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    Plenarprotokoll 10/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Inhalt: Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Haushaltsausschuß . . 1761 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1981 (Jahresrechnung 1981) — Drucksache 10/24 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung (einschließlich der Bundesvermögensrechnung) für das Haushaltsjahr 1980 — Drucksachen 9/2108, 10/393 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1980 — Einzelplan 20 - - Drucksachen 9/624, 10/392 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1981 — Einzelplan 20 —— Drucksachen 9/1786, 10/392 — Esters SPD 1761 D Dr. Friedmann CDU/CSU 1763 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1766 C Frau Seiler-Albring FDP 1769 A Carstens (Emstek) CDU/CSU 1772A Frau Simonis SPD 1773 B Rossmanith CDU/CSU 1776 B Kühbacher SPD 1778 B Strube CDU/CSU 1780A Vizepräsident Westphal 1768 D Nächste Sitzung 1782 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1783*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1783* C Anlage 3 Erhöhung und Ausnutzung des Ausbildungsplatzangebotes, insbesondere bei der Deutschen Bundesbahn, ab Juni 1983 MdlAnfr 76, 77 23.09.83 Drs 10/407 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 1784*A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Anlage 4 Ergebnis des Gesprächs zwischen Frau Bundesminister Dr. Wilms und den Bundesländern zum Abbau der Lehrerarbeitslosigkeit MdlAnfr 78 23.09.83 Drs 10/407 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 1784* B Anlage 5 Veröffentlichung des Ergebnisses einer amerikanischen Umfrage über die Haltung der deutschen Bürger zur Nachrüstung MdlAnfr 80 23.09.83 Drs 10/407 Duve SPD SchrAntw StSekr Boenisch BPA . . . . 1784* D Anlage 6 Projekte der Bundesregierung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur Entwicklung der Sicherheitspolitik; Finanzierung der Projekte MdlAnfr 81, 82 23.09.83 Drs 10/407 Heistermann SPD SchrAntw StSekr Boenisch BPA . . . . 1785*A Anlage 7 Intervention gegen die von Terre des Horn-mes dargestellten Folterungen türkischer Kinder MdlAnfr 83 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1785* D Anlage 8 Verfolgung türkischer Arbeitnehmer nach Rückkehr in die Heimat wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten MdlAnfr 84 23.09.83 Drs 10/407 Schreiner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* A Anlage 9 Haftaufenthalt des im August 1983 ausgelieferten Türken Sami Memis MdlAnfr 85 23.09.83 Drs 10/407 Kirschner SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* A Anlage 10 Behandlung fastender politischer Häftlinge im türkischen Militärgefängnis in Diyarbakir; Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention MdlAnfr 89, 90 23.09.83 Drs 10/407 Bindig SPD SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* B Anlage 11 Repressalien gegen Deutsche in Oberschlesien, die Gräber deutscher Soldaten pflegen MdlAnfr 91 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* C Anlage 12 Vereinbarkeit der Abhöraktionen des Ostblocks gegenüber diplomatischen und konsularischen Vertretungen mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Wiener Übereinkommen von 1961 und 1963 MdlAnfr 92 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . . 1786* D Anlage 13 Neuregelung des Verhältnisses von Therapie und Strafe für Alkoholiker MdlAnfr 107, 108 23.09.83 Drs 10/407 Delorme SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1787*A Anlage 14 Rehabilitationsmaßnahmen zur Verhinderung einer erneuten Straffälligkeit nach Ablauf der Bewährungszeit MdlAnfr 109, 110 23.09.83 Drs 10/407 Stockleben SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1787* D Anlage 15 Auslieferung des Türken Balkir MdlAnfr 111 23.09.83 Drs 10/407 Wartenberg (Berlin) SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1788* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 III Anlage 16 Bereitschaft der Türkei zur Nichtvollstrekkung der Todesstrafe gegen Zeynel Aydindag; Begünstigung Aydindag auf Grund des türkischen Amnestiegesetzes Nr. 1803 MdlAnfr 112, 113 23.09.83 Drs 10/407 Peter (Kassel) SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1788* D Anlage 17 Aufhebung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes; Auswirkungen der Staffelmiete auf den Wohnungsmarkt MdlAnfr 116, 117 23.09.83 Drs 10/407 Menzel SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* B Anlage 18 Auswirkungen der Mietrechtsänderungen MdlAnfr 118 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* C Anlage 19 Angleichung der urheberrechtlichen Schutzfristen für einfache Lichtbilder und Lichtbildwerke MdlAnfr 119 23.09.83 Drs 10/407 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . . 1789* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1761 26. Sitzung Bonn, den 30. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 30. 9. Dr. Ahrens * 30. 9. Amling 30. 9. Antretter * 30. 9. Austermann 30. 9. Böhm (Melsungen) * 30. 9. Brandt 30. 9. Broll 30. 9. Büchner (Speyer) * 30. 9. Dr. von Bülow 30. 9. Engelhard 30. 9. Dr. Enders * 30. 9. Ertl * 30. 9. Gerstl (Passau) * 30. 9. Dr. Glotz 30. 9. Dr. Haack 30. 9. Haase (Fürth) * 30. 9. Dr. Hackel * 30. 9. Handlos * 30. 9. Frau Dr. Hartenstein 30. 9. Hartmann * 30. 9. Hauck 30. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 30. 9. Heimann 30. 9. Herterich 30. 9. Dr. Holtz * 30. 9. Frau Huber 30. 9. Huonker 30. 9. Ibrügger ** 30. 9. Jäger (Wangen) * 30. 9. Kittelmann * 30. 9. Dr. Klein (Göttingen) 30. 9. Kroll-Schlüter 30. 9. Dr.-Ing. Laermann 30. 9. Lemmrich * 30. 9. Lenzer * 30. 9. Dr. Linde * 30. 9. Dr. Müller " 30. 9. Müller (Wadern) 30. 9. Müller (Wesseling) 30. 9. Frau Dr. Neumeister 30. 9. Offergeld 30. 9. Reddemann * 30. 9. Reuschenbach 30. 9. Dr. Rumpf 30. 9. Dr. Schäuble " 30. 9. Dr. Scheer * 30. 9. Schmidt (Hamburg) 30. 9. Schmidt (München) * 30. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 9. Schmitz (Baesweiler) * 30. 9. Schröder (Hannover) 30. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der 70. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Lüneburg) 30. 9. Schulte (Unna) * 30. 9. Schwarz * 30. 9. Dr. Schwenk (Stade) 30. 9. Dr. Solms 30. 9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 9. Dr. Spranger 30. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 9. Dr. Stercken *** 30. 9. Stobbe 30. 9. Stücklen 30. 9. Tillmann 30. 9. Dr. Unland * 30. 9. Dr. Vogel 30. 9. Vogt (Kaiserslautern) * 30. 9. Voigt (Sonthofen) 30. 9. Dr. Warnke 30. 9. Weisskirchen (Wiesloch) 30. 9. Frau Dr. Wex 30. 9. Dr. de With 30. 9. Würtz ** 30. 9. Dr. Wulff * 30. 9. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht über die V. Interparlamentarische Konferenz über Europäische Sicherheit und Zusammenarbeit in Budapest vom 30. Mai bis 4. Juni 1983 (Drucksache 10/331) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zu den Konsequenzen aus dem Bericht „Global 2000" (Drucksache 10/362) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Auswärtiger Ausschuß Innenausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mit Schreiben vom 22. September 1983 mitgeteilt, daß die nachstehenden EG-Vorlagen in der Ratstagung verabschiedet wurden und sich damit eine Beratung im Plenum erübrigt: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 65/269/EWG zur Vereinheitlichung gewisser Regeln betreffend die Genehmigung für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (Drucksache 10/358 Nr. 91) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/756/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Ausbau der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (Drucksache 10/358 Nr. 90) 1784* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Fragen der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 76 und 77): Welches Ergebnis haben die mir in der Fragestunde vom 9. Juni 1983 zugesagten weiteren Bemühungen, nämlich Ausbildungsplätze unter Ausnutzung der vorhandenen Einrichtungen anzubieten und zu besetzen, gebracht? Treffen insbesondere Informationen zu, daß man im Bereich der Deutschen Bundesbahn an einer solchen Ausnutzung nicht interessiert ist? Zu Frage 76: In der Fragestunde vom 9. Juni 1983 habe ich unter anderem dargelegt, daß das Gesamtangebot an Ausbildungsplätzen in Einrichtungen des Bundes 1983 um rund 740 zusätzliche Ausbildungsplätze über den Neueinstellungen des Jahres 1982 liegen wird. Die Anstrengungen um eine weitere Erhöhung des Angebots an Ausbildungsplätzen für Berufe nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) haben zusätzlich 350 Ausbildungsplätze erbracht, so daß im Vergleich zum Vorjahr nach jetzigem Stand insgesamt rund 1 100 Ausbildungsplätze mehr zur Verfügung stehen. Zu Frage 77: Informationen, daß die Deutsche Bundesbahn an einer vollen Ausnutzung ihrer Ausbildungskapazitäten nicht interessiert sei, treffen nicht zu. Von dem Gesamtangebot von 3 580 Ausbildungsplätzen werden nach den Angaben der Deutschen Bundesbahn rund 2 300 für den eigenen Nachwuchsbedarf benötigt; die Besetzung der darüber hinausgehenden Ausbildungsplätze konnte nur durch Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel gesichert werden. Die Deutsche Bundesbahn hat ihren Personalbestand in den vergangenen neun Jahren um etwa ein Viertel verringert; der Prozeß zur Konsolidierung des Personalaufwandes ist voraussichtlich noch nicht abgeschlossen. Mit diesem Anpassungsprozeß geht ein abnehmender Bedarf an eigenen Nachwuchskräften einher. Trotz dieser ungünstigen Bedingungen hat die Bundesregierung dafür gesorgt, daß auch die Ausbildungskapazitäten der Deutschen Bundesbahn voll ausgelastet werden. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 78): Welches Ergebnis haben die von Frau Bundesminister Wilms angekündigten Gespräche mit den Bundesländern über Maßnahmen zum Abbau der Lehrerarbeitslosigkeit gehabt? Aufgrund der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern sind für die Fragen der Lehrerbeschäftigung in erster Linie die Bundesländer verantwortlich. In Anbetracht der zunehmenden Lehrerarbeitslosigkeit und der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich des öffentlichen Dienstrechts sieht die Bundesregierung hier jedoch auch eine gesamtstaatliche Verantwortung. Sie hat deshalb unter Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder eingerichtet, die sich mit dem Problem der Lehrerarbeitslosigkeit befaßt und die vielfältigen Vorschläge zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Lehrern auf ihre praktische Umsetzbarkeit geprüft hat. Im Vordergrund steht dabei die Verbesserung der Möglichkeiten für Teilzeitarbeit und Beurlaubung sowohl aus familienpolitischen als auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Die hierüber mit den Ländern geführten Erörterungen haben bereits zu entsprechenden Initiativen einzelner Länder im Bundesrat geführt. Die unterschiedlichen Vorschläge werden zur Zeit in den Ausschüssen des Bundesrates erörtert mit dem Ziel, eine einheitliche Initiative aller Länder zu erreichen. Die Arbeiten der interministeriellen Arbeitsgruppe werden begleitet vom Arbeitskreis des Bundes und der Länder für Beamtenrechtsfragen, der sich ebenfalls mit der Entwicklung neuer Teilzeit- und Beurlaubungsmodelle befaßt. Darüber hinaus sollten die Länder das geltende Nebentätigkeitsrecht im öffentlichen Dienst konsequent anwenden und dadurch zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten im schulischen und sonstigen Bildungsbereich zugunsten arbeitsloser Lehrer erschließen. Angesichts absinkender Schülerzahlen und immer noch recht hoher Studienanfängerzahlen in den Lehramtsstudiengängen sollten die Länder den Lehrerstudenten bereits während des Studiums oder nach dessen Abschluß Möglichkeiten eröffnen, sich für andere Bereiche des Berufslebens außerhalb der Schule zu qualifizieren. Der Bund hat mit den Ländern bereits einige Maßnahmen vereinbart, die darauf abzielen, Lehrern außerschulische Tätigkeitsfelder zu eröffnen. Die vom Bund geförderten Modellversuche werden vom Institut der deutschen Wirtschaft e. V. in Köln und der Wirtschaftsakademie für Lehrer e. V. in Bad Harzburg durchgeführt. Daüber hinaus ist der Bund in weitere Gespräche mit der Wirtschaft eingetreten, die bereit ist, Bestrebungen zur beruflichen Umorientierung von Lehrern zu unterstützen. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Boenisch auf die Frage des Abgeordneten Duve (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 80): Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß die Ergebnisse der von der „United States Information Agency" in Auftrag gegebenen Umfrage, mit der die Haltung der deut- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1785* schen Bundesbürger zur Nachrüstung erkundet werden sollte, in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht werden? Staatsminister Möllemann hat bereits in seiner Antwort vom 31. August 1983 auf Ihre schriftliche Anfrage ausgeführt, daß es einer seit vielen Jahren geübten allgemeinen Praxis der Regierungen entspricht, auch in anderen Ländern Meinungsumfragen in Auftrag zu geben. Die Ergebnisse derartiger Umfragen sind interne Arbeitsunterlagen, über deren Verwendung die jeweils erhebende Regierung selbst entscheidet. Sie werden zwischen den Regierungen befreundeter Länder ausgetauscht, eine Veröffentlichung ist jedoch im allgemeinen nicht üblich. Auch die Bundesregierung hat die Ergebnisse von Meinungsumfragen, die sie in den Vereinigten Staaten hat durchführen lassen, in aller Regel nicht publiziert. Sie hat nicht die Absicht, von der bisherigen Praxis abzuweichen. Sie wird also auch nicht darauf hinwirken, daß die Ergebnisse der von der United States Information Agency in Auftrag gegebenen Umfrage in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht werden. Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Boenisch auf die Fragen des Abgeordneten Heistermann (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 81 und 82): Welche Projekte sind zur Entwicklung der Sicherheitspolitik im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung noch vorgesehen? Welche Haushaltsmittel werden davon gegebenenfalls in welchen Einzelplänen des Haushaltes benötigt? Die Bundesregierung plant — aufgeschlüsselt nach Ressorts — folgende Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit über Sicherheitspolitik bis Ende 1983: a) Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung wird in den nächsten Tagen eine neue Ausgabe der Zeitschrift „Politik" herausbringen. Diese befaßt sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Abrüstungs- und Sicherheitspolitik. Sie erscheint in der üblichen Auflagenhöhe von 200 000 Exemplaren. Bereits in Druck ist ferner ein 16seitiges Faltblatt, in dem die NATO-Strategie der „flexible response", also das defensive Verteidigungskonzept sowie die friedenssichernde Funktion der Abschreckungspolitik der Atlantischen Allianz dargestellt wird. Das Faltblatt wird in rd. 150 000 Exemplaren gedruckt. Vorgesehen ist drittens die Herausgabe einer sogenannten „Handreichung für (Lokal-)Journalisten", in der mit Unterstützung des Presse- und Informationsamtes über die aktuellen Positionen und Aktionen von Bundesregierung, Parteien und Nachrüstungsgegnern in der Friedens- und Sicherheitspolitik informiert werden soll. b) Das Auswärtige Amt wird von der Schrift „Aufrüsten — Abrüsten. Die Suche nach Wegen zum Frieden" in einer 2. Auflage 200 000 Exemplare nachdrucken (Vertrieb durch den Verlag Deutsche Jugendbücherei, Köln). In Vorbereitung ist ferner das Faltblatt „Acht Kernfragen an die Genfer Verhandlungen über nukleare Mittelstreckenwaffen" in einer Auflage von 100 000 Exemplaren. Beide Schriften werden Anfang Oktober vorliegen. c) Im Bundesministerium der Verteidigung sind für 1983 noch folgende Maßnahmen vorgesehen: — Die Herausgabe des Weißbuches 1983 mit einer Auflage von 180 000 Exemplaren. — Der Ankauf der zweiten Ausgabe eines sicherheitspolitischen Dienstes in einer Stückzahl von 120 000 Exemplaren. — Die Neuauflage der Broschüre „Kräftevergleich NATO/Warschauer Pakt", deren Auflagenhöhe noch nicht verbindlich bestimmt ist. — In Arbeit befindet sich weiter der Entwurf einer Ausgabe von „Zeitbild". Inhalt und Gestaltung liegen in der Verantwortung des Verlages. Das Bundesministerium der Verteidigung unterstützt diesen bei dem Projekt mit DM 270 000,—, was etwa dem Ankauf von 900 000 Exemplaren entspricht. Die angeführten Maßnahmen der drei Ressorts kosten insgesamt rd. DM 1,55 Millionen. Diese werden aus laufenden Haushaltsmitteln dafür vorgesehener Einzelpläne finanziert. Davon entfallen auf das Presse- und Informationsamt der Bundésregierung ca. DM 165 000,—, auf das Auswärtige Amt DM 385 000,—, auf das Bundesministerium der Verteidigung DM 1 Million. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 83): In welcher Form und mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung die von der internationalen Kinderhilfsorganisation „Terre des Hommes" in den vergangenen Monaten dargestellten und dokumentierten Folterungen türkischer Kinder zum Gegenstand eigener diplomatischer Aktivitäten gemacht? Das Auswärtige Amt hat die türkische Seite nachdrücklich aufgefordert, den erhobenen Anschuldigungen nachzugehen. Dem ist dadurch entsprochen worden, daß die türkische Botschaft im Juni Mitteilungen zu 36 der „Terre des Hommes" genannten Fälle gemacht hat. Das Auswärtige Amt hat die Botschaft gebeten, Angaben zu den fehlenden Fällen nachzuholen; dabei ist zu bedenken, daß in 18 der genannten Fälle die Familiennamen unbekannt sind. Nach türkischer Darstellung sind 24 Jugendliche zum großen Teil schon 1981 entlassen worden. Ein Arzteausschuß habe bei 12 noch Inhaf- 1786* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 tierten keine Spuren von Folterungen feststellen können. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeodneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 84): Kann die Bundesregierung Zeitungsberichte bestätigen, wonach türkische Arbeitnehmer wegen ihrer Mitgliedschaft in einer deutschen Gewerkschaft bzw. der Teilnahme an DGB-Veranstaltungen nach Rückkehr in die Türkei verhaftet und gefoltert wurden? Nein. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 85): In welcher türkischen Haftanstalt sitzt der am 12. August 1983 von der Bundesregierung an die Türkei ausgelieferte Sami Memis nach Kenntnissen der Bundesregierung derzeit ein? Der am 12. August 1983 den türkischen Behörden überstellte türkische Staatsangehörige Sami Memis ist derzeit im Zivilgefängnis in Ankara inhaftiert. Er konnte am 27. September 1983 vom Gesandten der Deutschen Botschaft besucht werden. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Fragen des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 89 und 90): Ist der Bundesregierung bekannt, daß im türkischen Militärgefängnis in Diyarbakir seit dem 2. September 1983 ca. 2 500 politische Gefangene ein unbefristetes Fasten begonnen haben, um mit dieser Maßnahme „als letzte Überlebenschance" die Öffentlichkeit in den demokratisch regierten Staaten Westeuropas auf die unmenschlichen Haftbedingungen, Mißhandlungen, Schikanen und Folterungen in diesem Gefängnis aufmerksam zu machen, und wie ist nach Meinung der Bundesregierung eine derartige Behandlung politischer Gefangener durch die Behörden einer Regierung, mit der sie über die Europäische Gemeinschaft, den Europarat und die NATO, Organisationen, die sich auch als „Wertegemeinschaft" verstehen, verbunden ist, mit den Grundwerten dieser Organisationen vereinbar? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher unternommen oder gedenkt sie gegenüber der türkischen Militärregierung zu unternehmen, um die türkische Regierung zur Beachtung der europäischen Menschenrechtskonvention anzuhalten, zu deren Einhaltung sich die Türkei durch ihre Mitgliedschaft im Europarat selbst verpflichtet hat? Zu Frage 89: Die Bundesregierung hat von Pressemeldungen Kenntnis genommen, daß politische Häftlinge in Diyarbakir in Hungerstreik getreten sind. Über den Beginn des Streiks, die Zahl der Hungerstreikenden und weitere Einzelheiten liegen keine eindeutigen Meldungen vor. Die Bundesregierung ist bemüht, Feststellungen zu treffen und hat entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Die Bundesregierung verurteilt Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Folterungen. Sie hat dies auch gegenüber der Türkei wiederholt dargelegt. Zu Frage 90: Die türkische Führung kennt die Haltung der Bundesregierung aus vielen Kontakten auf allen Ebenen. Die Vertreter der Bundesregierung, die hochrangige Gespräche mit türkischen Vertretern geführt haben, haben die Verantwortlichen in der Türkei nachdrücklich an ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen erinnert. Dies wird auch in Zukunft geschehen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ihre Interventionen nicht ohne Eindruck geblieben sind. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 91): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Deutsche, die sich in Oberschlesien um die Gräber deutscher Soldaten kümmern, vor den Staatssicherheitsdienst zitiert und Pressionen ausgesetzt werden, und was gedenkt sie zu tun? Pressionen der polnischen Sicherheitsbehörden gegen Deutsche, die sich in Oberschlesien um deutsche Soldatengräber kümmern, sind der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 92): Sind das Abhören unserer diplomatischen und konsularischen Vertretungen und andere Lauschangriffe in den Ostblockstaaten mit deren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen aus den Jahren 1961 und 1963 vereinbar, und — verneinendenfalls — was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auch diese Vertragsstaaten der beiden Wiener Konventionen zu völkerrechtskonformem Verhalten zu bewegen? Eine der wichtigsten Grundsätze des Gesandtschaftsrechts ist das Prinzip der Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten diplomatischer und konsularischer Vertretungen. In Art. 22 Wiener Übereinkommen von 1961 über diplomatische Beziehungen, Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1787* dem alle Ostblockstaaten beigetreten sind, heißt es dazu insbesondere: Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich ... Der Empfangsstaat hat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen zu schützen und um zu verhindern, daß der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird. Das Abhören diplomatischer oder konsularischer Vertretungen oder ein Lauschangriff gegen solche Vertretungen ist mit dem Prinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer und konsularischer Räumlichkeiten und der Pflicht des Empfangsstaats, diese Räumlichkeiten zu schützen, unvereinbar. Falls es zur Entdeckung solcher Praktiken kommt, protestiert die Bundesregierung gegenüber der Regierung des Empfangsstaats energisch gegen die Verletzung völkerrechtlicher Grundsätze. Anlage 13 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Delorme (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 107 und 108): Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Deutschen Caritasverbandes, daß man straffälligen Alkoholikern dieselben Chancen geben soll wie Drogenabhängigen, die sich anstelle der Strafvollstreckung einer therapeutischen Langzeitbehandlung unterziehen können, und wird sie, soweit erforderlich, eine entsprechende Gesetzesinitiative ergreifen? Ist die Bundesregierung bereit, die Frage zu prüfen, ob auch bei rechtskräftig verurteilten Alkoholikern, die oft ähnliche Schwierigkeiten wie Rauschgiftsüchtige haben, die Möglichkeit zur Zurückstellung der Strafvollstreckung eröffnet werden sollte, sofern sie bereit sind, eine Langzeittherapie zu beginnen? Die Vorstellungen des Deutschen Caritasverbandes sind mir im einzelnen nicht bekannt. Offensichtlich sprechen Sie jedoch mit Ihren Fragen die Vorschriften für drogenabhängige Straftäter an, die durch das Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981, das am 1. Januar 1982 in Kraft getreten ist, in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden sind. Es handelt sich dabei insbesondere um die §§ 35 bis 38 BtMG. Diese Vorschriften sehen u. a. vor, die Vollstrekkung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt eines Drogenabhängigen für längstens zwei Jahre zurückzustellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Außerdem ist vorgesehen, die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthalts in einer solchen Einrichtung auf die Strafe anzurechnen, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Des weiteren hat die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, mit Zustimmung des für die Eröffnung zuständigen Gerichtes von der Erhebung der öffentlichen Klage abzusehen. Für Jugendliche und Heranwachsende gelten die Vorschriften entsprechend. Ohne Zweifel gewähren diese Vorschriften den Drogenabhängigen eine gewisse Begünstigung gegenüber anderen Straftätern, auch gegenüber Alkoholabhängigen, denen lediglich die Möglichkeiten der Strafaussetzung zur Bewährung oder der Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel der Besserung und Sicherung nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches zur Verfügung stehen. Gleichwohl sind diese „Vergünstigungen" nicht isoliert zu sehen. Sie sind vielmehr Teil der Gesamtkonzeption des Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts und werden auf der anderen Seite durch die gegenüber dem alten Rechtszustand wesentlich angehobenen Strafrahmen der §§ 29 und 30 BtMG ergänzt. Das Ziel dieser Konzeption ist es, kleine bis mittlere drogenabhängige Straftäter mehr als bisher zu einer notwendigen therapeutischen Behandlung zu motivieren, wobei Strafdrohung und Strafvollstrekkung nur Hilfsmittel sein können, den erforderlichen „Initialzwang" zur Therapiebereitschaft auszulösen. Von daher rechtfertigt sich auch eine gewisse Sonderbehandlung des drogenabhängigen Straftäters. Ich verweise hierzu auch auf den Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 24. Juni 1980 (Drucksache 8/4283). Die dort angeführten Gründe für die Sonderbehandlung Drogenabhängiger sind nach wie vor gültig. Im übrigen ist die Bundesregierung aufgefordert, dem Bundestag bis zum 31. Dezember 1983 einen Bericht über die Erfahrungen mit dem neuen Gesetz, insbesondere über die strafrechtlichen und pharmakologischen Regelungen vorzulegen (vgl. die Beschlußempfehlung Drucksache 9/443, S. 4). Dieser Erfahrungsbericht liegt noch nicht vor. Es bietet sich an, zunächst diesen Bericht abzuwarten und danach sich mit der Frage zu befassen, wie bei straffällig gewordenen Alkoholabhängigen verfahren werden könnte. Anlage 14 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 109 und 110): Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, wonach die Zahl der Straftäter, die nach Ablauf ihrer Bewährungszeit endgültig straflos bleiben, sehr gering ist, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, gegebenenfalls diesem bedrückenden Zustand abzuhelfen? Fördert die Bundesregierung bereits Modelle mit Rehabilitationscharakter, und liegen der Bundesregierung schon verwertbare Ergebnisse vor? 1788* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 Zu Frage 109: Die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes über Bewährung und Rückfälligkeit während der Bewährungszeit zeigt in den letzten Jahren ein zunehmend günstiger werdendes Bild. Die Bewährungsquote der nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten ist von 45,3% im Jahre 1977 auf 54,9 % im Jahre 1981 gestiegen. Die Situation stellt sich bei den nach Jugendstrafrecht Verurteilten noch günstiger dar. Die Bewährungsquote stieg von 58,3 % im Jahre 1977 auf 65,1% im Jahre 1981. Nach allgemeiner Erfahrung nimmt die Häufigkeit von Rückfalltaten im Laufe der Bewährungszeit ab. Es ist deshalb anzunehmen, daß sich die Bewährungsquote nach Ablauf der Bewährungszeit noch günstiger darstellt. Vom Bundeszentralregister wird eine Erfassung der gesamten Rückfälligkeit verurteilter Straftäter vorbereitet. Von dieser Untersuchung sind gegen Ende dieses Jahres genaue Zahlen auch im Hinblick auf die Rückfälligkeit nach Ablauf der Bewährungszeit zu erwarten. Die Bundesregierung sieht in der Abnahme der Rückfälligkeit während der Bewährungszeit eine Bestätigung der bisher im Bereich der Strafaussetzung und Bewährungshilfe getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen. Zu Frage 110: Die Bundesregierung hat mehrfach Modelle mit Rehabilitationscharakter gefördert. Ich will als Beispiele nennen: Das von der Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung e. V. Heidelberg im Rahmen des Forschungsprojekts „Weiterbildung in Strafsachen" entwickelte Curriculum der Lerninhalte und Methoden für ein sozial praktisches Training der Strafgefangenen ist von 1977 bis 1979 mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz in mehreren Justizvollzugsanstalten des Bundesgebietes erprobt worden. Die Ergebnisse sind in einem Colloquium am 11. Juni 1981 mit Vertretern der Justizverwaltungen und der Justizvollzugsanstalten erörtert worden. U. a. ist in diesem Colloquium übereinstimmend festgestellt worden, daß das soziale Training eine Ausgangsposition für die Erfüllung des Weiterbildungsauftrags des Strafvollzugs darstellt. Das Curriculum und der Bericht über das Kollegium sind als Schriften der Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung veröffentlicht worden. Mit den Mitteln des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit ist vom 1. Oktober 1976 bis 30. Juni 1979 in Frankfurt am Main das Projekt einer Anlaufstelle für straffällig gewordene Frauen erprobt worden. In diesem Projekt wurde erfolgreich versucht, durch intensive Nachsorge Frauen, die aus einer Untersuchungs- oder Strafhaft entlassen waren, zu helfen, ihre Probleme zu bewältigen. Der Endbericht der wissenschaftlichen Begleitung ist in Band 90 der Schriftenreihe des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit veröffentlicht worden. Das Projekt wird weiter fortgeführt. Das Bundesministerium der Justiz fördert z. Z. die wissenschaftliche Begleitung der vom Jugendrichter straffälligen Jugendlichen auferlegten Teilnahmen an Erziehungskursen. Der Forschungsauftrag zielt darauf, Möglichkeiten und Grenzen dieser Form der Resozialisierungsbemühungen zu erkunden. Die Arbeiten stehen vor dem Abschluß. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Wartenberg (Berlin) (SPD) (Drucksache 10/407 Frage 111): Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung im Auslieferungsfall Balkir nach Interventionen der französischen Regierung die Bewilligung zur Auslieferung schon vor der Entscheidung des zuständigen Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit versagt hat, obwohl Balkir im Zusammenhang mit dem Auslieferungsbegehren drei Monate in Auslieferungshaft saß und das Auslieferungsbegehren der Türkei somit offensichtlich nicht unzulässig war? Die von Ihnen gestellte Frage war bereits Gegenstand einer schriftlichen Anfrage, die der Abgeordnete Coppik im November 1982 an den Bundesminister der Justiz gerichtet hat. Ich darf die damals erteilte Antwort wiederholen. Sie hatte folgenden Wortlaut: Die Freilassung des Herrn Balkir geschah aufgrund der Ankündigung der Bundesregierung, sie werde sich nicht in der Lage sehen, die Auslieferung des Verfolgten nach der Türkei zu bewilligen. Bei dieser Ankündigung wurden auch die Umstände berücksichtigt, die der Anerkennung des Verfolgten als politischer Flüchtling durch die französischen Behörden zugrunde lagen. D. h.: Das in Frankreich gewährte Asyl hatte, unabhängig von der ebenfalls eine Rolle spielenden Frage der deutsch-französischen Beziehungen, für die Bundesregierung eine Indizwirkung im Hinblick auf eine drohende Gefahr politischer Verfolgung. Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Peter (Kassel) (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 112 und 113): Liegt inzwischen eine definitive Erklärung der Türkei vor, aus der sich ergibt, daß die Türkei eine eventuelle Todesstrafe gegen Aydindag nicht vollstrecken wird, und warum war es bisher trotz der über 19 Monate andauernden Auslieferungshaft gegebenenfalls nicht möglich, diese Frage abschließend zu klären? Inwieweit ist inzwischen definitiv geklärt, daß Aydindag zu dem Personenkreis gehört, der durch das türkische Amnesty-Gesetz Nr. 1803 begünstigt ist, und entscheidet über die Anwendbarkeit dieses Amnesty-Gesetzes die türkische Regierung oder die nach Angaben der türkischen Regierung unabhängigen türkischen Gerichte? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 1789* Am 26. September 1983 hat die türkische Regierung dem Auswärtigen Amt mitgeteilt, sie könne keine Zusicherung dahin gehend abgeben, daß gegen den Verfolgten im Fall seiner Auslieferung die Todesstrafe nicht verhängt oder nicht vollstreckt werden würde. Die Bundesregierung hat daraufhin noch am selben Tage die Auslieferung des Verfolgten in die Türkei abgelehnt und diese Entscheidung unverzüglich den zuständigen deutschen Behörden mitgeteilt. Aydindag ist sodann umgehend aus der Auslieferungshaft entlassen worden. Ich füge im Hinblick auf Ihre Fragen hinzu: Mit Noten vom 26. Juni 1979, 24. August und 21. Oktober 1981 hatte die türkische Regierung erklärt, daß im vorliegenden Fall bei Verhängung der Todesstrafe diese Strafe gemäß dem Amnestiegesetz Nr. 1803 in eine Strafe von 30 Jahren Haft umgewandelt werden würde. Nachdem Zweifel aufgetreten waren, ob das in diesen Noten genannte türkische Amnestiegesetz Nr. 1803 auch Personen erfaßt, die nach Begehung der ihnen zur Last gelegten Tat geflüchtet sind, hat das Auswärtige Amt die türkische Botschaft mit Note vom 21. April 1983 um entsprechende weitere Erläuterung gebeten. Daraufhin erklärte die türkische Regierung mit Note vom 29. Juni 1983, daß nach einem Beschluß der „Generalversammlung des Kassationshofes" im Ausland flüchtige Täter, die sich nicht binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes mit einem Antrag den offiziellen Stellen ergäben, von dem Amnestiegesetz nicht erfaßt würden, daß allerdings die Anwendung des Amnestiegesetzes im Einzelfall im Ermessen der zuständigen Justizbehörden liege. Um den Widerspruch zwischen dieser und den vorausgegangenen Noten aufzuklären, hat das Auswärtige Amt mit Note vom 7. Juli 1983 die türkische Regierung um Mitteilung gebeten, ob die frühere Zusage weiterhin Gültigkeit habe. Diese Bitte hat das Auswärtige Amt in einer weiteren Note vom 13. September 1983 wiederholt. — Die Antwort war dann die absagende türkische Note vom 26. September 1983. Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 10/407 Fragen 116 und 117): Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Wohnraumkündigungsschutzgesetz aufgehoben werden sollte? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die neu eingeführte Staffelmiete negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt hat? Zu Frage 116: Nach Auffassung der Bundesregierung besteht kein Anlaß, die gesetzlichen Regelungen über den Wohnraumkündigungsschutz aufzuheben. Dies haben die Koalitionsfraktionen schon bei der Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen zum Ausdruck gebracht (BT-Druchsache 9/2079, S. 7 links). Auch seitens der Bundesregierung ist in der Folgezeit mehrfach betont worden, daß der Wohnraumkündigungsschutz nicht aufgehoben werden soll. Zu Frage 117: Negative Auswirkungen der neu eingeführten Staffelmiete auf den Wohnungsmarkt sind nicht zu erkennen. Anlage 18 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 118): Welche Erkenntnisse und Erfahrungen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie sich die Mietrechtsänderungen, insbesondere auch die Regelungen für Zeitmietverträge, am Wohnungsmarkt ausgewirkt haben? Erfahrungsgemäß wirken sich Änderungen im Mietrecht am Wohnungsmarkt erst mittelfristig in vollem Umfang aus. Aus diesem Grund liegen der Bundesregierung derzeit keine abschließenden Erkenntnisse über die Auswirkungen des seit dem 1. Januar 1983 geltenden Mietrechts vor. Das betrifft auch die Neuregelungen über Zeitmietverhältnisse. Anlage 19 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 10/407 Frage 119): Warum verzichtet die Bundesregierung bei dem „Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts" auf die Angleichung der Schutzfrist für „einfache Lichtbilder" auf die für „Lichtbildwerke" vorgesehene Frist, deren Unterscheidung ohne Einschaltung von Gerichten kaum praktikabel ist, und zugleich die Bildjournalisten gegenüber den Kollegen im Ausland, aber auch den „Kunstphotographen" im Inland, benachteiligt? Nach Auffassung der Bundesregierung bedeutet die Gleichbehandlung von Lichtbildwerken und einfachen Lichtbildern im geltenden Recht mit der Folge des nur 25jährigen Schutzes für beide eine erhebliche Schlechterstellung der Lichtbildwerke als persönliche geistige Schöpfungen im Vergleich zu anderen Werken im Sinne des Urheberrechts, denen die volle urheberrechtliche Schutzfrist bis 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers zukommt. Ziel des Gesetzentwurfes ist es daher, die auch verfassungsrechtlich bedenkliche Schlechterstellung der Lichtbildwerke zu beseitigen. Das kann jedoch eine gleichzeitige Anhebung der Schutzfrist auch für Lichtbilder nicht rechtfertigen. Denn das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder kann nur im Rahmen 1790* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1983 anderer Leistungsschutzrechte gesehen werden und nicht im Vergleich zum Urheberrecht. Die Gefahr von Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern erscheint so gering, daß sie eine Gleichstellung in der Schutzfrist nicht zu rechtfertigen vermag. Denn die große Masse der Fotographien erfüllt eindeutig nicht die Voraussetzungen einer persönlichen geistigen Schöpfung. Verbleibende Grenzfälle müssen wie auf anderen Gebieten des Urheberrechts im Einzelfall letztlich von den Gerichten geklärt werden. Eine allgemeine Benachteiligung deutscher Bildjournalisten gegenüber Kollegen im Ausland besteht nicht. Im Ausland sind die entsprechenden Schutzfristen nur vereinzelt günstiger als die in dem Entwurf eines Urheberrechtsänderungsgesetzes vorgesehene Regelung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Bernhard Friedmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf klarstel-



    Dr. Friedmann
    len: Gegenstand dieser Debatte ist das Entlastungsverfahren für 1980.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: So ist es!)

    In der Tagesordnung ist zwar auch von der Jahresrechnung 1981 die Rede; damit wird jedoch lediglich das Entlastungsverfahren für 1981 eingeleitet. Bis es zur Entlastung für 1981 kommen kann, bedarf es noch der Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß, wozu auch noch die Empfehlungen des Rechnungshofes vorzulegen und zu beraten sind. Wir reden also, verehrter Herr Kollege Esters, über 1980.
    Nun haben Sie auf die Verfassungsklage Bezug genommen. Ich möchte dazu feststellen: Es ist richtig, daß im letzten Jahr ein Kurzgutachten von Professor Friauf vorlag. Das war aber erst ein vorweggenommenes Kurzgutachten. Das eigentliche ausführliche Gutachten war uns für September zugesagt. Professor Friauf ist krank geworden. Wir haben ihn gemahnt, er hat sich mit seiner Krankheit entschuldigt und hat definitiv schriftlich zugesagt — ich habe den Schriftwechsel soeben nochmals durchgelesen —, uns das Gutachten in der ersten Oktoberhälfte vorzulegen.

    (Schily [GRÜNE]: Andere Gutachten gehen schneller!)

    Mit anderen Worten, wir bestehen auf dem Fortgang des Verfahrens bei dem Verfassungsgericht. Wir haben Herrn Professor Friauf angekündigt, wenn sein Gutachten nicht vorliegen werde, dann werden wir ohne sein Gutachten weitermachen.

    (Kühbacher [SPD]: Hoffentlich!)

    Nochmals der Klarheit halber: Wir reden über 1980. Ich werde nachher vorschlagen, für 1980 Entlastung zu erteilen, möchte aber jetzt schon klarstellen: Dies ist nicht eine Billigung der Politik der damaligen Regierung. Es geht lediglich um die Rechnungsführung. Entlastung bedeutet lediglich, daß die Ausgaben im Rahmen des damals beschlossenen Haushalts ordnungsgemäß belegt worden sind. Der Haushalt selbst war strittig und ist strittig geblieben. Ich lege Wert darauf, daß die Beratung und die Entlastung auch keinerlei präjudizierende Wirkung für 1981 hat. Deshalb ist alles, was von unserer Seite gesagt wird, im Rahmen des Entlastungsverfahrens 1980 zu sehen und mit dieser Einschränkung auch zu hören.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Damit ist die Sache klargestellt!)

    Gleichwohl, meine Damen und Herren, möchte ich zwei Schwerpunkte herausgreifen. Wir haben in diesem Rechnungsprüfungsausschuß vieles auf der Grundlage von Feststellungen des Bundesrechnungshofes beraten. Ein interessanter Schwerpunkt war dabei die Privatisierung von Bundesunternehmen. Wie alljährlich haben wir festgestellt, daß immer wieder vieles im Bereich der Bundesunternehmen schiefgeht. Dies war für uns Veranlassung, zusammen mit dem Rechnungshof einen Fragenkatalog zu erarbeiten und zu verabschieden, den wir der Bundesregierung übergeben haben, der darauf hinausläuft, uns die Konzeption für die Handhabung der Bundesbeteiligungen darzulegen. Die
    Antwort auf den Fragenkatalog wird uns demnächst zugehen; aber schon jetzt ist einiges klar erkennbar. Es ist unbedingt nötig, daß mit der Privatisierung von Bundesvermögen vorangeschritten wird.

    (Schily [GRÜNE]: Aha!)

    Wir müssen auf diesem Gebiet vorankommen, und ich möchte Ihnen einige Gründe dafür nennen.
    Zum einen: Unser Wirtschaftssystem, die Soziale Marktwirtschaft beruht darauf, daß wir private Unternehmer haben. Der Staat soll sich nur dort unternehmerisch betätigen, wo es Private nicht können und wo es anderweitig nicht billiger und wirtschaftlicher möglich ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Meinen Sie die Reeder? AG Weser!)

    Es ist nicht einzusehen, daß sich der Staat an Hotels beteiligt, daß sich der Staat beim Maschinenbau und ähnlichen Dingen beteiligt. Davon sollte sich der Staat schleunigst trennen.
    Ein zweites liegt uns am Herzen. Jährlich erleben wir, wie der Finanzminister wegen der Verluste in Bundesunternehmen mit Nachschußforderungen auf uns zukommt. Immer wieder müssen Nachschußzahlungen in den Bundeshaushalt eingeplant werden, auch dann, wenn der Bund de facto keine rechtliche Nachschußpflicht hat. Der Bund kann es sich nicht leisten, seine Beteiligungen eingehen zu lassen, und deshalb zahlt er immer wieder. Ich erinnere daran, daß ein großer Bundeskonzern im letzten Jahr über 600 Millionen DM Verlust gemacht hat. Prompt hat der Finanzminister einige hundert Millionen Mark Nachschuß in den Haushalt 1984 eingeplant. Wir werden im nächsten Jahr im Zusammenhang mit Bundesunternehmen über 600 Millionen DM drauflegen, wenn wir Dividenden und Zahlungen saldieren. Dieses Haushaltsrisiko wollen wir los sein.

    (Abg. Esters [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Esters, ich habe nur wenig Zeit; ich bitte um Entschuldigung.
    Ein dritter Punkt: Viele Tochterunternehmen der Bundesunternehmen — es sind etwa 1 000 an der Zahl — bereiten mittelständischen Unternehmen immer wieder Konkurrenz, und zwar ruinöse Konkurrenz. Diese Bundesunternehmen treten oft unter ganz „bürgerlichem" Namen auf, so daß gar nicht bekannt ist, daß es sich um eine mittelbare Bundesbeteiligung handelt. Wenn diese Konkurrenz dann dazu führt, daß das Tochter-Bundesunternehmen Verluste macht, wendet sich dieses natürlich an seine Mutter, an den Bundeskonzern, und wenn es beim Bundeskonzern zu Verlusten führt, dann muß der Staat helfend mit Steuern eingreifen, die der private Mittelständler aufgebracht hat.

    (Esters [SPD]: Ist es denn richtig, daß für den Bund nach Ihrer Vorstellung nach wie vor alles so bleibt? Denn Sie wollen doch nur das privatisieren, was Gewinn bringt, nicht aber das, was Verlust bringt!)




    Dr. Friedmann
    — Nein, nein, Herr Esters, Sie greifen mir vor. — Dann führt das letztlich dazu, daß der Mittelständler über seine Steuern via Staat seine staatliche Konkurrenz finanziert, und daran kann uns nicht gelegen sein.
    Nun habe ich bisher nur über die Privatisierung von Bundesbeteiligungen gesprochen. Die ganze Privatisierungstendenz muß aber weitergehen. Im ganzen Bereich des Staates gibt es viele Dienstleistungen, die sich zur Privatisierung vorzüglich eignen. Ich erinnere daran, daß wir mit der Naßbaggerei einen erfolgversprechenden Weg beschritten haben. Ich möchte die Regierung auffordern, auf diesem Weg weiterzumachen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Es ist auch nicht einzusehen, warum gerade im Bundesjustizministerium eine Datenbank JURIS betrieben wird, die genausogut oder besser von privater Seite betrieben werden könnte. Es gibt im Bereich der Bundesbahn, vor allem im Bereich der Ausbesserungswerke, wie überhaupt im Bereich der Regiebetriebe, viele Bereiche, die besser privat als durch den Staat geführt werden. Ich habe allen Anlaß dazu, die Regierung nachdrücklich aufzufordern, hier voranzumachen. Einer kurzen Antwort des Verkehrsministers, die er mir gestern im Haushaltsausschuß gab, entnehme ich, daß da noch nicht genug Energie eingesetzt wird. Es gibt auch im Bereich des Verkehrsministeriums viele Möglichkeiten, Dienstleistungen zu privatisieren. Ich möchte die Regierung dringend ersuchen, hier schleunigst voranzumachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein erster Anfang könnte sicher gemacht werden, indem das auf den Bund entfallende Kapital bei der Aktienkapitalerhöhung bei der Lufthansa nicht auf den Bund übernommen, sondern von privaten Aktionären gezeichnet wird. Die Beteiligung des Bundes würde dann zwar sinken, bliebe aber immer noch bei mehr als 50 %. Im übrigen bin ich der Meinung, daß man auch weit unter 50 % gehen kann. Das Beispiel „Monsieur Felix" hat gezeigt, welche Interessenkollisionen entstehen, wenn staatliche Bedienstete als Aufsichtsräte in privat geführten Unternehmen sitzen.
    Ich möchte auch daran erinnern, daß es meines Erachtens ohne weiteres möglich ist, den 43%igen Anteil an der VEBA zu veräußern. Ich sehe keine Bedenken, auch die Beteiligung beim Volkswagenwerk abzustoßen, bei all der Problematik, die dahintersteckt. Denn warum soll sich der Staat nur bei VW, aber nicht etwa bei Daimler-Benz oder bei anderen Unternehmen beteiligen?
    Nun, meine lieben Kollegen, nicht nur das ist der Punkt: Die Erlöse, die erzielbar sind, sollen nicht dazu dienen, jetzt ein paar Mark mehr zur Schuldentilgung einzunehmen, sondern die Erlöse, die so erzielbar sind, sollen nach meiner Vorstellung dazu verwendet werden, um kranke Bundeskonzerne zu sanieren und dann ebenfalls in die private Marktwirtschaft zu entlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Staat hat heute so viele Aufgaben, daß er nur das tun soll, was ihm zukommt. Er soll die Hände dort weglassen, wo er nicht direkt gefordert ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte noch etwas zu einem weiteren Punkt sagen, nämlich zu den Rundfunkanstalten. Der Rechnungsprüfungsausschuß hat sich — ebenfalls auf der Grundlage eines Gutachtens des Rechnungshofes — mit den Bundesrundfunkanstalten befaßt. Ich möchte vorweg gern einschieben, daß natürlich nicht alles, was bei den Rundfunkanstalten geschieht, mit der privaten Wirtschaft oder mit dem öffentlichen Dienst vergleichbar ist. Trotzdem: Wenn man sich allein die Gehaltsstrukturen der Bundesrundfunkanstalten vornimmt, dann stellt man fest, daß da vieles nicht in Ordnung ist.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Das ist richtig!)

    Die Intendantengehälter lassen sich gut und gern mit Ministergehältern vergleichen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Mindestens!)

    Dementsprechend sind natürlich auch die Gehälter auf der Ebene darunter, nämlich die Gehälter des außertariflich bezahlten Personals.
    Wir haben festgestellt, daß zwar die Tarifverträge eine 40-Stunden-Woche vorsehen, daß die 40 Stunden aber vielfach nicht geleistet werden, auch nicht nach den Dienstplänen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Höchstens 25!)

    Nachrichtenredakteure kommen bei der einen Anstalt nur auf 31 Wochenstunden, in anderen Anstalten auf höchstens 37 Stunden.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das sind die Vorläufer der 35-Stunden-Woche!)

    Nachrichtensekretärinnen kommen zum Teil nur auf 29 Wochenstunden, in manchen Anstalten nur auf 35 Wochenstunden. Sie werden aber trotzdem für 40 Wochenstunden bezahlt.
    Wenn in den Rundfunkanstalten an Wochenfeiertagen gearbeitet werden muß, gibt es Zuschläge von 100 %. Das ist nicht überall so. Wer sich bei den Rundfunkanstalten in den Ruhestand begibt, hat eine Altersversorgung, die weit über den Nettolöhnen und den Nettogehältern der aktiven Zeit liegt.
    Alles in allem: Die Gehaltsstruktur bei den Bundesrundfunkanstalten ist übersetzt. Dabei will ich hier keine Neidkomplexe pflegen. Aber das, was sich auf diesem Gebiet vollzieht, ist symptomatisch für das Wirtschaftsgebaren der Rundfunkanstalten überhaupt.
    Nun spricht vieles dafür, daß es bei den Landesrundfunkanstalten nicht anders aussieht. Natürlich konnten wir als Rechnungsprüfungsausschuß des Bundes uns nicht direkt mit den Landesrundfunkanstalten befassen. Wir haben deshalb den Bundesinnenminister gebeten, auf die Länder einzuwirken, daß diese bei ihren Landesrundfunkanstalten die-



    Dr. Friedmann
    selben Maßstäbe anlegen, wie wir sie jetzt bei den Bundesrundfunkanstalten anlegen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch bei den Nebentätigkeiten!)

    Ich habe daraufhin von vielen Intendanten böse Briefe bekommen. Ich habe böse Briefe bekommen von Personalratsvorsitzenden der Rundfunkanstalten und von Gewerkschaften der Journalisten. Meistens läuft die Kritik darauf hinaus, daß man sagt: Was wollen Sie denn, alles, was wir bezahlen, ist doch abgedeckt durch Wirtschafts- und Haushaltspläne! Es wird erklärt, diese Wirtschafts- und Haushaltspläne seien durch die Gremien verabschiedet, in denen Politiker aller Richtungen säßen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Deshalb ist es j a so hoch!)

    Ich habe mir daraufhin von allen Intendanten in der Bundesrepublik die Wirtschafts- und Haushaltspläne zusenden lassen, ebenso die zuletzt vorgelegten Geschäftsberichte. Wer da meint, er könnte in diesen Unterlagen dieselben Öffentlichkeitsprinzipien vorfinden wie bei Bund und Ländern, der täuscht sich. Sie werden vergeblich danach suchen, wie hoch ein Intendantengehalt darin ausgewiesen ist. Sie werden vergeblich suchen, wie hoch die Gehälter der AT-Bediensteten liegen.
    Ich habe deshalb die Absicht, den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags demnächst zu beauftragen, die mir vorliegenden Haushalts- und Wirtschaftspläne daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit die Prinzipien der Öffentlichkeit in diesen Unterlagen der Rundfunkanstalten genauso gewahrt sind wie bei Bund und Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Da müssen Sie eine Lupe mitliefern!)

    Es wird dabei an vielem hapern. Ich habe einfach den Eindruck, daß es die Rundfunkanstalten sehr gut verstehen, sich unter einer Pseudoöffentlichkeit, indem eben ihre Unterlagen nur wenigen zugänglich sind, bestens zu bedienen. Die Rundfunkanstalten nehmen gern die Vorzüge des öffentlich-rechtlichen Status für sich in Anspruch, aber sie nehmen auch die Möglichkeit in Anspruch, sich an den Spitzengehältern der Wirtschaft auszurichten.
    Mir wird von diesen Anstalten oft gesagt: Der Rechnungshof prüft uns ja inzwischen! — Das ist richtig. Die Landesrechnungshöfe prüfen inzwischen. Aber es ist sorgfältig sichergestellt, daß die Prüfberichte ja nicht an das Licht der breiten Öffentlichkeit kommen. Was der Bundesrechnungshof auf Bundesebene feststellt, kann jeder erfahren. Er kann den Bericht beim Verlag kaufen und beziehen. Bezogen auf die Rundfunkanstalten werden diese Dinge wie Geheimnisse gehütet.
    Ich möchte abschließend dem Bundesrechnungshof — ich sehe den Herrn Präsidenten hier oben — herzlich für die gute Zusammenarbeit danken. Wir sind j a dazu übergegangen, uns auch in laufende Dinge einzuschalten und nicht nur der Entwicklung hinterherzurennen. Was der Bund der Steuerzahler in diesen Tagen, bezogen auf den Bund, kritisiert hat, nämlich daß sich die Politiker um die Verschwendung der Steuergelder nicht kümmerten, sind alte Hüte. Die Beispiele, die dort, bezogen auf den Bund, aufgeführt werden, sind vom Rechnungsprüfungsausschuß längst abschließend erledigt, und zwar im Sinne der Steuerzahler.
    Nochmals herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert (Marburg).

(Zuruf des Abg. Dr. Riedl [München] [CDU/ CSU])


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Guten Morgen, Herr Riedl.
    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Debatte heute geht es um den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses. Damit ist die Frage nach dem korrekten Haushaltsvollzug durch die Bundesregierung aufgeworfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die alte!)

    — Durch die alte Bundesregierung, sehr richtig. — Der Sprecher der CDU/CSU, der Herr Friedmann, hat gerade eben diese Gelegenheit benutzt, um uns seine Lieblingsidee, die angeblich so kostensparende und effektive Privatisierung öffentlicher Leistungen hier näherzubringen. Ich möchte darauf jetzt nicht im einzelnen eingehen. Ich möchte aber gern auf einen anderen Gesichtspunkt aufmerksam machen.
    Voraussetzung jeder parlamentarischen Diskussion eines Haushaltsvollzugs ist selbstverständlich die parlamentarische Beratung und Kontrolle eines Haushaltsentwurfs. Diese parlamentarische Beratung und Kontrolle endet j a in aller Regel — nicht immer, aber in aller Regel — mit der Verabschiedung eines Haushaltsplanes. Hier ist dem Parlament eine zentrale Rolle zugedacht. Das Budgetrecht gilt seit langem als das eigentlich zentrale Recht der Legislative. Gerade an dieser Stelle nun haben die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien einen Einschnitt geplant, der zentrale Funktionen des Parlaments im Rahmen der Haushaltsberatungen in Frage stellt. Ich will Ihnen gleich erklären, was ich damit meine.
    Dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages obliegt auch die parlamentarische Kontrolle von Etatansätzen der Geheimdienste.

    (Aha! bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Jetzt kommt es!)

    Seit vielen Jahren wird diese Kontrolle de facto von einem Unterausschuß des Haushaltsausschusses vorgenommen, einem Unterausschuß, in dem jede Fraktion vertreten ist, die auch im Ausschuß selber vertreten ist. Nun meint die Bundesregierung, die Fraktion der GRÜNEN müsse unter allen Umstän-



    Kleinert (Marburg)

    den aus der parlamentarischen Kontrolle über diesen Bereich herausgehalten werden.

    (Schily [GRÜNE]: Hört! Hört! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Offenbar gibt es hier einiges unter Verschluß zu halten, einiges, was das Ohr eines grünen Parlamentariers nicht erreichen darf.

    (Zuruf von der SPD: Das Ohr schon, aber nicht das Gehirn! — Weitere Zurufe von der SPD und der CDU/CSU)

    Deshalb, um die GRÜNEN hier herauszuhalten, haben sich die Herren im Kanzleramt, aus dem Verteidigungsministerium, aus dem Innen-, aus dem Finanzministerium und was weiß ich noch aus was für Ministerien schon kurz nach dem 6. März zusammengesetzt, um auszutüfteln, wie die GRÜNEN durch Verfahrenstricks von der parlamentarischen Kontrolle in diesem Bereich ausgeschlossen werden könnten.

    (Schily [GRÜNE]: Unglaublich! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das wünscht die Bevölkerung!)

    Die Illustrierte „Stern" berichtete entsprechend diesem Sachverhalt schon im März — —

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — An Ihrer Stelle wäre ich jetzt mal ein bißchen stiller und würde mir das sehr aufmerksam anhören.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Denn wie ich am Mittwoch im Ausschuß erfahren konnte, ist ja Ihre Gruppe, zumindest die Haushaltsgruppe der CDU/CSU, offenbar noch gar nicht in Kenntnis dessen, was da wirklich passiert ist. In diese Richtung gingen jedenfalls die Ausführungen des Herrn Carstens.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Unruhe)