsmäßige und völkerrechtliche Pflicht, unbedingt jegliche Stationierung von Massenvernichtungswaffen und jeglichen Einsatz auf und von deutschem Boden zu verhindern.



    Frau Kelly
    Die heutigen Rechtsgrundlagen für die Stationierung der Atomwaffen sind ja nach Auffassung der Bundesregierung zwei Verträge aus dem Jahre 1954, also unter Besatzungsrecht entstandene Diktatverträge. Atomwaffenstationierung als Besatzungsrecht —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Das müßten Sie besser wissen!)

    ein Verstoß gegen die Souveränität der Bundesrepublik und ein Bruch des Völkerrechtes!
    In Ihrer Antwort auf die Anfragen gab die Bundesregierung bekannt, daß seit 1954 Atomwaffen hier lagern. Dies ist auch nach unserer Feststellung völkerrechtswidrig, denn Atomwaffen sind keine rechtmäßige Bewaffnung von Besatzungstruppen.
    Vor kurzem hat Strauß seine Meinung in bezug auf den zweiten Schlüssel geändert. Er erklärt nun, er bevorzuge eine Entsendung europäischer NATOVertreter in den Stab des Präsidenten. Dort könnten sie sich direkt informieren und einschalten. Einmal abgesehen davon, daß sich die Amerikaner kaum derartige Beobachter in ihren allerletzten Entscheidungsapparat setzen lassen, sieht der Strauß-Vorschlag sehr danach aus, daß sich Bonn durch die Hintertür doch noch zur Nuklearmacht machen möchte und damit am Aufbau einer europäischen Atomstreitmacht mitwirkt. Warum hat die Bundesregierung nicht deutlich ausgesprochen, was nach den Athener Beschlüssen in den Jahren 1962 bis 1969 klar und deutlich geworden ist? Ich zitiere:
    Nach diesen Beschlüssen werden die Europäer von den Amerikanern vor einem Nukleareinsatz konsultiert, wenn es die Zeit erlaubt.
    Herr Möllemann, „wenn es die Zeit erlaubt". Das ist die Sprachregelung, und darüber sprechen wir: „wenn es die Zeit erlaubt". Denken Sie an die Kuba-Krise, an die Konsultationsprozesse von Präsident Kennedy zu diesem Zeitpunkt! Dies freilich dürfte den US-Präsidenten in seiner Entscheidungsfreiheit nicht einschränken. Doch dieser Grundsatz ist bisher von keinem Kabinett angetastet worden.
    Schalten wir ein bißchen in der Geschichte zurück zu dem Zeitpunkt, in dem Strauß, um die atomare Bewaffnung der noch jungen Bundeswehr durchzusetzen, vehement die Beschränkung der deutschen Befugnisse verteidigte. Kaum aber war im Mai 1958 von diesem Bundestag beschlossen worden, daß die Bundeswehr mit modernsten amerikanischen Waffen ausgerüstet werden sollte, eilte Strauß in die andere Ecke. Seine Lieblingsidee, auch die von Herrn Dregger, von der Atomstreitmacht Europa pflegte er mit öffentlichen Forderungen nach einem Mitbestimmungsrecht bei der Verwendung der strategischen Bewaffnung. Er verlangte ein System von Garantien und Formeln, das den europäischen NATO-Staaten das Bewußtsein und die Rolle als Partner gibt. So blieb Strauß den Gaullisten ein Gaullist und den Atlantikern ein Atlantiker.
    Der CDU/CSU-Fraktionschef Dregger ist wohl sehr traurig über den nicht wiedergutzumachenden
    Fehler im Zusammenhang mit der Zwei-SchlüsselLösung; denn wie er immer wieder gesagt hat, träumt er von einem europäischen Bundesstaat und einer europäischen Streitmacht.
    Wie ich sehe, wandelt aber auch die SPD auf den Spuren des SPD-Verteidigungsexperten der 60er Jahre Fritz Erler. In einem Strategiepapier des Vorstandes aus dem Jahr 1983 wird wieder von einer Mitbestimmung über die nuklearstrategische Planung gesprochen sowie über ein mögliches Vetorecht gegen einen eventuellen Einsatz von Atomwaffen. Vielleicht sollte sich die SPD aber nicht so sehr um das Vetorecht gegen den Einsatz von Atomwaffen kümmern. Sie hätte sich vielmehr, so meine ich, darum kümmern sollen, wie der Stationierungsbeschluß vom 12. Dezember 1979 hätte verhindert werden können. Sie hätte sich in ihrer Regierungszeit darum kümmern sollen, wie sie die Giftgaslager aus diesem Land hätte entfernen können.
    Ein deutsches Vetorecht, mit dem verhindert werden soll, daß gegen den Willen der Bundesregierung von bundesdeutschem Territorium aus Nuklearraketen gestartet werden, ist nicht der Weg, den wir anstreben. Die Hand am Sicherheitshebel kann allzuleicht der Schleichweg und die Hintertür für das werden, das Herr Strauß und Herr Dregger einmal angestrebt haben.
    Wir meinen, daß es statt des Vetorechts die Durchführung einer konsultativen Volksbefragung geben muß; denn nur so kann sichtbar gemacht werden, daß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in diesem Lande die neuen Atomraketen ablehnt.
    Ist die Bundesregierung nun dabei — wie Brecht einmal sagte —, sich ein anderes Volk zu wählen? Warum wurde Mitte Oktober im Rechtsausschuß ein von den GRÜNEN und von der SPD beantragtes Expertenhearing zu juristischen Fragen des Atomwaffeneinsatzes abgelehnt? Warum spricht man im Petitionsausschuß nicht mit den Vertretern Zehntausender von Eingaben gegen eine Raketenstationierung und für eine konsultative Volksbefragung? Warum wird der von uns eingebrachte Gesetzentwurf für eine konsultative Volksbefragung als eindeutig verfassungswidrig bezeichnet?

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Weil es so ist!)

    Der Vorschlag für eine solche stärkere Einbeziehung der Bevölkerungsmeinung in die parlamentarische Willensbildung kommt selbst aus dem Umfeld der Bundesverfassungsrichter. Die Aufstellung der neuen Massenvernichtungsmittel wird nicht nur als gefährliche Eskalation empfunden, sondern auch als existentielle Bedrohung. Deswegen forderte auch Bundesverfassungsrichter Helmut Simon eine stärkere Einbeziehung der Bürger in den Entscheidungsprozeß. Wir fordern ein Grundrecht auf Mitbestimmung in Sachen Krieg und Frieden.
    Die Sicherheitspolitik und damit auch die Bundesrepublik befinden sich an einer Wegegabel. Die Entscheidung, welcher Weg heute beschritten wird, ist eine Entscheidung für Jahrzehnte. Die Steige-



    Frau Kelly
    rung oder Verminderung der Abrüstungschance ist keine abstrakte Sache, um die sich der Bürger nicht kümmern muß. Sie hat allein mit seinem grundgesetzlich garantierten Recht auf Leben zu tun — Art. 2 des Grundgesetzes —, das das Bundesverfassungsgericht gerade dazu veranlaßt hat, ein diesbezügliches Grundrecht auf Mitwirkung festzustellen. Vielleicht sollten Sie auch das nachlesen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU.
    Das hat auch mit dem bewußten, oft aber auch unbewußten Ausmaß an Angst zu tun, mit dem der Bürger angesichts der atomaren Bedrohung leben muß. Angstfreiheit in menschenmöglichem Maße gehört auch zu den Grundrechten jedes Bürgers.
    Wir meinen, die Bundesregierung und ihre parlamentarische Mehrheit können nicht behaupten, sie hätten am 6. März 1983 das Mandat erhalten, in der Sache Raketenstationierung zu tun und zu lassen, was sie für richtig erachten.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Wir haben vorher alles klar erklärt!)

    Dieses Mandat haben Sie demokratisch gesehen nicht. So sehr in Art. 38 des Grundgesetzes die Unabhängigkeit der Repräsentanten prinzipiell statuiert ist, so wenig darf doch verkannt werden, daß sie letztlich all ihre Legitimation und Kraft aus der prinzipiell geltenden Volkssouveränität ziehen. Bestimmte existentielle Entscheidungen, so meinen wir, bedürfen einer mehr als üblichen Legitimation.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes sagt:
    Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung ... ausgeübt.
    Wo bleibt eigentlich in diesem Bundestag das Bundesabstimmungsgesetz?

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Da uns aber im Grunde genommen keine Zeit zur Verfügung steht, auf all die anderen Großen Anfragen einzugehen, auf die unbefriedigenden Antworten dieser Bundesregierung einzugehen — es muß ja wohl möglich sein, im Bundestag zu den unbefriedigenden Antworten zu sprechen; das können wir in diesen 20 Minuten nicht tun —, werden wir das jetzt draußen in der Öffentlichkeit machen.
    Ich möchte darauf hinweisen: Es ist nicht demokratisch, fünf Große Anfragen in diesem Stil unbeantwortet zu lassen, wie dies geschehen ist, Herr Möllemann. Aus diesem Grund werden wir aus Protest den Saal verlassen und die Antworten der Bundesregierung draußen erläutern.

    (Die Abgeordneten der Fraktion DIE GRÜNEN stellen Schilder mit der Aufschrift „Keine Redezeit" auf ihre Pulte und verlassen mit Ausnahme des Abg. Fischer [Frankfurt] den Saal — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Wer rausgeht, muß auch wieder reinkommen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)