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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/13 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 13. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 691 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Ergebnis der NATO-Konferenz am 9./10. Juni 1983 Genscher, Bundesminister AA . 691 B, 780 B Bahr SPD 698 B, 787 D Rühe CDU/CSU 706 B Bastian GRÜNE 712A Ronneburger FDP 715D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 719D Kolbow SPD 748 C Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 752 D Dr. Scheer SPD 764 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU 767 C Frau Kelly GRÜNE 768A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 771 B Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 781 C Dr. Dregger CDU/CSU 783 C Mischnick FDP 785A Schily GRÜNE 787 B Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortiger Stopp der Türkeihilfe — Drucksache 10/107 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Türkei — Drucksache 10/149 — Reents GRÜNE 789 D Dr. Althammer CDU/CSU 792 B Voigt (Frankfurt) SPD 795 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 799A Schneider (Berlin) GRÜNE 801 B Möllemann, Staatsminister AA 802 D Dr. Pohlmeier CDU/CSU 804 D Frau Luuk SPD 806 D Schwarz CDU/CSU 808 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 32 GO) 810 D Fragestunde — Drucksachen 10/137 vom 10. Juni 1983 und 10/148 vom 14. Juni 1983 — Bereitstellung finanzieller Mittel aus dem EG-Haushalt für die Opfer der beiden Hochwasserkatastrophen DringlAnfr 1 14.06.83 Drs 10/148 Frau Renger SPD Antw PStSekr Spranger BMI . 729 B, C, D, 730A ZusFr Frau Renger SPD 729C, D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 729 D ZusFr Dr. Jens SPD 729 D Beendigung der Vernichtung junger Baumkulturen in Forstbaumschulen und Forstpflanzenbetrieben DringlAnfr 2, 3 14.06.83 Drs 10/148 Becker (Nienberge) SPD Antw PStSekr Gallus BML . . 730B, 731 B, C, D, 732 A, B, C, D, 733 A, B, C, D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 ZusFr Becker (Nienberge) SPD . . . 731 B, C, D ZusFr Frau Blunck SPD 731D, 733C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE . . . 732A ZusFr Müller (Schweinfurt) SPD . . . 732 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 732C ZusFr Frau Dr. Bard SPD . . . . 732D, 733A ZusFr Jungmann SPD 733 B ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 733 D Verminderung des bürokratischen Auf- wands bei der Förderung von Berlinreisen MdlAnfr 1 10.06.83 Drs 10/137 Dr. Göhner CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hennig BMB . 734 A, B, C, D ZusFr Dr. Göhner CDU/CSU 734 B,C ZusFr Kuhlwein SPD 734 C Leistungen des Bundes und privater Unternehmen an die DDR im Jahre 1983 MdlAnfr 2 10.06.83 Drs 10/137 Austermann CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hennig BMB . 734D, 735B ZusFr Austermann CDU/CSU 735 B Vermeidung juristischer Verklausulierungen in Verordnungen im Interesse der Verständlichkeit auch für Nichtjuristen MdlAnfr 106, 107 10.06.83 Drs 10/137 Dr. Klejdzinski SPD Antw PStSekr Dr. Jahn BMBau 735 C, D, 736A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 735 D Aufbau des BGS/See zur Kontrolle der Ölverschmutzung durch die Schiffahrt in der Nordsee MdlAnfr 3, 4 10.06.83 Drs 10/137 Jungmann SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI 736 B, C, 737 A, B, C, D, 738A ZusFr Jungmann SPD 736D, 737A, C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 737 B ZusFr Frau Blunck SPD 737 C,D ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 737 D Erweiterung des Personalbestands im Bundesinnenministerium, insbesondere nach 1986 MdlAnfr 5, 6 10.06.83 Drs 10/137 Kolbow SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI . . 738 A, B, C ZusFr Kolbow SPD 738 B ZusFr Jungmann SPD 738 C Erhöhung des Schwefeldioxidvorkommens in der Luft durch hohe Radarbelastung und Konzentration von Mikrowellen MdlAnfr 7, 8 10.06.83 Drs 10/137 Menzel SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI 738D, 739 A, B, C, D, 740A ZusFr Menzel SPD 738D, 739A ZusFr Eigen CDU/CSU 739 A ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 739B ZusFr Dr. Linde SPD 739C ZusFr Berschkeit SPD 739C ZusFr Krey CDU/CSU 739 D Einführung des KOS-Verfahrens (Kondensations-, Oxydations-, Sorptions-Verfahren) zur Rauchgasentschwefelung MdlAnfr 9, 10 10.06.83 Drs 10/137 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw PStSekr Dr. Spranger BMI . . 740 B, C, D, 741 A, B ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 740 B, C, D, 741A ZusFr Frau Blunck SPD 741A Verbraucheraufklärung über die Umweltgefährdung quecksilberhaltiger Batterien MdlAnfr 13 10.06.83 Drs 10/137 Müller (Schweinfurt) SPD Antw PStSekr Spranger BMI 741 B,D ZusFr Müller (Schweinfurt) SPD . . . 741 D Umweltgefährdung durch die Verbrennung der nach Basel verbrachten Dioxinrückstände MdlAnfr 14, 15 10.06.83 Drs 10/137 Offergeld SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . 742 A, B, C, D, 743A, B ZusFr Offergeld SPD 742 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 742 B ZusFr Frau Blunck SPD 742 D ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 743A ZusFr Dr. Linde SPD 743 B Anwendung des Verursacherprinzips bei den dem Bund entstandenen Kosten durch die Suche nach den Giftfässern von Seveso MdlAnfr 16, 17 10.06.83 Drs 10/137 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 743 B, C, D, 744A, B ZusFr Kuhlwein SPD 743C, 744 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 743D ZusFr Frau Blunck SPD 744 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 III Informationswert der Listen über Ordensverleihungen an ehemalige Kriegsteilnehmer vor 1945 MdlAnfr 19 10.06.83 Drs 10/137 Pauli SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 744 B, C, D ZusFr Pauli SPD 744C, D Rechtsextremistische Aktivitäten des Generalmajors a. D. Otto-Ernst Remer MdlAnfr 20 10.06.83 Drs 10/137 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 744 D Verhältnis der „Skinheads" zu neonazistischen Gruppen MdlAnfr 21 10.06.83 Drs 10/137 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 745 B,C ZusFr Krey CDU/CSU 745C Ziel des von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und dem Marxistischen Studentenbund Spartakus veranstalteten Festivals der Jugend MdlAnfr 22 10.06.83 Drs 10/137 Krey CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI . . . 745D, 746A ZusFr Krey CDU/CSU 746 A Entlastung der mittelständischen Unternehmen von Bürokratie durch ein neues Statistikbereinigungsgesetz MdlAnfr 23, 24 10.06.83 Drs 10/137 Jung (Lörrach) CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI . 746 B, C, D, 747A ZusFr Jung (Lörrach) CDU/CSU . . 746 B, C, D ZusFr Frau Weyel SPD 746 C Überarbeitung der städtebaulichen und architektonischen Konzeption für die Museen des preußischen Kulturbesitzes MdlAnfr 25 10.06.83 Drs 10/137 Wartenberg (Berlin) SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 747 A, B, C ZusFr Wartenberg (Berlin) SPD . . . . 747 B,C Aussetzung der Sektsteuer zur Belebung des Absatzes von deutschem Wein MdlAnfr 26 10.06.83 Drs 10/137 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Häfele BMF . 747D, 748 A,B ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU . . . 748A ZusFr Frau Weyel SPD 748 B Nächste Sitzung 811 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 812*A Anlage 2 Verringerung der Immissionen durch die Großfeuerungsanlagen-Verordnung MdlAnfr 11, 12 10.06.83 Drs 10/137 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 812* B Anlage 3 Fortschritte des Behinderten-Leistungssports seit 1980; Teilnahme deutscher Behindertensportler an den Olympischen Spielen der Behinderten 1984 MdlAnfr 18 10.06.83 Drs 10/137 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 812* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 691 13. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 17. 6. Dr. von Bülow 17. 6. Dr. Engelsberger 17. 6. Ertl 16. 6. Glotz 17. 6. Hauck 17. 6. Jansen 17. 6. Lowack 17. 6. Saurin 17. 6. Spilker 17. 6. Spranger 16. 6. Tietjen 17. 6. Dr. Unland * 16. 6. Weiskirch (Olpe) 17. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 10/137 Fragen 11 und 12): In welchem Umfang und in welchem Zeitraum werden durch die vom Bundeskabinett am 23. April 1983 verabschiedete Großfeuerungsanlagen-Verordnung Verbesserungen der Immissionssituation bewirkt? Hält die Bundesregierung die durch die Großfeuerungsanlagen-Verordnung zu erwartenden Verbesserungen für ausreichend, und welche Verbesserungsvorschläge für die Beratungen der Großfeuerungsanlagen-Verordnung hat sie im Bundesrat gegebenenfalls eingebracht? Zu Frage 11: Mit der Großfeuerungsanlagen-Verordnung wird der Ausstoß von Luftschadstoffen aus Großfeuerungsanlagen, wie Staub, Stickstoffoxide, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid sowie Fluor- und Chlorverbindungen durch Emissionsgrenzwerte beschränkt. Bei Schwefeldioxid rechnet man damit, daß sich die jährliche Emissionsmenge, die 1978 bei ca. 3,5 Millionen Tonnen lag, um ungefähr 1,2 Millionen Tonnen verringert. In welchem Umfang sich diese Emissionsminderung in einer Verbesserung der Immissionssituation äußern wird, läßt sich nicht vorhersagen. Auf jeden Fall wird es großräumig zu einer Verbesserung der Immissionssituation kommen. Zu Frage 12: Der Bundesrat hat eine Reihe von Änderungsvorschlägen beschlossen, die in Anbetracht der umweltpolitischen Situation von der Bundesregierung mitgetragen werden. Das Bundeskabinett hat deshalb auf seiner Sitzung am 14. Juni 1983 den Bun- Anlagen zum Stenographischen Bericht desratsvorschlägen zugestimmt. Dabei handelt es sich im wesentlichen um folgende Änderungen: a) Die Vollentschwefelung der Abgase sowohl aus neuen als auch aus alten Feuerungsanlagen wird ab einer Feuerungswärmeleistung von 300 MW anstatt bisher 400 MW verlangt; b) Altanlagen mit Feuerungswärmeleistungen von 100 bis 300 MW müssen ab 1. April 1983 die gleiche Teilentschwefelung ihrer Abgase vorsehen, wie sie für Neuanlagen ab Inkrafttreten der Verordnung verlangt werden; c) Für Feuerungsanlagen mit Kraft-WärmeKopplung gibt es bezüglich der Schwefeldioxidemissionsbegrenzung keine Sonderregelung; d) Die Pflicht zur Abgasentschwefelung betrifft auch kleinere Feuerungsanlagen, sofern sie in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen und in der Summe der Feuerungswärmeleistung die Regelungsschwelle überschreiten. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 10/137 Frage 18): Welche Fortschritte konnten für den Behindertenleistungssport seit 1980 (z. B. gleichberechtigte Förderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe und verstärkte Beteiligung an den Lotteriemitteln für den Sport) erreicht werden, und in welcher Weise will die Bundesregierung die finanzielle und sportliche Vorbereitung und Teilnahme von Behindertensportlern aus der Bundesrepublik Deutschland an den Olympischen Winter- und Sommerspielen der Behinderten 1984 in Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen? Die finanzielle Förderung von Vorhaben der Behindertensportverbände richtet sich grundsätzlich nach den gleichen Kriterien, die auch für die Förderung der anderen Spitzenverbände des Deutschen Sportbundes maßgebend sind. Dabei werden selbstverständlich die Besonderheiten der Sportausübung durch Behinderte angemessen berücksichtigt. Für die finanzielle Unterstützung der Behindertensportverbände standen zur Verfügung: 1980: 508 600,- DM, 1981: 617 500,- DM, 1982: 661 200,- DM. Für 1983 ist eine Erhöhung auf die bisherige Höchstsumme von 752 000,- DM vorgesehen. Mit diesen Mitteln ist es möglich, eine angemessene Trainings- und Lehrgangsarbeit der Verbände zu finanzieren. Gleichzeitig ermöglicht die Bundesregierung den Organisationen des Behindertensports trotz einer Ausweitung der internationalen Wettkampfprogramme, leistungsstarke deutsche Mannschaften zu entsenden. Hinsichtlich der sozialen Unterstützung von behinderten Leistungssportlern konnte inzwischen er- 814* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 reicht werden, daß seit 1982 vier Angehörige des Deutschen Behinderten-Sportverbands mit Förderleistungen in Form von Studienbeihilfen, Fahrkostenersatz und Materialbeihilfen unterstützt werden. Weitere drei Spitzensportler des DSB erhalten seit 1983 Verdienstausfallentschädigungen. Die Vorbereitung und Teilnahme von Sportlern des Deutschen Behinderten-Sportverbands an den Olympischen Spielen 1984 in Österreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika ist sichergestellt. Die Bundesregierung finanziert im Rahmen der Jahresplanung der Behindertensportverbände die erforderliche Vorbereitung in Form von Lehrgängen und Wettkämpfen. Auch die Kosten der Entsendung zu den Olympischen Winterspielen mit 100 000 DM und zu den Sommerspielen in den Vereinigten Staaten mit rd. 300 000 DM werden voll abgedeckt. Insgesamt ist sichergestellt, daß der Leistungssport der Behinderten auch in Zukunft durch die Bundesregierung so gefördert wird, daß die Behindertensportverbände ihre umfangreichen Programme angemessen erfüllen können.
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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich habe über die NATO-Frühjahrstagung in Paris zu berichten. Die Bundesregierung sieht in der Einladung Frankreichs zur Abhaltung dieser Tagung in der französischen Hauptstadt eine erneute Bekräftigung der Stellung Frankreichs im westlichen Bündnis. Präsident Mitterrand und Premierminister Mauroy haben das in ihren Ansprachen eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht.
    Keine unserer Waffen wird jemals eingesetzt werden, es sei denn als Antwort auf einen Angriff.
    So heißt es in der Bonner Friedenserklärung der
    NATO vom 10. Juni 1982, so bekräftigten es die Teilnehmer des Weltwirtschaftsgipfels in Williamsburg, und so steht es im Kommuniqué der NATO-Frühj ahrstagung vom 10. Juni 1983.
    Das Bündnis des Westens ist ein Bündnis zur Bewahrung des Friedens, ein Bündnis nicht zum Führen oder gar zum vermeintlichen Gewinnen eines Krieges. Es ist ein Bündnis zur Verhinderung eines Krieges in Europa und in allen anderen Teilen des Bündnisgebietes.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Unsere Strategie ist eine Strategie der Kriegsverhinderung. Bewahrung des Friedens — zu diesem Ziel haben sich die Mitgliedsstaaten der NATO verbunden, dafür werden unsere Soldaten ausgebildet, und allein dafür sind sie ausgerüstet. Der Dienst in der Bundeswehr ist Friedensdienst. In diesem Bewußtsein leisten junge Menschen ihren Wehrdienst. Sie haben in diesem Dienst Anspruch auf unsere Anerkennung und auf unsere Solidarität.
    Das Bündnis will Frieden in Freiheit sichern. Menschenwürde und Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmungsrecht — das sind die Werte, zu deren Schutz wir uns im westlichen Bündnis zusammengeschlossen haben.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Türkei!)

    Deshalb sprechen wir von einer Gemeinschaft der Werte.
    Sie rufen „Türkei". Ich sage Ihnen auch an dieser Stelle: Es zeichnet dieses Bündnis aus, daß die Partner der Türkei die dort Verantwortlichen aufrufen, zur Demokratie zurückzukommen, während im Warschauer Pakt die Partner Polens Polen daran hindern, mehr Gewerkschaftsrechte zu schaffen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Weil wir uns zu Freiheit und Menschenrechten bekennen, sprechen wir von einer Gemeinschaft der Werte in diesem Bündnis.
    Das bedeutet: Je freiheitlicher unsere Staats- und Gesellschaftsordnung ist, um so verteidigungswürdiger ist sie für unsere Bürger. Freiheit und Gerechtigkeit in unseren Gesellschaften — soziale Gerechtigkeit im Sinne unseres sozialen Rechtsstaatsgebotes — machen die Verteidigungswürdigkeit aus, die den Bürger in Uniform und in Zivil erfüllen muß,



    Bundesminister Genscher
    wenn er aufgerufen ist, für unsere Staats- und Gesellschaftsordnung einzutreten.
    Das NATO-Kommuniqué bekräftigt deshalb, daß die Stärke und die Sicherheit der Mitgliedsstaaten auch auf ihrer sozialen Stabilität und auf ihrem Fortschritt beruhen. Für uns gehören soziale Stabilität, Fortschritt und Verteidigungsbereitschaft zusammen. Unser Bekenntnis zur Freiheit und sozialer Gerechtigkeit erklärt, warum unser Bündnis mehr ist als eine Militärallianz alten Stils.
    Die Wertegemeinschaft des Bündnisses bedeutet auch: Jeder, der sich um den Frieden sorgt, der für den Frieden eintritt, erfährt unsere Achtung und unseren Respekt. So würdigen wir auch die Friedensdiskussion in den Kirchen. Einseitig handelt, wer das öffentliche Eintreten für den Frieden in der DDR lobt, es bei uns aber tadelt. Niemand sollte vergessen, daß die Freiheit, über den richtigen Weg zum Frieden mit allen Mitteln einer demokratischen Auseinandersetzung zu streiten, durch unseren demokratischen Rechtsstaat überhaupt erst möglich wird. Niemand sollte vergessen, daß wir diese Freiheit nur deshalb bewahren können, weil wir Mitglied des Bündnisses sind und unsere Soldaten Friedensdienst für die Freiheit leisten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Deshalb begrüßen wir auch die Soldaten unserer Verbündeten — die Amerikaner wie die Europäer — als Garanten unserer Freiheit.
    Wer in der Auseinandersetzung über den richtigen Weg zum Frieden das demokratische Mehrheitsprinzip außer Kraft setzen will, wer in der Auseinandersetzung über den richtigen Weg zum Frieden Gewalt an die Stelle von Überzeugung setzen will, legt die Axt an die Grundlagen unserer Freiheitsordnung.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber diese Ordnung ist es gerade, die unser Land erst verteidigungswürdig macht.
    Unsere Friedensordnung mit ihrem Toleranzgebot verleiht niemandem einen Absolutheitsanspruch auf den einzigen, den richtigen Weg zum Frieden. Das Grundgesetz garantiert die Gewissensentscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern, aber das Grundgesetz begründet zuerst die Gewissensentscheidung der Mehrheit unserer jungen Männer für ihren Friedensdienst als Soldat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es entspricht unserer parlamentarischen Demokratie, daß hier im Deutschen Bundestag auch in Zukunft die Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik entschieden werden, so wie das z. B. in der Vergangenheit bei der Zustimmung zu beiden Teilen des NATO-Doppelbeschlusses geschehen ist. Die Bundesregierung wird die Aussprache darüber, so wie das mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 9. Juni und mit der heutigen Regierungserklärung geschieht, immer wieder suchen.
    Herr Präsident, die Erklärung von Paris, über die ich hier zu berichten habe, ist eine Botschaft des Friedens. Sie verbindet den Willen zur Verteidigung und zur Festigkeit mit dem Willen zu Rüstungskontrolle, Abrüstung, Zusammenarbeit und Entspannung. Sie bekräftigt damit die Ziele und die Grundsätze des Harmel-Berichts.
    Die Erklärung von Paris bestätigt die Einheit des Bündnisses und seine politische Handlungsfähigkeit. Die Mitgliedsstaaten lassen keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit, ihre Sicherheit und ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten und Freiheit und Gerechtigkeit zu verteidigen. Die Bundesregierung wird das in ihrer Macht Stehende tun, daß niemand unseren deutschen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit in Zweifel ziehen oder gar gefährden kann.
    Die konsequente Erfüllung der im Bündnis mitformulierten und übernommenen Verpflichtungen ist deshalb Teil unserer außen- und unserer sicherheitspolitischen Glaubwürdigkeit. Sie ist ein unverzichtbares Element der gemeinsamen Anstrengungen, die gemeinsame Sicherheit zu bewahren.
    Die Erklärung von Paris bekräftigt den Willen des Bündnisses, durch Verhandlungen Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau herzustellen. Das Ziel der Bundesregierung, Frieden zu schaffen mit immer weniger Waffen, ist das gemeinsame Ziel des Bündnisses. Es bleibt dabei — die Pariser Erklärung stellt es noch einmal fest, und sie bestätigt damit voll die Sicherheitspolitik der Bundesregierung —: Verteidigung und Rüstungskontrolle sind integrale Bestandteile unserer Sicherheitspolitik. Verteidigung und Rüstungskontrolle!
    Das Bündnis formulierte in Paris eine Strategie für den Frieden. Elemente dieser Strategie sind Dialog und Zusammenarbeit, das Bemühen um wirkliche Entspannung, Gewaltverzicht, Verteidigung und Rüstungskontrolle als integrale Bestandteile unserer aktiven, auf Friedenssicherung gerichteten Politik. Diese Strategie des Friedens geht von der Grundvorstellung aus, daß wir unsere Beziehungen zum Osten weiter positiv entwickeln wollen. Die Feststellung im Kommuniqué, daß es nicht zuletzt in Spannungszeiten wichtig ist, den Dialog aufrechtzuerhalten, unterstreicht den gemeinsamen Willen, alle Möglichkeiten zur Überwindung der gegenwärtigen schwierigen internationalen Lage zu nutzen, im Gespräch mit dem Osten immer wieder geduldig um Fortschritte zu ringen.
    Der Besuch, den der Bundeskanzler und ich im Juli der Sowjetunion abstatten werden, ist Ausdruck unserer Dialogbereitschaft. Das gleiche gilt für die Bereitschaft des amerikanischen Präsidenten zu einem wohlvorbereiteten Treffen mit dem sowjetischen Generalsekretär Andropow.
    Der Verbesserung der West-Ost-Beziehungen dient unsere Zusammenarbeit mit den Staaten des Warschauer Pakts auf der Grundlage der geschlossenen Verträge. Wichtig für die positive Entwicklung des West-Ost-Verhältnisses sind die wirtschaftlichen Beziehungen. Deshalb haben die Außenminister der NATO in Paris festgestellt, daß der Handel auf der Grundlage handelspolitisch vernünftiger Bedingungen und gegenseitigen Vorteils, der eine präferentielle Behandlung der Sowjet-



    Bundesminister Genscher
    union vermeidet, zu konstruktiven West-Ost-Beziehungen beiträgt. Wir wollen keinen Handelskrieg mit dem Osten.
    Die Anerkennung der politisch stabilisierenden Rolle der West-Ost-Handelsbeziehungen findet dort ihre Grenze, wo sie die militärische Stärke der Sowjetunion erhöhen würde.
    Von besonderer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland ist die Erwartung der Bündnispartner, daß die Bemühungen unseres Landes um weitere praktische Fortschritte in den innerdeutschen Beziehungen und um Verbesserungen für Reisende in beide Richtungen, Berlin und dem deutschen Volk in beiden deutschen Staaten unmittelbar zugute kommen. Die Bündnispartner machen sich damit die nationalen Interessen der Deutschen zu eigen. Sie anerkennen, daß das deutsch-deutsche Verhältnis Auswirkungen auf das West-Ost-Verhältnis in seiner Gesamtheit hat. Für die Bundesregierung ist diese Haltung der Verbündeten Ermutigung, fortzufahren in ihren Anstrengungen, daß von den deutsch-deutschen Beziehungen positive und nicht negative Impulse für das West-Ost-Verhältnis ausgehen. Wir wissen, daß wir damit deutsche und europäische Interessen wahrnehmen.
    Von großer politischer Bedeutung für die Lage nicht nur in Europa, sondern überall in der Welt ist das erneute und uneingeschränkte Bekenntnis der Bündnispartner zu dem Verzicht auf Gewalt. Dieses Bekenntnis gewinnt zusätzliche Aktualität durch die Vorschläge der Staaten des Warschauer Pakts für den Abschluß eines Gewaltverzichtsabkommens, wie sie bei dem Gipfeltreffen des Warschauer Pakts in Prag am 6. Januar 1983 gemacht worden sind. Die Bündnispartner machen klar, daß die Verpflichtung, in den zwischenstaatlichen Beziehungen keine Gewalt anzuwenden, zwischen allen Staaten ohne Ausnahme zu respektieren ist. Das bedeutet: auch zwischen Staaten desselben Bündnisses. Damit erteilt das Bündnis der Breschnew-Doktrin eine klare Absage, d. h. der Verzicht auf die Drohung mit Gewalt muß sich auch im Verhältnis und im Verhalten der Sowjetunion gegenüber der Volksrepublik Polen bewähren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Zum Gewaltverzicht gehört nach Auffassung des Bündnisses auch die Beendigung fortdauernder Gewaltanwendung in Afghanistan.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Und in Nicaragua!)

    In dem Hinweis, daß Mäßigung und Verantwortungsbewußtsein seitens der Sowjetunion von wesentlicher Bedeutung sind für die konstruktiven Beziehungen, welche die Bündnispartner mit der Sowjetunion anstreben, liegt zugleich das Angebot, auf dieser Grundlage das West-Ost-Verhältnis zu verbessern und auszubauen.
    In der Tat: Mäßigung und Verantwortungsbewußtsein sind die positiven Aspekte des Verzichts auf die Anwendung oder Androhung von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen. Sie gehören zur Respektierung der Souveränität der anderen Staaten und dem Bekenntnis zu einer gleichberechtigten, einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit unter den Staaten. Ein solches Verhalten wird in einer Welt, die von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt wird, immer dringender für die Sicherung des Friedens, aber auch für die gemeinsame Entwicklung. Die großen Zukunftsaufgaben der Menschheit, die Überwindung von Hunger, Armut und Krankheit in allen Teilen der Welt und die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen weltweit, können nur gemeinsam bewältigt werden.
    Ein Verhältnis der Gleichberechtigung und der Zusammenarbeit ist auch unverzichtbare Voraussetzung für die von der Bundesregierung gewünschte und gewollte europäische Friedensordnung, in der durch Überwindung der Trennung Europas auch die Probleme der Trennung der Deutschen bewältigt werden können; denn die Erkenntnis, daß Deutschlandpolitik europäische Friedenspolitik ist, muß für das gesamte West-Ost-Verhältnis ihre Gültigkeit haben.
    Zu den internationalen Rahmenbedingungen unserer Sicherheit gehört auch die Lage außerhalb des westlichen Bündnisses und außerhalb des Warschauer Pakts. Die Bündnispartner haben deshalb in Paris ihre Aufmerksamkeit auch der Lage in der Dritten Welt zugewendet. Wir wollen, daß die Staaten der Dritten Welt sich politisch, wirtschaftlich und sozial ohne Einmischung von außen frei entwickeln können.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Dafür gibt es die schnelle Eingreiftruppe!)

    In dem Bekenntnis zur weiteren Entwicklung friedlicher und freundschaftlicher internationaler Beziehungen und zur Forderung nach Stabilität und Wohlergehen bekräftigt das Bündnis seine Verantwortung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Dritten Welt.
    Ein Vergleich der Aufwendungen der Staaten des westlichen Bündnisses für die Dritte Welt mit den Aufwendungen des Warschauer Pakts zeigt, daß die Bekenntnisse, die aus dem NATO-Kommuniqué sprechen, nicht nur leere Worte sind.
    So gab z. B. die Sowjetunion nach Angaben des Londoner Instituts für strategische Studien 1980 für Rüstung 13,5% des Bruttosozialprodukts aus, verglichen mit 3,2% in der Bundesrepublik Deutschland.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Schily [GRÜNE]: Und in den USA?)

    Für Entwicklungshilfe wandte die Sowjetunion hingegen nur 0,14 % des Bruttosozialprodukts auf, während die Bundesrepublik Deutschland allein für die staatliche Entwicklungshilfe 0,43 % des Bruttosozialprodukts bereitstellte.
    Noch deutlicher ist der Kontrast, wenn man eine Pro-Kopf-Berechnung anstellt: In der Bundesrepublik Deutschland lagen 1980 die Ausgaben für die öffentliche Entwicklungshilfe bei 57 Dollar pro Kopf, verglichen mit nur 6 Dollar in der Sowjetunion. Wer zu den öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen noch hinzuzählt, was an privaten Investi-



    Bundesminister Genscher
    tionen aus den Staaten des westlichen Bündnisses in die Dritte Welt geht und was unsere Märkte an Absatzmöglichkeiten für Exporte aus den Staaten der Dritten Welt bieten, dem wird zugleich deutlich werden, wer hier einen Nachholbedarf an Werken des Friedens in der Welt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die NATO ruft zur Respektierung von Souveränität und echter Blockfreiheit auf. Die Unterstützung wirklicher Blockfreiheit ist die Ablehnung einer Politik der Einflußzonen der Dritten Welt. Das Bündnis erkennt damit den stabilisierenden Beitrag der Blockfreienbewegung zur Sicherung des Weltfriedens und auch zur Wahrung unserer eigenen Interessen an.
    Herr Präsident, Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, wie sie auf der Madrider Konferenz verhandelt werden, sind ein Beitrag zur Stabilität in Europa. Die Bundesregierung begrüßt, daß das Bündnis in Paris dem Madrider KSZE-Folgetreffen eine erhebliche Bedeutung zugemessen hat. Wir wollen mit der Fortsetzung des KSZE-Prozesses die in der Schlußakte von Helsinki übernommenen Verpflichtungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in Europa und zur Stabilisierung des WestOst-Verhältnisses verwirklichen. Wir wollen als Ziel eine europäische Friedensordnung, wie sie in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers gefordert wurde. Das Bündnis bestätigt die Auffassung der Bundesregierung, daß der Vorschlag der neutralen und blockfreien Staaten für ein Schlußdokument in Madrid eine geeignete Grundlage für den Abschluß der Konferenz unter der Voraussetzung begrenzter und angemessener Änderungen darstellt. Wir begrüßen ausdrücklich, daß sich die neutralen und ungebundenen Staaten positiv zu den westlichen Verbesserungsvorschlägen eingestellt haben und daß inzwischen auch Zustimmung aus dem Warschauer Pakt erklärt worden ist. Wir appellieren an die Sowjetunion, sich einer konstruktiven Erörterung der maßvollen westlichen Vorschläge nicht länger zu verschließen. Es sollte möglichst bald ein substantielles und ausgewogenes Schlußdokument verabschiedet werden, das greifbare Fortschritte für die Menschen bringt und das ein präzises Mandat für eine Konferenz über Abrüstung in Europa erteilt. Damit erhielte der mit der Schlußakte von Helsinki eingeleitete KSZE-Prozeß den dringend notwendigen neuen Impuls. Gerade in schwieriger, in einer konfliktgeladenen Zeit müssen wir den KSZE-Prozeß zum Wohle der Menschen und der Völker im geteilten Europa stärken.
    Eine Konferenz über Abrüstung in Europa könnte einen bedeutsamen Beitrag zur Vertrauensbildung in ganz Europa — das bedeutet vom Atlantik bis zum Ural — bringen. Die Bundesregierung hat sich seit langem nachhaltig für den französischen Vorschlag für eine solche Konferenz ausgesprochen. Wir halten es für notwendig, daß diese Konferenz als integraler Bestandteil des KSZE-Prozesses Verhandlungen aufnimmt und nachprüfbare, militärisch bedeutsame und verbindliche Verpflichtungen für ganz Europa verabschiedet.
    Die Pariser Tagung hat unterstrichen, daß die Bündnispartner für alle Bereiche vertrauensbildende Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz bei Streitkräften und militärischen Aktivitäten, zur Beseitigung von Furcht und Mißtrauen und damit zur Erleichterung von Abrüstungsverhandlungen befürworten.
    Die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung hat im vergangenen Jahr die Bedeutung der vertrauensbildenden Maßnahmen hervorgehoben. Inzwischen hat das westliche Bündnis in den START-Verhandlungen ebenso wie in den Verhandlungen über die Mittelstreckenraketen Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen eingeführt. Es wurden außerdem für den nuklearen Bereich für die Kommunikation zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion neue Vorschläge unterbreitet. Das Bündnis hat — das haben die Diskussionen in Paris deutlich ergeben — seine Überzeugung bekräftigt, daß Nachprüfbarkeit und Durchschaubarkeit, Erkennbarkeit wichtige Voraussetzungen für die Stabilisierung des West-OstVerhältnisses und für wirkliche Abrüstungsergebnisse sind. Nichts führt an der Erkenntnis vorbei: Wer nichts zu verbergen hat, kann sich damit einverstanden erklären, daß die Einhaltung von Abrüstungsvereinbarungen überprüft wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wer aber Transparenz und Nachprüfbarkeit verweigert, setzt sich dem Verdacht aus, daß er etwas verbergen will.
    Die Vorbereitung des NATO-Doppelbeschlusses und die öffentliche Diskussion seiner Durchführung in seinen beiden Teilen sind Ausdruck der Transparenz und der Offenheit unserer westlichen Gesellschaften.

    (Zuruf des Abg. Reents [GRÜNE])

    Die vor der Weltöffentlichkeit verschwiegene und auch begonnene Stationierung der sowjetischen Stationierung der sowjetischen SS-20-Raketen beweist den Unterschied zwischen einer demokratischen und einer kommunistischen Gesellschaft.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie verdeutlicht zugleich, welches Maß an Transparenz und Vertrauensbildung der Westen erbringt und wieviel hier die Sowjetunion und ihre Verbündeten noch zu tun haben, um das Mißtrauen in neue, geheime, uns überraschende Rüstungsentscheidungen abzubauen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Sowjetunion ist aufgerufen, die sich aus dem Selbstverständnis unserer freien Gesellschaften ergebende Sicherheit für alle Staaten der Welt vor Überraschungsrüstungen mit einem ebensolchen der Vertrauensbildung dienenden Verhalten zu beantworten.
    Herr Präsident, das Bündnis stellt in der Pariser Schlußerklärung fest, daß Verteidigung und Rüstungskontrolle integrale Bestandteile unserer Sicherheitspolitik sind. Dem entspricht, daß wir die Verhandlungen in allen Abrüstungsbereichen mit



    Bundesminister Genscher
    dem Ziel führen, das Gleichgewicht auf einem möglichst niedrigen Niveau zu stabilisieren.
    Wir wollen die strategischen Rüstungen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion nicht nur begrenzen, wir wollen sie reduzieren. Sie sollen signifikant geringer sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die jüngsten amerikanischen Vorschläge bei den START-Verhandlungen sind geeignet, Bewegungen in diese Verhandlungen zu bringen, wenn die Sowjetunion in dem gleichen positiven Geist reagiert.
    Wir wollen Truppenreduzierungen in Mitteleuropa durch die MBFR-Verhandlungen in Wien erreichen. Die Besorgnisse wegen der Gefahren der nuklearen Rüstung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß es vor allem die konventionelle Überlegenheit des Warschauer Paktes in Europa ist, die eine glaubwürdige nukleare Abschreckung derzeit noch unverzichtbar macht. Wenn es gelänge, die Instabilität zu beseitigen, die sich aus dem sowjetischen Übergewicht ergibt, dann würden sich neue Perspektiven der Abrüstung auch für den nuklearen Bereich ergeben können. Vor allem dürfen wir angesichts der verständlichen und angesichts der berechtigten Sorgen über die atomare Rüstung nicht vergessen, welche Gefahren als Folge der technischen Entwicklung in unserer Zeit auch von der konventionellen Rüstung ausgehen. Die Vernichtungskraft der modernen konventionellen Waffen übertrifft die der Waffen des Zweiten Weltkrieges um ein Vielfaches.

    (Reents [GRÜNE]: Ist das jetzt eine Rede für den Kanzler?)

    Es darf nicht zur Verharmlosung der Gefahren auch eines konventionellen Krieges kommen. Deshalb bedeutet für uns Gewaltverzicht: kein Ersteinsatz atomarer, aber auch kein Ersteinsatz konventioneller Waffen. Wir wollen weder einen atomaren noch einen konventionellen Krieg.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Fischer [Frankfurt] [Grüne]: Er soll doch eine Außenministerrede halten! — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Darüber bestimmen Sie doch gar nicht!)

    Noch sind die MBFR-Verhandlungen in Wien das einzige Forum für die Kontrolle der konventionellen Rüstung zwischen den Bündnissen. Die Bundesregierung hält diese Verhandlungen trotz ihres auf Mitteleuropa beschränkten Ansatzes für wichtig und setzt sich gemeinsam mit ihren Bündnispartnern nachdrücklich für Verhandlungsfortschritte ein. In Wien sind sich West und Ost darüber einig, daß ein Abkommen gleiche kollektive Höchststärken für beide Seiten beim Personal der Land- und Luftstreitkräfte im Raum der Reduzierungen vorsehen soll. Die Meinungsverschiedenheiten, die einer Einigung noch im Wege stehen, sind bei politischem Willen aller Beteiligten zu überwinden.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Dann mal los!)

    Aber MBFR kann wegen seiner räumlichen Begrenzung auf Mitteleuropa nur einen beschränkten Beitrag zur Stabilisierung des Verhältnisses der
    Kräfte im konventionellen Bereich in Europa leisten. Um ganz Europa, vom Atlantik bis zum Ural, in Rüstungskontrollverhandlungen einzubeziehen, brauchen wir eben eine Konferenz über Abrüstung in Europa.
    Schon vertrauensbildende Maßnahmen als Ergebnis einer ersten Konferenzphase wären ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Sicherheitslage in ganz Europa. Sie würden gleichzeitig auch günstige Voraussetzungen für Fortschritte in den eigentlichen Abrüstungsverhandlungen schaffen. Langfristiges Ziel muß ein ausgewogenes Verhältnis der Kräfte auch im konventionellen Bereich in ganz Europa sein.
    Wir wollen das Verbot der Entwicklung, der Produktion und der Lagerung chemischer Waffen sowie die Vernichtung aller vorhandenen Bestände und Produktionsmittel. Wir geben uns nicht damit zufrieden, daß der Einsatz chemischer Waffen schon durch das Genfer Protokoll von 1925 verboten ist. Es wird auch die Nichtanwendung dieser Waffen nicht dadurch garantiert, daß unser Land schon 1954 auf die Herstellung dieser Waffen verzichtet hat. Diese Massenvernichtungsmittel müssen weltweit beseitigt werden.

    (Reents [GRÜNE]: Dann fangen Sie einmal in Rheinland-Pfalz an!)

    Im Abrüstungsausschuß der Vereinten Nationen in Genf kann das von uns gewünschte Ziel erreicht werden, wenn die Sowjetunion daran mitwirkt, Inspektionsmaßnahmen und Möglichkeiten zur Nachprüfung der Einhaltung des getroffenen Verbots auszuarbeiten. Hier — bei Inspektionen und Nachprüfbarkeit — liegt das Schlüsselproblem dieser Verhandlungen. Gerade in diesem Bereich genügen nationale Kontrollen für eine zuverlässige Nachprüfung nicht; es sind internationale Inspektionen und Nachprüfungen vor Ort unerläßlich.
    Die Bundesregierung hat wiederholt die Bedeutung eines umfassenden nuklearen Teststopps hervorgehoben. Gerade in diesem besonders sensitiven Bereich ist eine zuverlässige Verifikationsregelung unabdingbar. Daher hält die Bundesregierung Fortschritte in der Arbeitsgruppe des Abrüstungsausschusses, die 1982 für die Problematik der Verifikation und Einhaltung eines umfassenden nuklearen Teststopps eingesetzt wurde, für ausschlaggebend. Wir werden hier wie auch in der Seismologen-Expertengruppe in Genf unseren Beitrag leisten.
    Wir wollen einen baldigen Abschluß der Verhandlungen über das Verbot radiologischer Waffen.
    Im Genfer Abrüstungsausschuß setzen wir uns für Vereinbarungen ein, die einen Rüstungswettlauf im Weltraum wirksam verhindern.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat schon vor 29 Jahren, 1954, ihren Verzicht auf ABC-Waffen erklärt. In konsequenter Fortführung ihrer Politik hat die Bundesregierung 1972 das B-Waffen-Übereinkommen unterzeichnet, den ersten multilateralen Vertrag seit dem Zweiten Weltkrieg, durch den eine Waffenart in ihrer Gesamtheit geächtet wurde. Am 7. April 1983 sind wir durch Hinterlegung der Ratifi-



    Bundesminister Genscher
    kationsurkunden Vertragspartei des B-WaffenÜbereinkommens geworden. Die darin vorgesehene Konsultations- und Beschwerdemöglichkeit bei dem Verdacht einer Vertragsverletzung ist nach unserer Auffassung noch nicht befriedigend. Wir setzen uns deshalb dafür ein, auf einer Sonderkonferenz angemessene Verifikationsregelungen zum B-Waffen-Übereinkommen auszuarbeiten.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, Aufmerksamkeit und Sorge unserer Bürger konzentrieren sich auf die Verhandlungen über die atomaren Mittelstreckenraketen; sie beschäftigen uns seit Ende der 70er Jahre. Nach wiederholten Aussprachen im Deutschen Bundestag, so am 8. und 9. März, am 4. Juli und am 11. Dezember 1979, stimmte die Bundesregierung dem NATO-Doppelbeschluß am 12. Dezember 1979 zu.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Leider!)

    Dieser Beschluß fand am 14. Dezember 1979 nach der von mir abgegebenen Regierungserklärung die Unterstützung aller Fraktionen des Deutschen Bundestages.
    Es muß zum NATO-Doppelbeschluß festgestellt werden: Erstens. Nicht der Westen, sondern die Sowjetunion hat mit der Mittelstreckenrakete SS 20 eine neue Kategorie der Massenvernichtungsmittel eingeführt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Uns bedrohen nicht amerikanische Mittelstreckenraketen, die noch gar nicht aufgestellt sind, sondern sowjetische SS-20-Raketen, die in immer größerer Zahl auf uns und die anderen Teile Westeuropas gerichtet werden. Sie wollen wir durch Verhandlungen beseitigen.
    Zweitens. Der Doppelbeschluß von 1979 ist der Versuch, durch Verhandlungen zu vermeiden, daß aus dieser sowjetischen Vorrüstung automatisch ein neuer Rüstungswettlauf wird.
    Drittens. Wir wollen den gänzlichen Verzicht auf sowjetische und auf amerikanische landgestützte Mittelstreckenraketen. Dieser gänzliche Verzicht dient dem Frieden und den Interessen der Völker Europas am besten.
    Beifall bei der FDP und der CDU/CSU —
    Zurufe von den GRÜNEN)
    Viertens. Wir betreiben keine Politik des Alles oder Nichts; deshalb unsere Bereitschaft, auch auf ein Zwischenergebnis einzugehen. Wir sind bereit, auf einen teilweisen Verzicht der Sowjetunion auf die schon stationierten SS 20 mit einem teilweisen Verzicht auf die Nachrüstung zu antworten. Wir wollen konkrete Verhandlungsergebnisse. Jede schon stationierte sowjetische Rakete, die durch Verhandlungen beseitigt wird, jede amerikanische Rakete, die deshalb hier weniger stationiert werden muß, ist ein Gewinn für uns alle, im Westen und im Osten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Fünftens. Die westlichen Verhandlungsangebote, sowohl das Angebot einer beiderseitigen Null-Lösung wie das eines Zwischenergebnisses, sind im
    Bündnis gemeinsam erarbeitet worden, und sie werden von den Vereinigten Staaten entsprechend den Beschlüssen im Bündnis bei den Verhandlungen mit der Sowjetunion vertreten. Wer die Verhandlungsziele des Westens bei den Genfer Verhandlungen als gegen europäische Interessen gerichtet oder sie als Beweis angeblicher amerikanischer Verhandlungsunwilligkeit denunziert, der führt die Öffentlichkeit in unseren Ländern irre.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir sind bereit, jeden ernsthaften sowjetischen Vorschlag zu prüfen und zu beantworten.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Was Sie so nennen!)

    Sechstens. Die Entscheidung über die Stationierung ist 1979 mit dem Doppelbeschluß getroffen worden.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist nicht wahr!)

    In der Regierungserklärung vom 14. Dezember 1979 heißt es — ich zitiere wörtlich —:
    Das Vereinigte Königreich, Italien und die Bundesrepublik Deutschland haben schon jetzt der Dislozierung auf ihrem Boden, zu der es in drei bis vier Jahren kommen wird, zugestimmt.
    Das ist damals bei keiner Fraktion auf Widerstand gestoßen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Auch nicht bei der SPD!)

    Die Pariser NATO-Erklärung vom 10. Juni 1983 stellt fest — ich zitiere wiederum —:
    Wenn konkrete Verhandlungsergebnisse ausbleiben, werden die Dislozierungen, wie geplant, beginnen, wie das bereits im Dezember 1979 entschieden worden ist.
    Die Bundesregierung steht zu der damals übernommenen Verpflichtung.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Siebtens. Die Stationierung kann ganz oder teilweise vermieden werden, wenn die Sowjetunion ganz oder teilweise auf ihre Vorrüstung verzichtet. Wenn es zu einem konkreten Verhandlungsergebnis kommt, wird der Westen seinen Nachrüstungsbedarf im Sinne des Doppelbeschlusses prüfen. Der Schlüssel für den Erfolg der Verhandlungen liegt in Moskau.
    Achtens. Es war 1979 die Auffassung der Bundesregierung und der Fraktionen des Deutschen Bundestages, daß die französischen und britischen Systeme nicht berücksichtigt werden, weil sie nach Zweckbestimmung, Struktur und Umfang nicht bestimmt und nicht geeignet sind, die sowjetische Mittelstreckenbedrohung auszugleichen. An dieser Beurteilung hat sich für die Bundesregierung und für das Bündnis bis heute nichts geändert. Die damals maßgeblichen Gründe bestehen auch heute fort.



    Bundesminister Genscher
    Neuntens. Die Bedrohung Westeuropas und anderer Regionen der Welt, die der Sowjetunion benachbart sind, schafft für Westeuropa die Gefahr der Abkopplung von den USA und für alle betroffenen Regionen die Gefahr atomarer Erpressbarkeit. Der Doppelbeschluß der NATO wurde im europäischen Interesse gefaßt und nicht in erster Linie im Interesse der USA. Die Europäer würden ihre Sicherheit verspielen, wenn ihre Bereitschaft, das für die eigene Sicherheit Erforderliche zu tun, geringer wäre als der Wille der Vereinigten Staaten, zur Wahrung der gemeinsamen Sicherheit beizutragen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Zehntens. Konkrete Ergebnisse bei den Mittelstreckenverhandlungen können nur dann erreicht werden, wenn für die Sowjetunion kein Zweifel besteht, daß der Westen mit Festigkeit an beiden Teilen des Doppelbeschlusses festhält. Wer vom NATO-Doppelbeschluß abrückt, wer einen seiner beiden Teile aufgibt, der gefährdet die Abrüstungsverhandlungen in Genf.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es kann nicht oft genug wiederholt werden: die Mittelstreckenverhandlungen in Genf eröffnen die große Chance, zum ersten Mal eine ganze Kategorie von Massenvernichtungsmitteln zu beseitigen. Das wollen die Völker Europas.
    Uns bedrückt es, noch immer unter der sowjetischen SS-20-Bedrohung leben zu müssen, wie es auch die Völker in Ost-Asien und in anderen Regionen der Welt bedrückt.
    Die ASEAN-Staaten empfinden das, und die zustimmung des japanischen Ministerpräsidenten zu der sicherheitspolitischen Erklärung von Williamsburg war doch nicht Ausdruck der Veränderung des Charakters dieser Gipfelbegegnung. Nein, diese Zustimmung des japanischen Ministerpräsidenten ist Ausdruck der zunehmenden Sorge auch Japans wegen der sowjetischen SS-20-Bedrohung auch gegenüber Ost-Asien.
    Unser Ziel bleibt es, die Anhäufung atomarer Potentiale abzubauen und sie nicht zu vergrößern.
    Der NATO-Doppelbeschluß verfolgt dieses Ziel. 1980 hat die NATO in Ausführung des NATO-Doppelbeschluses 1 000 atomare Sprengköpfe aus Europa abgezogen, leider bisher ohne eine entsprechende sowjetische Gegenleistung.
    Die Möglichkeit, weitere atomare Sprengköpfe in diesem Jahr abzuziehen, wird geprüft. Die Bereitschaft der Sowjetunion zu Vereinbarungen über die Reduzierung atomarer Waffen kürzerer Reichweite könnte diese Entwicklung beschleunigen.
    Das Bündnis geht in seinen Entscheidungen vom Grundsatz gleicher Sicherheit aus. Der Wille, dieses Gleichgewicht auf einem möglichst niedrigen Niveau zu schaffen, ist die Absage an jeden Rüstungswettlauf.
    Einseitige Abrüstung allerdings kann bestehendes Gleichgewicht gefährden oder vorhandene Überlegenheit weiter verschärfen. Wir wissen, daß der Grundsatz gleicher Sicherheit auch die berechtigten Interessen der anderen Seite berücksichtigen muß. Aber wir wissen auch, daß die Hinnahme von Überlegenheit der anderen Seite in Europa nicht mehr Sicherheit, sondern mehr Unsicherheit schaffen würde.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Chance, die 80er Jahre zu einem Jahrzehnt der Abrüstung zu machen, ist noch immer gegeben. Die Verhandlungen über die strategischen Waffen, über die Mittelstreckenwaffen, über Truppenreduzierungen in Mitteleuropa, die Einsetzung einer Europäischen Abrüstungskonferenz und schließlich im Abrüstungsausschuß der Vereinten Nationen bieten dazu die Möglichkeit. Niemals zuvor wurde in solcher Breite zwischen West und Ost international über Rüstungskontrolle und Abrüstung verhandelt.
    Die Bundesregierung bemüht sich, in allen diesen Verhandlungen positive Impulse für Fortschritte zu geben. Wir tun das in dem Bewußtsein, daß Deutsche diesseits und jenseits der Grenze leben, die mitten durch Europa geht. Wir tun es im Bewußtsein unserer geschichtlichen Verantwortung für den Frieden in Europa. Unsere Politik ist seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Friedenspolitik. Wer unser Land besucht, wird feststellen: die Deutschen wollen nichts anderes, als in Frieden leben und arbeiten. Wir wollen mit allen Völkern in guter Nachbarschaft leben.
    Wir haben uns mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft und im westlichen Bündnis entschieden für die Gemeinschaft der westlichen Demokratien. Die Freundschaft mit den Vereinigten Staaten ist ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Bindungen. Das sind Grundentscheidungen unseres Landes. In beiden Gemeinschaften, in der NATO und in der Europäischen Gemeinschaft, arbeiten wir als ein gleichberechtigtes Mitglied mit unseren Partnern zusammen. Als ein Land im Herzen Europas schaffen wir mit unserer Zugehörigkeit zum Westen politisch, wirtschaftlich und militärisch Stabilität in Europa.
    Kraft und Wirksamkeit dieser Gemeinschaften beruhen auf gegenseitigem Vertrauen. Wer unsere Mitgliedschaft in diesen Gemeinschaften in Zweifel zieht, wer das Vertrauen zu den Vereinigten Staaten von Amerika untergräbt, wer eine Neutralisierung der Bundesrepublik Deutschland betreibt, der gefährdet unsere Sicherheit, und der gefährdet die Stabilität in Europa.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Unser Ringen um einen Abbau des West-Ost-Gegensatzes und unser Bemühen um die Schaffung einer europäischen Friedensordnung dürfen nicht durch einen Marsch der Bundesrepublik Deutschland in die Selbstisolierung zunichte gemacht werden. Jeder Schritt auf dem Wege in die Neutralisierung wäre ein Schritt in die Selbstisolierung.
    Wir wissen: Die heute noch unverzichtbare Strategie der Abschreckung — unverzichtbar, weil nur sie unter den gegebenen Verhältnissen einen Krieg verhindern kann — kann nicht für alle Zeit die



    Bundesminister Genscher
    letzte Antwort auf die Frage nach Sicherheit in Europa sein.

    (Zustimmung des Abg. Horn [SPD])

    Deshalb wollen wir an Stelle des Nichtkrieges durch Abschreckung eine auf Vertrauen gegründete Friedensordnung in Europa schaffen. Aber eben diese Friedensordnung würde gefährdet, wenn die Bundesrepublik Deutschland ihre Zugehörigkeit zum Westen aufgeben und den Platz zwischen West und Ost suchen wollte.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das will doch keiner!)

    — Daß keiner es will, kann j a wohl niemand ernsthaft behaupten, Herr Kollege. Ihnen persönlich unterstelle ich das j a nicht.
    Wir würden auf diese Weise selbst die Ursachen neuer Rivalität schaffen, wir würden zum Objekt west-östlicher Rivalität, wir würden mit der Neutralisierung zum Spielball der Interessen fremder Mächte werden. Nur als verläßlicher Teil des Westens und mit dem Willen zu aufrichtiger Zusammenarbeit mit dem Osten können wir auch in Zukunft die Politik in Europa mitgestalten.
    Wir handeln in dem Bewußtsein, daß nur auf diesem Wege unsere nationalen Interessen wirksam wahrgenommen werden können, denn Deutschlandpolitik kann für uns nur bedeuten europäische Friedenspolitik.

    (Anhaltender Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Bahr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Egon Bahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesaußenminister hat eben von der Einigkeit gesprochen, die die Sitzung des NATO-Rates in Paris in der vorigen Woche gebracht hat. Der Bundeskanzler hat das in der vorigen Woche für Williamsburg erklärt. Die Verteidigungsminister haben die Geschlossenheit der Regierungen festgestellt, als sie sich im Frühjahr in Portugal trafen.
    Wenn die Geschlossenheit im westlichen Bündnis die Voraussetzung für einen Erfolg der Verhandlungen in Genf ist, wie diese Regierung oft wiederholt hat, ist j a alles in Ordnung; dann brauchen wir uns für Genf j a keine Sorgen mehr zu machen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir machen uns nur Sorgen um die SPD!)

    Die dreifache Wiederholung der westlichen Regierungen, wie einig sie sind, sollte genügen. Aber vielleicht genügt sie doch nicht.
    Jetzt wird darüber geredet, daß die SPD die amerikanische Verhandlungsposition erschwere.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: So ist es!)

    Herr Dregger hat sogar von einem „Dolchstoß" gesprochen. Dazu ist zweierlei zu sagen.
    Erstens. Wenn die Haltung der deutschen Opposition ein Dolchstoß ist, dann ist die Zweidrittelmehrheit des amerikanischen Repräsentantenhauses zugunsten eines „freeze" ein besonders qualifizierter Dolchstoß.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Der Unterschied zwischen Washington und Bonn besteht darin, daß es keinem Menschen in der amerikanischen Administration eingefallen ist, das Votum der gewählten Vertreter des amerikanischen Volkes in einer Weise abqualifizieren zu wollen, als ob Gleichschaltung etwas Gutes wäre.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn im Zusammenhang mit der Nachrüstung autoritäre Töne kommen, so ist im Interesse der Demokratie davor zu warnen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Opposition wird sich jedenfalls nicht den Mund verbieten lassen, hier genauso wenig wie in den Vereinigten Staaten.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Das will j a keiner! — Wer will denn das?)

    Zweitens. Die Koalition vertritt die Auffassung, daß sie als legal gewählte Regierung, die schon während des Wahlkampfes keinen Zweifel an ihrer Haltung gelassen hat, das Recht habe, zur Stationierung j a zu sagen, und das müsse respektiert werden. Auf der einen Seite, wenn es um Genf geht, soll die Opposition für die Verhandlungen in Mitverantwortung genommen werden; auf der anderen Seite, wenn es um die Stationierung geht, soll die Verantwortung der Regierung uneingeschränkt sein. So geht das nicht! Die Verantwortung der Opposition steht nicht zur Verfügung der Regierung zum An- und Abschalten, wie es gerade beliebt.

    (Beifall bei der SPD)

    Man kann die SPD nicht an einem Tage mit einer neuen Dolchstoßlegende diffamieren und am nächsten Tage an die Gemeinsamkeit der Demokraten appellieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer sich so verhält, hat entweder keine Vorstellungen von den Belastungen, die dieser Herbst für uns alle bringen kann,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und die Sie schüren!)

    oder aber er bereitet bewußt eine Verschärfung der Lage vor, für die dann allerdings auch die Verantwortung klar wäre.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden genug zu streiten haben, aber niemand sollte zusätzlich Gräben durch emotionalisierende Schärfen aufreißen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Die SPD kennt ihre Verantwortung für den NATO- Doppelbeschluß.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Tatsächlich? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)




    Bahr
    Wir laufen davor nicht weg.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Möller [CDU/CSU]: Sie laufen zurück! — Schwarz [CDU/CSU]: Aussteiger! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie es eigentlich nach Ihrer Haltung wagen können, nicht darüber froh zu sein, was ich hier sage. — Sie werden das aus dem Papier entnommen haben, das nach einer ganztägigen Klausursitzung meiner Fraktion veröffentlicht worden ist. Uns ist dieser Beschluß nicht leichtgefallen, im Dezember 1979 nicht und nicht im April letzten Jahres auf unserem Münchner Parteitag oder Ende letzten Jahres in Dortmund. Aber wir haben diese Linie durchgehalten; sie gilt auch heute. Ich beziehe mich auf das, was Willy Brandt dazu hier in der Debatte zur Regierungserklärung ausgeführt hat.
    Wir waren von Anfang an gegen jede Automatik der Stationierung. Wir waren für eine radikale Reduktion der SS 20 mit dem Ziel, die Stationierung neuer amerikanischer Raketen überflüssig zu machen. Das war unser Null von allem Anfang an. Das schloß kein Null auf sowjetischer Seite ein. Diese sorgsam abgewogene Position entsprach insoweit sehr genau dem Beschluß, den die NATO 1979 wenige Tage nach unserem Beschluß formuliert hat. In dem NATO-Beschluß wird festgestellt, daß der Ausbau der sowjetischen Mittelstreckenrüstung im Bündnis ernste Besorgnis hervorgerufen habe und daß diese Entwicklungen, „falls sie fortdauern sollten, die bei den interkontinentalen strategischen Systemen erzielte Stabilität aushöhlen könnten".
    Es ist im Doppelbeschluß keineswegs davon die Rede, daß ein erfolgreiches Verhandlungsergebnis die Beseitigung der gesamten Mittelstreckenrüstung der Sowjetunion seit den 60er Jahren verlangt. Es ging um den bedrohlichen Ausbau durch die zusätzlichen und neuartigen SS 20. Deswegen hat die frühere Bundesregierung unter Helmut Schmidt die amerikanische Formulierung der NullLösung, die sich Null auf beiden Seiten zum Ziel gesetzt hatte, zu Recht als extreme Ausgangsposition bezeichnet, und Strauß hat sie zu Recht irreal genannt.
    Wenn die gegenwärtige Bundesregierung versucht, diese Eröffnungsposition mit dem Hinweis zu retten, man könne kein sowjetisches Monopol akzeptieren, so ist das angesichts aller westlichen Potentiale nicht nur absurd, sondern es verläßt vor allem die Grundlage des NATO-Doppelbeschlusses.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das Bündnis hat im Dezember 1979 die Stabilität gesehen, auch so formuliert, und hat mit eigenen neuen Waffensystemen gedroht, falls der Aufbau der sowjetischen Mittelstreckensysteme fortgesetzt wird. Von Null auf sowjetischer Seite war keine Rede, 1979 nicht und nicht 1980. Und als wir im Sommer 1981 anfingen, von den Voraussetzungen zu sprechen, unter denen die Nachrüstung auf unserer Seite Null sein könnte, in voller Übereinstimmung mit dem NATO-Doppelbeschluß, wird manchem in Erinnerung sein, daß dies skeptisch als Idealfall, also als nicht sehr wahrscheinlich, bezeichnet wurde. Wir befanden und befinden uns auch in voller Übereinstimmung mit dem berühmten letzten Satz des NATO-Doppelbeschlusses, den der damalige und heutige Außenminister mit der Definition versah: Das kann auch Null heißen. Und, wie gesagt: Von Null auf sowjetischer Seite war damals noch keine Rede. Der Reagansche NullNull-Vorschlag war noch gar nicht erfunden.
    Auch in einer Reihe weiterer Punkte hat die heutige Politik nur noch wenig mit dem zu tun, was die politischen Grundlagen des NATO-Doppelbeschlusses gewesen sind.

    (Rühe [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)

    Wir haben gehofft, mit diesem Beschluß die Ratifizierung von SALT II in Amerika zu erleichtern; aber SALT II wurde nie ratifiziert. Der Doppelbeschluß sieht vor, daß danach im Rahmen von SALT III auch über die Problematik der Mittelstreckenraketen verhandelt werden soll. Heute gibt es statt dessen getrennte Verhandlungen über die interkontinentalen Systeme bei START und die Mittelstreckenwaffen in Genf. Wer heute die Zusammenführung beider Verhandlungen fordert, wie wir das tun, der ist vielleicht unbequem, aber jedenfalls in Übereinstimmung mit dem NATO-Doppelbeschluß.

    (Beifall bei der SPD)

    Helmut Schmidt und auch ich haben im Herbst 1979 mit den Amerikanern darüber diskutiert, daß eine Seestationierung der Cruise Missiles günstiger wäre. Die Seestationierung vermeidet die Gefährdung dichtbesiedelter Gebiete und ist für einen Gegner schwer zu treffen. Wir mußten zuletzt das Argument akzeptieren, daß eine Seestationierung technisch nicht möglich sei. — Im Oktober 1981 war dann den Zeitungen zu entnehmen, daß die Amerikaner die Produktion von einigen 4 000 Cruise Missiles, see- und luftgestützt, beschlossen hätten. Die Frage, warum dann noch einige 400 landgestützt nötig sind, findet eine plausible Antwort erst, wenn man an die Diskussion eines auf Europa begrenzten Krieges denkt.

    (Beifall bei der SPD — Schily [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Die landgestützten Systeme sind sichtbar, die seegestützten sind Teil der strategischen amerikanischen Streitkräfte. Wenn das keine militärtechnische Veränderung der Situation ist, in der wir dem NATO-Doppelbeschluß zugestimmt haben, dann gibt es überhaupt keine.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Diskussion über den fährbaren und gewinnbaren Krieg ist keine sozialdemokratische Erfindung. Wir sind uns in diesem Hause auch einig, daß es Wahnsinn ist, wie der Bundesverteidigungsminister formuliert hat, über eine fährbaren und gewinnbaren Krieg zu reden; aber es gibt diesen Wahnsinn, jedenfalls heute. 1979 gab es ihn nicht.

    (Zustimmung bei der SPD)




    Bahr
    Der Bundesaußenminister hat eben die Auffassungen der Bundesregierung im Jahre 1979 zu den französischen und britischen Systemen richtig wiedergegeben. Er hat vergessen hinzuzufügen, daß es erst 1981 die bedeutenden neuen französischen und britischen Rüstungsprogramme gegeben hat und daß erst danach die Sowjetunion begonnen hat, von der Notwendigkeit der Einbeziehung dieser neuen Systeme in die Verhandlungen zu sprechen.
    Neue amerikanische strategische Überlegungen beschäftigen sich mit der Möglichkeit einer horizontalen Ausweitung im Falle von Konflikten irgendwo in der Welt. Wieder andere werben für eine Kombination weitreichender konventioneller, nuklearer, sogar chemischer Waffen gegen eine zweite und dritte Welle eines möglichen Angreifers. — Von alledem war 1979 nicht die Rede. Und niemand kann doch bezweifeln, daß die vorgesehenen amerikanischen Raketen unter diesen neuen Gesichtspunkten eine neue Bedeutung bekommen würden. Wenn einer der Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten sagt, daß sein Land einen beträchtlichen Teil der vorgesehenen neuen amerikanischen Raketen in Europa brauche, auch wenn es keine SS 20 mehr gäbe, dann macht dies in diesem Zusammenhang Sinn. Mit dem Doppelbeschluß vom Dezember 1979 hat das doch aber kaum noch etwas zu tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Null hier, selbst wenn es einige in der Sowjetunion gibt — das war der Ausgangspunkt. Einige hier, selbst wenn es Null in der Sowjetunion gibt — das ist doch schon ein Unterschied.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)