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    Plenarprotokoll 10/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des abgeschossenen südkoreanischen Verkehrsflugzeuges 1169A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Haase (Kassel) und Dr. Stercken 1169 B Ausscheiden des Abg. Handlos aus der Fraktion der CDU/CSU 1169 B Verzicht des Abg. Lahnstein und des Abg. Hecker auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 1169 C Eintritt der Abg. Frau Schmedt (Lengerich) und des Abg. Horacek in den Deutschen Bundestag 1169 C Begrüßung des Leiters der britischen Delegation der IPU, Mr. Temple Morris 1191 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) —Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz —Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1170D, 1204 A Dr. Apel SPD 1180 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 1191 B Hoppe FDP 1197 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1200 D Walther SPD 1208 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 1213 B Dr. Weng FDP 1217 A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 1219 B Gobrecht SPD 1222 D Dr. Kreile CDU/CSU 1226 B Gattermann FDP 1230 D Echternach CDU/CSU 1234 C Grobecker SPD 1236 D Ronneburger FDP 1237 D Burgmann GRÜNE 1238 B Nächste Sitzung 1239 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1241*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1241*A Anlage 3 Herstellung von Dioxin MdlAnfr 21 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Hirsch FDP ErgSchrAntw StSekr Dr. Fröhlich BMI 1241* B auf ZusFr Dr. Hirsch FDP Anlage 4 Einführung des Rostschutzsystems SINOX und SINOFLEX bei öffentlichen Aufträgen MdlAnfr 29 13.05.83 Drs 10/55 Broll CDU/CSU ErgSehrAntw Spranger BMI 1241* D auf ZusFr Broll CDU/CSU Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 1169 18. Sitzung Bonn, den 7. September 1983 Beginn: 10.00 Uhr
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    Berichtigung 16. Sitzung, Seite 1104* A, Zeile 16: Statt 22,55 % ist 11,55 % zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Ibrügger 7. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Reddemann * 7. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung, des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Juli 1983 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: Gesetz zum Zusatzübereinkommen vom 8. Oktober 1982 zum Übereinkommen vom 9. Dezember 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bereich der Sozialen Sicherheit Gesetz zu dem Übereinkommen vom 30. November 1979 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer Gesetz zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung Anlage 3 Ergänzende Antwort des Staatssekretärs Dr. Fröhlich auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Dr. Hirsch (FDP) (Drucksache 10/55 Frage 21, 7. Sitzung, Seite 299 C): Ihre zweite Zusatzfrage zu Ihrer Frage beantworte ich wie folgt: Wie bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drucksache 10/212 vom 27.6. 1983) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hickel und der Fraktion Die GRÜNEN dargelegt hat, stellen Chlordibenzodioxine eine Verbindungsklasse von etwa 75 verschiedenen Isomeren dar. Unter diesen hat das allgemein als Seveso-Dioxin bekannt gewordene 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) eine extrem hohe Toxizität. Es ist jedoch unzulässig, davon auszugehen, daß alle Dioxine vergleichbares Gefährdungspotential aufweisen wie TCDD. TCDD nimmt insofern eine Ausnahmestellung ein. Einzelne höher als TCDD chlorierte Dioxine können unter Umweltbedingungen - im Verhältnis zur Ursprungssubstanz zu kleinen Anteilen - zu TCDD abgebaut werden. Dieses Dioxin ist jedoch ein relativ kurzlebiges Zwischenprodukt auf dem Wege zu einem vollständigen Abbau. Anlagen zum Stenographischen Bericht Insofern ist festzustellen, daß die in der Umwelt und in der Nahrungskette vorkommenden DioxinKonzentrationen im allgemeinen keine Gefährdung darstellen. Bei Störfällen können infolge Brand oder Explosion durch pyrolytische Zersetzung Dioxin-Konzentrationen auftreten, die zu einer Gefährdung führen können. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften werden von den Dioxinen das TCDD mit einer Konzentrationsschwelle von 0,1 ppm (ein Teil auf 10 Millionen Teile) und 1,2,3,7,8,9-Hexachlordibenzo-pdioxin (HCDD) ab einer Mengenschwelle von 10 g pro Anlage in der 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (StörfallVerordnung) vom 27. Juni 1980 in Verbindung mit der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung vom 23. April 1981 (1. StörfallVwV) erfaßt. Nach Mitteilung der Innenminister (-senatoren) der Länder erhalten die Katastrophenschutzbehörden Kenntnis von den Gefährdungsmöglichkeiten durch die im Anhang II der Störfall-Verordnung aufgeführten Stoffe im Rahmen ihrer Beteiligung bei der Prüfung der Sicherheitsanalyse, die von den Betreibern der Anlagen, in denen diese Stoffe in gefährlichen Konzentrationen im bestimmungsgemäßen Betrieb vorhanden sein oder bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes entstehen können, nach § 7 Störfall-Verordnung zu erstellen ist. Außerhalb des Anwendungsbereiches der Störfall-Verordnung bestehen teilweise auf örtlicher Ebene Absprachen zwischen den Katastrophenschutzbehörden und Betreibern, die eine Informationsverbesserung der Katastrophenschutzbehörden über mögliche Gefahrenquellen bezwecken. Eine vollständige Erfassung aller Produktgruppen, aus denen unter nicht vorhersagbaren Schadensbedingungen Dioxine freigesetzt werden können oder die Dioxine enthalten, ist wegen der hohen Zahl der chemischen Verbindungen und Reaktionen, bei denen solche Stoffe als unerwünschte Nebenprodukte denkbar sind, jedoch nicht möglich. Sie können daher auch den Katastrophenschutzbehörden nicht generell bekannt sein. Die entstehenden Konzentrationen sind im allgemeinen jedoch so niedrig, daß sie keine bedeutsame Gefahrenquelle darstellen. Ferner lassen derzeit die Länder die Standorte PCB-gekühlter Transformatoren erfassen und kennzeichnen. Anlage 4 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/55 Frage 29, 7. Sitzung, Seite 308 D): 1242* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Sehr geehrter Herr Kollege! Ich nehme Ihre Fragen in der Fragestunde vom 18. Mai 1983 gerne zum Anlaß, um Sie eingehender, als dies bei der mündlichen Beantwortung möglich war, über die Aktivitäten des Bundesministeriums des Innern zur Förderung umweltfreundlicher Produkte im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens zu informieren. Das Umweltbundesamt hat bereits 1981 eine Untersuchung über die Möglichkeiten einer stärkeren Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegt. Wichtiges Ergebnis dieser Studie war, daß weder haushalts- noch vergaberechtliche Grundsätze einer verstärkten Beachtung von Umweltschutzgesichtspunkten entgegenstehen. Umwelteigenschaften sind Qualitätsmerkmale von Produkten, die ebenso wie Arbeitsschutz- oder Sicherheitsanforderungen in die Leistungsbeschreibung bei öffentlichen Ausschreibungen aufgenommen werden sollen. Um diesen Zusammenhang unmißverständlich klarzustellen, hat der Bundesminister des Innern darauf hingewirkt, daß bei der Novellierung der VOL in die Erläuterung zum § 8 ein Hinweis auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Leistungsbeschreibung aufgenommen wird. Schon jetzt gibt es zahlreiche Beispiele für umweltfreundliche Beschaffungen, von denen ich einige wenige anführen will. Im Geschäftsbereich des BMI wird fast ausschließlich Recyclingpapier eingesetzt. Die Deutsche Bundespost läßt bereits seit zwei Jahren die Telefonbücher recyclinggerecht — unter Verwendung leicht entfärbbarer Druckfarben und leicht löslicher Klebstoffe — herstellen. Das Post-Gelb wurde auf einen nicht cadmiumhaltigen Gelbton umgestellt. Zu erwähnen sind ferner der Einsatz von asbestfreien Bremsbelägen in Kraftfahrzeugen der Post sowie die Erprobung lärmarmer Lastkraftwagen. Umstellungen sind ebenfalls im Bereich des Straßenbaus im Gange. So entwickeln zur Zeit die Bundesanstalt für Straßenwesen und das Umweltbundesamt Anforderungen an umweltfreundliche Straßenmarkierungsstoffe. Nach der Sommerpause sind Gespräche zwischen meinem Hause und dem Bundesministerium für Verkehr vorgesehen, um die Möglichkeiten eines verstärkten Einsatzes von blei- und chromatfreien Korrosionsschutzmitteln im Bereich des Straßen- und Brückenbaus sowie bei der Bundesbahn zu erörtern. Das entscheidende Problem im Hinblick auf eine rasche Verbreitung umweltfreundlicher Produkte auch im Bereich der öffentlichen Verwaltungen ist zur Zeit noch die unzureichende Kenntnis der Beschaffungsstellen über die Umwelterheblichkeit und Umweltverträglichkeit bestimmter Produkte. In meinem Auftrag arbeitet daher das Umweltbundesamt daran, die Information der Beschaffungsstellen zu verbessern. Diesem Ziel dient eine Reihe von Maßnahmen: Ende 1983 wird vom Umweltbundesamt in Form eines Handbuchs das Ergebnis eines Modellvorhabens „Umweltfreundliches Beschaffungsprogramm für Gemeinden" vorgelegt werden, das in den Städten Essen und Wolfsburg läuft. Den Beschaffungsstellen sollen hiermit in praxisgerechter Form Informationen und Handlungshilfen geboten werden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das Umweltzeichen für umweltfreundliche Produkte, das von der Jury Umweltzeichen im Auftrag des Bundesministers des Innern und des Umweltbundesamtes vergeben wird. Gegenwärtig sind 22 Produktgruppen mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet. Im Rahmen der Aktion werden für die jeweiligen Produktgruppen detaillierte Vergabebedingungen festgelegt, die in ihrer Konkretheit gut geeignet sind, um von den Beschaffern in den Leistungskatalog einer Ausschreibung übernommen zu werden. Ich begrüße daher sehr, daß die Bundesmaterialkatalogisierungszentrale im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung Hinweise auf das Umweltzeichen in ihre Datenbank aufgenommen hat. Die Datenbank ist allen Beschaffungsstellen zugänglich. Weitere Bemühungen betreffen die Aufnahme von Umweltaspekten in die Arbeit der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale. Hierdurch soll ebenfalls erreicht werden, daß die Hersteller von sich aus aktiver an der Verbesserung der Umwelteigenschaften ihrer Erzeugnisse arbeiten. Wichtig sind auch die eigenen Bemühungen der Beschaffungsstellen um- entsprechende Informationen über die Umwelteigenschaften von Produkten. Besonders geeignet hierfür ist das im Vergaberecht vorgesehene Instrument der Nebenangebote im Rahmen der Ausschreibungen. Erfolgversprechend wären vor allem bei Großbeschaffern Absichtserklärungen, mit denen angekündigt wird, daß ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch Produkte mit höherem Umweltstandard gekauft werden sollen. Dies würde den Herstellern Zeit für entsprechende Produktentwicklungen lassen. Ich hoffe, daß von diesem Instrument in Zukunft stärker Gebrauch gemacht wird. Abschließend sei noch ein weiteres Projekt erwähnt. Die Studie „Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik" hat auch auf das Problem hingewiesen, daß Normen und andere technische Richtlinien sich hemmend auf die Durchsetzung umweltfreundlicher Produkte im öffentlichen Beschaffungswesen auswirken können. Im Auftrag des Umweltbundesamtes überprüft daher zur Zeit das Deutsche Institut für Normung (DIN) Normen und andere Regeln der Technik auf Umweltrelevanz und mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes im öffentlichen Beschaffungswesen. Die Ergebnisse werden in etwa zwei Jahren vorliegen und Eingang finden in die Arbeiten zur Novellierung von DIN-Vorschriften.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Apel hat vom beklagenswerten Zustand der Freien Demokratischen Partei gesprochen. Zu sprechen aber ist über den beklagenswerten Zustand der Staatsfinanzen und des Arbeitsmarktes und über die therapeutischen Mittel, darüber, wie wir hier eine Gesundung herbeiführen können.
    Herr Kollege Apel, ich meine, im Umgang miteinander sollten wir uns die Arroganz und die Häme abschminken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Überlassen wir dem Bürger das Urteil über unsere Parteien! Wenn Sie aber schon über beklagenswerte Zustände von Parteien reden müssen, dann, würde ich sagen, stellen Sie sich in Hessen, Bremen und Nordrhein-Westfalen selbst vor den Spiegel.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich will nun aber nicht darüber rechten, wer alte Hüte durch das Land trägt. Ich will im Plenum auch nicht über Kreditgeschäfte reden. Ich bin jedoch mit dem Kollegen Apel davon überzeugt und hoffe, davon ausgehen zu können, daß es im zuständigen Haushaltsausschuß eine vorbehaltlose, umfassende Information über



    Hoppe
    die Garantie-Erklärung der Bundesregierung zum DDR-Kredit geben wird.

    (Beifall bei der SPD — Stahl [Kempen] [SPD]: Hängen Sie sich nicht zu weit zum Fenster hinaus!)

    Meine Damen und Herren, bei mehr als zwei Millionen Arbeitslosen, einer düsteren Risikolandschaft bei Stahl, Kohle und Schiffbau, bei den erkennbar schwierigen Bemühungen um ausreichende Ausbildungsplätze für die Jugendlichen und bei einer Neuverschuldung von über 37 Milliarden DM müssen sich Regierung und Koalition natürlich immer wieder neu fragen, ob sie mit ihrer Politik die richtige Konzeption verfolgen und die geeigneten Instrumente einsetzen. Die Auseinandersetzung mit dieser Kritik führt dann doch wohl zu einer Bestätigung des eingeschlagenen politischen Weges. Die Freien Demokraten sagen dem Bundesfinanzminister deshalb ihre volle Unterstützung für den hier von ihm vertretenen Kurs zu.

    (Beifall bei der FDP)

    Daß sich Bundesregierung und Koalition mit dem Haushalt 1984 und den Begleitgesetzen nicht so völlig auf dem Holzweg befinden können, mag dann doch ein Blick in die Beschlüsse des Finanzplanungsrates vom 23. Juli 1983 erhellen. Die Vertreter aus Bund, Ländern und Gemeinden mit Einschluß der Bundesbank haben dort jedenfalls einmütig folgende Feststellung getroffen:
    Für die Haushalte 1984 und die Finanzpläne bis 1987 wird daran festgehalten, daß insbesondere der Konsolidierung der Haushalte Vorrang eingeräumt werden müsse, und konsumtive Ausgaben zugunsten beschäftigungs- und investitionsfördernder Ausgaben eingeschränkt werden müssen.
    Dann wird dort noch einmal gesagt:
    In vielen Bereichen sind weitere nachhaltige Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgabendynamik und zur Einsparung von Ausgaben unerläßlich.
    Die Mitglieder des Finanzplanungsrates waren sich im übrigen auch darin einig, daß Steuermehreinnahmen in den Jahren 1983 und 1984 in erster Linie zur Senkung der Defizite verwendet werden sollten, um die Beanspruchung des Kapitalmarktes zu reduzieren und weiteren Raum für private Kapitalnachfrage zu schaffen. Damit sollen zugleich durch Normalisierung der Schuldendienstentwicklung Spielräume für die öffentlichen Haushalte geschaffen werden.
    Diese Feststellung — wie mir scheint, ein dringender Allparteienappell — sollten Richtschnur unseres gemeinsamen Handelns sein. Der Bundesfinanzminister jedenfalls hat diese Zielvorgabe aufgenommen und verfolgt die Konsolidierung der Staatsfinanzen mit bewundernswerter Konsequenz. Damit macht er diese Aufgabe für uns Parlamentarier zur ersten Bürgerpflicht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Rahmendaten des Finanzplans der Bundesregierung stecken nun den aktuellen Handlungsbedarf ab. Die Nettokreditaufnahme soll unter Berücksichtigung der letzten Steuerschätzung und eines schrittweisen Abbaues des Bundesbankgewinns von rund 39 Milliarden DM im Jahre 1984 stufenweise auf 22,5 Milliarden DM im Jahre 1987 reduziert werden. Meine Damen und Herren, die Botschaft höre ich wohl, aber ich brauche dazu nach langjährigen bitteren Erfahrungen wahrlich einen starken Glauben, denn in früheren Finanzplänen sollte auch immer im vierten Jahr das rettende Ufer erreicht sein. Auf dem Papier machten sich drastisch abgesenkte Zahlen der Neuverschuldung dann auch immer sehr gut. In der Praxis versanken diese Visionen jeweils unter neuen Schuldenbergen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Der jetzige Anlauf zur Konsolidierung beginnt auf einem Neuverschuldungsplateau von rund 40 Milliarden DM. Die Probleme sind also die alten, j a, sie haben sich noch dramatisch verschärft. Ob die neue Regierung auch schärfer, konsequenter und damit erfolgreicher zupackt, hat sich erst noch zu erweisen.
    Man ist in dieser Situation jedenfalls versucht Goethe zu zitieren: „Wie machen wir's, daß alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?"
    Meine Damen und Herren, mit dem Haushalt 1984 und den Begleitgesetzen wird der nächste Schritt auf dem dornigen Weg getan, die staatlichen Einnahmen und Ausgaben den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Das Urteil über die Arbeit dieser Koalition wird entscheidend davon beeinflußt werden, ob es denn nun tatsächlich gelingt, die wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Aufgaben zu lösen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir haben den Nachweis zu erbringen, daß wir zur Bewältigung der großen Herausforderung die richtigen Konzepte entwickelt haben und auch die Kraft besitzen, das als richtig Erkannte unbeirrt durch die Fährnisse der parlamentarischen Beratungen zu steuern.
    Die Koalition aus CDU/CSU und FDP ist schließlich gewählt worden, weil der Bürger begriffen hat, daß die Zeiten eines ungestörten Wirtschaftswachstums fürs erste vorbei sind, daß Wohlstand und soziale Gerechtigkeit auf Dauer nicht durch Pump gesichert werden können, daß wir Abschied nehmen müssen von einer bis dato immer weiter um sich greifenden Anspruchsmentalität

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    und daß schließlich die krisenhafte Zuspitzung der Wirtschaftslage und die damit einhergehende Arbeitslosigkeit nur durch Leistung, Wettbewerb, Innovation und Investition überwunden werden können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Hoppe
    Meine Damen und Herren, das uns am 6. März eingeräumte Vertrauenskapital würde schnell wieder verspielt, wenn wir hier Enttäuschung produzieren sollten.
    Im Etatentwurf und in den Begleitgesetzen schlägt sich das Ringen um die richtigen Rezepturen nieder, mit denen der Wirtschaft, die trotz durchaus erkennbarer Genesungstendenzen noch immer angeschlagen ist, dauerhaft wieder auf die Beine geholfen werden kann.
    Es ist die Auseinandersetzung darüber, ob durch Kredite und Steuererhöhungen finanzierte Beschäftigungsprogramme dafür das probate Mittel sind oder ob wir der geschwächten Wirtschaft zunächst kräftigende Aufbaumittel zu verabreichen haben; diese wirken zwar erst allmählich, dann aber um so dauerhafter.
    Wir haben jedenfalls seit 1975 Dutzende von Konjunkturprogrammen gefahren. Doch die erhofften Anstoßwirkungen für einen sich selber tragenden dauerhaften Aufschwung sind leider ausgeblieben. Wir haben also durchaus guten Willen gezeigt, das Konzept der antizyklischen Budgetpolitik zu nutzen und einzusetzen. Dennoch hat es nicht den Erfolg gebracht. Gleichwohl sind wir weit davon entfernt, es absolut und allemal als verfehlt und unpraktikabel anzusehen. Aber, meine Damen und Herren, teures Lehrgeld sollten wir nur einmal zahlen. Wir haben es bereits für die Erkenntnis entrichtet, daß die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Anwendung von Ausgabenprogrammen jedenfalls jetzt nicht gegeben sind.

    (Sehr wahr! bei der FDP)

    Unsere Probleme sind nämlich struktureller und nicht konjunktureller Art.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Deshalb kann mit kurzatmigen Ausgabenprogrammen zwar Aktionismus gezeigt werden, der Rentabilität bestenfalls vortäuscht, der aber den Problemen auf Dauer nicht begegnen kann. Gefragt ist vielmehr eine grundlegende, auf Sicht angelegte Förderung der Modernisierung unserer Wirtschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die seit längerem eher zögerliche Entwicklung unserer Ausfuhren unterstreicht diese Notwendigkeit deutlich. Dauerhafte Maßnahmen, die der Wirtschaft eine Perspektive geben, werden benötigt. Nur sie können ein fundiertes und verstetigtes Wirtschaftswachstum herbeiführen, ohne das die Defizite nicht abgebaut werden können. 1 % Wirtschaftswachstum ergibt Steuermehreinnahmen von 4 Milliarden DM. Dieses Wachstum gedeiht sicher am ehesten in einer Tariflandschaft, in der den Unternehmen durch zurückhaltende Tarifabschlüsse wieder mehr Luft verschafft wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Aber, meine Damen und Herren, es beißt auch keine Maus einen Faden davon ab: Den zweiten Konsolidierungspfad, nämlich das Sparen, müssen
    wir konsequent weiterverfolgen. Und sparen heißt nun einmal: die Ausgaben den Einnahmen anpassen und nicht umgekehrt.

    (Beifall bei der FDP)

    Es wäre fatal, das Heil in Steuererhöhungen zu suchen. Die Grenze der Zumutbarkeit hinsichtlich der Abgabenbelastung ist seit langem überschritten.

    (Beifall des Abg. Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU])

    Deshalb, meine Damen und Herren, gehen auch die Forderungen der Opposition nach einer Ergänzungsabgabe, der Abschaffung des steuerlichen Kinderfreibetrages und der Kappung des Splittingeffekts in die falsche Richtung. Im Gegenteil, gefordert ist eine durchgreifende, leistungsorientierte Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs.

    (Beifall bei der FDP)

    Ohnehin ist es an der Zeit, einmal herauszustellen, daß wir auch den Besserverdienenden schon jetzt einen Konsolidierungsbeitrag in Milliardenhöhe abverlangen. Die Besserverdienenden haben nämlich an sich längst einen Anspruch auf Rückgabe der heimlichen Steuerhöhungen erworben, die von ihnen in besonderem Maße zu verkraften sind. Meine Damen und Herren, wir können diesen Anspruch jetzt nicht erfüllen. Aber die Vernunft gebietet es, dieses Haushaltsopfer der Bürger mit überdurchschnittlichem Einkommen auch anzuerkennen.

    (Beifall bei der FDP — Walther [SPD]: Das ist unglaublich!)

    Der vom Bundesfinanzminister begründete Konsolidierungshaushalt gibt uns das richtige Instrument an die Hand.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das ist eine richtige Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede, die Sie hier halten, Herr Hoppe! Wirklich, das Opfer ist gewaltig!)

    — Herr Fischer, ich halte in der Tat seit Jahren eine mahnende und, wenn Sie so wollen, eine Schweiß-und-Tränen-Rede, weil die Solidität der Staatsfinanzen ohne Schweiß und Tränen nicht zurückzugewinnen ist. —

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, Genugtuung über dieses Konzept, das die Bundesregierung vorlegt, kann man doch erst dann empfinden, wenn die Ausgabenentwicklung 1984 auch tatsächlich so abläuft, daß sich die Steigerungsrate im Haushaltsvollzug auf 1,8 % beläuft, und auch in den Folgejahren ebenfalls eine Steigerungsrate von jeweils weniger als 3 % zu verzeichnen ist. Werden Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts und der Steuereinnahmen dann merklich unterschritten, wird in der Tat ein beachtlicher Konsolidierungserfolg eintreten,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    und dies nicht nur beim konjunkturellen, sondern dann auch beim strukturellen Teil des Defizits. Insofern ist die politische Leistung hier respektabel. Doch seien wir uns bewußt, daß der Etatentwurf



    Hoppe
    und die Finanzplanung vorerst nichts als Zielvorgaben sind: Entscheidend kommt es jetzt darauf an, den vorgezeichneten Kurs auch durchzuhalten. Wer dafür plädiert, auf einzelne Sparmaßnahmen zu verzichten, oder wer kostenträchtige neue Forderungen stellt, muß entsprechende Deckungsvorschläge präsentieren.
    Meine Damen und Herren, der Lage angemessener wäre es allerdings, würden potentielle Einsparungsmöglichkeiten ohne Wenn und Aber für die Konsolidierung und damit für die Senkung des Kreditbedarfs eingesetzt.

    (Beifall bei der FDP)

    Es scheint ja doch vielen aus dem Blick geraten zu sein, oder es wird bewußt verdrängt, daß wir das Gebot des Art. 115 des Grundgesetzes noch nicht erfüllt haben.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Meine Damen und Herren, es wäre ein krönender Abschluß der Haushaltsberatungen, wenn wir schließlich doch den Etat 1984 mit einem Zahlenwerk verabschieden könnten, das sich innerhalb des Korridors des Art. 115 bewegt, d. h. daß die Kreditaufnahme die Höhe der Investitionsausgaben nicht übersteigt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber in jedem Falle müssen doch wohl für die Risiken Reserven vorhanden sein. Ich buchstabiere noch einmal: Kohle, Stahl und Schiffbau, und ich bleibe damit noch im Inland. Nein, der Rotstift darf uns jetzt nicht abbrechen.
    Die Koalitionsfraktionen werden bemüht sein, das im Regierungsentwurf erreichte Konsolidierungsergebnis im parlamentarischen Verfahren noch einmal zu verbessern. Keine Frage sollte es sein, etwaige Steuermehreinnahmen oder einen erhöhten Bundesbankgewinn zur weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung zu verwenden. Auch Einsparungen, wie sie uns beim Kindergeld wegen der sinkenden Kinderzahlen in den nächsten Jahren ins Haus stehen, dürfen nicht gleich wieder durch neue Wohltaten beim Familienlastenausgleich verfrühstückt werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Das Entwickeln von neuen Plänen und Konzepten ist eine durchaus sinnvolle Aufgabe, und man kann dabei viel Genugtuung empfinden und auch viel Beifall einsammeln. Nur sollten wir uns jetzt auf die große und wichtige Aufgabe der Haushaltskonsolidierung konzentrieren, und wir dürfen uns nicht verzetteln. Vielleicht hilft hier ein Wort von Gottfried Benn: „Vollende nicht deine Persönlichkeit, vollende ein jedes deiner Werke!" Unser Werk, das es zu vollenden gilt, heißt Haushaltskonsolidierung.

    (Beifall bei der FDP)

    Es hilft nichts, die Entziehungskur muß durchgestanden werden. Die öffentliche Hand muß sich Schritt für Schritt vom Kapitalmarkt zurückziehen, um wohltuend auf das Zinsniveau einzuwirken und somit dazu beizutragen, daß gewerbliche Investitionen und der Wohnungsbau zu tragbaren Konditionen finanziert werden können.
    Aber auch die Schwachstellen des Zahlenwerks wollen wir nicht verschweigen. Der Bundesbankgewinn — der Herr Kollege Apel hat darauf aus guten Erfahrungen und aus bekannter Tradition schon hingewiesen — geht, wenn auch in drastisch verringerter Höhe, immer noch in die Haushaltsrechnung ein, und beim Subventionsabbau lassen Erfolgserlebnisse weiter auf sich warten.

    (Walther [SPD]: Sehr wahr! — Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

    Ja, bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist der eingeleitete Subventionsabbau sogar gestoppt worden. Es mag auch für diese Entscheidung gute Gründe geben, und die Betroffenen werden es der Regierung danken. Allerdings ist der Aufbruch zu neuen Ufern damit bereits negativ präjudiziert.
    In der Subventionspolitik stehen wir aber jedenfalls alle im Wort. Die Subventionen müssen zurückgedrängt werden. Die Fraktion der Freien Demokraten ist bereit, sich dieser Aufgabe zu stellen und dabei auch unpopuläre Entscheidungen mitzutragen.

    (Beifall bei der FDP)

    Neben konkreten Kürzungen, die es zu suchen und zu beschließen gilt, sollten eine zeitliche Begrenzung aller Subventionen, ihre degressive Ausgestaltung und eine Umstellung von Zuschüssen auf Darlehen Inhalt einer revidierten Subventionspolitik werden.
    Die Chancen für einen Erfolg unserer Strategie stehen nicht schlecht. Die in der Bevölkerung überall zu verspürende Bereitschaft, die Ansprüche an den Staat auf den Boden der Realitäten zurückzuschrauben, gibt uns Rückenwind bei der Verfolgung unseres Kurses.
    Meine Damen und Herren, beherzigen wir eine Mahnung Friedrichs des Großen, der einmal sagte:
    Eine Regierung muß sparsam sein. Das Geld ohne Rücksicht auf die Zukunft ausgeben heißt handeln wie ein Tyrann, nicht wie ein Vater des Volkes.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert (Marburg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Bundeshaushalts 1984, den der Bundesfinanzminister hier vorgelegt hat, verspricht Konsolidierung und Stabilität. Mit großen Worten haben Sie, Herr Stoltenberg, die Sanierung der Staatsfinanzen und den damit angeblich verbundenen Beitrag der Haushaltspolitik zur wirtschaftlichen Neubelebung herausgestellt.
    Sie sagen, dieser Haushalt weise Perspektiven in die Zukunft.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: So ist das!)




    Kleinert (Marburg)

    Wir sehen das ganz anders. Und um es gleich sehr deutlich zu machen: Für uns ist dieser Haushaltsentwurf ebenso wie die Haushaltsbegleitgesetze Ausdruck eines völlig verfehlten politischen Grundkonzepts, der den wirklichen wirtschaftlichen Problemen in gar keiner Weise gerecht wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieser Haushalt ist einerseits ein Haushalt der Verschwendung, einer Verschwendung, die sich z. B. an den mehr als sieben Milliarden DM zeigt, die zur Verwirklichung weiterer Fernstraßenprogramme vorgesehen sind, die sich an der Fortsetzung ökonomisch sinnloser und ökologisch schädlicher Großprojekte, wie es der Rhein-Main-DonauKanal ist, zeigt und die sich auch an der weiteren Finanzierung des Schnellen Brüters usw. usw. zeigt.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Dieser Haushalt finanziert unwirtschaftliche Maßnahmen mit hohen Folgekosten für künftige Generationen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das gilt nicht nur für den Straßenbau, für den Bau weiterer Atomkraftwerke, für die beabsichtigte Verkabelung der Bundesrepublik, es gilt ganz besonders auch für die Rüstungspolitik, es gilt für den Rüstungsetat, der erneut um 3,7 % und damit doppelt so stark anwachsen soll wie der Gesamthaushalt. Deshalb ist dieser Haushalt ein Haushalt der Verschwendung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

    — Ach, seien Sie doch erst einmal still, hören Sie doch erst einmal zu!
    Es ist ein Haushalt, der auf der anderen Seite Maßnahmen unterläßt, die zur Vermeidung unermeßlicher ökologischer und sozialer Schäden mit unabsehbaren Belastungen unbedingt notwendig wären. Wirksame Investitionsmaßnahmen zur Bekämpfung des Waldsterbens sind in diesem Haushalt ebensowenig vorgesehen wie die Förderung moderner Kohletechnologien mit Abwärmenutzung. Die Reduzierung der chemischen Vergiftung wird ebensowenig als dringende Aufgabe gesehen wie der Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs. Dieser Haushalt unterläßt wirksame politische Maßnahmen gegen die Massenarbeitslosigkeit und zur Schaffung neuer Lehrstellen, und das zu einer Zeit, in der es weit mehr als zwei Millionen registrierte Erwerbslose in der Bundesrepublik gibt und in der mehr als 100 000 Jugendliche keine Lehrstelle haben.
    Doch dieser Haushalt ist nicht nur ein Haushalt der Verschwendung und der Unterlassung. Er ist auch Ausdruck einer rigorosen Kürzungspolitik, mit der ein massiver Angriff auf das System der sozialen Sicherung unternommen wird, ein Angriff, der Ausmaße erreicht hat, die nur als sozialpolitische Katastrophe bezeichnet werden können. Sie treffen mit Ihren rigorosen Leistungskürzungen gerade im sozialen Bereich die Arbeitslosen, Sie treffen mit den Arbeitslosen, mit den Rentnern, mit den Schwerbehinderten und mit anderen sozial schwächergestellten Schichten ausgerechnet diejenigen Bevölkerungsgruppen, die ohnehin unter den Auswirkungen der Krise am stärksten zu leiden haben. Sie treffen die Mütter, denen Sie das Mutterschaftsgeld rigoros zusammenstreichen wollen — ein merkwürdiger Widerspruch zu Ihrer ansonsten so gerne beschworenen christdemokratischen Familienpolitik.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die soziale Demontage, die hier betrieben wird, sie kommt auf leisen Sohlen daher. Sie findet sich hübsch eingepackt in so wohlklingenden Sätzen wie: „Die Konsolidierung des staatlichen Finanzierungsdefizits soll dabei nicht durch Steuererhöhungen erreicht werden, sondern durch eine nachhaltige Dämpfung der Ausgabendynamik vor allem im konsumtiven Bereich." Herr Stoltenberg, ich frage Sie: Wissen Sie eigentlich, was das für die Betroffenen im einzelnen bedeutet? Ich will es Ihnen sagen und diesen Satz aus den Höhen des finanzwissenschaftlichen Fachjargons herunterholen und in all-gemeinverständliches Deutsch übersetzen. Nehmen wir z. B. den Fall eines 28jährigen arbeitslosen verheirateten Lehrers ohne Kinder. Dieser arbeitslose Lehrer — und davon gibt es inzwischen schon Zehntausende — bekommt, nachdem ihm seine beruflichen Perspektiven nach dem zweiten Staatsexamen erst einmal abgeschnitten worden sind — und das ist auch eine Folge der haushaltspolitischen Prioritätensetzung, um die es geht —, wenn die von Ihnen geplanten Änderungen des Arbeitsförderungsgesetzes verwirklicht werden, real mehr als ein Drittel an Arbeitslosenhilfe weniger als bisher — mehr als ein Drittel, genauer gesagt 35,7%. Nimmt man die von Ihnen vorgesehene Abstufung der Eingangsbesoldung im öffentlichen Dienst noch dazu, dann liegen die tatsächlichen Leistungskürzungen noch erheblich höher. — Da gibt es gar nichts zu grinsen. — Sie liegen dann bei 43,7 %. In konkreten Beträgen ausgedrückt heißt das, wenn dieser arbeitslose Lehrer bisher noch 870 DM an Arbeitslosenhilfe erhalten hat, dann wird er in Zukunft, wenn sich Ihre Planungen durchsetzen, nur noch 490 DM haben. Damit aber liegt er im Bereich der Sozialhilfe. Daß dadurch im Endeffekt den Kommunen weitere finanzielle Belastungen auferlegt werden, die sie gar nicht tragen können, will ich an dieser Stelle nur am Rande erwähnen.
    Ein zweites Beispiel: Sie kürzen das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe von 68 auf 63 bzw. von 58 auf 56% für Unverheiratete. Wenn man einbezieht, daß die realen Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit ohnehin um ca. 5% niedriger liegen, dann muß ein Arbeitsloser, ebenfalls verheiratet, ohne Kinder, vor seiner Arbeitslosigkeit über 2 000 DM brutto verdient haben, wenn er eine Leistung erreichen will, die auch nur die Höhe der Sozialhilfe erreicht. Beim Arbeitslosenhilfebezieher liegt das, was er vorher verdient haben muß, sogar bei über 2400 DM.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Was folgern Sie daraus?)




    Kleinert (Marburg)

    Schon heute liegen 20 % der männlichen und 80 % der weiblichen Leistungsempfänger unter diesen Beträgen und erhalten damit bestenfalls Leistungen, die im Bereich der Sozialhilfesätze liegen. Mit den jetzt vorgesehenen Maßnahmen würde die Zahl derjenigen, die unter diese Grenze sinken und die damit unter die Armutsgrenze sinken, weiter erheblich anwachsen.
    Ihr massiver Angriff auf die sozialen Leistungen trifft nicht nur die Arbeitslosen; er trifft auch die Rentner, die mit der Rentenanpassung 1984 erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen sollen, er trifft auch die Schwerbehinderten, denen Sie u. a. die unentgeltliche Beförderung im Schienenverkehr streichen wollen, und er trifft auch diejenigen, die einen Arbeitsplatz haben. So sollen die Arbeitnehmer, wenn sie krank werden, nunmehr voll zur Zahlung eines Krankenversicherungsbeitrages herangezogen werden, was nichts anderes heißt, als daß das Krankengeld in Zukunft um 11,25% gekürzt wird.
    Diese Beispiele ließen sich noch lange fortsetzen. Was Sie — ich zitiere den Satz gern noch einmal — „nachhaltige Dämpfung der Ausgabendynamik im konsumtiven Bereich" nennen, es ist nichts anderes als ein tiefer Einschnitt in die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen in diesem Land, ein Einschnitt, der vor allem eine Konsequenz haben wird, nämlich die, daß Armut in dieser Gesellschaft wieder zu einer massenhaften Erscheinung wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieser Haushalt ist darüber hinaus nicht nur ein Haushalt der Verschwendung und der sozialen Demontage, er ist gleichzeitig Ausdruck einer Gesellschaftspolitik, die im Gewande angeblicher Haushaltskonsolidierung offen eine massive Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums betreibt. Wohin hier die Reise gehen soll, das zeigt sich nicht nur an den Thesen des Herrn George und an dem Papier des Herrn Albrecht, es zeigt sich schon jetzt sehr deutlich z. B. an den in den Haushaltsbegleitgesetzen vorgesehenen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen im Bereich der Vermögensteuer.
    Das zusätzliche Steueraufkommen, das sich durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer ergibt und dessen Löwenanteil j a von den sogenannten kleinen Leuten stammt, kommt fast ausschließlich der steuerlichen Entlastung der Unternehmen zugute. Was ist dies denn anderes als eine direkte Form der Umverteilung?
    Diese steuerlichen Entlastungen sind gleichzeitig nichts anderes als eine weitere Verschwendung öffentlicher Mittel; denn das zentrale Argument, mit dem die Bundesregierung diese Politik zu rechtfertigen versucht, dieses Argument ist falsch. Sie sagen, die Verminderung der Nettokreditaufnahme könnte in Verbindung mit solchen Entlastungsmaßnahmen für die Unternehmen die Investitionstätigkeit beleben, und damit sei ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit getan. Schon die erste Annahme, eine Verringerung der staatlichen Kreditaufnahme beeinflusse das Zinsniveau positiv, ist mehr als fragwürdig. Zahlreiche empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß die
    Theorie des sogenannten Crowding-Out-Effekts, nämlich daß durch Zunahme der staatlichen Verschuldung das Zinsniveau in die Höhe getrieben würde, in dieser Form unhaltbar ist. Eine Belebung der Investitionstätigkeit ist also durch diese Form der Haushaltskonsolidierung überhaupt nicht zu erwarten.
    Auch mit den steuerpolitischen Maßnahmen, die Sie vorhaben, werden Sie dieses Ziel nicht erreichen; denn zunächst ist festzustellen, daß von einer Senkung der Vermögensteuer die vermögenden Schichten insgesamt profitieren, als auch diejenigen, die ihr Kapital in Haus- und Grundbesitz, in Geld- oder Betriebsvermögen angelegt haben und die gar nicht an Investitionsmaßnahmen denken. Darüber hinaus ist angesichts der derzeitigen Zinssätze ohnehin damit zu rechnen, daß zusätzliche Unternehmergewinne eher in amerikanischen Wertpapieren angelegt werden. Soweit überhaupt zusätzliche finanzielle Mittel, die mit dem Steuerentlastungsgesetz den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, zu neuen Investitionen führen, muß davon ausgegangen werden, daß sie vor allen Dingen zur Finanzierung neuer Rationalisierungsinvestitionen genutzt werden, die mehr Arbeitsplätze vernichten als daß sie neue Arbeitsplätze schaffen können. Ihr Konzept, durch Umverteilung zugunsten der besitzenden Schichten eine Belebung der Investitionstätigkeit zu erreichen, wird gar nicht greifen können.
    Mehr als fragwürdig ist nicht nur dieses Konzept; fragwürdig sind auch eine ganze Reihe von Eckdaten, die Ihrem Haushaltsentwurf wie der mittelfristigen Finanzplanung bis 1987 zugrunde liegen. Um diese Liste der Ungereimtheiten hier in der Kürze der Zeit nur anzudeuten: Sie prognostizieren für die kommenden Jahre viel zu niedrige Arbeitslosenzahlen. Selbst wenn die von Ihnen angenommenen Wachstumsraten von 2,5% für 1984 und von 3 % danach überhaupt erreicht werden sollten, wird die Zahl der Arbeitslosen nach den Berechnungen fast sämtlicher wissenschaftlicher Institute schon bald über die 3-Millionen-Grenze ansteigen. Sie gehen jedoch in Ihren Annahmen davon aus, daß die Zahl der Arbeitslosen unter 2,5 Millionen gehalten werden kann. Zur Aufklärung dieses Widerspruchs gäbe es allenfalls die Erklärung, daß die Regierung insgeheim doch mit erheblichen Arbeitszeitverkürzungen rechnet. Davon ist aber nach Ihren wiederholten Aussagen ganz gewiß nicht auszugehen.
    Wenn aber die Arbeitslosenzahlen weit höher ausfallen werden als in Ihrem Entwurf angenommen, dann wird sich auch Ihre mittelfristige Finanzplanung nicht halten lassen; denn wenn die Zahl der Arbeitslosen steigt, dann müssen auch die Leistungen der Arbeitslosenversicherung ansteigen, es sei denn, Sie wollen diese Leistungen noch weiter drastisch zusammenstreichen.
    Um dies etwas konkreter zu machen: Rechnet man 3,5 Millionen Arbeitslose im Durchschnitt für die Jahre bis 1987 — das ist eher vorsichtig geschätzt —, dann ergibt sich schon daraus eine Erhöhung des Zuschußbedarfs der Bundesanstalt für Arbeit von mindestens 6 Milliarden DM. Dies aber



    Kleinert (Marburg)

    würde nicht nur den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit, sondern auch Ihre mittelfristige Finanzplanung völlig aus den Fugen geraten lassen.
    Eine weitere wesentliche Ungereimtheit liegt darin, daß Sie bei der Einschätzung der bei der Verwirklichung Ihres Konzepts zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Effekte außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen ebensowenig berücksichtigen wie die Finanzlage von Ländern und Gemeinden, die sich auf Grund Ihrer Haushaltspolitik noch weiter drastisch zuspitzen würde. Gerade angesichts dieser Bedingungen aber ist zu erwarten, daß Sie nicht einmal die nominellen Wachstumsraten von 6 % werden erreichen können, die Sie Ihrem finanzpolitischen Konzept zugrunde legen.
    Insgesamt vernachlässigen Sie die Rückwirkungen Ihrer eigenen haushaltspolitischen Maßnahmen auf die künftige Finanzsituation; denn wenn sich gerade auf Grund dieser Haushaltspolitik ein geringeres Wachstum ergeben sollte, als Sie annehmen, dann werden die beträchtlichen Einnahmenzuwächse, mit denen Sie für die kommenden Jahre rechnen, ausbleiben.
    Man muß also gar nicht einmal den Rahmen Ihrer eigenen haushalts- und finanzpolitischen Logik verlassen, um das ganze Ausmaß der Konzeptionslosigkeit zu erkennen, mit der Sie die drängenden Probleme der nächsten Jahre angehen wollen. Angesichts der grundlegenden ökologischen und sozialen Krise haben Sie hier nichts anderes anzubieten als ein haushaltspolitisches Konzept, das nicht nur die weitere Verschwendung gesellschaftlichen Reichtums bedeutet, das nicht nur soziale Demontage mit einer Gesellschaftspolitik der Umverteilung von unten nach oben verbindet, sondern das zugleich im Rahmen Ihrer eigenen Grundannahmen derartige Widersprüche und Ungereimtheiten aufweist, daß hierzu nur ein Urteil möglich ist: Dies ist alles andere als ein Konzept der Konsolidierung und der Schaffung von Voraussetzungen zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Solche wohltönenden Begriffe dienen Ihnen eher dazu, das ganze Ausmaß an sozialen und ökologischen Problemen, das diese Haushaltspolitik noch verschärfen bzw. sogar erst hervorrufen wird, in Roßtäuschermanier zu verschleiern. Den Menschen wird Sand in die Augen gestreut über das ganze Ausmaß der Krise, in der wir uns befinden und die sich mit dieser Politik noch verschärfen wird.
    Der Bundesfinanzminister hat in der Debatte zur Regierungserklärung vor einigen Monaten von „Steinzeitmarxisten" gesprochen,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    die ihn — ich zitiere — mit ihren „primitiven Formeln" überhaupt nicht treffen könnten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Recht hat er!)

    Er hat sich mit dieser Bemerkung seinerzeit auf meinen Redebeitrag bezogen.
    Nun habe ich mich in der Zwischenzeit einmal hingesetzt — in der Sommerpause war ja Zeit genug — und habe nachgeschlagen, ob sich denn bei dem Herrn Marx auch etwas über Budgetfragen findet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der konnte alles!)

    Nach einigem Suchen bin ich dann sogar fündig geworden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Tatsächlich?)

    Ich möchte diese Gelegenheit nicht versäumen, Ihnen das Resultat meiner Suche zu Gehör zu bringen. Karl Marx schreibt in seinem Aufsatz mit dem bezeichnenden Titel „Die neue Finanzgaukelei" — ich zitiere —:
    Es gibt wahrscheinlich keinen größeren Humbug in der Welt als das sogenannte Finanzwesen. Die einfachsten Operationen, die Budget und Staatsschuld betreffen, werden von den Jüngern dieser Geheimwissenschaft mit den abstrusesten Ausdrücken bezeichnet. Hinter dieser Bezeichnung verstecken sich die trivialsten Manöver.

    (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

    An einer anderen Stelle heißt es — ich zitiere wieder —:
    Da es nun einmal zur Gewohnheit geworden ist oder, besser gesagt, das Parlament sich daran gewöhnt hat, im Schatzkanzler den geheimnisvollen Hexenmeister zu sehen, der mit irgendwelchen mysteriösen Tricks, die niemand kennt, die ganze Jahreseinnahme des Staates herbeizaubert, so ist es nicht erstaunlich, wenn diese gewichtige Persönlichkeit, wer immer sie auch sein mag, sich sorgfältig bemüht, diese schmeichelhafte Illusion nicht zu zerstören.

    (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

    Obgleich ich weit davon entfernt bin, die Finanzwissenschaft als Humbug zu bezeichnen, glaube ich doch, daß diese Bemerkungen des Herrn Marx diesen Haushaltsentwurf durchaus treffend bezeichnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Entkleidet der fachwissenschaftlichen Terminologie und reduziert auf die einfachen Grundtatbestände stellt sich dieses scheinbar undurchdringliche Zahlenwerk als bloße Mischung aus sozialem Zynismus, beschäftigungspolitischem Nichtstun, einer Gesellschaftspolitik der Umverteilung und einer Fortsetzung von Verschwendung und Gütervernichtung dar. Mit seiner radikalen Kürzung sozialer Leistungen erinnert dieser Entwurf darüber hinaus an den Brüningschen Versuch, in der Endphase der Weimarer Republik durch drastische Sparmaßnahmen aus der Deflation herauszukommen. Welche Konsequenzen dieser Versuch am Ende gehabt hat, ist Ihnen allen im Hause ja wohl bekannt.
    Dieser Haushalt enthält jedenfalls nicht einmal Elemente einer Politik, die in die richtige Richtung geht. Deshalb wird er ebenso auf unsere entschie-



    Kleinert (Marburg)

    dene Ablehnung stoßen wie die Haushaltsbegleitgesetze.
    Gestatten Sie mir zum Abschluß noch drei Sätze zur Alternative der GRÜNEN.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir wissen, daß es nicht ausreicht, bei der grundsätzlichen Kritik des Regierungsentwurfs stehenzubleiben. Wir begnügen uns nicht mit der Benennung des ganz Anderen, sondern wir werden in dieser Debatte konkrete Vorschläge vorlegen, die deutlich machen werden, was grüne Alternativen zu dieser Haushaltspolitik sind. Zu diesen Vorschlägen wird im weiteren Verlauf der Debatte der Kollege Verheyen sprechen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Nicht Herr Hecker?)