Rede von
Dr.
Reinhold
Kreile
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Kühbacher, Ihrer Fragestellung entnehme ich, daß Sie die großen Unternehmen, von denen die Wirtschaft Deutschlands lebt und von denen auch der deutsche Mittelstand als Zulieferer ganz wesentlich lebt — ich denke nur an die Automobilindustrie — offenbar abschaffen wollen.
Ich darf noch einmal wiederholen: Über 3 Millionen Arbeitnehmer von den 21 Millionen Arbeitnehmern sind in den 50 umsatzgrößten deutschen Betrieben beschäftigt. Unsere Sorge ist es, daß diese Unternehmen — das sind j a Unternehmen, die in der Hand einer breit gestreuten Aktionärsmehrheit liegen — die Arbeitsplätze nicht mehr finanzieren
können. Deswegen müssen diese Unternehmen eine Erleichterung bekommen.
Lassen Sie mich gleich fortfahren und Ihnen die zweite Antwort geben. Ich habe immer den Eindruck, daß Sie, insbesondere wenn Sie von Mitnahmeeffekten sprechen, eine höchst bedenkliche Strategie offenbaren. Es ist offenbar Ihr Ziel, nicht die Ertragskraft der Unternehmen zu stärken, sondern die Unternehmen dazu zu bringen, daß sie auf Investitionshilfemaßnahmen, auf direkte Subventionen des Staates angewiesen sind. Alle Programme, die Sie vorgeschlagen haben, hatten stets diese Zielrichtung. Wir aber wollen genau diese Zielrichtung nicht, sondern wir wollen die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft anregen. Es hat nichts mit einem Nachbeten der Angebotstheorie zu tun, wenn Ichsage: Die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft müssen angeregt werden.
Zunächst gilt es, einmal ein Wort zu der unreflektierten Übernahme volkswirtschaftlicher und nationalökonomischer Schulen in der praktischen Politik zu sagen. Weder eine puristische Angebotstheorie noch die puristische Theorie von Keynes kann uns heute allein weiterhelfen. Leider ist festzustellen, daß die Verfechter der jeweils einen Theorie immer nur die Ignoranz gegenüber der anderen bekunden, statt beide Theorien zu studieren und miteinander zu verbinden. Man kann es deswegen nicht deutlich genug sagen. Diejenigen, die Keynes kennen, wissen, daß auch er dies immer getan hat, daß auch er immer vor einem VulgärKeynesianismus gewarnt hat, und diejenigen, die die grundlegenden Werke der Angebotstheoretiker kennen, wissen, daß auch sie vor einer Durchsetzung einer reinen Angebotstheorie in der praktischen Politik warnen, auch davor warnen, die Nachfrage außer acht zu lassen.
Ich wiederhole: Man kann nicht deutlich genug sagen, daß es in unserer politischen Lage nicht darauf ankommt, eine der herrschenden nationalökonomischen Schulen in ihrer reinen Lehre umzusetzen. Wir behalten dies im Auge. Wir wollen die Rahmenbedingungen verbessern, aber dabei die Nachfrageseite nicht vergessen. Wir halten dies für den besten Weg, dem, so hoffe ich doch, gemeinsamen Ziel zu dienen, zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit zu kommen. Wir werden uns davon nicht abbringen lassen. Denn was wir wollen, ist, der Wirtschaft und den Investoren Sicherheit und Beständigkeit zu geben.