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    Plenarprotokoll 10/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des abgeschossenen südkoreanischen Verkehrsflugzeuges 1169A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Haase (Kassel) und Dr. Stercken 1169 B Ausscheiden des Abg. Handlos aus der Fraktion der CDU/CSU 1169 B Verzicht des Abg. Lahnstein und des Abg. Hecker auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 1169 C Eintritt der Abg. Frau Schmedt (Lengerich) und des Abg. Horacek in den Deutschen Bundestag 1169 C Begrüßung des Leiters der britischen Delegation der IPU, Mr. Temple Morris 1191 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) —Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz —Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1170D, 1204 A Dr. Apel SPD 1180 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 1191 B Hoppe FDP 1197 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 1200 D Walther SPD 1208 B Dr. Stavenhagen CDU/CSU 1213 B Dr. Weng FDP 1217 A Verheyen (Bielefeld) GRÜNE 1219 B Gobrecht SPD 1222 D Dr. Kreile CDU/CSU 1226 B Gattermann FDP 1230 D Echternach CDU/CSU 1234 C Grobecker SPD 1236 D Ronneburger FDP 1237 D Burgmann GRÜNE 1238 B Nächste Sitzung 1239 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1241*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1241*A Anlage 3 Herstellung von Dioxin MdlAnfr 21 13.05.83 Drs 10/55 Dr. Hirsch FDP ErgSchrAntw StSekr Dr. Fröhlich BMI 1241* B auf ZusFr Dr. Hirsch FDP Anlage 4 Einführung des Rostschutzsystems SINOX und SINOFLEX bei öffentlichen Aufträgen MdlAnfr 29 13.05.83 Drs 10/55 Broll CDU/CSU ErgSehrAntw Spranger BMI 1241* D auf ZusFr Broll CDU/CSU Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 1169 18. Sitzung Bonn, den 7. September 1983 Beginn: 10.00 Uhr
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    Berichtigung 16. Sitzung, Seite 1104* A, Zeile 16: Statt 22,55 % ist 11,55 % zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Ibrügger 7. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Reddemann * 7. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung, des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Juli 1983 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: Gesetz zum Zusatzübereinkommen vom 8. Oktober 1982 zum Übereinkommen vom 9. Dezember 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bereich der Sozialen Sicherheit Gesetz zu dem Übereinkommen vom 30. November 1979 über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer Gesetz zu dem Abkommen vom 20. Oktober 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung Anlage 3 Ergänzende Antwort des Staatssekretärs Dr. Fröhlich auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Dr. Hirsch (FDP) (Drucksache 10/55 Frage 21, 7. Sitzung, Seite 299 C): Ihre zweite Zusatzfrage zu Ihrer Frage beantworte ich wie folgt: Wie bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drucksache 10/212 vom 27.6. 1983) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Hickel und der Fraktion Die GRÜNEN dargelegt hat, stellen Chlordibenzodioxine eine Verbindungsklasse von etwa 75 verschiedenen Isomeren dar. Unter diesen hat das allgemein als Seveso-Dioxin bekannt gewordene 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) eine extrem hohe Toxizität. Es ist jedoch unzulässig, davon auszugehen, daß alle Dioxine vergleichbares Gefährdungspotential aufweisen wie TCDD. TCDD nimmt insofern eine Ausnahmestellung ein. Einzelne höher als TCDD chlorierte Dioxine können unter Umweltbedingungen - im Verhältnis zur Ursprungssubstanz zu kleinen Anteilen - zu TCDD abgebaut werden. Dieses Dioxin ist jedoch ein relativ kurzlebiges Zwischenprodukt auf dem Wege zu einem vollständigen Abbau. Anlagen zum Stenographischen Bericht Insofern ist festzustellen, daß die in der Umwelt und in der Nahrungskette vorkommenden DioxinKonzentrationen im allgemeinen keine Gefährdung darstellen. Bei Störfällen können infolge Brand oder Explosion durch pyrolytische Zersetzung Dioxin-Konzentrationen auftreten, die zu einer Gefährdung führen können. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften werden von den Dioxinen das TCDD mit einer Konzentrationsschwelle von 0,1 ppm (ein Teil auf 10 Millionen Teile) und 1,2,3,7,8,9-Hexachlordibenzo-pdioxin (HCDD) ab einer Mengenschwelle von 10 g pro Anlage in der 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (StörfallVerordnung) vom 27. Juni 1980 in Verbindung mit der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung vom 23. April 1981 (1. StörfallVwV) erfaßt. Nach Mitteilung der Innenminister (-senatoren) der Länder erhalten die Katastrophenschutzbehörden Kenntnis von den Gefährdungsmöglichkeiten durch die im Anhang II der Störfall-Verordnung aufgeführten Stoffe im Rahmen ihrer Beteiligung bei der Prüfung der Sicherheitsanalyse, die von den Betreibern der Anlagen, in denen diese Stoffe in gefährlichen Konzentrationen im bestimmungsgemäßen Betrieb vorhanden sein oder bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes entstehen können, nach § 7 Störfall-Verordnung zu erstellen ist. Außerhalb des Anwendungsbereiches der Störfall-Verordnung bestehen teilweise auf örtlicher Ebene Absprachen zwischen den Katastrophenschutzbehörden und Betreibern, die eine Informationsverbesserung der Katastrophenschutzbehörden über mögliche Gefahrenquellen bezwecken. Eine vollständige Erfassung aller Produktgruppen, aus denen unter nicht vorhersagbaren Schadensbedingungen Dioxine freigesetzt werden können oder die Dioxine enthalten, ist wegen der hohen Zahl der chemischen Verbindungen und Reaktionen, bei denen solche Stoffe als unerwünschte Nebenprodukte denkbar sind, jedoch nicht möglich. Sie können daher auch den Katastrophenschutzbehörden nicht generell bekannt sein. Die entstehenden Konzentrationen sind im allgemeinen jedoch so niedrig, daß sie keine bedeutsame Gefahrenquelle darstellen. Ferner lassen derzeit die Länder die Standorte PCB-gekühlter Transformatoren erfassen und kennzeichnen. Anlage 4 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Zusatzfrage zur Frage des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/55 Frage 29, 7. Sitzung, Seite 308 D): 1242* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1983 Sehr geehrter Herr Kollege! Ich nehme Ihre Fragen in der Fragestunde vom 18. Mai 1983 gerne zum Anlaß, um Sie eingehender, als dies bei der mündlichen Beantwortung möglich war, über die Aktivitäten des Bundesministeriums des Innern zur Förderung umweltfreundlicher Produkte im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens zu informieren. Das Umweltbundesamt hat bereits 1981 eine Untersuchung über die Möglichkeiten einer stärkeren Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegt. Wichtiges Ergebnis dieser Studie war, daß weder haushalts- noch vergaberechtliche Grundsätze einer verstärkten Beachtung von Umweltschutzgesichtspunkten entgegenstehen. Umwelteigenschaften sind Qualitätsmerkmale von Produkten, die ebenso wie Arbeitsschutz- oder Sicherheitsanforderungen in die Leistungsbeschreibung bei öffentlichen Ausschreibungen aufgenommen werden sollen. Um diesen Zusammenhang unmißverständlich klarzustellen, hat der Bundesminister des Innern darauf hingewirkt, daß bei der Novellierung der VOL in die Erläuterung zum § 8 ein Hinweis auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Leistungsbeschreibung aufgenommen wird. Schon jetzt gibt es zahlreiche Beispiele für umweltfreundliche Beschaffungen, von denen ich einige wenige anführen will. Im Geschäftsbereich des BMI wird fast ausschließlich Recyclingpapier eingesetzt. Die Deutsche Bundespost läßt bereits seit zwei Jahren die Telefonbücher recyclinggerecht — unter Verwendung leicht entfärbbarer Druckfarben und leicht löslicher Klebstoffe — herstellen. Das Post-Gelb wurde auf einen nicht cadmiumhaltigen Gelbton umgestellt. Zu erwähnen sind ferner der Einsatz von asbestfreien Bremsbelägen in Kraftfahrzeugen der Post sowie die Erprobung lärmarmer Lastkraftwagen. Umstellungen sind ebenfalls im Bereich des Straßenbaus im Gange. So entwickeln zur Zeit die Bundesanstalt für Straßenwesen und das Umweltbundesamt Anforderungen an umweltfreundliche Straßenmarkierungsstoffe. Nach der Sommerpause sind Gespräche zwischen meinem Hause und dem Bundesministerium für Verkehr vorgesehen, um die Möglichkeiten eines verstärkten Einsatzes von blei- und chromatfreien Korrosionsschutzmitteln im Bereich des Straßen- und Brückenbaus sowie bei der Bundesbahn zu erörtern. Das entscheidende Problem im Hinblick auf eine rasche Verbreitung umweltfreundlicher Produkte auch im Bereich der öffentlichen Verwaltungen ist zur Zeit noch die unzureichende Kenntnis der Beschaffungsstellen über die Umwelterheblichkeit und Umweltverträglichkeit bestimmter Produkte. In meinem Auftrag arbeitet daher das Umweltbundesamt daran, die Information der Beschaffungsstellen zu verbessern. Diesem Ziel dient eine Reihe von Maßnahmen: Ende 1983 wird vom Umweltbundesamt in Form eines Handbuchs das Ergebnis eines Modellvorhabens „Umweltfreundliches Beschaffungsprogramm für Gemeinden" vorgelegt werden, das in den Städten Essen und Wolfsburg läuft. Den Beschaffungsstellen sollen hiermit in praxisgerechter Form Informationen und Handlungshilfen geboten werden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das Umweltzeichen für umweltfreundliche Produkte, das von der Jury Umweltzeichen im Auftrag des Bundesministers des Innern und des Umweltbundesamtes vergeben wird. Gegenwärtig sind 22 Produktgruppen mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet. Im Rahmen der Aktion werden für die jeweiligen Produktgruppen detaillierte Vergabebedingungen festgelegt, die in ihrer Konkretheit gut geeignet sind, um von den Beschaffern in den Leistungskatalog einer Ausschreibung übernommen zu werden. Ich begrüße daher sehr, daß die Bundesmaterialkatalogisierungszentrale im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung Hinweise auf das Umweltzeichen in ihre Datenbank aufgenommen hat. Die Datenbank ist allen Beschaffungsstellen zugänglich. Weitere Bemühungen betreffen die Aufnahme von Umweltaspekten in die Arbeit der Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale. Hierdurch soll ebenfalls erreicht werden, daß die Hersteller von sich aus aktiver an der Verbesserung der Umwelteigenschaften ihrer Erzeugnisse arbeiten. Wichtig sind auch die eigenen Bemühungen der Beschaffungsstellen um- entsprechende Informationen über die Umwelteigenschaften von Produkten. Besonders geeignet hierfür ist das im Vergaberecht vorgesehene Instrument der Nebenangebote im Rahmen der Ausschreibungen. Erfolgversprechend wären vor allem bei Großbeschaffern Absichtserklärungen, mit denen angekündigt wird, daß ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch Produkte mit höherem Umweltstandard gekauft werden sollen. Dies würde den Herstellern Zeit für entsprechende Produktentwicklungen lassen. Ich hoffe, daß von diesem Instrument in Zukunft stärker Gebrauch gemacht wird. Abschließend sei noch ein weiteres Projekt erwähnt. Die Studie „Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik" hat auch auf das Problem hingewiesen, daß Normen und andere technische Richtlinien sich hemmend auf die Durchsetzung umweltfreundlicher Produkte im öffentlichen Beschaffungswesen auswirken können. Im Auftrag des Umweltbundesamtes überprüft daher zur Zeit das Deutsche Institut für Normung (DIN) Normen und andere Regeln der Technik auf Umweltrelevanz und mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Berücksichtigung des Umweltschutzes im öffentlichen Beschaffungswesen. Die Ergebnisse werden in etwa zwei Jahren vorliegen und Eingang finden in die Arbeiten zur Novellierung von DIN-Vorschriften.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich unterbreche jetzt die Sitzung. Die Sitzung wird um 14 Uhr mit der Aussprache über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung fortgesetzt.

    (Unterbrechung von 11.13 bis 14.00 Uhr)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache über die Tagesordnungspunkte 1 und 2. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Apel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Der Bundeshaushalt 1984, wie er uns heute von Herrn Bundesminister Stoltenberg vorgelegt wurde, spiegelt die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Koalition wider;

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Sehr richtig!)




    Dr. Apel
    darauf hat Herr Dr. Stoltenberg j a auch Wert gelegt. Damit muß sich dieser Haushaltsentwurf dann aber auch an den Versprechungen und Zukunftsperspektiven messen lassen, die die CDU/CSU selbst in langen Jahren ihrer eigenen Oppositionsarbeit immer wieder mit Nachdruck aufgestellt hat

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Ihre Erbschaft steckt auch darin!)

    und die ja noch vor elf Monaten für die CDU/CSU gültig waren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn man den Vergleich zwischen diesem Haushaltsplan und Ihrer Finanzpolitik auf der einen und Ihren früheren Forderungen auf der anderen Seite anstellt, dann wird erschreckend deutlich, in wie hohem Maße die CDU/CSU beim Bundeshaushalt 1984 gegen selbstgesteckte Ziele und gegen eingegangene verbindliche Versprechungen verstößt.

    (Beifall bei der SPD)

    Erinnern wir uns: Noch vor einem Jahr hatte die Fraktion der CDU/CSU beim Bundesverfassungsgericht eine Klage eingereicht mit dem Ziel, die Neuverschuldung des Bundeshaushalts 1981 für verfassungswidrig zu erklären. Nun legt uns Herr Dr. Stoltenberg einen Haushaltsentwurf vor, dessen Neuverschuldung nicht nur höher ist als die des Jahres 1981, sondern der auch nach den von der CDU aufgestellten Kriterien verfassungswidrig ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wie geht es mit Ihrer Verfassungsklage eigentlich weiter? Wir haben das Gefühl, Sie möchten sie am liebsten klammheimlich vergessen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein, nein!)

    — Das ist für mich beruhigend. — Wir wollen, daß Sie auch heute noch zu den Worten stehen, die Sie in der Oppositionszeit gesprochen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Wahlkampf 1983 war von den Unionsparteien der Verzicht auf die Rückzahlbarkeit der Zwangsanleihe als Gebot sozialer Gerechtigkeit beschlossen worden. Nach der Wahl wurde dieses Wahlversprechen sang- und klanglos fallengelassen.
    Im Wahlkampf dieses Jahres, vor wenigen Monaten also, hat Bundeskanzler Kohl allen jungen Menschen eine Lehrstellengarantie gegeben. Jetzt fehlen mehr als 100 000 Lehrstellen.

    (Dr. Lammert [CDU/CSU]: Warten Sie doch einmal ab! — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das denn? Sie sind doch kein Hellseher! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Diese Bundesregierung wird entweder den Vorwurf der Wählertäuschung akzeptieren müssen oder sich unseren sozialdemokratischen, detaillierten Vorschlägen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und zur Schaffung 10 000 zusätzlicher Ausbildungsstellen anschließen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die CDU/CSU-Fraktion forderte in den letzten Jahren immer wieder mit Nachdruck, mit Emphase, daß umgehend, sofort alle heimlichen Steuererhöhungen bei der Lohn- und Einkommensteuer beseitigt werden müßten. Jetzt wird offengehalten, ob und wann eine Lohn- und Einkommensteuersenkung denkbar ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wer genau zugehört hat, der hat heute morgen bei Herrn Dr. Stoltenberg herausgehört, daß es zu einer Lohnsteuersenkung nur kommen kann, wenn gleichzeitig vor allem die Mehrwertsteuer kräftig angehoben wird.

    (Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Das hat er gar nicht gesagt!)

    Denn, Herr Kollege Stoltenberg, Sie haben davon gesprochen, daß Sie im Steuersystem auch umschichten müßten. Ich füge hinzu: Sie haben in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung doch nicht eine müde Mark vorgesehen, um eine Lohn- und Einkommensteuersenkung durchzusetzen. Auch das von Ihnen heute morgen angekündigte Familiensplitting ist in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung nicht vorgesehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Das hat mit Mehrwertsteuererhöhung nichts zu tun!)

    Aber gleichzeitig fordert Graf Lambsdorff ungeniert massive Lohn- und Einkommensteuersenkungen möglichst bald, für 1985.

    (Beifall des Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP])

    — Ja, das müssen Sie dann in Ihrer Koalition miteinander ausmachen. Ich bin nicht dazu da, hier bei Ihnen Moderator zu spielen. —

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Ernst Albrecht, der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, will dagegen die Unternehmenssteuern senken und lehnt eine Lohn- und Einkommensteuersenkung ab. Wo bleiben Ihre Versprechungen aus der Oppositionszeit? Soll diese — nennen wir es einmal freundlich so — Meinungsvielfalt an die Stelle solider Finanzpolitik treten?

    (Beifall bei der SPD)

    Die Unionsparteien hatten in ihrer Oppositionszeit, aber auch noch im Wahlkampf — ich erinnere mich an Reden von Herrn Dr. Dregger — versprochen, daß es unter ihrer finanzpolitischen Verantwortung keine Steuer- und Abgabenerhöhungen geben wird. Wie ist die Realität? Zum 1. Januar 1983 sind die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung angehoben worden, zum 1. Juli 1983 ist die Mehrwertsteuer angehoben worden, zum 1. September 1983 sind die Beiträge zur Rentenversicherung angehoben worden, und zum 1. Januar 1984 werden alle Sozialversicherungsabgaben durch die stärkere Einbeziehung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes angehoben.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Da sehen Sie mal, was Sie uns hinterlassen haben!)




    Dr. Apel
    Die CDU/CSU bricht ihre Versprechungen, sie schröpft die Bürger über Steuer- und Abgabenerhöhungen. Sie sorgt allerdings zielbewußt dafür, daß vor allem die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen betroffen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    In der Opposition erklärte die Union die Einstellung der Bundesbankgewinne in den Bundeshaushalt für Gift. Heute wird damit Haushaltsfinanzierung getrieben, und zwar ohne Scheu und ohne Wenn und Aber.
    Als Opposition hatten uns Herr Bundeskanzler Kohl und die Union gesagt, sie würden alle Subventionen massiv und linear kürzen.

    (Zuruf von der SPD: 10 %)

    Jetzt hat Herr Stoltenberg seine Meinung geändert: Subventionen sind heute für ihn ein wichtiger Beitrag zur Überwindung der Strukturprobleme.
    Reinhard Uhlmann bezeichnet diese Politik in der letzten Ausgabe der Zeitschrift „Der Unternehmer" so — ich zitiere —:
    Schlichtweg finster sieht es schließlich beim Subventionsabbau aus. Hier erweist sich die Union wahrlich als eine Tüte voller Wind.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Es war niemand anders als die frühere christdemokratische Opposition, die den sozialdemokratischen Finanzministern seit Jahr und Tag auf diesem brachliegenden Feld Dampf zu machen versuchte.
    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, Sie haben heute morgen davon gesprochen, daß Konjunktur und Konjunkturentwicklung auch das Ergebnis von Vertrauen sind. Ich stimme dem zu. Ich denke, Sie werden mit mir einer Meinung sein, daß auch die Finanzpolitik in ihrer Wirkung auf der Glaubwürdigkeit von Politikern beruht, die diese Politik vertreten. Da ist es allerdings mit der Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik und der Finanzpolitiker der Regierung schlecht bestellt.

    (Glos [CDU/CSU]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)

    Ihre Finanzpolitik steht augenscheinlich unter dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Haben Sie vor einem Kirchentag nicht schon etwas anderes gesagt?)

    Damit haben Sie selbst die Grundlagen der Glaubwürdigkeit Ihrer künftigen Finanzpolitik beschädigt.
    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, mich hat sehr verwundert, daß Sie heute morgen nicht einen einzigen Satz zum Kredit in Höhe von 1 Milliarde DM an die DDR gesagt haben. Es ist nicht meine Aufgabe, die verwirrenden Etappen der Entwicklung dieses Kredits in Höhe von 1 Milliarde DM nachzuvollziehen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Er geht nicht aus dem Haushalt!)

    Eines steht fest: In diesem Sommertheater wurde eine Tragikomödie politischer Führungslosigkeit, Instinktlosigkeit und mangelnder Koordinierung aufgeführt.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir verlangen, daß die Bundesregierung ihren Informationspflichten gegenüber dem Parlament nachkommt.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Wollten Sie den Kredit ablehnen?)

    Wir werden der Bundesregierung ihr Verwirrspiel nicht durchgehen lassen. Wir wollen Klarheit darüber haben, wie dieser Kredit abgesichert ist, ob daraus Belastungen für den deutschen Steuerzahler entstehen und ob aus diesem Kredit Vorteile, Aufträge für die westdeutsche Wirtschaft entstehen. Die Berichte von der Leipziger Messe sind hier sehr desillusionierend.
    Herr Dr. Stoltenberg hat in einer Pressekonferenz im August deutlich gemacht, daß die Einnahmeerwartungen aus der Zwangsanleihe, die ursprünglich im Jahr 1983 1 Milliarde DM erbringen sollte, jetzt von ihm selbst auf 700 Millionen DM zurückgeschraubt worden sind. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres sind gerade eben 280 Millionen DM in die Finanzkassen eingegangen. Wir fragen die Bundesregierung: Steht der zu erwartende Ertrag der Zwangsanleihe für den Bund, der j a im übrigen nur für wenige Jahre zur Verfügung steht und dann zurückgezahlt werden muß, in einem vernünftigen Verhältnis zum bürokratischen Aufwand, der mit dieser Zwangsanleihe verbunden ist und der die Finanzämter zusätzlich beträchtlich belastet?
    Wir fragen die Bundesregierung: Wie will sie mit dem von uns bereits früher erhobenen und jetzt gerichtlich erhärteten Vorwurf fertig werden, daß diese Zwangsanleihe eindeutig verfassungswidrige Elemente beinhaltet? Denn auch die Bundesregierung kann nicht leugnen, daß diese Zwangsanleihe ausschließlich von Arbeitnehmern und solchen Steuerzahlern bezahlt wird, die nicht investieren können. Und das ist dann in der Tat eklatante Ungleichbehandlung und damit nicht verfassungsfest.

    (Beifall bei der SPD)

    Will die Bundesregierung angesichts der von Herrn Stoltenberg vorgelegten Einnahmezahlen weiterhin behaupten, diese Zwangsanleihe sei eine Art sozialen Gegengewichts zu den Kürzungen, die im Sozialbereich vorgenommen werden? Die sozial Schwachen werden durch Milliardenkürzungen getroffen. Die Zwangsanleihe bringt nur Millionenbeträge, die im übrigen zurückgezahlt werden müssen. Hier bricht doch die Argumentation der CDU/ CSU zur Ausgewogenheit ihrer Finanzpolitik wie ein Kartenhaus in sich zusammen

    (Beifall bei der SPD)

    und macht die ganze Ungerechtigkeit der Haushaltspolitik dieser Bundesregierung um so sichtbarer.



    Dr. Apel
    Wir fragen deswegen die Bundesregierung, ob sie bereit ist, angesichts dieser Sachlage an die Stelle der Zwangsanleihe eine Ergänzungsabgabe zu setzen, die steuerpolitisch gerecht und damit verfassungsfest ist. Auf diese Weise könnten wirksame konjunkturpolitische Initiativen finanziert werden, die angesichts unserer wirtschaftlichen Lage dringend geboten sind.
    Herr Kollege Stoltenberg, Sie schmücken sich beim Thema „Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen" mit fremden Federn. Wenn Sie dem Bundestag mitteilen, daß von 1981 bis 1984 die Finanzhilfen des Bundes um zwei Milliarden DM gekürzt worden sind und die Steuervergünstigungen sogar um drei Milliarden DM, dann sollten Sie auch hinzufügen, daß diese Kürzungen kaum unter Ihrer Regie, sondern vor allem unter den Finanzministern Matthöfer und Lahnstein möglich waren, und zwar durch das Subventionsabbaugesetz 1981 und das Haushaltsstrukturgesetz 1982. Es stimmt doch, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, daß der Bundeshaushalt 1984 in einer Größenordnung von mehr als 20 Milliarden DM dadurch entlastet wird, daß wir Sozialdemokraten zusammen mit den Liberalen strukturelle Haushaltsdefizite abgebaut haben.
    Und wenn das so ist, dann frage ich mich wirklich, was die von Ihnen heute morgen aufgebauten Pappkameraden gesollt haben. Ich frage mich auch, was Ihre Exkurse in europäische Nachbarländer gesollt haben. Nehmen Sie zur Kenntnis, daß wir am Abbau der strukturellen Haushaltsdefizite das gleiche Interesse haben wie Sie. Nur, die Grundlagen unserer Politik, die Orientierung unserer Politik

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Ist leider falsch!)

    unterscheiden uns allerdings von Ihnen diametral.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich bin froh darüber, daß die Union und auch der Bundesminister der Finanzen endlich die während ihrer Oppositionszeit übliche polemische und törichte Behandlung des Themas Subventionsabbau aufgegeben haben. Völlig unzureichend sind allerdings die Vorschläge der Bundesregierung zum Abbau bestehender Steuervergünstigungen. Hier können Sie, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, beweisen, daß es Ihnen mit dem Subventionsabbau und der Haushaltskonsolidierung ernst ist. Wenn Sie dazu Ideen und Vorlagen benötigen, dann können Sie sich ja der Ideen des Parlamentarischen Staatssekretärs Vogt bedienen, der Ihnen deutlich gemacht hat, daß mit Leichtigkeit 4 Milliarden DM an Steuervergünstigungen gekürzt werden können. Ich bitte, das in den Reihen der Regierung zu erwägen. Abwegig sind diese Ideen keineswegs.

    (Beifall bei der SPD)

    Die deutsche Stahlindustrie, unser Kohlebergbau, unsere Werften brauchen unsere Hilfe.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Bund muß den Strukturwandel finanziell unterstützen und international für faire Wettbewerbschancen sorgen.
    Dabei bleibt die Verantwortung für die Unternehmensleitungen unberührt. Herr Kollege Dr. Stoltenberg, in dieser Frage sind wir einer Meinung. Wir sollten dann aber auch gemeinsam mit Entsetzen feststellen, welche Mentalität bei einigen Unternehmensleitungen eingerissen ist. Man sieht über Jahre Schwierigkeiten im Schiffsbau auf sich zukommen, man macht sich wenig Gedanken darüber, wie die gefährdete Produktion rechtzeitig umgestellt werden kann, Phantasie und Innovationskraft sind augenscheinlich wenig gefragt, man verläßt sich auf die Subventionen des Staates, man macht Druck wegen des Verlustes von Tausenden von Arbeitsplätzen, und wenn die Karre endgültig im Dreck sitzt, versucht man, die Restbestände der Unternehmen an den Vater Staat abzutreten.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn Graf Lambsdorff die politische Verantwortung für die Überwindung der Werftenkrise polemisch abschieben will, so erklärt sich das für mich nicht zuletzt aus dem lamentablen Zustand der FDP. Wichtiger aber ist, daß seine Argumentation an den eigentlichen Problemen völlig vorbeigeht.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier wird doch ein eklatantes Versagen der Unternehmenswirtschaft sichtbar, und darüber müßte in diesem Lande debattiert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen eine Industriepolitik, die unter Einsatz des gesamten Sachverstandes, auch des Sachverstandes der öffentlichen Hände und natürlich der Unternehmer, Konzepte entwickelt, die aus der Krise herausführen.
    Wir begrüßen, daß die Bundesregierung in ihrer gestrigen Kabinettsitzung erste Hilfsmaßnahmen beschlossen hat. Aber damit sind wir mit dem Problem noch lange nicht durch. Wir müssen die Bundesregierung fragen, ob sie warten will, bis die Stahlindustrie endlich weiß, was sie will. Wollen Sie den Niedergang der deutschen Werftindustrie abwarten?
    Sind Sie sich im klaren darüber, daß Sie durch Ihre industriepolitische Abstinenz viele tausend Arbeitsplätze gefährden und zudem die öffentlichen Kassen mit den Konsequenzen von Unternehmenszusammenbrüchen belasten?

    (Beifall bei der SPD)

    Es reicht eben nicht aus, Abschreibungserleichterungen für Forschung und Entwicklung zu gewähren, um unserer Wirtschaft einen Innovationspush zu geben. Die von Ihnen vorgeschlagenen Abschreibungserleichterungen bei Forschung und Entwicklung werden von den Klein- und Mittelbetrieben kaum genutzt werden können; bei den Großbetrieben werden sie hohe Mitnehmereffekte auslösen und die Steuerverwaltung erneut belasten. Hier wird uns von Ihnen ein alter Hut aufgetischt, der bereits in den 70er Jahren seine Unwirksamkeit unter Beweis gestellt hat.
    Unser Ziel muß es sein, den Staat nicht nur zum Zahler werden zu lassen, sondern über Industriepolitik rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen, damit in



    Dr. Apel
    unserem Lande nicht ganze Industriezweige zusammenbrechen und wir schrittweise in unserer Wettbewerbsfähigkeit hinter unsere Hauptwettbewerber auf dem Weltmarkt zurückfallen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Späte Einsicht!)

    Nach zwölf Monaten Regierungsverantwortung der CDU/CSU stellen wir fest: Von einer konjunkturellen Wende kann nicht die Rede sein. Wir haben heute 500 000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr. Es droht uns in diesem Jahre erneut ein neuer Pleiterekord. Die Monate nach dem März mit einer bescheidenen Aufschwungstimmung sind vergangen. Der Alltag hat Sie, die Bundesregierung, eingeholt, und nun werden Sie nicht mehr Aufschwünge herbeireden können. Es muß deshalb gehandelt werden,

    (Beifall bei der SPD)

    wollen wir 1984 nicht noch tiefer in die Depression und damit in die Massenarbeitslosigkeit abrutschen.
    Die Bundesregierung lehnt das ab. Sie beschwört weiterhin den Aufschwung. Sollte Ihre Selbstsicherheit, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, jedoch auf Prognosen beruhen, die aus dem Bundeswirtschaftsministerium kommen, dann ist allerdings größte Vorsicht geboten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Wir Sozialdemokraten wissen aus leidvoller eigener Erfahrung, wie oft sich schon der Wirtschaftsminister geirrt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sollten uns, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, die Prognosen derer anschauen, die die wirtschafts- und finanzpolitische Entwicklung ohne ideologische Scheuklappen betrachten.
    Für uns sollten die Warnungen der Bank für internationalen Zahlungsausgleich wichtig sein, die bereits im Juni dieses Jahres darauf hingewiesen hat, welche verheerenden Wirkungen von der amerikanischen Haushaltspolitik und damit vom US-Zinsniveau ausgehen. Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich weist darauf hin, daß die Haushaltsdefizite in der Bundesrepublik Deutschland angesichts der konjunkturellen Lage keineswegs als alarmierend anzusehen sind. Sie fügt hinzu, es sei zwar richtig, daß die Defizite historisch gesehen nach wie vor hoch sind; aber sie sagt dann auch, das gleiche gelte eben auch hinsichtlich der Schwere der Rezession.
    Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung wie auch das Ifo-Institut in München machen darauf aufmerksam, welche Risiken durch einen zu rigorosen Sparkurs im Bundeshaushalt 1984 für die deutsche Konjunktur- und Wirtschaftsentwicklung entstehen. Das Ifo-Institut geht so weit, daß es mit einem Abbruch des bescheidenen Aufschwungs im nächsten Jahre rechnet und für 1985 einen neuen Abschwung erwartet. Das Institut rechnet uns vor, daß kaufkräftige Nachfrage durch Ausgabenkürzungen und Abgabenerhöhungen in einer Größenordnung von 15 Milliarden DM ausfällt. Das Ifo-Institut sagt — und wir können das unterschreiben —, daß die Konsolidierung der Staatsfinanzen weiterhin geboten bleibt. Es wendet sich aber gegen den bedenklichen Kurs der Haushaltskonsolidierung und damit eine Entwicklung, die für die Konjunktur eine beträchtliche Gefahr darstellen kann.
    Sie, Herr Bundesminister der Finanzen erwarten, daß sich die durchschnittliche Jahresarbeitslosigkeit von 2,3 Millionen Menschen in diesem Jahre auf 2,5 Millionen Menschen im Jahre 1984 erhöht. Das macht doch bereits deutlich, daß auch Sie diesen Haushalt als wenig konjunkturfördernd anse. hen. Sie müssen die Warnung der Experten ernst nehmen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist Erbmasse!)

    Die Arbeitslosigkeit wird durch die von Ihnen gewollte Finanzpolitik verstärkt.
    Es hat keinen Zweck, meine Damen und Herren, den Eindruck zu erwecken, als gäbe es Patentrezepte, mit denen die Depression, die Massenarbeitslosigkeit in unserem Land quasi von selbst gelöst werden könnten. Es ist sicherlich richtig, daß sich die Wirtschaftspolitik und damit auch die Haushaltspolitik 1984 erneut auf einem schmalen Pfad bewegen müssen, mit dem Ziel, das an Konjunkturanstößen zu geben, was möglich ist, ohne die Notwendigkeit des weiteren Abbaus struktureller Haushaltsdefizite zu übersehen. Es stimmt, daß vor allem die Privatinvestitionen den Aufschwung tragen müssen. Aber auch die öffentlichen Investitionen müssen zunehmen. Sie sind für unsere Zukunft unverzichtbar.
    Der uns von der Bundesregierung vorgelegte Haushalt ist nicht nur sozialpolitisch ungerecht und ungenügend austariert, er ist einseitig. Er setzt auf Konsolidierung, ohne die Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung zu bedenken.

    (Beifall bei der SPD)

    Er nimmt das Phänomen Massenarbeitslosigkeit augenscheinlich gelassen hin und läßt damit Verantwortungsbewußtsein und Humanität im finanzpolitischen Denken vermissen.

    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen muß der Bundeshaushalt 1984 in dem Maße, in dem es möglich ist, konjunkturpolitische Mitverantwortung tragen. Wir Sozialdemokraten wollen 170 000 Jugendlichen einen Ausbildungs-Arbeitsplatz geben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wollen unsere Wälder retten. Dazu müssen die Schadstoffe, die unsere Schlote verlassen, herausgefiltert werden.

    (Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Wir wollen das auch!)




    Dr. Apel
    Wir wollen unsere Gewässer vor dem Umkippen bewahren und unsere Trinkwasserversorgung auf Dauer sicherstellen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer will das denn nicht!)

    Unsere Städte und Gemeinden müssen menschengerechter werden.
    Hier liegen Aufgaben vor uns, die wir anpacken müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

    Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken und ihren Strukturwandel erleichtern.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Was haben Sie denn 13 Jahre lang gemacht?)

    Wir müssen einen Beitrag zu mehr Flexibilität bei der Lebensarbeitszeit leisten.

    (Beifall bei der SPD — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    Stahl, Kohle und Werften brauchen unsere Hilfe für eine bessere Zukunft.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie fragen: Wer will das denn nicht? — Meine Damen und Herren, in Ihrem Haushaltsentwurf findet sich nicht ein einziger konstruktiver Ansatz, der diese Aufgaben lösen will. Sie schwätzen, aber Sie handeln nicht!

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Was haben Sie in der Regierung gemacht? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Unsere Vorstellungen zur Überwindung der Depression und der Massenarbeitslosigkeit können solide finanziert werden. Wir wissen doch heute, daß der Bundesbankgewinn um weit mehr als 2 Milliarden DM, wahrscheinlich um 3 Milliarden DM höher sein wird, als im Bundeshaushalt eingestellt.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Den brauchen wir zur Schuldentilgung!)

    Wir lehnen die Steuersenkungen für die Unternehmen ab. Diese Milliardenbeträge wie die Einnahmen aus der Ergänzungsabgabe ergeben einen zusätzlichen Spielraum für konjunkturpolitische Maßnahmen allein des Bundes für das Jahr 1984 von mindestens 7 Milliarden DM, ohne die Neuverschuldung zu erhöhen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Nur die Steuern!)

    Wir müssen deutlicher als bisher erkennen, wie stark die verfehlte amerikanische Finanzpolitik, die riesenhaften US-Haushaltsdefizite hineinwirken in unser finanz- und wirtschaftspolitisches Geschehen.
    Wir sind nicht so töricht wie Sie, meine Damen und Herren, als Sie in der Opposition waren, alle Probleme für hausgemacht zu erklären. Aber wir wissen, daß erst im Herbst des nächsten Jahres in Amerika Präsidentschaftswahlen sind. Es dauert
    dann viele Monate, ehe eine Kurskorrektur der verfehlten amerikanischen Finanzpolitik denkbar ist. Wollen wir zwei Jahre oder mehr zusehen, wie diese amerikanische Politik unsere konjunkturellen Chancen gefährdet?

    (Beifall bei der SPD)

    Macht es einen Sinn, daß die sehr hohen Rüstungsausgaben der USA bei gleichzeitigen Steuersenkungen zu riesenhaften Haushaltsdefiziten führen, die dann finanziert werden auch über aus der Bundesrepublik eingeführtes Sparkapital, mit dem Effekt, daß auch bei uns die Zinsen steigen?
    Ich bin skeptisch, daß es die einfache und simple Abkopplung von dieser amerikanischen Politik gibt. Alles das, was bisher dazu an Plänen vorgelegt wurde, hat mich wenig überzeugt. Aber das heißt doch nicht, daß Sie, Herr Dr. Stoltenberg, als der Verantwortliche für die Finanzpolitik, für die internationale Geld-, Kredit- und Zinspolitik untätig zusehen können und zusehen dürfen, wie die Karre in den Graben läuft.

    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Einige wohlklingende Worte in Ihrer Einbringungsrede heute morgen reichen in dieser Situation einfach nicht aus.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Bundeskanzler erklärte nach seiner Rückkehr aus dem Sommerurlaub im deutschen Fernsehen, man werde mit dieser Zinssituation bis zu den Wahlen in den USA leben müssen; daran könnten wir keine Freude haben, doch man müsse mit diesem Faktum leben. Ist das alles, Herr Bundeskanzler, was Sie zu dieser konjunkturell entscheidenden Frage zu sagen haben?

    (Dr. Ehmke [SPD]: Ja, das ist klar! — Zuruf von der CDU/CSU: Was machen Sie denn? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Mir macht ein primitiver und dümmlicher Antiamerikanismus in Westeuropa Sorgen,

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    aber, meine Damen und Herren, ist es nicht so, daß die amerikanische Politik im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik unwiderlegbare Beweise dafür liefert, daß unsere amerikanischen Freunde in ihrer politischen Verantwortung herzlich wenig darüber nachdenken, welche Konsequenzen ihre Politik für Westeuropa hat?

    (Beifall bei der SPD)

    Kann das ein Bündnis von Gleichberechtigten auf Dauer ertragen? Wenn wir es nicht fertigbekommen, die amerikanischen Politiker zu einer Kurskorrektur zu veranlassen oder über starke Koordinierungsmaßnahmen in der EG und im europäischen Währungsverbund unangenehme Auswirkungen auf die Konjunkturpolitik Westeuropas — und damit unseres Landes — abzuschwächen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie doch einmal etwas zu Frankreich!)




    Dr. Apel
    dann werden wir das Ziel, das wir uns selbst gesetzt haben, einen moderaten Aufschwung möglich zu machen, sehr viel schwerer verwirklichen können.
    Deswegen unterstützen wir die Deutsche Bundesbank in ihrem Bemühen, auf die erratischen Entwicklungen des Dollarkurses gelassen zu reagieren. Die Zinsen sind bereits viel zu hoch, aber wir wollen nicht, daß die Deutsche Bundesbank diese Entwicklung durch falsche geldpolitische Entscheidungen noch verstärkt.
    Wir stellen fest, daß die Zinsspannen im deutschen Kreditgewerbe überhöht sind. Ich verstehe sehr wohl, daß das Kreditgewerbe ein Interesse daran hat — und auch haben muß —, die vielfältigen Risiken im Kreditgeschäft abzudecken. Die Risiken im internationalen Kreditgeschäft sind groß. Auch national müssen Wertberichtigungen vorgenommen werden. Das Kreditgewerbe trägt aber auch Verantwortung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und nicht nur für seine eigenen betriebswirtschaftlichen Belange.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir fordern die Bundesregierung auf, Stellung zu nehmen zu den kritischen Bemerkungen der Deutschen Bundesbank, so z. B. im Bericht der Bundesbank vom Juli 1983. Die deutliche Kritik der Bundesbank an der Zins- und Konditionenpolitik des Kreditgewerbes ist unüberhörbar.
    Dieses Verhalten unseres Kreditgewerbes hat auch Konsequenzen für die weitere Entwicklung der privaten Investitionen. Die privaten Investitionen sind von Zinshöhe und Zinserwartungen sehr viel stärker betroffen als von vielen anderen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns. Wenn wir es nicht fertigbringen, das Zinsniveau zu stabilisieren, ja, den gebotenen Trend zu Zinssenkungen fortzusetzen, dann werden Sie, Herr Bundesfinanzminister, nicht nur in Ihren Bundeshaushalt 1984 sehr viel höhere Beträge zur Abdeckung Ihrer Zinsverbindlichkeiten einsetzen müssen, sondern wir alle werden erleben, wie stark gerade die Belastung durch die Zinsen und die Unruhe über die weitere Zinsentwicklung unseren wirtschaftlichen Aufstieg bremsen.
    Angesichts dieser Zinsproblematik ist es geradezu geboten, unseren sozialdemokratischen Vorstellungen zu folgen und über die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Rahmen unserer konjunkturpolitischen Anstrengungen ein großes, gezieltes, zusätzliches Programm für zinsverbilligte private und öffentliche Investitionen aufzulegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Insbesondere die Investitionsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen muß wirksam verbessert werden. Wir bewegen uns hier, Herr Kollege Stoltenberg, durchaus in Überlegungen, die Sie in Ihrer Einbringungsrede heute morgen positiv gewürdigt haben.
    Die Zeitung „Handelsblatt" hat am 14. Mai, also zeitlich deutlich vor der letzten Runde der Zinssteigerungen, zu diesem Problemkreis folgendes ausgeführt — ich zitiere —:
    Die Regierung behauptet, durch die von ihr geplanten Steuersenkungen würden Sachinvestitionen und damit Wachstumsimpulse ausgelöst. Doch
    — so das „Handelsblatt" —
    diese Kausalität ist nicht zu sehen. Das Problem der deutschen Unternehmen ist der hohe Realzins am Kapitalmarkt bei einer mickrigen Rendite des Produktivvermögens.
    Das „Handelsblatt":
    Dieses Problem läßt sich aber kaum durch einen steuerlichen Renditezuschuß lösen, sondern nur durch eine Senkung des realen Zinses, die allerdings von den USA ausgehen müßte.
    Das „Handelsblatt" fährt dann fort, Herr Dr. Stoltenberg:
    Die Unternehmen legen ihre freie Liquidität, unter anderem auch die verdienten Abschreibungserlöse
    — auch die des nächsten Jahres —
    am Kapitalmarkt an, nicht zuletzt in Rentenwerten des Bundes.
    Das „Handelsblatt" weiter:
    Im Jahr 1981 erreichte die Geldvermögensbildung der Unternehmen eine Höhe von 56 Milliarden DM, 1982 waren es noch 41 Milliarden DM. Das gesamte Geldvermögen der Unternehmen belief sich Ende 1982 auf sage und schreibe 780 Milliarden DM. Es verzinste sich glänzend, obwohl es zum Betriebsvermögen gehört und folglich vermögensteuerlich begünstigt wird.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang an eine Stellungnahme des finanzpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herrn Dr. Kreile, vom 24. Mai dieses Jahres erinnern. Herr Dr. Kreile sagte — ich zitiere —:
    Bezieht man die steuerpolitischen Maßnahmen aus den letzten Jahren in die Betrachtung ein,
    — er meint die vielfältigen Absenkungen der Unternehmensbesteuerung durch die sozialliberale Koalition —
    so läßt sich die Behauptung wagen, daß die steuerlichen Rahmenbedingungen der Unternehmen jetzt nicht mehr als Begründung für mangelnde Investitionen angeführt werden können.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wir werden uns diese Aussage vormerken. Macht sie doch deutlich, daß nach Meinung der CDU/CSU-Fraktion jetzt von einer steuerlichen Benachteiligung der Investitionen in unserem Lande nicht mehr gesprochen werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu diesen Aussagen von Herrn Dr. Kreile stehen allerdings die Forderungen von Ministerpräsident Albrecht in einem scharfen Widerspruch. Er will die Unternehmensbesteuerung zusätzlich um 20 % sen-



    Dr. Apel
    ken und zum Ausgleich dafür die Mehrwertsteuer und die Verbrauchsteuern kräftig erhöhen.

    (Zurufe von der SPD)

    Wir lehnen diese Forderungen von Ministerpräsident Albrecht ab.

    (Beifall bei der SPD)

    Das wäre Umverteilung der Lasten zu Lasten der großen Mehrheit aller Steuerzahler, ohne daß es zu einer anhaltenden Belebung der Privatinvestitionen kommt. So werden die Ungerechtigkeiten im Steuerrecht nur massiv erhöht. Würden wir so handeln, so würde der ausgelöste Kaufkraftverlust die Konjunkturentwicklung zusätzlich nachteilig beeinflussen.
    Im übrigen möge doch die Union bei sich endlich einmal klären, wer denn nun recht hat, Kreile oder Albrecht. Die Finanzpolitik der Union darf doch nicht nach dem Motto „Für jeden etwas" verfahren. Wir Sozialdemokraten lehnen diese absurde Finanzpolitik ab.

    (Beifall bei der SPD)

    Bund, Länder und Gemeinden verzichten zugunsten der Unternehmen auf Steuereinnahmen und machen sich damit unfähig, konjunkturpolitische Anstöße zu finanzieren. Die Steuernachlässe der Unternehmen werden kaum reinvestiert. Es kommt nicht zu Mehrarbeit und damit auch nicht zu höheren Steuereinnahmen. Die Unternehmen leihen dem Staat die ihnen von den öffentlichen Händen nachgelassenen Beträge zurück und kassieren dafür dann auch noch Zinsen.
    Es stimmt eben nicht, daß die Steuerbelastung der Unternehmen in den letzten Jahren unerträglich gestiegen sei. Wenn wir den Veröffentlichungen des derzeitigen Bundesministers der Finanzen oder einer Veröffentlichung des Instituts „Finanzen und Steuern" folgen, stellen wir fest, daß die typischen Unternehmenssteuern sehr viel geringer gestiegen sind als alle anderen Steuern, daß insbesondere die Einnahmen aus der Vermögensteuer von 1972 bis 1982 um 60 % gestiegen sind, während alle Steuereinnahmen in diesen zehn Jahren um 90 % gestiegen sind, daß insbesondere die Lohnsteuer um sage und schreibe 150 % gestiegen ist.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Das war Ihre Zeit!)

    Dann wird um so deutlicher, daß die Vermögensteuersenkung unverantwortbar ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Dr. Stoltenberg, wenn Sie zu Recht den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, unseren Freund Diether Posser, loben, so lesen Sie doch bitte noch einmal gründlich seine Rede im Bundesrat nach. Eine klarere Philippika gegen Ihre verfehlte Steuerpolitik kann es nicht geben.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie betreiben eine Steuerpolitik der Verschleuderung knapper Steuermittel. Wir wissen wie Sie, daß die privaten Investitionen wesentlicher Träger der Überwindung der Depression sein müssen. Die von
    Ihnen eingeleiteten Maßnahmen verfehlen das gewünschte Ziel. Die privaten Investitionen werden durch die von Ihnen gewollten Steuererleichterungen nicht gefördert. Der zu hohe Realzins und mangelnde Absatzchancen stören die Investitionsbereitschaft der deutschen Unternehmen.
    Die öffentlichen Investitionen befinden sich ebenfalls in einem tiefen Tal. Es hat mich schon einigermaßen verwundert, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, daß Sie heute morgen so zufrieden mit dem Anteil der investiven Ausgaben an den Bundesausgaben waren.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Er hat ein reines Gewissen!)

    Ich muß darauf aufmerksam machen, daß die Investitionen des Bundes auch dadurch steigen, daß BAföG künftig nicht mehr als Zuschuß, sondern als Darlehen an die Studenten gegeben wird. Das erhöht rein rechnerisch in der Tat die Investitionsausgaben des Bundes, aber dadurch wird doch nicht eine müde Mark bewegt. Das sind doch Taschenspielertricks.

    (Beifall bei der SPD)

    Nicht einmal diese Tricks können verschleiern, daß der Anteil der investiven Ausgaben des Bundes in den vor uns liegenden Jahren Jahr für Jahr weiter zurückgeht. Im Laufe der mittelfristigen Finanzplanung wird der Anteil der investiven Ausgaben des Bundes an den Gesamtausgaben einen Tiefpunkt erreichen, der in der Finanzgeschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig ist.
    Auch hier zeigt sich also, daß dieser Haushaltsentwurf kein Beitrag zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in unserem Lande ist; denn auch die Länder und Gemeinden verringern ihre Investitionen.
    Meine Damen und Herren, wir sind doch mit folgender Situation konfrontiert. Auf der einen Seite gibt sich die Bundesregierung alle Mühe, über den sozialen Wohnungsbau, über Hilfen im Bereich des Eigenheimbaus die Baukonjunktur anzukurbeln, auf der anderen Seite zerschlagen Sie durch Ihre Steuerpolitik die Finanzbasis der Gemeinden. Diese müssen öffentliche Investitionen in beträchtlichem Maße zurücknehmen. Per Saldo kann dabei herauskommen, daß die Bauinvestitionen auf Dauer nicht zunehmen, sondern abnehmen. Herr Dr. Herion, der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, hat dazu vor kurzem erklärt: „Ohne ausreichende öffentliche Baunachfrage droht uns ein Strohfeuereffekt." Finanzpolitik aus einem Guß? — Ich meine: Fehlanzeige.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Gemeinden müssen uns allen ganz besondere Sorge machen. Ihre Finanzen sind in Not. Die Bundesregierung schneidet massiv in die Gemeindefinanzen ein. Sie verstärkt damit die Finanzprobleme unserer Städte und Gemeinden. Aber ich will selbstkritisch hinzufügen, daß es keinen Zweck hat, verschleiern zu wollen, daß auch die sozialliberale Koalition durch die Abschaffung der Lohnsummensteuer Mitverantwortung dafür trägt, daß es heute



    Dr. Apel
    bei den Gemeindefinanzen Schwierigkeiten gibt und ein deutliches Nord-Süd-Gefälle.
    So ist es eben nicht ausreichend, wenn die Vertreter aller Fraktionen vor dem Plenum des Städtetages im Juni dieses Jahres versprochen haben, daß ihnen die Kommunalfinanzen besonders am Herzen liegen, daß es eine weitere Verschlechterung nicht geben dürfe.
    Ich habe die Ausführungen von Herrn Dr. Dregger mit besonderem Interesse gelesen. Sie haben ein Bekenntnis zur quantitativen Ausstattung der Gemeindefinanzen abgegeben. Sie haben ein Bekenntnis zur Finanzautonomie der Gemeinden abgegeben. Sie haben vor allem gesagt, daß bei allen Steuer- und Haushaltsbeschlüssen des Bundes sichergestellt werden muß, daß es für die Gemeinden und für die Länder keine zusätzlichen Haushaltsbelastungen geben darf. Ich nehme das zur Kenntnis, Herr Dr. Dregger. Nur: Wort und Tat widersprechen sich. Der Städtetag stellt am 10. August fest: „Der vom Bund vorgesehene Ausgleich für die Steuerverluste ist völlig unzureichend."
    Die von der Bundesregierung angekündigten Entlastungen in der Sozialhilfe sind nicht nur sozialpolitisch äußerst fragwürdig, sie bringen eigentlich auch keine wirksame Entlastung der Gemeindehaushalte. Wir müssen das Gegenteil feststellen. Die anhaltenden, von der Bundesregierung gewollten Mietensteigerungen, der Abbau des Wohngeldes, der BAföG-Kahlschlag wie die Absenkung des realen Rentenniveaus treffen nicht nur viele Millionen Menschen in unserem Lande hart und ungerecht, sie lassen die Sozialhilfeleistungen der Gemeinden sprunghaft nach oben schnellen. Deswegen verlangen die Gemeinden dafür von der Bundesregierung zu Recht einen finanzwirtschaftlichen und finanzwirksamen Ausgleich.

    (Beifall bei der SPD)

    Besonders bedenklich sind die Luftbuchungen, die Sie, Herr Dr. Stoltenberg, vornehmen. Sie behaupten heute morgen, Sie hätten die Länder und Gemeinden vor einer Explosion der Personalkosten gerettet.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Die Länder und Gemeinden hatten gar keine Explosion der Personalkosten vor. Sie sagen, die Länder und Gemeinden verdanken Ihnen — z. B. durch die Nullrunde im nächsten Jahr — steuerliche und finanzwirtschaftliche Entlastung. Herr Stoltenberg, solche Politik ist doch nicht solide. Sie rechnen den Bund und die anderen Gebietskörperschaften reich, ohne daß eine Mark mehr in die Kassen kommt. Die Länder und Gemeinden wenden sich zu Recht gegen diese Art von Luftbuchungen, die ihnen nicht weiterhelfen und die um so deutlicher unterstreichen, daß es Ausgleichsforderungen der Gemeinden an den Bund gibt. Wir werden sie unterstützen.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Das war aber eine logische Argumentation!)

    Wir sind doch alle stolz darauf, daß unsere Städte, unsere Dörfer, unsere Straßen, unsere Infrastruktur so viel besser gepflegt, so viel besser ausgebaut sind als bei manchen unserer westeuropäischen Nachbarn; von unseren osteuropäischen Nachbarn ganz zu schweigen. Wir sind froh darüber, daß unsere Großstädte nicht so vergammelt sind wie manche Großstadt im Ausland. Aber wenn wir nicht gemeinsam eine große Anstrengung unternehmen, um die Finanzausstattung der Gemeinden und Städte zu verbessern, dann werden wir uns wundern, wo dieses Land in einigen Jahren hingekommen ist. Heute schon fehlen die Mittel, um die Parks zu pflegen; heute schon werden die Straßen nicht überall mehr ausreichend repariert. Der Verfall unserer Infrastruktur beginnt.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Wo wohnen Sie denn? — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Wo leben Sie eigentlich? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    — Meine Damen und Herren, ich bin dafür, daß Sie dieses Gelächter — das im übrigen keine Argumente ersetzt — Ihren Finanzkämmerern zu Hause entgegensetzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hamburg!)

    Dann werden die Ihnen hoffentlich den nötigen Nachhilfeunterricht geben, damit Sie endlich begreifen, wie ernst die Lage der Gemeindefinanzen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir Sozialdemokraten werden deshalb noch in diesem Herbst einen Gesetzentwurf im Deutschen ' Bundestag einbringen, der die Finanzausstattung der Städte und Gemeinden so verbessert, daß der Gefahr des Zerfalls unserer gemeindlichen und städtischen Umwelt begegnet wird und daß einem weiteren Konjunkturabschwung durch fehlende Auftragsvergabe im Hoch- und Tiefbau der Städte und Gemeinden Einhalt geboten werden kann.
    Wir werden uns insbesondere mit aller Kraft jedem Versuch widersetzen, die Gewerbesteuer weiter abzubauen.

    (Beifall bei der SPD)

    Würden wir im übrigen den von wenig Sachverstand geprägten Vorschlägen der FDP-Fraktion nach einer völligen Beseitigung der Gewerbesteuer folgen, dann müßten wir uns am Ende fragen, warum Städte und Gemeinden dann eigentlich noch Industrieansiedlung bei sich haben wollen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Dies ist doch eine Finanzpolitik, die dem Wesen
    einer Industrienation wie der Bundesrepublik
    Deutschland widerspricht; sie ist ohne Fundierung.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Schäuble [CDU/ CSU]: Dafür koalieren Sie mit den GRÜNEN!)

    Dieser Haushaltsentwurf enthält beträchtliche finanzwirtschaftliche Risiken. Sie ergeben sich nicht zuletzt aus den von diesem Haushaltsentwurf selbst ausgehenden Risiken einer weiter wachsenden Massenarbeitslosigkeit. Ich habe bereits auf die



    Dr. Apel
    Probleme des Schiffbaues, der Stahlindustrie und des Kohlebergbaues hingewiesen.
    Ein unübersehbares Haushaltsrisiko in Milliardenhöhe, Herr Bundesfinanzminister, ergibt sich für den Bundeshaushalt 1984 aus der EG-Agrarpolitik. Sie, Herr Stoltenberg, haben vor dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages erklärt, daß Sie einer Erhöhung des einprozentigen Mehrwertsteueranteils für die Eigenmittel der EG erst dann zustimmen werden, wenn Spanien und Portugal der EG beigetreten sind. Ich kann diese Aussage akzeptieren. Nur, Herr Stoltenberg, Sie sollten nicht übersehen, daß Ihnen dieser hehre Grundsatz überhaupt nichts nutzt, wenn die Ausgabendynamik in Brüssel nicht gebremst werden kann. Nun weiß ich sehr wohl, daß in Brüssel zehn Länder zustimmen müssen — insofern sind die Möglichkeiten der Bundesregierung nicht unbegrenzt —, aber Bonn muß dennoch seine Verantwortung ernst nehmen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Tut es auch!)

    Die „Frankfurter Allgemeine" schrieb dazu am 11. August — ich zitiere —:
    Trotz dramatischer Finanzkrise sind die Aussichten auf eine echte Reform der Agrarpolitik sogar noch geringer geworden. Die einzigen, die bei der notwendigen Korrektur wenigstens die richtige Richtung erzwingen könnten, die Deutschen, sie passen. In der früheren Bundesregierung ist Josef Ertl allein der große Bremser gegenüber Reformen gewesen: in der heutigen ist der Bremser Ignaz Kiechle gar nicht allein. Die Wende der CDU/CSU, die „Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft"
    — von der Herr Kohl spricht —... wird von ihr in der Agrarpolitik ganz bestimmt nicht betrieben.
    Die deutsche Fachpresse beurteilt das Ergebnis der letzten Verhandlungsrunde in Brüssel negativ. Sie weist darauf hin, mit welchen absurden Ansinnen Bonn in Brüssel antritt. So können die Probleme der EG-Agrarpolitik wahrlich nicht gelöst werden.

    (Eigen [CDU/CSU]: Dann sagen Sie mal, wie!)

    Die FAZ schrieb gestern — ich zitiere —: Die Bundesregierung ist „dabei, in der Agrarpolitik eine geradezu katastrophale Wende zu vollziehen".
    Sie haben gefragt: Wie? Wir Sozialdemokraten haben bereits im Herbst 1980 unsere detaillierten Vorstellungen zur Reform der EG-Agrarpolitik vorgelegt.

    (Eigen [CDU/CSU]: Mit 3 Millionen Arbeitslosen mehr!)

    Wir erwarten, daß sich die Bundesregierung aufrafft, damit es in Brüssel zur Reform der EG-Agrarpolitik kommt und damit zu Einsparungen, die sozial und ökonomisch verantwortbar sind. Es hat doch keinen Sinn, meine Damen und Herren, Milliardenbeträge in die Brüsseler Kassen fließen zu lassen, die zu nichts nutze sind, die bestenfalls dazu
    dienen, eine verfehlte Politik noch tiefer in ihr Dilemma treiben zu lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir lehnen Ihre verfehlte Haushaltspolitik im Bereich der sozialen Sicherung ab. Art und Inhalt der Kürzungen sind wirtschaftlich nicht verantwortbar, verstoßen gegen primitivste Gesetze der Gerechtigkeit, bürden erneut die Lasten der Haushaltskonsolidierung einseitig den sozial Schwachen auf.
    Man kann das, was Sie uns in diesem Bereich vorlegen, in drei Punkten zusammenfassen und darstellen:
    Erstens. Sie entwickeln einen sinnlosen und kein Problem lösenden Verschiebebahnhof von Belastungen zwischen den verschiedenen Säulen der sozialen Sicherung, insbesondere der Renten- und der Arbeitslosenversicherung. Wir lehnen das ab.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Sicherheit entstehen im wesentlichen durch die anhaltende und zunehmende Massenarbeitslosigkeit. Dann müssen aber die Probleme auch in diesem Bereich angepackt und einer Lösung zugeführt werden. Wer die Massenarbeitslosigkeit nicht bekämpfen will — die Bundesregierung handelt nicht —, wird das System der sozialen Sicherung Jahr für Jahr erneut in schwierigste Belastungsproben bringen.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Die Bundesregierung beschließt zum 1. Januar 1984 zum dritten Mal in zwölf Monaten massive Beitragserhöhungen. Diese erneute Beitragserhöhung ist ungerecht, da von ihr nur die mittleren Einkommensbezieher betroffen werden.
    Drittens. Diese Bundesregierung schneidet massiv in das Netz der sozialen Sicherung ein. Auch wir Sozialdemokraten wissen, daß es selbst bei einer aktiven Beschäftigungspolitik nicht möglich ist, das Sozialleistungssystem in seiner heutigen Struktur auf Dauer ohne Veränderungen zu finanzieren. Eine Finanzierung durch eine höhere öffentliche Kreditaufnahme scheidet aus. Eine Erhöhung der Steuer- und Abgabenbelastung ist nur in beschränktem Umfang möglich und sinnvoll. Wir müssen deshalb durch innere Umschichtungen die zu sozialpolitischen Zwecken erforderlichen Finanzmittel gezielter und gerechter einsetzen, und zwar so, daß der qualitative Leistungsstand des Sozialstaats insgesamt erhalten bleibt.
    Wir kritisieren, daß diese Koalition mit ihren Haushaltsbeschlüssen einseitig die sozial Schwächeren trifft. Wir sehen dadurch das Gebot der sozialen Gerechtigkeit verletzt. Wir geben uns aber auch nicht der Illusion hin, daß allein die Unternehmen und die Besserverdienenden die Lasten der wirtschafts- und sozialpolitischen Anpassung tragen könnten. Notwendig sind Maßnahmen, die alle gesellschaftlichen Gruppen entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit an den Lasten mittragen lassen. Wir werden der Kahlschlagspolitik die-



    Dr. Apel
    ser Koalition unsere Alternativen gegenüberstellen.

    (Austermann [CDU/CSU]: Jetzt geht's los!)

    Nicht akzeptabel sind für uns Ihre Vorschläge für den öffentlichen Dienst. So kann doch eine NullRunde in der Besoldung für Beamte, also keine Besoldungserhöhung für Beamte im nächsten Jahr, nur dazu führen, daß die Gutverdienenden mit einem blauen Auge davonkommen, während die große Zahl von Bediensteten, insbesondere im einfachen und mittleren Dienst, im nächsten Jahr in echte finanzielle Schwierigkeiten kommen muß.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir fragen Sie, Herr Kollege Dr. Stoltenberg: Ist es da nicht angemessener, beim 13. Monatsgehalt, beim Weihnachtsgeld anzusetzen, es in einer gewissen Höhe zu begrenzen, zu plafondieren, damit alle an den Sparmaßnahmen gerecht beteiligt werden?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind j a neue Töne!)

    Auch hier fordern wir von Ihnen Augenmaß und Gerechtigkeit.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich fasse zusammen: Der uns vorgelegte Haushaltsentwurf soll die Konsolidierung der Bundesfinanzen fortsetzen, und Haushaltskonsolidierung ist auch geboten; sein Ansatz ist aber falsch.

    (Beifall bei der SPD)

    Er schafft zusätzliche Haushaltsrisiken und kann das Ziel deshalb verfehlen. Diesem Entwurf fehlt jeglicher Anstoß zur Überwindung der zunehmenden Beschäftigungs- und Investitionsrisiken in unserer Wirtschaft: Die geplanten Steuersenkungen werden wirkungslos sein; Milliardenbeträge werden sinnlos verplempert; die öffentlichen Investitionen beim Bund, bei den Ländern und den Gemeinden gehen zurück; wirksame Anreize zur Förderung der Privatinvestitionen fehlen.
    Wir Sozialdemokraten stellen dieser gefährlichen wirtschaftspolitischen Abstinenz der Bundesregierung unsere Finanzpolitik gegenüber — wohlwissend, daß damit zwar eine Trendumkehr, aber nicht die Überwindung aller Probleme möglich wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundesregierung legt uns einen Etat vor, der den elementarsten Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit in jeder Beziehung widerspricht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die von Ihnen beschlossene Zwangsanleihe ist voller finanzpolitischer Risiken. Sie ist finanzwirtschaftlich ein Flop und bürokratisch ein Monster.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir fordern deshalb die Einführung einer zeitlich begrenzten Ergänzungsabgabe.

    (Beifall bei der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Das ist eine tolle Idee! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Etatansätze für die von Krisen geschüttelten Branchen sind unzureichend; Vorstellungen für die Zukunft dieser Branchen fehlen. Wenn die Mechanismen der Marktwirtschaft die Probleme regeln sollen, dann droht Massenarbeitslosigkeit und weiterer Verlust von Industriekapazität. Wir stellen dieser Inaktivität der Bundesregierung unsere zukunftsorientierten Vorstellungen entgegen.

    (Beifall bei der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Wo denn? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Dieser Haushalt ist dank einer verfehlten EG-Agrarpolitik mit massiven Haushaltsrisiken belastet. Die Bundesregierung nimmt weder in der EG noch weltweit ihre Verantwortung wahr, obwohl insbesondere die weitere wirtschaftliche Entwicklung in der Welt für unser Land von zentraler Bedeutung ist. Diesem Haushaltsentwurf fehlen die gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Konturen, die unser Land weiterführen.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: 13 Jahre hatten Sie Zeit!)

    Sein Zahlenwerk ist Ausdruck finanzpolitischer Hilflosigkeit: viel Flickschusterei, wenig Perspektiven.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wie beim Tornado!)

    Dieser verfehlten Finanzpolitik stellen wir unsere Alternativen gegenüber. Die SPD fordert:
    Erstens. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten muß in der Finanzpolitik das Gebot sozialer Ausgewogenheit und steuerpolitischer Gerechtigkeit gewahrt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Die öffentlichen Finanzen müssen entschlossen den ihnen möglichen Beitrag im Kampf gegen die wachsende Arbeitslosigkeit leisten, ohne das Gebot des Abbaus struktureller Haushaltsdefizite zu übersehen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    Drittens. Bund, Länder und Gemeinden müssen finanzpolitisch gemeinsam handeln, und insbesondere die Gemeinden müssen auch finanzwirtschaftlich handlungsfähig bleiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens. Wir müssen uns unserer weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung, aber auch unserer Verantwortung bewußt sein. Wir müssen darauf drängen, daß die USA ihre verfehlte Finanzpolitik ändern.
    Fünftens. Die Bürger unseres Landes müssen sich auf die finanzpolitischen Versprechungen des Finanzministers und der Politiker der Regierung verlassen können.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Glos [CDU/ CSU]: Im Gegensatz zu früher! — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Das haben wir hinter uns!)




    Dr. Apel
    Weniger Geschwätz, mehr wirksames Handeln ist erforderlich.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Er spricht aus Erfahrung!)

    Wir Sozialdemokraten betrachten die Finanzpolitik der Bundesregierung mit großer Sorge.

    (Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Daß man so etwas ohne Verlegenheit sagen kann!)

    Deshalb werden wir im Laufe der Haushaltsberatungen unsere konstruktiven Vorschläge detailliert einbringen und zur Abstimmung stellen.

    (Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Heute haben Sie sie noch zurückgehalten!)

    Wir sind auf Kooperation eingestellt. Uns geht es um Ergebnisse, die unserem Land weiterhelfen. Wir haben kein Interesse daran, daß unser Land 1984 in eine tiefe Depression und Massenarbeitslosigkeit versinkt.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Wir Sozialdemokraten werden unsere Verantwortung für eine solide Finanzpolitik übernehmen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Siehe Hessen!)

    die den Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird. — Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD)