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    Plenarprotokoll 10/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Inhalt: Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Haushaltsausschuß . . 1761 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1981 (Jahresrechnung 1981) — Drucksache 10/24 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung (einschließlich der Bundesvermögensrechnung) für das Haushaltsjahr 1980 — Drucksachen 9/2108, 10/393 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1980 — Einzelplan 20 - - Drucksachen 9/624, 10/392 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1981 — Einzelplan 20 —— Drucksachen 9/1786, 10/392 — Esters SPD 1761 D Dr. Friedmann CDU/CSU 1763 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1766 C Frau Seiler-Albring FDP 1769 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 1772A Frau Simonis SPD 1773 B Rossmanith CDU/CSU 1776 B Kühbacher SPD 1778 B Strube CDU/CSU 1780A Vizepräsident Westphal 1768 D Nächste Sitzung 1782 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1783*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1783* C Anlage 3 Erhöhung und Ausnutzung des Ausbildungsplatzangebotes, insbesondere bei der Deutschen Bundesbahn, ab Juni 1983 MdlAnfr 76, 77 23.09.83 Drs 10/407 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 1784*A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Anlage 4 Ergebnis des Gesprächs zwischen Frau Bundesminister Dr. Wilms und den Bundesländern zum Abbau der Lehrerarbeitslosigkeit MdlAnfr 78 23.09.83 Drs 10/407 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 1784* B Anlage 5 Veröffentlichung des Ergebnisses einer amerikanischen Umfrage über die Haltung der deutschen Bürger zur Nachrüstung MdlAnfr 80 23.09.83 Drs 10/407 Duve SPD SchrAntw StSekr Boenisch BPA . . . . 1784* D Anlage 6 Projekte der Bundesregierung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur Entwicklung der Sicherheitspolitik; Finanzierung der Projekte MdlAnfr 81, 82 23.09.83 Drs 10/407 Heistermann SPD SchrAntw StSekr Boenisch BPA . . . . 1785*A Anlage 7 Intervention gegen die von Terre des Horn-mes dargestellten Folterungen türkischer Kinder MdlAnfr 83 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1785* D Anlage 8 Verfolgung türkischer Arbeitnehmer nach Rückkehr in die Heimat wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten MdlAnfr 84 23.09.83 Drs 10/407 Schreiner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* A Anlage 9 Haftaufenthalt des im August 1983 ausgelieferten Türken Sami Memis MdlAnfr 85 23.09.83 Drs 10/407 Kirschner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* A Anlage 10 Behandlung fastender politischer Häftlinge im türkischen Militärgefängnis in Diyarbakir; Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention MdlAnfr 89, 90 23.09.83 Drs 10/407 Bindig SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* B Anlage 11 Repressalien gegen Deutsche in Oberschlesien, die Gräber deutscher Soldaten pflegen MdlAnfr 91 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* C Anlage 12 Vereinbarkeit der Abhöraktionen des Ostblocks gegenüber diplomatischen und konsularischen Vertretungen mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Wiener Übereinkommen von 1961 und 1963 MdlAnfr 92 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* D Anlage 13 Neuregelung des Verhältnisses von Therapie und Strafe für Alkoholiker MdlAnfr 107, 108 23.09.83 Drs 10/407 Delorme SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1787*A Anlage 14 Rehabilitationsmaßnahmen zur Verhinderung einer erneuten Straffälligkeit nach Ablauf der Bewährungszeit MdlAnfr 109, 110 23.09.83 Drs 10/407 Stockleben SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1787* D Anlage 15 Auslieferung des Türken Balkir MdlAnfr 111 23.09.83 Drs 10/407 Wartenberg (Berlin) SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1788* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 III Anlage 16 Bereitschaft der Türkei zur Nichtvollstrekkung der Todesstrafe gegen Zeynel Aydindag; Begünstigung Aydindag auf Grund des türkischen Amnestiegesetzes Nr. 1803 MdlAnfr 112, 113 23.09.83 Drs 10/407 Peter (Kassel) SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1788* D Anlage 17 Aufhebung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes; Auswirkungen der Staffelmiete auf den Wohnungsmarkt MdlAnfr 116, 117 23.09.83 Drs 10/407 Menzel SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* B Anlage 18 Auswirkungen der Mietrechtsänderungen MdlAnfr 118 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* C Anlage 19 Angleichung der urheberrechtlichen Schutzfristen für einfache Lichtbilder und Lichtbildwerke MdlAnfr 119 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1761 26. Sitzung Bonn, den 30. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 30. 9. Dr. Ahrens * 30. 9. Amling 30. 9. Antretter * 30. 9. Austermann 30. 9. Böhm (Melsungen) * 30. 9. Brandt 30. 9. Broll 30. 9. Büchner (Speyer) * 30. 9. Dr. von Bülow 30. 9. Engelhard 30. 9. Dr. Enders * 30. 9. Ertl * 30. 9. Gerstl (Passau) * 30. 9. Dr. Glotz 30. 9. Dr. Haack 30. 9. Haase (Fürth) * 30. 9. Dr. Hackel * 30. 9. Handlos * 30. 9. Frau Dr. Hartenstein 30. 9. Hartmann * 30. 9. Hauck 30. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 30. 9. Heimann 30. 9. Herterich 30. 9. Dr. Holtz * 30. 9. Frau Huber 30. 9. Huonker 30. 9. Ibrügger ** 30. 9. Jäger (Wangen) * 30. 9. Kittelmann * 30. 9. Dr. Klein (Göttingen) 30. 9. Kroll-Schlüter 30. 9. Dr.-Ing. Laermann 30. 9. Lemmrich * 30. 9. Lenzer * 30. 9. Dr. Linde * 30. 9. Dr. Müller " 30. 9. Müller (Wadern) 30. 9. Müller (Wesseling) 30. 9. Frau Dr. Neumeister 30. 9. Offergeld 30. 9. Reddemann * 30. 9. Reuschenbach 30. 9. Dr. Rumpf 30. 9. Dr. Schäuble " 30. 9. Dr. Scheer * 30. 9. Schmidt (Hamburg) 30. 9. Schmidt (München) * 30. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 9. Schmitz (Baesweiler) * 30. 9. Schröder (Hannover) 30. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der 70. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Lüneburg) 30. 9. Schulte (Unna) * 30. 9. Schwarz * 30. 9. Dr. Schwenk (Stade) 30. 9. Dr. Solms 30. 9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 9. Dr. Spranger 30. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 9. Dr. Stercken *** 30. 9. Stobbe 30. 9. Stücklen 30. 9. Tillmann 30. 9. Dr. Unland * 30. 9. Dr. Vogel 30. 9. Vogt (Kaiserslautern) * 30. 9. Voigt (Sonthofen) 30. 9. Dr. Warnke 30. 9. Weisskirchen (Wiesloch) 30. 9. Frau Dr. Wex 30. 9. Dr. de With 30. 9. Würtz ** 30. 9. Dr. Wulff * 30. 9. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht über die V. Interparlamentarische Konferenz über Europäische Sicherheit und Zusammenarbeit in Budapest vom 30. Mai bis 4. Juni 1983 (Drucksache 10/331) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zu den Konsequenzen aus dem Bericht „Global 2000" (Drucksache 10/362) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Auswärtiger Ausschuß Innenausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mit Schreiben vom 22. September 1983 mitgeteilt, daß die nachstehenden EG-Vorlagen in der Ratstagung verabschiedet wurden und sich damit eine Beratung im Plenum erübrigt: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 65/269/EWG zur Vereinheitlichung gewisser Regeln betreffend die Genehmigung für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (Drucksache 10/358 Nr. 91) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/756/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Ausbau der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Drucksache 10/358 Nr. 90) 1784* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Fragen der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 76 und 77): Welches Ergebnis haben die mir in der Fragestunde vom 9. Juni 1983 zugesagten weiteren Bemühungen, nämlich Ausbildungsplätze unter Ausnutzung der vorhandenen Einrichtungen anzubieten und zu besetzen, gebracht? Treffen insbesondere Informationen zu, daß man im Bereich der Deutschen Bundesbahn an einer solchen Ausnutzung nicht interessiert ist? Zu Frage 76: In der Fragestunde vom 9. Juni 1983 habe ich unter anderem dargelegt, daß das Gesamtangebot an Ausbildungsplätzen in Einrichtungen des Bundes 1983 um rund 740 zusätzliche Ausbildungsplätze über den Neueinstellungen des Jahres 1982 liegen wird. Die Anstrengungen um eine weitere Erhöhung des Angebots an Ausbildungsplätzen für Berufe nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) haben zusätzlich 350 Ausbildungsplätze erbracht, so daß im Vergleich zum Vorjahr nach jetzigem Stand insgesamt rund 1 100 Ausbildungsplätze mehr zur Verfügung stehen. Zu Frage 77: Informationen, daß die Deutsche Bundesbahn an einer vollen Ausnutzung ihrer Ausbildungskapazitäten nicht interessiert sei, treffen nicht zu. Von dem Gesamtangebot von 3 580 Ausbildungsplätzen werden nach den Angaben der Deutschen Bundesbahn rund 2 300 für den eigenen Nachwuchsbedarf benötigt; die Besetzung der darüber hinausgehenden Ausbildungsplätze konnte nur durch Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel gesichert werden. Die Deutsche Bundesbahn hat ihren Personalbestand in den vergangenen neun Jahren um etwa ein Viertel verringert; der Prozeß zur Konsolidierung des Personalaufwandes ist voraussichtlich noch nicht abgeschlossen. Mit diesem Anpassungsprozeß geht ein abnehmender Bedarf an eigenen Nachwuchskräften einher. Trotz dieser ungünstigen Bedingungen hat die Bundesregierung dafür gesorgt, daß auch die Ausbildungskapazitäten der Deutschen Bundesbahn voll ausgelastet werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 78): Welches Ergebnis haben die von Frau Bundesminister Wilms angekündigten Gespräche mit den Bundesländern über Maßnahmen zum Abbau der Lehrerarbeitslosigkeit gehabt? Aufgrund der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern sind für die Fragen der Lehrerbeschäftigung in erster Linie die Bundesländer verantwortlich. In Anbetracht der zunehmenden Lehrerarbeitslosigkeit und der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich des öffentlichen Dienstrechts sieht die Bundesregierung hier jedoch auch eine gesamtstaatliche Verantwortung. Sie hat deshalb unter Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder eingerichtet, die sich mit dem Problem der Lehrerarbeitslosigkeit befaßt und die vielfältigen Vorschläge zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Lehrern auf ihre praktische Umsetzbarkeit geprüft hat. Im Vordergrund steht dabei die Verbesserung der Möglichkeiten für Teilzeitarbeit und Beurlaubung sowohl aus familienpolitischen als auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Die hierüber mit den Ländern geführten Erörterungen haben bereits zu entsprechenden Initiativen einzelner Länder im Bundesrat geführt. Die unterschiedlichen Vorschläge werden zur Zeit in den Ausschüssen des Bundesrates erörtert mit dem Ziel, eine einheitliche Initiative aller Länder zu erreichen. Die Arbeiten der interministeriellen Arbeitsgruppe werden begleitet vom Arbeitskreis des Bundes und der Länder für Beamtenrechtsfragen, der sich ebenfalls mit der Entwicklung neuer Teilzeit- und Beurlaubungsmodelle befaßt. Darüber hinaus sollten die Länder das geltende Nebentätigkeitsrecht im öffentlichen Dienst konsequent anwenden und dadurch zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten im schulischen und sonstigen Bildungsbereich zugunsten arbeitsloser Lehrer erschließen. Angesichts absinkender Schülerzahlen und immer noch recht hoher Studienanfängerzahlen in den Lehramtsstudiengängen sollten die Länder den Lehrerstudenten bereits während des Studiums oder nach dessen Abschluß Möglichkeiten eröffnen, sich für andere Bereiche des Berufslebens außerhalb der Schule zu qualifizieren. Der Bund hat mit den Ländern bereits einige Maßnahmen vereinbart, die darauf abzielen, Lehrern außerschulische Tätigkeitsfelder zu eröffnen. Die vom Bund geförderten Modellversuche werden vom Institut der deutschen Wirtschaft e. V. in Köln und der Wirtschaftsakademie für Lehrer e. V. in Bad Harzburg durchgeführt. Daüber hinaus ist der Bund in weitere Gespräche mit der Wirtschaft eingetreten, die bereit ist, Bestrebungen zur beruflichen Umorientierung von Lehrern zu unterstützen. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Boenisch auf die Frage des Abgeordneten Duve (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 80): Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß die Ergebnisse der von der „United States Information Agency" in Auftrag gegebenen Umfrage, mit der die Haltung der deut- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1785* schen Bundesbürger zur Nachrüstung erkundet werden sollte, in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht werden? Staatsminister Möllemann hat bereits in seiner Antwort vom 31. August 1983 auf Ihre schriftliche Anfrage ausgeführt, daß es einer seit vielen Jahren geübten allgemeinen Praxis der Regierungen entspricht, auch in anderen Ländern Meinungsumfragen in Auftrag zu geben. Die Ergebnisse derartiger Umfragen sind interne Arbeitsunterlagen, über deren Verwendung die jeweils erhebende Regierung selbst entscheidet. Sie werden zwischen den Regierungen befreundeter Länder ausgetauscht, eine Veröffentlichung ist jedoch im allgemeinen nicht üblich. Auch die Bundesregierung hat die Ergebnisse von Meinungsumfragen, die sie in den Vereinigten Staaten hat durchführen lassen, in aller Regel nicht publiziert. Sie hat nicht die Absicht, von der bisherigen Praxis abzuweichen. Sie wird also auch nicht darauf hinwirken, daß die Ergebnisse der von der United States Information Agency in Auftrag gegebenen Umfrage in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht werden. Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Boenisch auf die Fragen des Abgeordneten Heistermann (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 81 und 82): Welche Projekte sind zur Entwicklung der Sicherheitspolitik im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung noch vorgesehen? Welche Haushaltsmittel werden davon gegebenenfalls in welchen Einzelplänen des Haushaltes benötigt? Die Bundesregierung plant — aufgeschlüsselt nach Ressorts — folgende Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit über Sicherheitspolitik bis Ende 1983: a) Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung wird in den nächsten Tagen eine neue Ausgabe der Zeitschrift „Politik" herausbringen. Diese befaßt sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Abrüstungs- und Sicherheitspolitik. Sie erscheint in der üblichen Auflagenhöhe von 200 000 Exemplaren. Bereits in Druck ist ferner ein 16seitiges Faltblatt, in dem die NATO-Strategie der „flexible response", also das defensive Verteidigungskonzept sowie die friedenssichernde Funktion der Abschreckungspolitik der Atlantischen Allianz dargestellt wird. Das Faltblatt wird in rd. 150 000 Exemplaren gedruckt. Vorgesehen ist drittens die Herausgabe einer sogenannten „Handreichung für (Lokal-)Journalisten", in der mit Unterstützung des Presse- und Informationsamtes über die aktuellen Positionen und Aktionen von Bundesregierung, Parteien und Nachrüstungsgegnern in der Friedens- und Sicherheitspolitik informiert werden soll. b) Das Auswärtige Amt wird von der Schrift „Aufrüsten — Abrüsten. Die Suche nach Wegen zum Frieden" in einer 2. Auflage 200 000 Exemplare nachdrucken (Vertrieb durch den Verlag Deutsche Jugendbücherei, Köln). In Vorbereitung ist ferner das Faltblatt „Acht Kernfragen an die Genfer Verhandlungen über nukleare Mittelstreckenwaffen" in einer Auflage von 100 000 Exemplaren. Beide Schriften werden Anfang Oktober vorliegen. c) Im Bundesministerium der Verteidigung sind für 1983 noch folgende Maßnahmen vorgesehen: — Die Herausgabe des Weißbuches 1983 mit einer Auflage von 180 000 Exemplaren. — Der Ankauf der zweiten Ausgabe eines sicherheitspolitischen Dienstes in einer Stückzahl von 120 000 Exemplaren. — Die Neuauflage der Broschüre „Kräftevergleich NATO/Warschauer Pakt", deren Auflagenhöhe noch nicht verbindlich bestimmt ist. — In Arbeit befindet sich weiter der Entwurf einer Ausgabe von „Zeitbild". Inhalt und Gestaltung liegen in der Verantwortung des Verlages. Das Bundesministerium der Verteidigung unterstützt diesen bei dem Projekt mit DM 270 000,—, was etwa dem Ankauf von 900 000 Exemplaren entspricht. Die angeführten Maßnahmen der drei Ressorts kosten insgesamt rd. DM 1,55 Millionen. Diese werden aus laufenden Haushaltsmitteln dafür vorgesehener Einzelpläne finanziert. Davon entfallen auf das Presse- und Informationsamt der Bundésregierung ca. DM 165 000,—, auf das Auswärtige Amt DM 385 000,—, auf das Bundesministerium der Verteidigung DM 1 Million. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 83): In welcher Form und mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung die von der internationalen Kinderhilfsorganisation „Terre des Hommes" in den vergangenen Monaten dargestellten und dokumentierten Folterungen türkischer Kinder zum Gegenstand eigener diplomatischer Aktivitäten gemacht? Das Auswärtige Amt hat die türkische Seite nachdrücklich aufgefordert, den erhobenen Anschuldigungen nachzugehen. Dem ist dadurch entsprochen worden, daß die türkische Botschaft im Juni Mitteilungen zu 36 der „Terre des Hommes" genannten Fälle gemacht hat. Das Auswärtige Amt hat die Botschaft gebeten, Angaben zu den fehlenden Fällen nachzuholen; dabei ist zu bedenken, daß in 18 der genannten Fälle die Familiennamen unbekannt sind. Nach türkischer Darstellung sind 24 Jugendliche zum großen Teil schon 1981 entlassen worden. Ein Arzteausschuß habe bei 12 noch Inhaf- 1786* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 tierten keine Spuren von Folterungen feststellen können. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeodneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 84): Kann die Bundesregierung Zeitungsberichte bestätigen, wonach türkische Arbeitnehmer wegen ihrer Mitgliedschaft in einer deutschen Gewerkschaft bzw. der Teilnahme an DGB-Veranstaltungen nach Rückkehr in die Türkei verhaftet und gefoltert wurden? Nein. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 85): In welcher türkischen Haftanstalt sitzt der am 12. August 1983 von der Bundesregierung an die Türkei ausgelieferte Sami Memis nach Kenntnissen der Bundesregierung derzeit ein? Der am 12. August 1983 den türkischen Behörden überstellte türkische Staatsangehörige Sami Memis ist derzeit im Zivilgefängnis in Ankara inhaftiert. Er konnte am 27. September 1983 vom Gesandten der Deutschen Botschaft besucht werden. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 89 und 90): Ist der Bundesregierung bekannt, daß im türkischen Militärgefängnis in Diyarbakir seit dem 2. September 1983 ca. 2 500 politische Gefangene ein unbefristetes Fasten begonnen haben, um mit dieser Maßnahme „als letzte Überlebenschance" die Öffentlichkeit in den demokratisch regierten Staaten Westeuropas auf die unmenschlichen Haftbedingungen, Mißhandlungen, Schikanen und Folterungen in diesem Gefängnis aufmerksam zu machen, und wie ist nach Meinung der Bundesregierung eine derartige Behandlung politischer Gefangener durch die Behörden einer Regierung, mit der sie über die Europäische Gemeinschaft, den Europarat und die NATO, Organisationen, die sich auch als „Wertegemeinschaft" verstehen, verbunden ist, mit den Grundwerten dieser Organisationen vereinbar? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher unternommen oder gedenkt sie gegenüber der türkischen Militärregierung zu unternehmen, um die türkische Regierung zur Beachtung der europäischen Menschenrechtskonvention anzuhalten, zu deren Einhaltung sich die Türkei durch ihre Mitgliedschaft im Europarat selbst verpflichtet hat? Zu Frage 89: Die Bundesregierung hat von Pressemeldungen Kenntnis genommen, daß politische Häftlinge in Diyarbakir in Hungerstreik getreten sind. Über den Beginn des Streiks, die Zahl der Hungerstreikenden und weitere Einzelheiten liegen keine eindeutigen Meldungen vor. Die Bundesregierung ist bemüht, Feststellungen zu treffen und hat entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Die Bundesregierung verurteilt Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Folterungen. Sie hat dies auch gegenüber der Türkei wiederholt dargelegt. Zu Frage 90: Die türkische Führung kennt die Haltung der Bundesregierung aus vielen Kontakten auf allen Ebenen. Die Vertreter der Bundesregierung, die hochrangige Gespräche mit türkischen Vertretern geführt haben, haben die Verantwortlichen in der Türkei nachdrücklich an ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erinnert. Dies wird auch in Zukunft geschehen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ihre Interventionen nicht ohne Eindruck geblieben sind. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 91): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Deutsche, die sich in Oberschlesien um die Gräber deutscher Soldaten kümmern, vor den Staatssicherheitsdienst zitiert und Pressionen ausgesetzt werden, und was gedenkt sie zu tun? Pressionen der polnischen Sicherheitsbehörden gegen Deutsche, die sich in Oberschlesien um deutsche Soldatengräber kümmern, sind der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 92): Sind das Abhören unserer diplomatischen und konsularischen Vertretungen und andere Lauschangriffe in den Ostblockstaaten mit deren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen aus den Jahren 1961 und 1963 vereinbar, und — verneinendenfalls — was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auch diese Vertragsstaaten der beiden Wiener Konventionen zu völkerrechtskonformem Verhalten zu bewegen? Eine der wichtigsten Grundsätze des Gesandtschaftsrechts ist das Prinzip der Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten diplomatischer und konsularischer Vertretungen. In Art. 22 Wiener Übereinkommen von 1961 über diplomatische Beziehungen, Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1787* dem alle Ostblockstaaten beigetreten sind, heißt es dazu insbesondere: Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich ... Der Empfangsstaat hat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen zu schützen und um zu verhindern, daß der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird. Das Abhören diplomatischer oder konsularischer Vertretungen oder ein Lauschangriff gegen solche Vertretungen ist mit dem Prinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer und konsularischer Räumlichkeiten und der Pflicht des Empfangsstaats, diese Räumlichkeiten zu schützen, unvereinbar. Falls es zur Entdeckung solcher Praktiken kommt, protestiert die Bundesregierung gegenüber der Regierung des Empfangsstaats energisch gegen die Verletzung völkerrechtlicher Grundsätze. Anlage 13 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Delorme (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 107 und 108): Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Deutschen Caritasverbandes, daß man straffälligen Alkoholikern dieselben Chancen geben soll wie Drogenabhängigen, die sich anstelle der Strafvollstreckung einer therapeutischen Langzeitbehandlung unterziehen können, und wird sie, soweit erforderlich, eine entsprechende Gesetzesinitiative ergreifen? Ist die Bundesregierung bereit, die Frage zu prüfen, ob auch bei rechtskräftig verurteilten Alkoholikern, die oft ähnliche Schwierigkeiten wie Rauschgiftsüchtige haben, die Möglichkeit zur Zurückstellung der Strafvollstreckung eröffnet werden sollte, sofern sie bereit sind, eine Langzeittherapie zu beginnen? Die Vorstellungen des Deutschen Caritasverbandes sind mir im einzelnen nicht bekannt. Offensichtlich sprechen Sie jedoch mit Ihren Fragen die Vorschriften für drogenabhängige Straftäter an, die durch das Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981, das am 1. Januar 1982 in Kraft getreten ist, in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden sind. Es handelt sich dabei insbesondere um die §§ 35 bis 38 BtMG. Diese Vorschriften sehen u. a. vor, die Vollstrekkung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt eines Drogenabhängigen für längstens zwei Jahre zurückzustellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Außerdem ist vorgesehen, die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthalts in einer solchen Einrichtung auf die Strafe anzurechnen, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Des weiteren hat die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, mit Zustimmung des für die Eröffnung zuständigen Gerichtes von der Erhebung der öffentlichen Klage abzusehen. Für Jugendliche und Heranwachsende gelten die Vorschriften entsprechend. Ohne Zweifel gewähren diese Vorschriften den Drogenabhängigen eine gewisse Begünstigung gegenüber anderen Straftätern, auch gegenüber Alkoholabhängigen, denen lediglich die Möglichkeiten der Strafaussetzung zur Bewährung oder der Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel der Besserung und Sicherung nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches zur Verfügung stehen. Gleichwohl sind diese „Vergünstigungen" nicht isoliert zu sehen. Sie sind vielmehr Teil der Gesamtkonzeption des Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts und werden auf der anderen Seite durch die gegenüber dem alten Rechtszustand wesentlich angehobenen Strafrahmen der §§ 29 und 30 BtMG ergänzt. Das Ziel dieser Konzeption ist es, kleine bis mittlere drogenabhängige Straftäter mehr als bisher zu einer notwendigen therapeutischen Behandlung zu motivieren, wobei Strafdrohung und Strafvollstrekkung nur Hilfsmittel sein können, den erforderlichen „Initialzwang" zur Therapiebereitschaft auszulösen. Von daher rechtfertigt sich auch eine gewisse Sonderbehandlung des drogenabhängigen Straftäters. Ich verweise hierzu auch auf den Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 24. Juni 1980 (Drucksache 8/4283). Die dort angeführten Gründe für die Sonderbehandlung Drogenabhängiger sind nach wie vor gültig. Im übrigen ist die Bundesregierung aufgefordert, dem Bundestag bis zum 31. Dezember 1983 einen Bericht über die Erfahrungen mit dem neuen Gesetz, insbesondere über die strafrechtlichen und pharmakologischen Regelungen vorzulegen (vgl. die Beschlußempfehlung Drucksache 9/443, S. 4). Dieser Erfahrungsbericht liegt noch nicht vor. Es bietet sich an, zunächst diesen Bericht abzuwarten und danach sich mit der Frage zu befassen, wie bei straffällig gewordenen Alkoholabhängigen verfahren werden könnte. Anlage 14 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 109 und 110): Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, wonach die Zahl der Straftäter, die nach Ablauf ihrer Bewährungszeit endgültig straflos bleiben, sehr gering ist, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, gegebenenfalls diesem bedrückenden Zustand abzuhelfen? Fördert die Bundesregierung bereits Modelle mit Rehabilitationscharakter, und liegen der Bundesregierung schon verwertbare Ergebnisse vor? 1788* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Zu Frage 109: Die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes über Bewährung und Rückfälligkeit während der Bewährungszeit zeigt in den letzten Jahren ein zunehmend günstiger werdendes Bild. Die Bewährungsquote der nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten ist von 45,3% im Jahre 1977 auf 54,9 % im Jahre 1981 gestiegen. Die Situation stellt sich bei den nach Jugendstrafrecht Verurteilten noch günstiger dar. Die Bewährungsquote stieg von 58,3 % im Jahre 1977 auf 65,1% im Jahre 1981. Nach allgemeiner Erfahrung nimmt die Häufigkeit von Rückfalltaten im Laufe der Bewährungszeit ab. Es ist deshalb anzunehmen, daß sich die Bewährungsquote nach Ablauf der Bewährungszeit noch günstiger darstellt. Vom Bundeszentralregister wird eine Erfassung der gesamten Rückfälligkeit verurteilter Straftäter vorbereitet. Von dieser Untersuchung sind gegen Ende dieses Jahres genaue Zahlen auch im Hinblick auf die Rückfälligkeit nach Ablauf der Bewährungszeit zu erwarten. Die Bundesregierung sieht in der Abnahme der Rückfälligkeit während der Bewährungszeit eine Bestätigung der bisher im Bereich der Strafaussetzung und Bewährungshilfe getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen. Zu Frage 110: Die Bundesregierung hat mehrfach Modelle mit Rehabilitationscharakter gefördert. Ich will als Beispiele nennen: Das von der Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung e. V. Heidelberg im Rahmen des Forschungsprojekts „Weiterbildung in Strafsachen" entwickelte Curriculum der Lerninhalte und Methoden für ein sozial praktisches Training der Strafgefangenen ist von 1977 bis 1979 mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz in mehreren Justizvollzugsanstalten des Bundesgebietes erprobt worden. Die Ergebnisse sind in einem Colloquium am 11. Juni 1981 mit Vertretern der Justizverwaltungen und der Justizvollzugsanstalten erörtert worden. U. a. ist in diesem Colloquium übereinstimmend festgestellt worden, daß das soziale Training eine Ausgangsposition für die Erfüllung des Weiterbildungsauftrags des Strafvollzugs darstellt. Das Curriculum und der Bericht über das Kollegium sind als Schriften der Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung veröffentlicht worden. Mit den Mitteln des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit ist vom 1. Oktober 1976 bis 30. Juni 1979 in Frankfurt am Main das Projekt einer Anlaufstelle für straffällig gewordene Frauen erprobt worden. In diesem Projekt wurde erfolgreich versucht, durch intensive Nachsorge Frauen, die aus einer Untersuchungs- oder Strafhaft entlassen waren, zu helfen, ihre Probleme zu bewältigen. Der Endbericht der wissenschaftlichen Begleitung ist in Band 90 der Schriftenreihe des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit veröffentlicht worden. Das Projekt wird weiter fortgeführt. Das Bundesministerium der Justiz fördert z. Z. die wissenschaftliche Begleitung der vom Jugendrichter straffälligen Jugendlichen auferlegten Teilnahmen an Erziehungskursen. Der Forschungsauftrag zielt darauf, Möglichkeiten und Grenzen dieser Form der Resozialisierungsbemühungen zu erkunden. Die Arbeiten stehen vor dem Abschluß. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Wartenberg (Berlin) (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 111): Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung im Auslieferungsfall Balkir nach Interventionen der französischen Regierung die Bewilligung zur Auslieferung schon vor der Entscheidung des zuständigen Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit versagt hat, obwohl Balkir im Zusammenhang mit dem Auslieferungsbegehren drei Monate in Auslieferungshaft saß und das Auslieferungsbegehren der Türkei somit offensichtlich nicht unzulässig war? Die von Ihnen gestellte Frage war bereits Gegenstand einer schriftlichen Anfrage, die der Abgeordnete Coppik im November 1982 an den Bundesminister der Justiz gerichtet hat. Ich darf die damals erteilte Antwort wiederholen. Sie hatte folgenden Wortlaut: Die Freilassung des Herrn Balkir geschah aufgrund der Ankündigung der Bundesregierung, sie werde sich nicht in der Lage sehen, die Auslieferung des Verfolgten nach der Türkei zu bewilligen. Bei dieser Ankündigung wurden auch die Umstände berücksichtigt, die der Anerkennung des Verfolgten als politischer Flüchtling durch die französischen Behörden zugrunde lagen. D. h.: Das in Frankreich gewährte Asyl hatte, unabhängig von der ebenfalls eine Rolle spielenden Frage der deutsch-französischen Beziehungen, für die Bundesregierung eine Indizwirkung im Hinblick auf eine drohende Gefahr politischer Verfolgung. Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Peter (Kassel) (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 112 und 113): Liegt inzwischen eine definitive Erklärung der Türkei vor, aus der sich ergibt, daß die Türkei eine eventuelle Todesstrafe gegen Aydindag nicht vollstrecken wird, und warum war es bisher trotz der über 19 Monate andauernden Auslieferungshaft gegebenenfalls nicht möglich, diese Frage abschließend zu klären? Inwieweit ist inzwischen definitiv geklärt, daß Aydindag zu dem Personenkreis gehört, der durch das türkische Amnesty-Gesetz Nr. 1803 begünstigt ist, und entscheidet über die Anwendbarkeit dieses Amnesty-Gesetzes die türkische Regierung oder die nach Angaben der türkischen Regierung unabhängigen türkischen Gerichte? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1789* Am 26. September 1983 hat die türkische Regierung dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, sie könne keine Zusicherung dahin gehend abgeben, daß gegen den Verfolgten im Fall seiner Auslieferung die Todesstrafe nicht verhängt oder nicht vollstreckt werden würde. Die Bundesregierung hat daraufhin noch am selben Tage die Auslieferung des Verfolgten in die Türkei abgelehnt und diese Entscheidung unverzüglich den zuständigen deutschen Behörden mitgeteilt. Aydindag ist sodann umgehend aus der Auslieferungshaft entlassen worden. Ich füge im Hinblick auf Ihre Fragen hinzu: Mit Noten vom 26. Juni 1979, 24. August und 21. Oktober 1981 hatte die türkische Regierung erklärt, daß im vorliegenden Fall bei Verhängung der Todesstrafe diese Strafe gemäß dem Amnestiegesetz Nr. 1803 in eine Strafe von 30 Jahren Haft umgewandelt werden würde. Nachdem Zweifel aufgetreten waren, ob das in diesen Noten genannte türkische Amnestiegesetz Nr. 1803 auch Personen erfaßt, die nach Begehung der ihnen zur Last gelegten Tat geflüchtet sind, hat das Auswärtige Amt die türkische Botschaft mit Note vom 21. April 1983 um entsprechende weitere Erläuterung gebeten. Daraufhin erklärte die türkische Regierung mit Note vom 29. Juni 1983, daß nach einem Beschluß der „Generalversammlung des Kassationshofes" im Ausland flüchtige Täter, die sich nicht binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes mit einem Antrag den offiziellen Stellen ergäben, von dem Amnestiegesetz nicht erfaßt würden, daß allerdings die Anwendung des Amnestiegesetzes im Einzelfall im Ermessen der zuständigen Justizbehörden liege. Um den Widerspruch zwischen dieser und den vorausgegangenen Noten aufzuklären, hat das Auswärtige Amt mit Note vom 7. Juli 1983 die türkische Regierung um Mitteilung gebeten, ob die frühere Zusage weiterhin Gültigkeit habe. Diese Bitte hat das Auswärtige Amt in einer weiteren Note vom 13. September 1983 wiederholt. — Die Antwort war dann die absagende türkische Note vom 26. September 1983. Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 116 und 117): Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Wohnraumkündigungsschutzgesetz aufgehoben werden sollte? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die neu eingeführte Staffelmiete negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt hat? Zu Frage 116: Nach Auffassung der Bundesregierung besteht kein Anlaß, die gesetzlichen Regelungen über den Wohnraumkündigungsschutz aufzuheben. Dies haben die Koalitionsfraktionen schon bei der Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen zum Ausdruck gebracht (BT-Druchsache 9/2079, S. 7 links). Auch seitens der Bundesregierung ist in der Folgezeit mehrfach betont worden, daß der Wohnraumkündigungsschutz nicht aufgehoben werden soll. Zu Frage 117: Negative Auswirkungen der neu eingeführten Staffelmiete auf den Wohnungsmarkt sind nicht zu erkennen. Anlage 18 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 118): Welche Erkenntnisse und Erfahrungen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie sich die Mietrechtsänderungen, insbesondere auch die Regelungen für Zeitmietverträge, am Wohnungsmarkt ausgewirkt haben? Erfahrungsgemäß wirken sich Änderungen im Mietrecht am Wohnungsmarkt erst mittelfristig in vollem Umfang aus. Aus diesem Grund liegen der Bundesregierung derzeit keine abschließenden Erkenntnisse über die Auswirkungen des seit dem 1. Januar 1983 geltenden Mietrechts vor. Das betrifft auch die Neuregelungen über Zeitmietverhältnisse. Anlage 19 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 119): Warum verzichtet die Bundesregierung bei dem „Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts" auf die Angleichung der Schutzfrist für „einfache Lichtbilder" auf die für „Lichtbildwerke" vorgesehene Frist, deren Unterscheidung ohne Einschaltung von Gerichten kaum praktikabel ist, und zugleich die Bildjournalisten gegenüber den Kollegen im Ausland, aber auch den „Kunstphotographen" im Inland, benachteiligt? Nach Auffassung der Bundesregierung bedeutet die Gleichbehandlung von Lichtbildwerken und einfachen Lichtbildern im geltenden Recht mit der Folge des nur 25jährigen Schutzes für beide eine erhebliche Schlechterstellung der Lichtbildwerke als persönliche geistige Schöpfungen im Vergleich zu anderen Werken im Sinne des Urheberrechts, denen die volle urheberrechtliche Schutzfrist bis 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers zukommt. Ziel des Gesetzentwurfes ist es daher, die auch verfassungsrechtlich bedenkliche Schlechterstellung der Lichtbildwerke zu beseitigen. Das kann jedoch eine gleichzeitige Anhebung der Schutzfrist auch für Lichtbilder nicht rechtfertigen. Denn das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder kann nur im Rahmen 1790* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 anderer Leistungsschutzrechte gesehen werden und nicht im Vergleich zum Urheberrecht. Die Gefahr von Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern erscheint so gering, daß sie eine Gleichstellung in der Schutzfrist nicht zu rechtfertigen vermag. Denn die große Masse der Fotographien erfüllt eindeutig nicht die Voraussetzungen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Verbleibende Grenzfälle müssen wie auf anderen Gebieten des Urheberrechts im Einzelfall letztlich von den Gerichten geklärt werden. Eine allgemeine Benachteiligung deutscher Bildjournalisten gegenüber Kollegen im Ausland besteht nicht. Im Ausland sind die entsprechenden Schutzfristen nur vereinzelt günstiger als die in dem Entwurf eines Urheberrechtsänderungsgesetzes vorgesehene Regelung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt J. Rossmanith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Es ist kein gegenseitiges Beklagen. Wenn es im Parlament lebhaft zugeht, ist es, glaube ich, nur positiv.

    (Zuruf der Abg. Frau Simonis [SPD])

    Aber wir sollten uns auch gegenseitig zuhören können. Eine gewisse Seite dieses Hauses beklagt immer, daß die anderen nicht zuhören wollten. Wenn man aber einmal etwas sagt, dann sind der Katzenjammer und das Geschrei — Entschuldigung, wenn ich das einmal so sage — immer sehr laut, wenn auch undeutlich.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Ich möchte kurz folgendes Beispiel anführen. Bei der Bundesanstalt für Arbeit wurden über Jahre hinweg z. B. die Beiträge an die Rentenversicherung viel zu früh gezahlt. Nach der Meinung des Rechnungshofs wurden dabei jährlich 2,4 Millionen DM an Zinsverlusten in Kauf genommen. Erfreulicherweise wurde dies in der Zwischenzeit abgestellt und eine andere Zahlungsweise vereinbart, die keine Zinsverluste mehr mit sich bringt. Die Aufgaben, die der Bundesrechnungshof und der Rechnungsprüfungsausschuß wahrnehmen, sind eben, wie sich hier zeigt, sehr notwendig.
    Ich will aber nicht unbedingt die Bundesanstalt für Arbeit besonders herausgreifen. Wir wissen alle nur zu gut, daß gerade in einer Zeit der hohen Arbeitslosigkeit und der immer noch steigenden Zahl von Lehrstellenbewerbern den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesanstalt für Arbeit einiges abverlangt wird. Gerade dabei wird von den Mitarbeitern der Arbeitsämter eine effektive Arbeit verlangt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, mit der die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Bundesanstalt für Arbeit untersucht werden soll. Uns allen ist klar, daß es mit von der Höhe der Arbeitslosigkeit abhängt, in welchem Umfang und in welcher Intensität die Arbeit in diesen Behörden geleistet werden muß.
    Durch entsprechende Personalansätze wurde versucht, den Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit Rechnung zu tragen. Ich darf darauf hinweisen, daß der Personalansatz der Landesarbeitsämter, der Arbeitsämter und der besonderen Dienststellen im Jahre 1981 55 402 Bedienstete ausmachte. Der Ansatz bei der Hauptstelle umfaßte 861 Kräfte.
    Je größer die Zahl der Bediensteten ist, desto schwerfälliger ist natürlich der Apparat. Deshalb waren wir auf dieses Gutachten sehr gespannt. Es ist sicherlich nicht allen gerecht geworden. Allerdings ist der Wert dieses Gutachtens auch darin zu sehen, daß die Bemühungen der Bundesanstalt unterstützt werden, effizienter und zukunftsorientierter zu arbeiten. Das Ziel ist, eine schnellere Verwirklichung der angestrebten Rationalisierung des Arbeitsablaufs zu erreichen.
    Ich möchte aus diesem Gutachten nur zwei Punkte herausgreifen, und zwar zum einen die Forderung, daß eine zentrale Einheit für Fragen der Organisation und Information eingerichtet werden sollte, die den gesamten Bereich der Bundesanstalt für Arbeit umfaßt und steuernd betreut. Sie wird nicht nur auf Anfrage tätig, sondern sie betreibt von sich aus laufende Untersuchungen. Sie soll das Ziel verfolgen, Schwachstellen aufzuspüren und Verbesserungen einzuleiten.
    Eine weitere Aussage aus diesem Gutachten erscheint mir sehr erwähnenswert. Sie betrifft die Änderung in der Aktenhaltung. Man fühlt sich ja fast in das letzte Jahrhundert zurückversetzt, wenn man hört, daß in den Arbeitsämtern ein ständiges Suchen in und nach den Akten vor sich geht, daß das ein Grundübel bei den Arbeitsämtern ist und daß Beschäftigte tatsächlich nur damit befaßt sind, Akten zu suchen bzw. aus den Akten dieses oder jenes herauszusuchen. Wie gesagt: Das paßt sicherlich nicht mehr in die Zeit am Ende des 20. Jahrhunderts. Deshalb wird in diesem Gutachten ein verstärkter Einsatz der Datenverarbeitung empfohlen.
    Die Datenverarbeitung darf aber nicht dazu führen, daß dann wieder mehr Personal gefordert wird. Die Einführung der Datenverarbeitung ist sicherlich nicht in allen Bereichen der Bundesanstalt erforderlich. Denn die Vermittlung von Arbeitsstellen und die Vermittlung von Lehrstellen hängt nicht in erster Linie davon ab, wie gut die Datenbank ist oder die Datenverarbeitung funktioniert, sondern sie wird ganz wesentlich davon beeinflußt, wie stark das Engagement der einzelnen Vermittler ist, wie gut das Verhältnis zu den Unternehmungen ist.
    Ich möchte noch ganz kurz auf einen anderen Bereich mit eingehen, und zwar auf die Beratung des Einzelplans 10, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, und hier auf den Sektor „Förderung der Eingliederung von Vertriebenen und Spätaussiedlern in die Landwirtschaft". Diese Bemerkungen des Rechnungshofes und die Behandlung im Rechnungsprüfungsausschuß haben bei den betroffenen Verbänden teilweise zu Ir-



    Rossmanith
    ritationen geführt. Denn der Bundesrechnungshof hatte festgestellt, daß der Bundesminister landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen mit zu geringer Landausstattung und ohne Wirtschaftsräume gefördert hatte und damit gegen die Zielsetzungen des Bundesvertriebenengesetzes verstoßen hatte. Natürlich ist uns bekannt, daß die Länderregierungen bzw. die Landwirtschaftsminister die Kriterien festlegen. Aber es müssen klare Kriterien geschaffen werden. Das war der Auftrag, den der Rechnungsprüfungsausschuß hier ganz klar gegeben hat, daß der Bundeslandwirtschaftsminister in Absprache mit den Länderministern klare Kriterien für diesen Förderungskatalog erstellt. Wir wollten jedoch die Förderung von Nebenerwerbsstellen nach dem Bundesvertriebenengesetz keineswegs in Frage stellen.
    Diese Beispiele, die ich kurz aufführen wollte, zeigen meines Erachtens, daß die Kontrollfunktion des Parlaments in Fragen des Haushalts mit zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt. Kontrollfunktion — das haben Kollege Friedmann und die anderen Kolleginnen und Kollegen schon angesprochen — heißt aber nicht nur, daß wir nachträglich verursachten Schaden begutachten und beklagen, sondern es heißt, daß wir daraus für die Zukunft auch die entsprechenden Lehren ziehen und die gewonnenen Erkenntnisse in die Finanzansätze der kommenden Haushalte mit einfließen lassen.
    Auf Grund unserer Haushaltslage werden wir — ich muß es noch einmal betonen — von den Bürgerinnen und Bürgern manche Einsparungsmaßnahme verlangen müssen. Sie haben auch ein Recht darauf, daß mit ihren Steuergeldern sparsam, wirtschaftlich und ordnungsgemäß umgegangen wird. Deshalb sollten wir nicht am Althergebrachten festhalten. Gefragt ist vielmehr flexibles, leistungsbewußtes und verantwortliches Denken und Handeln. Mehr Sensibilität beim Umgang mit den Steuergeldern unserer Bürgerinnen und Bürger ist vonnöten, um Fehlausgaben zu vermeiden.
    Deshalb möchte ich im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch dem Bundesrechnungshof für seine Arbeit Dank aussprechen. Er ist das Instrument, das die Unterstützung von uns als Parlament und auch das Vertrauen der Bürger verdient.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deshalb zum Schluß nochmals die Aufforderung an die Minister, an ihre Häuser und an alle Staatsbediensteten, noch mehr Bewußtsein für einen sorgsamen Umgang mit den Steuergeldern zu zeigen. Dieser sorgsame Umgang gilt auch für uns als Parlament: Wir sollten uns auch gewisse Zügel auferlegen und nur soviel Gesetze wie unbedingt notwendig beschließen. — Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kühbacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus-Dieter Kühbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal die Bank der Bundesregierung ansprechen und dort den erfahrensten Parlamentarischen Staatssekretär Gallus: wenn Sie mir einen Moment einmal Ihre Aufmerksamkeit schenken könnten. Wir haben in vieler, vieler Arbeit die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes in dieser Drucksache — ich weiß gar nicht, ob die Bundesregierung weiß, welche Drucksache gemeint ist — durchdiskutiert. Wir diskutieren, Herr Kollege Schäuble, hier j a nicht nur nach rückwärts, sondern wollen aus den Erfahrungen nach vorn Hinweise geben, welches Handeln der Regierung wir als Parlament erwarten.
    Herr Staatssekretär, ich wäre dankbar, wenn in irgendeiner kleinen Sitzung am Rande einmal festgestellt würde, warum niemand vom Auswärtigen Amt hier ist, obwohl der Rechnungshof das Handeln des Auswärtigen Amtes kritisiert; warum niemand hier ist, wenn das Justizministerium kritisiert wird; warum niemand hier ist, wenn der Minister für Wirtschaft kritisiert wird. Sie sind kritisiert worden, und Sie sind hier. Das finde ich in aller Ordnung.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Verkehrsminister — ich komme darauf zurück und werde das noch belegen — wird wegen der Verschwendung von Millionen kritisiert, und niemand ist anwesend.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Er hat sich entschuldigt!)

    — Die haben zwei Staatssekretäre und auch noch einen beamteten, darüberhinaus B 9-Beamte, und niemand ist hier, Herr Kollege Friedmann. Auch die politischen Beamten, die Leitung des Hauses, sind nicht anwesend. Ist das der Umgang dieser Regierung mit dem Parlament? Ich weiß, daß es Ihnen, Herr Kollege Friedmann, die Höflichkeit gegenüber Ihrer eigenen Regierung verbietet, bestimmte Dinge anzusprechen. Deshalb muß ich diese Dinge als stellvertretender Vorsitzender ansprechen.
    Ich fahre fort: Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit — nicht anwesend; Ministerium für Raumordnung und Städtebau — nicht anwesend; Ministerium für Forschung und Technologie — insofern nehme ich meinen Vorwurf zurück, weil über den Etat dieses Hauses heute morgen die Haushaltsverhandlungen mit einigen Kollegen stattfinden, deren Abwesenheit gerügt worden ist, und zwar wahrscheinlich bis tief in die Nacht hinein.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Gilt das auch für den Kollegen Verheyen?)

    Ministerium für Bildung und Wissenschaft — niemand ist hier. Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen ist überhaupt nicht kritisiert worden. Ich habe den Parlamentarischen Staatssekretär aber hier gesehen. Das finde ich anerkennenswert.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das Sondervermögen der Deutschen Bundesbahn, auf das ich jetzt zu sprechen kommen möchte — nicht vertreten.
    Hier bleibe ich bei einem Vorgang, aus dem wir zu lernen haben. Die Deutsche Bundesbahn hat 1974 versucht, ein integriertes Transportsteue-



    Kühbacher
    rungssystem, eine riesige Datenverarbeitungsanlage zu installieren: round about 700 Millionen DM. Das Ding funktioniert nicht, überhaupt nicht. Allein an Hardware, an Datensichtgeräten sind 4 900 Stück gekauft worden, verteilt über die ganze Republik. Zur Zeit sind sie nur teilweise im Einsatz, und zwar 2 500 Exemplare. Das heißt im Klartext: Irgendwann zwischen 1974 und 1978 sind für 87 Millionen DM Datensichtgeräte gekauft worden, die irgendwo in der Ecke stehen. Ich hoffe, daß wenigstens der eine oder andere Beamte darauf spielen darf, damit er etwas lernt. Das ist ein Punkt, der vom Parlament zu kritisieren ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was hat in den 70er Jahren schon funktioniert!)

    — Ich sage Ihnen doch: Wir kritisieren nach vorn, damit wir daraus lernen.
    Eine der Begründungen, warum man dieses Riesenunternehmen durchgeführt hat, lautete: Man wollte einem führenden deutschen Computerunternehmen — das war also politisch gewollt — auch eine Chance geben. Die haben dann gleich ein solches Projekt auf den Markt gelegt, das hinten und vorne nicht funktionieren kann. Herr Kollege, Sie und ich wissen doch: Wenn man etwas Neues anfängt, macht man das erst einmal im kleinen Rahmen, probiert es aus, sammelt Erfahrungen, überträgt es dann auf das nächstgrößere Netz. Wenn das funktioniert, knüpft man die Knoten zusammen. Die haben es genau umgekehrt gemacht. Das ist etwas, was schon auf Grund der Lebenserfahrung nicht funktionieren konnte.
    Worum es mir dabei geht, ist: Hier wird von Verantwortlichen über Geld verfügt, das sie selbst nicht zu erarbeiten brauchen, in den Größenordnungen ja auch nie verdienen könnten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch während der Regierungszeit der SPD passiert!)

    — Das hat doch mit der SPD nichts zu tun, Herr Kollege. Die Verantwortlichen bei der Deutschen Bundesbahn, im Verkehrsministerium sitzen doch noch immer dort. Nur die politische Spitze hat gewechselt. Es geht mir doch gar nicht darum, Herrn Dollinger Vorwürfe zu machen, daß das nicht alles schon organisiert ist. Das Problem besteht darin, daß hier innerhalb einer bestimmten Hierarchie ein bestimmter Umgang mit Steuergeldern gepflegt wird. Plastischer als meine Kollegin Simonis kann man das doch gar nicht beschreiben. Wenn es schiefgeht, ist der Pförtner schuld oder in diesem Fall wahrscheinlich der Bundesbahnsekretär in irgendeiner Zweigniederlassung, wo Lokomotivführer eingesetzt werden sollen. Oder aber der politisch Verantwortliche, der Minister, muß das aushalten. Er wird dann abgewählt bzw. ein neuer wird gewählt. Die Verantwortlichen dazwischen greifen wir nicht. Das ist der eigentliche Sachverhalt, mit dem wir es zu tun haben.
    Wie auch gelegentlich in bezug auf Menschen voreilig falsche Schlußfolgerungen gezogen werden, ohne daß man einmal nachbohrt, zeigt, wie ich meine, die fahrlässige Einlassung des Bundesfinanzministers Stoltenberg auf dem Deutschen Sparkassentag. In dem Rechnungsprüfungsausschußbericht, Herr Kollege Eigen, steht — das ist Fakt —, daß eine ganze Reihe von Beschäftigten der Deutschen Bundesbahn vorzeitig in den Ruhestand geht. Sie sind erwerbsunfähig mit 51 Jahren, mit 53 Jahren. Die Leute sind verbraucht; verbraucht z. B. im Zugbegleitdienst, im Lokomotivführerdienst usw. Was macht denn ein privatwirtschaftlich organisiertes Großunternehmen mit Leuten, die 20, 25, 30 Jahre lang, zum Teil mit Kriegserfahrung, ihren Dienst treu und anständig versehen haben? Raus aus der Zugluft, rein in die Zugluft — das ist doch kein feines Arbeiten. Arbeitsbeginn nachts um 0 Uhr, um 1 Uhr, um 2 Uhr, Wechsel je nach Zug- und Arbeitsanfall. Diese Leute müssen pensioniert werden. Warum? Weil sie fertig sind, körperlich fertig sind. Sie können sich das anschauen: 24,6 % physische Erschöpfung sowie eingeschränktes Hör- und Sehvermögen, 24 % Herz- und Kreislaufschwäche, 30 % Wirbelsäulenschädigung, z. B. bei den Busfahrern. Ich rede von den ganz einfachen Leuten, dem mittleren Dienst, dem einfachen Dienst der Bundesbahn, Beamte, die frühzeitig pensioniert werden müssen.
    Herr Stoltenberg, der das offensichtlich unzureichend zugetragen bekommen hat — das ist j a nicht seine eigene Erkenntnis —, kommt zu dem Schluß, da stimme etwas nicht, die schleichen sich in die frühzeitige Pensionierung. Nicht die Leute sind schuld, sondern wir haben ein Beamtenrecht, das es dem Eisenbahnbeamten im Zugbegleitdienst nicht erlaubt, im Schalterdienst eingesetzt zu werden. Das heißt, dort, wo er sicherlich noch gut funktionieren könnte — verkaufen, anwerben —, kann er nicht hin, weil wir ein Laufbahnrecht haben, das ihn auf Zugbegleitdienst zuschneidet. Etwas anderes kann er nicht tun. Das gleiche ist mit dem Lokomotivführer.
    Das heißt, die Wurzel liegt doch da: Wir brauchten einen umfassend ausgebildeten Bundesbahnbediensteten, der variabel einsetzbar ist und der dann, wenn er bestimmte Funktionen wegen der Belastung nicht mehr wahrnehmen kann — bei eingeschränktem Sehvermögen kann man jemand nicht mehr mit der Lokomotive fahren lassen —, auf einen leichteren, für ihn leichteren, aber doch erfüllten Arbeitsplatz kommt. Da sollten wir nachfassen. Wir haben dazu Anregungen gegeben. Es ist ja gar nicht so neu. Ich bedaure, daß der Bundesinnenminister durch seinen Grundsatzreferenten für Beamtenrecht nicht zuständig ist. Das muß doch nicht ewig geprüft werden. Bei der Bundesbahn funktioniert es nicht, in der Wirtschaft funktioniert es.
    Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung und auch von den nachgeordneten Beamten, daß sie nicht falsche Informationen an ihre Minister geben, damit die nicht in bestimmten Kreisen Aussagen machen, die die Beamten, die vorzeitig pensioniert werden müssen, ins Mark treffen müssen, weil sie als Faulpelze hingestellt werden, wie man das so lässig in den Zeitungen liest. Was ich erwarte, ist, daß wir bestimmte Dinge, die auch in der mitdenkenden Beamtenschaft alle als falsch festgestellt haben, gemeinsam beseitigen. Wenn dieses Parla-



    Kühbacher
    ment sich so versteht, Herr Kollege Friedmann, dann müssen wir erwarten, daß die Bundesregierung auch von uns es annimmt, daß wir nicht nur nach rückwärts kritisieren wollen, sondern nach vorwärts den Staat weiterentwickeln wollen. Deswegen bedaure ich, Herr Kollege Dregger, ein wenig die mangelnde Präsenz, wenn schon nicht der Minister, so doch der beamteten Staatssekretäre. Denn viele von denen, die in der alten Regierung gedient haben, sind noch heute im Amt und haben ein hohes Maß an Verantwortung.

    (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU/CSU)