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    Plenarprotokoll 10/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des abgeschossenen südkoreanischen Verkehrsflugzeuges 1169A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Haase (Kassel) und Dr. Stercken 1169 B Ausscheiden des Abg. Handlos aus der Fraktion der CDU/CSU 1169 B Verzicht des Abg. Lahnstein und des Abg. Hecker auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 1169 C Eintritt der Abg. Frau Schmedt (Lengerich) und des Abg. Horacek in den Deutschen Bundestag 1169 C Begrüßung des Leiters der britischen Delegation der IPU, Mr. Temple Morris 1191 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) —Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz —Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1170D, 1204 A Dr. Apel SPD 1180 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 1191 B Hoppe FDP 1197 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1200 D Walther SPD 1208 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 1213 B Dr. Weng FDP 1217 A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 1219 B Gobrecht SPD 1222 D Dr. Kreile CDU/CSU 1226 B Gattermann FDP 1230 D Echternach CDU/CSU 1234 C Grobecker SPD 1236 D Ronneburger FDP 1237 D Burgmann GRÜNE 1238 B Nächste Sitzung 1239 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1241*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1241*A Anlage 3 Herstellung von Dioxin MdlAnfr 21 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Hirsch FDP ErgSchrAntw StSekr Dr. Fröhlich BMI 1241* B auf ZusFr Dr. Hirsch FDP Anlage 4 Einführung des Rostschutzsystems SINOX und SINOFLEX bei öffentlichen Aufträgen MdlAnfr 29 13.05.83 Drs 10/55 Broll CDU/CSU ErgSehrAntw Spranger BMI 1241* D auf ZusFr Broll CDU/CSU Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 1169 18. Sitzung Bonn, den 7. September 1983 Beginn: 10.00 Uhr
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    Berichtigung 16. Sitzung, Seite 1104* A, Zeile 16: Statt 22,55 % ist 11,55 % zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Ibrügger 7. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Reddemann * 7. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung, des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Juli 1983 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: Gesetz zum Zusatzübereinkommen vom 8. Oktober 1982 zum Übereinkommen vom 9. Dezember 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bereich der Sozialen Sicherheit Gesetz zu dem Übereinkommen vom 30. November 1979 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer Gesetz zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung Anlage 3 Ergänzende Antwort des Staatssekretärs Dr. Fröhlich auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Dr. Hirsch (FDP) (Drucksache 10/55 Frage 21, 7. Sitzung, Seite 299 C): Ihre zweite Zusatzfrage zu Ihrer Frage beantworte ich wie folgt: Wie bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drucksache 10/212 vom 27.6. 1983) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hickel und der Fraktion Die GRÜNEN dargelegt hat, stellen Chlordibenzodioxine eine Verbindungsklasse von etwa 75 verschiedenen Isomeren dar. Unter diesen hat das allgemein als Seveso-Dioxin bekannt gewordene 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) eine extrem hohe Toxizität. Es ist jedoch unzulässig, davon auszugehen, daß alle Dioxine vergleichbares Gefährdungspotential aufweisen wie TCDD. TCDD nimmt insofern eine Ausnahmestellung ein. Einzelne höher als TCDD chlorierte Dioxine können unter Umweltbedingungen - im Verhältnis zur Ursprungssubstanz zu kleinen Anteilen - zu TCDD abgebaut werden. Dieses Dioxin ist jedoch ein relativ kurzlebiges Zwischenprodukt auf dem Wege zu einem vollständigen Abbau. Anlagen zum Stenographischen Bericht Insofern ist festzustellen, daß die in der Umwelt und in der Nahrungskette vorkommenden DioxinKonzentrationen im allgemeinen keine Gefährdung darstellen. Bei Störfällen können infolge Brand oder Explosion durch pyrolytische Zersetzung Dioxin-Konzentrationen auftreten, die zu einer Gefährdung führen können. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften werden von den Dioxinen das TCDD mit einer Konzentrationsschwelle von 0,1 ppm (ein Teil auf 10 Millionen Teile) und 1,2,3,7,8,9-Hexachlordibenzo-pdioxin (HCDD) ab einer Mengenschwelle von 10 g pro Anlage in der 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (StörfallVerordnung) vom 27. Juni 1980 in Verbindung mit der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung vom 23. April 1981 (1. StörfallVwV) erfaßt. Nach Mitteilung der Innenminister (-senatoren) der Länder erhalten die Katastrophenschutzbehörden Kenntnis von den Gefährdungsmöglichkeiten durch die im Anhang II der Störfall-Verordnung aufgeführten Stoffe im Rahmen ihrer Beteiligung bei der Prüfung der Sicherheitsanalyse, die von den Betreibern der Anlagen, in denen diese Stoffe in gefährlichen Konzentrationen im bestimmungsgemäßen Betrieb vorhanden sein oder bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes entstehen können, nach § 7 Störfall-Verordnung zu erstellen ist. Außerhalb des Anwendungsbereiches der Störfall-Verordnung bestehen teilweise auf örtlicher Ebene Absprachen zwischen den Katastrophenschutzbehörden und Betreibern, die eine Informationsverbesserung der Katastrophenschutzbehörden über mögliche Gefahrenquellen bezwecken. Eine vollständige Erfassung aller Produktgruppen, aus denen unter nicht vorhersagbaren Schadensbedingungen Dioxine freigesetzt werden können oder die Dioxine enthalten, ist wegen der hohen Zahl der chemischen Verbindungen und Reaktionen, bei denen solche Stoffe als unerwünschte Nebenprodukte denkbar sind, jedoch nicht möglich. Sie können daher auch den Katastrophenschutzbehörden nicht generell bekannt sein. Die entstehenden Konzentrationen sind im allgemeinen jedoch so niedrig, daß sie keine bedeutsame Gefahrenquelle darstellen. Ferner lassen derzeit die Länder die Standorte PCB-gekühlter Transformatoren erfassen und kennzeichnen. Anlage 4 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/55 Frage 29, 7. Sitzung, Seite 308 D): 1242* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Sehr geehrter Herr Kollege! Ich nehme Ihre Fragen in der Fragestunde vom 18. Mai 1983 gerne zum Anlaß, um Sie eingehender, als dies bei der mündlichen Beantwortung möglich war, über die Aktivitäten des Bundesministeriums des Innern zur Förderung umweltfreundlicher Produkte im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens zu informieren. Das Umweltbundesamt hat bereits 1981 eine Untersuchung über die Möglichkeiten einer stärkeren Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegt. Wichtiges Ergebnis dieser Studie war, daß weder haushalts- noch vergaberechtliche Grundsätze einer verstärkten Beachtung von Umweltschutzgesichtspunkten entgegenstehen. Umwelteigenschaften sind Qualitätsmerkmale von Produkten, die ebenso wie Arbeitsschutz- oder Sicherheitsanforderungen in die Leistungsbeschreibung bei öffentlichen Ausschreibungen aufgenommen werden sollen. Um diesen Zusammenhang unmißverständlich klarzustellen, hat der Bundesminister des Innern darauf hingewirkt, daß bei der Novellierung der VOL in die Erläuterung zum § 8 ein Hinweis auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Leistungsbeschreibung aufgenommen wird. Schon jetzt gibt es zahlreiche Beispiele für umweltfreundliche Beschaffungen, von denen ich einige wenige anführen will. Im Geschäftsbereich des BMI wird fast ausschließlich Recyclingpapier eingesetzt. Die Deutsche Bundespost läßt bereits seit zwei Jahren die Telefonbücher recyclinggerecht — unter Verwendung leicht entfärbbarer Druckfarben und leicht löslicher Klebstoffe — herstellen. Das Post-Gelb wurde auf einen nicht cadmiumhaltigen Gelbton umgestellt. Zu erwähnen sind ferner der Einsatz von asbestfreien Bremsbelägen in Kraftfahrzeugen der Post sowie die Erprobung lärmarmer Lastkraftwagen. Umstellungen sind ebenfalls im Bereich des Straßenbaus im Gange. So entwickeln zur Zeit die Bundesanstalt für Straßenwesen und das Umweltbundesamt Anforderungen an umweltfreundliche Straßenmarkierungsstoffe. Nach der Sommerpause sind Gespräche zwischen meinem Hause und dem Bundesministerium für Verkehr vorgesehen, um die Möglichkeiten eines verstärkten Einsatzes von blei- und chromatfreien Korrosionsschutzmitteln im Bereich des Straßen- und Brückenbaus sowie bei der Bundesbahn zu erörtern. Das entscheidende Problem im Hinblick auf eine rasche Verbreitung umweltfreundlicher Produkte auch im Bereich der öffentlichen Verwaltungen ist zur Zeit noch die unzureichende Kenntnis der Beschaffungsstellen über die Umwelterheblichkeit und Umweltverträglichkeit bestimmter Produkte. In meinem Auftrag arbeitet daher das Umweltbundesamt daran, die Information der Beschaffungsstellen zu verbessern. Diesem Ziel dient eine Reihe von Maßnahmen: Ende 1983 wird vom Umweltbundesamt in Form eines Handbuchs das Ergebnis eines Modellvorhabens „Umweltfreundliches Beschaffungsprogramm für Gemeinden" vorgelegt werden, das in den Städten Essen und Wolfsburg läuft. Den Beschaffungsstellen sollen hiermit in praxisgerechter Form Informationen und Handlungshilfen geboten werden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das Umweltzeichen für umweltfreundliche Produkte, das von der Jury Umweltzeichen im Auftrag des Bundesministers des Innern und des Umweltbundesamtes vergeben wird. Gegenwärtig sind 22 Produktgruppen mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet. Im Rahmen der Aktion werden für die jeweiligen Produktgruppen detaillierte Vergabebedingungen festgelegt, die in ihrer Konkretheit gut geeignet sind, um von den Beschaffern in den Leistungskatalog einer Ausschreibung übernommen zu werden. Ich begrüße daher sehr, daß die Bundesmaterialkatalogisierungszentrale im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung Hinweise auf das Umweltzeichen in ihre Datenbank aufgenommen hat. Die Datenbank ist allen Beschaffungsstellen zugänglich. Weitere Bemühungen betreffen die Aufnahme von Umweltaspekten in die Arbeit der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale. Hierdurch soll ebenfalls erreicht werden, daß die Hersteller von sich aus aktiver an der Verbesserung der Umwelteigenschaften ihrer Erzeugnisse arbeiten. Wichtig sind auch die eigenen Bemühungen der Beschaffungsstellen um- entsprechende Informationen über die Umwelteigenschaften von Produkten. Besonders geeignet hierfür ist das im Vergaberecht vorgesehene Instrument der Nebenangebote im Rahmen der Ausschreibungen. Erfolgversprechend wären vor allem bei Großbeschaffern Absichtserklärungen, mit denen angekündigt wird, daß ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch Produkte mit höherem Umweltstandard gekauft werden sollen. Dies würde den Herstellern Zeit für entsprechende Produktentwicklungen lassen. Ich hoffe, daß von diesem Instrument in Zukunft stärker Gebrauch gemacht wird. Abschließend sei noch ein weiteres Projekt erwähnt. Die Studie „Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik" hat auch auf das Problem hingewiesen, daß Normen und andere technische Richtlinien sich hemmend auf die Durchsetzung umweltfreundlicher Produkte im öffentlichen Beschaffungswesen auswirken können. Im Auftrag des Umweltbundesamtes überprüft daher zur Zeit das Deutsche Institut für Normung (DIN) Normen und andere Regeln der Technik auf Umweltrelevanz und mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes im öffentlichen Beschaffungswesen. Die Ergebnisse werden in etwa zwei Jahren vorliegen und Eingang finden in die Arbeiten zur Novellierung von DIN-Vorschriften.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Walther, es ist richtig, daß ich ein neuer Abgeordneter dieses Hauses bin. Aber da mich gerade die Ereignisse des letzten Herbstes hier in dieses Haus gebracht haben,

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    habe ich diese Ereignisse natürlich mit sehr großer Sorgfalt verfolgt.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das war ein Eigentor von Walther!)

    Meine Damen und Herren, erlauben Sie, daß ich dem Kollegen Carstens im Namen unserer Haushaltsgruppe für sein freundliches Lob danke. Dieses Lob geben wir gerne der Haushaltsgruppe der CDU/CSU zurück.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir haben bei diesem Haushalt natürlich nicht erwartet, daß die Opposition hier in großen Jubel ausbricht. Das ist bei der Einbringung eines Haushalts auch gar nicht ihre Aufgabe. Aber ich meine, daß die Damen und Herren der SPD in Kenntnis ihrer Hinterlassenschaft wenigstens eine gewisse Anerkennung für das Bemühen dieser Koalition hier hätten einbringen sollen. Denn dieses Bemühen ist für mich zweifelsfrei. Ebenso ist für mich zweifelsfrei, daß das vorzeitige Ende der vergangenen Legislaturperiode insbesondere dadurch verursacht war, daß beim sozialdemokratischen Regierungspartner Bereitschaft oder Fähigkeit zu einer Umkehr in der Haushaltspolitik nicht vorhanden war. Natürlich haben an der Situation der öffentlichen Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden in der Vergangenheit alle politisch
    Verantwortlichen mitgewirkt, weswegen einseitige Schuldzuweisungen sinnlos sind.
    Die Frage aber, vor der der 9. Bundestag und in Konsequenz dann am 6. März auch der deutsche Wähler stand, war, wer bereit sein würde, die notwendigen Änderungen zu vollziehen, Änderungen, die beinhalten, daß Staatsverschuldung auf Dauer nur für zukunftweisende Investitionen akzeptabel ist und daß solche Verschuldung selbstverständlich nicht beliebig ausgeweitet werden darf. Ausweitung der Staatsverschuldung für Zuwendungen jeder Art, für laufende Kosten und insbesondere auch für Sozialausgaben konnte und kann kein Weg in die Zukunft sein. Es mußte ein Ende sein mit der Mentalität, die Kreditaufnahmen wie ganz normale Einnahmen behandelte. Und es mußte wie beim guten schwäbischen Hausvater auch daran gedacht werden, Schulden zu einem greifbaren Zeitpunkt abzutragen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die neue Regierung ist unter anderem mit dem Ziel angetreten, die Struktur des Bundeshaushalts nachhaltig zu verbessern. So ist es ihr gelungen, im laufenden Haushalt 1983 die Investitionen gegenüber dem Vorjahr um 3,5 % zu steigern und im hier zu beratenden Haushalt 1984 noch einmal eine Investitionssteigerung von 4,8 % vorzunehmen. Die Summe beträgt damit rund 35 Milliarden DM. Dies ist im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren zwar eine positive Umkehr, bedarf jedoch, wenn man auf die mittelfristige Finanzplanung abstellt, auch mittel- und langfristig einer weiteren Verbesserung, damit dieser positive Trend nicht wieder umgekehrt wird. Dies ist ja auch in den Redebeiträgen der Kollegen heute deutlich geworden. — Das bedeutet, daß wir auch in den kommenden Haushalten den begonnenen Umschichtungsprozeß weiter fortführen müssen.
    Zu dem Thema Verbesserung der Haushaltsstruktur gehört auch der Themenkomplex Abbau von Subventionen. Bei der Diskussion über Subventionen besteht in der Öffentlichkeit sehr häufig irrtümlich die Vorstellung, es handle sich hierbei nur um einseitige Hilfen zugunsten der Unternehmen. Subventionen — das muß hier auch einmal deutlich festgehalten werden — umfassen aber auch bestimmte finanzielle Hilfen für private Haushalte; ich erinnere an Wohngeld, Sparförderung und Vermögensbildung, die ebenfalls unter diesen Begriff zu subsumieren sind.
    Es ist auch nicht richtig, daß die Subventionen in der Vergangenheit nur zugenommen hätten. Richtig ist vielmehr, daß z. B. bei den Finanzhilfen — wie es ja gerade in diesen Tagen der 9. Subventionsbericht ausweist — der Anteil gegenüber 1970 von 9,2 % auf 5,2 % der Ausgaben des Bundes gesunken ist.
    Trotzdem sollte die Subventionsgewährung in einer Marktwirtschaft immer nur die Ausnahme von der Regel sein. Ich sage dies im Bewußtsein der hier anstehenden Erfordernisse des nächsten Jahres. Subventionen müssen nach unserer Vorstellung, nach Vorstellung der Fraktion der FDP in die-



    Dr. Weng
    sem Hause, zukünftig stärker als bisher zeitlich begrenzt, gewährt, degressiv gestaltet und unter dem Vorbehalt der grundsätzlichen Rückzahlbarkeit gewährt werden. Wir werden hierauf besonders achten.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich weiß natürlich, meine Damen und Herren, daß es immer öffentlichkeitswirksam und auch einfach ist, den Abbau von Subventionen zu fordern. Dies paßt immer in die Landschaft der öffentlichen Meinung. Schwieriger ist es jedoch, diese Forderungen in die Tat umzusetzen, weil immer der massive Widerstand der Begünstigten zu erwarten ist. Insoweit ist es natürlich wenig hilfreich, wenn die Opposition am gleichen Tage auf der einen Seite durch ihren Vorsitzenden im Haushaltsausschuß der Bundesregierung vorwerfen läßt, sie tue zu wenig beim Subventionsabbau, während sie auf der anderen Seite einige Herren der Fraktion der SPD — die Herren Grobecker und Klose — z. B. fordern läßt, die Bundesregierung solle massiv zusätzliche Subventionen gewähren. Wahrscheinlich haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier Ihr endgültiges Urteil noch nicht gefunden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Zur Verbesserung der Haushaltsstruktur gehört ebenfalls die Begrenzung der konsumtiven Ausgaben; hier soll insbesondere auch der große Block der Personalkosten angesprochen werden. Die jetzt beschlossene Verschiebung der Lohn- und Gehaltsanpassung im öffentlichen Dienst ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bei allem Verständnis dafür, daß dies für die einzelnen Betroffenen eine Härte bedeutet, ist in der heutigen Situation auch das Argument der Arbeitsplatzsicherheit mit zu berücksichtigen. Eine Konsolidierung öffentlicher Haushalte ist ohne Begrenzung der Personalausgaben im öffentlichen Dienst nicht möglich.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die Problematik des Arbeitsmarktes nicht alleine über den öffentlichen Dienst gelöst werden kann; das Gegenteil ist richtig. Natürlich wird immer gesagt werden: Wer einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst fordert, der wird bei der augenblicklichen Arbeitsmarktsituation den falschen Schritt tun. — Dies stimmt aber nicht, denn eine zurückhaltende Personalpolitik, die ein Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen ist, stellt eine notwendige Voraussetzung für die Belebung von Wachstum und Beschäftigung in der Wirtschaft dar.
    Die neue Bundesregierung hat in ihrem Jahreswirtschaftsbericht 1983 folgende Aussage zu ihrer Leitlinie gemacht — ich zitiere —:
    ... die Staatstätigkeit auf ihre eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren, öffentliche Dienstleistungen möglichst auf Private zu übertragen, wo diese sie besser erfüllen können, und öffentliche Vermögen dort zu privatisieren, wo diese
    ohne Beeinträchtigung staatlicher Belange möglich ist.
    Diese Maxime bedeutet für die Haushalts- und Wirtschaftspolitik der kommenden Jahre, daß wir alle staatlichen Dienstleistungen dahin gehend kritisch überprüfen müssen, ob sie effizienter und kostengünstiger durch die Privatindustrie erbracht werden können. Ich will auch sagen: Wir sind hier für jeden geeigneten Hinweis aus der Wirtschaft wie aus der Bevölkerung selbstverständlich dankbar.
    Die von Gegnern einer Privatisierung in solchen Fällen regelmäßig angekündigten katastrophalen Folgen für die Verbraucher sind bisher in keinem einzigen der vielen erfolgreichen Beispiele eingetreten. Im Gegenteil, wir können feststellen, daß Leistungen für den Bürger nicht schlechter, sondern vielfach besser und billiger geworden sind. Grundsatz muß sein: Wo Voraussetzungen für die privatwirtschaftliche Initiative erfüllt sind, muß sich der Staat zurückziehen.
    Meine Damen und Herren, der Bund ist mit zirka 1000 Beteiligungen an der Wirtschaft bzw. über seine Sondervermögen Post, Bahn und ERP direkt oder mittelbar beteiligt. Dieser Beteiligungsbesitz des Bundes muß auf den Prüfstand. Die Vorschrift des § 65 der Haushaltsordnung schreibt vor, daß eine Bundesbeteiligung nur erfolgen soll, wenn wichtige Interessen des Bundes vorliegen oder der angestrebte Zweck nicht besser oder wirtschaftlicher auf andere Weise erreicht werden kann. Als ein erster Schritt bietet sich der Verkauf von Anteilen börsennotierter Gesellschaften an. Ich denke hier an VEBA und VW und insbesondere an die Deutsche Lufthansa, bei der nicht einzusehen ist, daß der Bund 74 % der Anteile besitzen muß.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Hier sollte die bevorstehende Kapitalerhöhung, Herr Minister, als ein erster, wegweisender Schritt auf dem Kapitalmarkt erfolgen.
    Des weiteren sollten wir bei der anstehenden Ausdehnung der Unternehmensbereiche der Bundespost — auch hier ein Appell an das Ministerium — darauf achten, daß die zusätzlichen Dienstleistungen privatisiert angeboten werden bzw. in Kooperation zwischen Bundespost und Privatunternehmen erfolgen.
    Bei einem anderen Sondervermögen, der Deutschen Bundesbahn, die sich zunehmend zu einem unkalkulierbaren Haushaltsrisiko entwickelt hat, müssen wir prüfen, inwieweit Unternehmensteile, die von der Privatindustrie kostengünstiger gestaltet werden können, ausgegliedert werden müssen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Welche Teile?)

    — Herr Kollege Wieczorek, Sie werden von mir nicht erwarten, daß ich Ihnen hier das Gesamtkonzept zur Sanierung der Bundesbahn auf den Tisch legen kann. Ich bin aber sicher, daß gerade die mit diesem Bereich besonders befaßten Kollegen Ihrer Fraktion das Ministerium bei der augenblicklichen



    Dr. Weng
    Ausarbeitung sehr heftig unterstützen werden. Daran, daß hier einige Bereiche in Frage kommen, gibt es wohl keinen Zweifel. Denken Sie z. B. nur an Streckenüberprüfungen, Reparaturbetriebe und ähnliches. Ich glaube, das ist ein weites Feld. Allerdings wird man darüber im Kreis von Leuten, die damit befaßt sind, im einzelnen diskutieren müssen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Sie wecken Hoffnungen!)

    — Ich wecke nicht Hoffnungen, sondern mache deutlich, daß wir uns in den nächsten Jahren um diese Dinge bemühen werden. Das kann bei einer solchen Haushaltsrede durchaus gesagt werden.
    Als letztes Beispiel erwähne ich in diesem Zusammenhang die geplante Zusammenlegung der Postbus- und Bahnbusdienste in private regionale Verkehrsgesellschaften. In einer solchen Privatisierung, meine Damen und Herren, liegt nach Auffassung der FDP-Bundestagsfraktion nicht nur eine finanzpolitische Chance, sondern auch eine ordnungspolitische Aufgabe.
    Lassen Sie mich abschließend feststellen, daß für unsere Fraktion Sparen nicht Selbstzweck ist. Für uns ist die Tendenz des vorliegenden Haushalts schon deshalb notwendig, weil allein durch die eingeleitete Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ein Anteil des Staates an der Gesundung der Wirtschaft geleistet werden kann. Deshalb hat der Herr Bundesfinanzminister bei seinen Bemühungen die volle Unterstützung unserer Fraktion. — Ich bedanke mich für Ihrer aller Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Verheyen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Verheyen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die führenden Vertreter aus Politik und Wirtschaft die derzeitige Problemlage beschreiben, dann sprechen sie gerne von Wirtschaftskrise. Dahinter verbirgt sich meiner Meinung nach der Irrglaube, die derzeitige Krise sei eine bloße Konjunktur- oder Strukturkrise der Wirtschaft.
    Wir GRÜNE meinen, daß es schon längst nicht mehr nur um eine ökonomische Krise geht, sondern vielmehr um eine umfassende soziale und ökologische Krise, die aus grundlegenden Konstruktionsfehlern der industrialistischen Wachstumsgesellschaft erwachsen ist. Deshalb ist dies vor allem auch eine Krise der gesamten Politik. Daß die etablierte Politik dies nicht verstanden hat, ist der tiefste Grund dafür, daß wir heute als GRÜNE im Parlament sitzen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, heute steht zur Entscheidung an, ob die uns aus der Nachkriegszeit vertraute Wachstumsgesellschaft fortgeschrieben werden oder ob eine prinzipielle Neuorientierung erfolgen soll. Die Regierung Kohl plädiert für eine Wende rückwärts hin zu den Rezepten der 50er Jahren mit ihrer anscheinend durch nichts zu erschütternden Wachstumsgläubigkeit. Die Alternativbewegung, viele nachdenkliche Bürger und mit ihnen wir GRÜNE plädieren dagegen für eine Wende nach vorn, orientiert an den Lebens- und Zukunftschancen der kommenden Generation.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So, jetzt werden Sie einmal konkret, ganz konkret!)

    — Ich werde jetzt konkret. —

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wunderbar!)

    Meine Generation ist während der Wachstumsphase der Wirtschaft der Bundesrepublik aufgewachsen und hat die materiellen Wohltaten einerseits, aber auch die soziale und ökologische Zerstörungswut der Wachstumsgesellschaft andererseits am eigenen Leib bitter erfahren müssen. Eine ganz zentrale Erfahrung war dabei für uns, daß der gleiche Produktionsprozeß, der uns viele materielle Güter bescherte, auch für Streß und Arbeitshetze, für Unterdrückung am Arbeitsplatz und Angst in der Schule, für arbeitsbedingte Krankheiten bis hin zum Herzinfarkt unserer Väter verantwortlich war.
    Wir haben erfahren müssen, daß die Bedingungen dieser Wachstumsgesellschaft für soziale Entfremdung unseres Lebens, für die Sprachlosigkeit der alten und die Hoffnungslosigkeit der jungen Generation sowie für die weitgehende Fixierung des Denkens auf das Materielle ursächlich sind.
    Wir haben letztendlich auch erfahren müssen, daß die Interessen der Wirtschaft ins Feld geführt wurden, wenn es darum ging, die Vergiftung unserer Flüsse, die atomare Gefährdung und die ökonomische Ruinierung der Dritten Welt zu rechtfertigen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie wollten doch konkret werden!)

    Diese Erfahrungen kann man nicht als Erfahrungen einiger weniger abtun. Wenn 10 % des Bruttosozialprodukts für Kosten im Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen ausgegeben werden, dann ist das ein Zeichen dafür, daß unsere Art zu leben und zu wirtschaften krank macht.
    Die häufigste Todesursache für Kinder, Herr Stoltenberg, ist heute der Verkehrsunfall;

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Also schaffen wir das Auto ab?!)

    die zweithäufigste Todesursache ist der umweltbedingte Krebs. Das sollte uns zum Nachdenken bringen.
    Wenn heutzutage in manchen Branchen, z. B. Chemie, Bau und Metallverarbeitung, fast 100 % aller Beschäftigten schon vor dem 60. Lebensjahr wegen Arbeitsunfähigkeit ausscheiden müssen, dann zeigt dies sehr drastisch, daß das Industriesystem in dieser Art dabei ist, seine Kinder zu fressen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Jetzt sagen Sie einmal, was Sie anders machen wollen, ganz konkret!)




    Verheyen (Bielefeld)

    Angesichts dieser Situation brauchen wir nicht nur eine mittelfristige Finanzplanung, sondern auch eine mittelfristige ökologische Planung und eine Sozialbilanz der Regierung, die diesen Namen verdient.
    Meine Damen und Herren, der heute von der Bundesregierung eingebrachte Haushalt ist keineswegs ein Haushalt der Konsolidierung, wenn man ihn unter diesen Gesichtspunkten beurteilt, sondern ein Haushalt der Gütervernichtung und der Verschwendung. Lassen Sie mich diese recht provozierende Behauptung an einigen Bereichen des Haushalts verdeutlichen.
    Es ist allgemein bekannt, daß der individuelle Straßenverkehr Jahr für Jahr 12 000 Tote und 150 000 Schwerverletzte mit sich bringt. Dieses menschliche Leiden und die Verarmung des Lebens sind für uns GRÜNE Grund genug, für einen Stopp jeglicher öffentlicher Unterstützung für den Autoverkehr zu plädieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Der Bundeshaushalt zeigt aber, daß die Bundesregierung im alten Trott weitermachen will. Der Verkehrsetat weist weiterhin 7 Milliarden DM für den Straßenbau aus.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Zurück zu den Hochstelzen!)

    1983 werden allein die Verkehrsunfallkosten voraussichtlich mehr als 37 Milliarden DM betragen. Die ökologischen und sonstigen gesundheitlichen Schäden durch Luftverschmutzung und Lärm werden von Experten auf weitere 20 Milliarden DM geschätzt. Selbst wenn die ökologischen Kosten, die wegen der Bedeutung des Autoverkehrs für das Waldsterben sehr gravierend sind, nicht berücksichtigt werden, liegen die gesamtgesellschaftlichen Kosten — wohlgemerkt die Kosten in Mark und Pfennig — bei jedem gefahrenen Personenkilometer doppelt so hoch wie im öffentlichen Personenverkehr.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie fahren aber auch mit dem Dienstwagen und nicht mit dem Fahrrad!)

    Diese Kostenrelation zuungunsten des Autos besteht, obwohl seit dem Krieg die staatliche Subventionierung des Individualverkehrs eine massive Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Autos bewirkt hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn Sie von Marktwirtschaft reden, müssen Sie auch diese Tatsachen zur Kenntnis nehmen: Von 1960 bis 1980 gaben die öffentlichen Haushalte für das Straßennetz etwa 210 Milliarden DM aus, für das Schienennetz der Deutschen Bundesbahn dagegen nicht einmal 20 Milliarden DM.
    Im übrigen werden diese Ausgaben für den Straßenbau in den kommenden Jahren weitere Milliarden an Folgekosten nach sich ziehen, ganz zu schweigen von den ökologischen Schäden, die man bisher noch kaum messen kann. Angesichts dieser
    Realität von Sparhaushalt zu sprechen, ist schlicht eine Irreführung der Öffentlichkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wie viele Autos wollen Sie abschaffen?)

    Seien Sie versichert, Herr Minister Stoltenberg, daß wir auch für eine Konsolidierung des Haushalts sind, aber diese Konsolidierung muß an den Wurzeln des Übels ansetzen und nicht an den Symptomen herumkurieren. Es gilt — darum geht es eigentlich —, Schäden bei der Entstehung zu vermeiden. Nachher die Menschen wieder notdürftig zusammenzuflicken, ist nicht nur unmenschlich, sondern letztlich auch haushaltspolitisch auf Dauer unseriös.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel für die ungebrochene Verschwendungspolitik der Bundesregierung liegt im Energiebereich. Für technisch unsinnige bzw. überholte Projekte — allen voran der Schnelle Brüter und der Hochtemperaturreaktor — werden Milliarden verpulvert, obwohl sogar der zuständige Minister Riesenhuber zugeben muß, daß eine Wirtschaftlichkeit dieser Atomkraftwerke überhaupt nicht absehbar ist. Zu den unsinnigen Ausgaben kommen hohe gesamtgesellschaftliche Kosten. Zukünftige Generationen werden im bittersten Sinne des Wortes jahrtausendelang unabsehbare Folgekosten für die Entsorgung zu tragen haben. Sie werden mit einer Bedrohung leben müssen, deren Bewältigung den totalen Überwachungsstaat geradezu zwingend notwendig macht. Investitionsruinen, Herr Stoltenberg, wie Sie sie soeben genannt haben, deren Schadenspotential durch Abriß gestoppt wird, sind uns immer noch erheblich lieber als Investitionsruinen, die auch noch zukünftige Generationen bedrohen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Für das Märchen vom billigen Atomstrom werden wir wahrscheinlich alle noch teuer bezahlen müssen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie machen das mit der Kohle, j a?)

    Andererseits fehlen angeblich die Mittel, wenn es um eine Kraftwärmekoppelung bei Kohlekraftwerken oder um Wärmedämmung von Häusern geht, beides wirtschaftlich und volkswirtschaftlich äußerst sinnvolle Maßnahmen.
    Ein besonders eklatanter Fall von Verschwendung sind die 100 Milliarden DM, die der Postminister für die Installierung einer industriepolitisch völlig unsinnigen Verkabelung der Republik verschleudern will.

    (Kolb [CDU/CSU]: „Verschleudern"?)

    Wer die verkabelte Fernsehrepublik will, vernichtet Millionen Arbeitsplätze und muß darüber hinaus wissen, daß er die sozialen Kontaktprobleme der Menschen dieser Republik, die sowieso schon groß genug sind, noch vergrößert und gleichzeitig erheblich höhere gesamtgesellschaftliche Kosten für Al-



    Verheyen (Bielefeld)

    koholismus und Gewaltkriminalität einplanen muß.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Auch der Wald wird Opfer Ihrer Unterlassungspolitik. Während das Waldsterben fortschreitet, reagiert die Bundesregierung mit völlig unzureichenden Maßnahmen, die keine wesentliche Besserung bringen. Schon jetzt liegen die Kosten für Waldschäden bei mindestens 60 Milliarden DM. Die Schmutz- und Giftemissionen verursachen zusätzlich rund vier Milliarden DM Kosten jährlich an Gebäudeschäden, Korrosionsschäden und zusätzlichem Reinigungsaufwand. Insgesamt treten nach Schätzungen der OECD Luftverunreinigungsschäden in Höhe von mindestens drei bis fünf Prozent des Bruttosozialprodukts auf. Das sind in der Bundesrepublik Jahr für Jahr 40 bis 70 Milliarden DM.
    Wer angesichts derartiger Kosten und Belastungen die Frage stellt, ob wir uns ein umfassendes Programm gegen das Waldsterben leisten können, beweist damit nur die Beschränktheit seines Horizonts.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die eigentliche Frage lautet längst schon, ob wir es uns leisten können, ein solches Umweltprogramm nicht zu machen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, die kurzsichtige und zerstörerische Sicht Ihres Haushalts zeigt sich nicht zuletzt auch in der Art und Weise, wie Sie unser Verhältnis zu den Ländern der Dritten Welt gestalten wollen. Die Bundesregierung verzichtet völlig auf strukturverändernde Maßnahmen, ohne die eine dauerhafte Verbesserung der Lebenssituation der Menschen der Dritten Welt nicht möglich ist. Ihre untauglichen und unzureichenden Rezepte beschränken sich auf Außenwirtschaftsförderung und Almosenverteilung. Sie verweigern im weltwirtschaftlichen Bereich — wie auf der letzten UNCTAD dokumentiert — jeden Ansatz zu einer Neuordnung. Dagegen können viele Diktaturen mit Ihrer politischen, ökonomischen und militärischen Hilfe rechnen. Das neueste traurige Beispiel ist die Türkei.
    Wenn schon das Lebensschicksal der Menschen in der Dritten Welt für Sie kein hinreichender Grund zu sein scheint, Ihre Politik zu ändern, möchte ich doch zumindest an Ihren Realitätssinn appellieren: Können Sie sich nicht vorstellen, welche langfristigen Kosten und Schäden diese Ihre Unterentwicklungspolitik für unsere Bevölkerung und für künftige Generationen hier bei uns mit sich bringen wird?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wissen Sie, was auf uns zukommt, wenn die Menschen in der Dritten Welt mangels Alternativen weiterhin ihre Wälder abholzen, wenn internationale Konzerne weiterhin ohne jede Auflage umweltvergiftende Industrieunternehmen in Afrika, Asien und Lateinamerika errichten können, wenn die weitere Verschuldung zum Zusammenbruch nicht nur der nationalen Volkswirtschaften, sondern des internationalen Währungssystems insgesamt führt und wenn die weitere Aufrüstung von Staaten in der Dritten Welt durch Rüstungsexporte von hier zu kriegerischen Konflikten führt, die langfristig sicher nicht auf diese für Sie anscheinend so fernen Regionen zu beschränken sind? Die Folgen unterlassener Entwicklungspolitik werden wir auch in Mark und Pfennig schon bald zu tragen haben.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sagen Sie mal konkret, was Sie anders machen wollen!)

    Einen letzten Bereich der Verschwendung sehe ich in der tatenlosen Hinnahme der Massenarbeitslosigkeit. Wir GRÜNE können erzwungene Erwerbslosigkeit unter keiner Bedingung akzeptieren, denn sie bedeutet für die Betroffenen nicht nur materielle Not, sondern auch soziale Deklassierung und menschliches Elend.
    Wer Massenarbeitslosigkeit zum Dauerzustand macht, wie es diese Regierung faktisch tut, auch wenn sie anders redet, der betreibt einen unverantwortlichen Raubbau an den Gütern und Werten unserer Bevölkerung. Wer Massenarbeitslosigkeit in Kauf nimmt, muß die Kosten für Produktivitätsverlust, verschwendete Bildungsausgaben, aber auch für Alkoholismus, für eine Ausweitung von Kriminalität und Krankheitskosten dazurechnen. Schon die heute feststellbaren gesamtfiskalischen Kosten betragen nach den Berechnungen des IAB, des Forschungsinstituts des „Bundesarbeitsamts", 24 000 DM pro Arbeitslosen und Jahr. Das sind bei drei Millionen Arbeitslosen mehr als 70 Milliarden DM im Jahr. Wir meinen: Dieses Geld ist für die Finanzierung des Lohnausgleichs bei Einführung der 35-Stunden-Woche erheblich besser angelegt als für die Dauerarbeitslosigkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So rechnet Lieschen Müller!)

    Und damit komme ich zu den Lösungsvorschlägen, die wir GRÜNE anbieten.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Jetzt kommt's!)

    Hierzu gehört erstens eine schnelle Realisierung der 35-Stunden-Woche. Denn ohne eine solche drastische Verkürzung der Wochenarbeitszeit ist eine Lösung des Problems der Massenarbeitslosigkeit nicht vorstellbar.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Alle anderen Lösungsvorschläge, die z. B. auch die Regierung anbietet, etwa die Verkürzung der Lebensarbeitszeit, sind schon unter quantitativen Gesichtspunkten — und Sie rechnen ja so gern — überhaupt nicht bedeutend. Die Verkürzung der Lebensarbeitszeit — bis zum 60. Lebensjahr — würde nur etwa 200 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Demgegenüber kann man bei einer Verwirklichung der 35-Stunden-Woche innerhalb der nächsten zwei Jahre mit einer Million bis 1,5 Millionen neuen Stellen rechnen.



    Verheyen (Bielefeld)

    Die Bundesregierung hat deshalb meiner Ansicht nach die Pflicht, auf eine schnelle Verwirklichung der Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu drängen, übrigens auch im öffentlichen Dienst. Ansonsten ist Ihr Bekenntnis, die Arbeitslosigkeit bekämpfen zu wollen, vollkommen unglaubwürdig.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Haben Sie mal berechnet, was das die öffentlichen Haushalte kostet?)

    Als zweites schlagen wir zur Lösung der drängendsten Probleme die Durchführung eines SOS-Programmes vor, eines sozialen und ökologischen Sofortprogramms. Dieses Programm haben wir gestern der Öffentlichkeit vorgestellt und dazu auch Finanzierungsvorschläge gemacht. Ich möchte mich deshalb angesichts der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit auf einige wesentliche Schwerpunkte beschränken.
    Wir fordern dort erstens gesetzliche Verbote und Auflagen, die die Emissionen hochgiftiger Stoffe in Wasser und Luft weitgehend verhindern; denn die Schäden müssen zunächst einmal dadurch vermieden werden, daß man an der Quelle etwas tut, anstatt sie nachher durch staatliche Zuschüsse zu beseitigen.
    Wir fordern zweitens ökologische Investitionen zur Stützung des Grundwasserspiegels sowie zur Reinigung der Flüsse und des Trinkwassers, zur Rettung des Waldes, zur Einsparung von Energie und zum Ausbau der Alternativenergiesysteme, zur Förderung von Recycling-Unternehmen sowie zum Schutze des Bodens.
    Wir fordern drittens spezielle Umstrukturierungsmaßnahmen für die Landwirtschaft, die die wirtschaftliche Existenz der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe sichern und den weiteren Abbau von 100 000 Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft verhindern.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Gleichzeitig soll eine Umstellung auf biologischen Anbau gefördert werden.
    Wir fordern viertens staatliche Unterstützung für Konversionsmaßnahmen im Bereich absterbender und abzubauender Industriebranchen. Hier seien nur die Stichworte Stahl und Werften genannt. Eine solche Umstellungshilfe halten wir für sinnvoller als einfache Verlängerungszuschüsse, die nur das Elend verlängern, wenngleich wir aus sozialen Gründen — nicht aus wirtschaftspolitischen Gründen, aus sozialen Gründen — durchaus für solche Zuschüsse sind.
    Fünftens sind wir für die Einrichtung eines Selbstbestimmungsfonds für soziale und gesundheitliche Alternativprojekte mit dem Ziel der Stärkung der Selbsthilfekräfte im Sozial- und Gesundheitsbereich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sechstens fordern wir Maßnahmen zur innerstädtischen Verkehrsberuhigung, zum Ausbau des Radwegenetzes und zur Förderung der öffentlichen
    Personenverkehrssysteme, insbesondere der Deutschen Bundesbahn.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieses SOS-Programm ist — das geben wir offen zu — nur ein erstes Notprogramm.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sagen Sie mal, was das kostet!)

    Es erfordert Ausgaben in Höhe von jährlich 28 MilliardenDM, die wir jedoch deshalb für gerechtfertigt halten, weil ohne dieses Programm die gesamtgesellschaftlichen Schäden und auch die mittelfristigen Ausgaben im Bundeshaushalt weit höher liegen würden. Außerdem würde dieses Sofortprogramm gleichsam als Nebeneffekt, der von uns sehr erwünscht ist, für die nächsten Jahre rund 500 000 Arbeitsplätze schaffen.
    Über die Finanzierungsmöglichkeiten brauche ich an dieser Stelle nicht mehr sehr viel zu sagen. Wenn Sie das, was ich vorher zu dem Schaden, den dieser Bundeshaushalt anrichtet, und zu dem, was Sie da kürzen könnten, gesagt habe, ernst nehmen, können Sie sich Ihre Finanzierungsmodelle schon selbst machen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Jede Klarheit ist beseitigt!)

    Meine Damen und Herren, sowohl die soziale als auch die ökologische Bedrohung unserer Lebensgrundlagen machen ein entschlossenes Handeln zwingend notwendig. Im Interesse der Verhinderung weiteren Schadens sind deshalb unserer Ansicht nach alle Volksvertreter verpflichtet, ein solches Programm zu unterstützen. Nicht anders kann ich die Eidesformel, Schaden vom deutschen Volk zu wenden, verstehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf des Abg. Gerster [Mainz] [CDU/CSU])